Eisenbahnfotografie und Menschen...

  • Hallo Rolf,

    danke für die Einführung. War recht interessant. Die Menschenansammlung an der Darjeeling Bahn , oder die Wasserträgerin sind jedoch kaum noch Beiwerk, sondern stehen eher im Bildmittelpunkt. Hier ist umgekehrt die Bahn eher zur Nebensache geworden. Von einem öffentlichen "Umzug" kann auch nicht die Rede sein.

    Da diese kaum das Forum lesen oder vor der Veröffentlichung gefragt worden sind, ist mit einem nachträglichen Widerspruch wohl kaum zu rechnen. Es sei denn pfiffige Anwälte kennen die Personen, treiben diese auf und klagen auf Unterlassung.

    Wie sieht es denn mit dem Lokführer aus der im Großformat aus dem Fenster lehnend abgelichtet wurde? Auch hier verstehe ich Dich so, dass eine Erlaubnis zur Veröffentlichung vorliegen muss. Gibt es Unterschiede ob in einem nicht gewerblichem Forum wie z.B. hier veröffentlicht wird, oder der Fotograf aus dem veröffentlichtem Bild Kapital schlägt?

    Vielleicht haben andere aus Erfahrung noch einen Nachtrag. Übrigens, anhand der Bilder habe ich einfach nur Interesse an dem Thema. Ich plane weder hier Bilder zu veröffentlichen (mir fehlt der entsprechende Mittelformat Trommelscanner) noch Bilder zu publizieren.

    Vielleicht hat Ludger noch einen interessanten Beitrag. Denn als Publizist müsste er sich eigentlich am Besten auskennen.

    Danke vorab und noch einen schönen Sonntag

    Grüße

    Kai

  • Das sind immer Wertungsfälle, wann z.B. noch ein zeitgeschichtliches Ereignis vorliegt und wann nicht, ob ein Mensch "Beiwerk" ist oder nicht und ob eine Darstellung von Menschen "Kunst" ist oder nicht. Eins ist klar: Das Internet hat auch den Umgang mit Bildnissen von Personen revolutioniert. Was früher in Urlaubsalben von niemandem beachtet verstaubte, kann heute der Weltöffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Wie die Gerichte am Ende entscheiden, kann ganz verschieden sein. Hier mal ein sehr publikationsfreundliches BGH- Urteil: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…921&pos=0&anz=1 Da könnte man ja auch sagen, wie kommt der Vermieter dazu, seine Mieter erst zum Grillfest einzuladen und ihre Bilder dann in der Hauspostille ungefragt zu veröffentlichen?
    Ich sehe jedenfalls keinen Grund, einen Lokführer zu schwärzen, der aus dem Führerstand schaut. Er ist "Beiwerk", genau wie Passanten. Ob jetzt die obige Wasserträgerin Beiwerk zum Schwellenstapel ist, oder ob das Bildnis "Indische Wasserträgerin vor Schwellenstapel" Kunst ist -was ich für naheliegend hielte- wer weiß, wie es der BGH sehen würde...

  • Mich begeistern die Aufnahmen noch nicht vollends, denn hier sind die Menschen eher zufällig ins Bild geraten und stellen noch lange nicht das gewisse I-Tüpfelchen dar. Auf das Wie kommt es an, auf den ganz bestimmten Augenblick, und diesen gekonnt abzupassen, ist eine hohe Kunst. Hier http://www.burkhard-wollny-eisenbahnfotografie.de/foto-galerie/w…bahn/index.html gibt es einige meisterliche Beispiele. Überhaupt fallen mir nur ganz wenige Fotografen ein, die diese Kunst beherrschen (z.B. Wollny, Roni oder Seyferth).


    Zu der weiteren Diskussion über Persönlichkeitsrechte sage ich mal nichts. Gerade dieser Aspekt hat doch zur Folge, daß die Eisenbahnfotografie so menschenverachtend geworden ist. Manche Verkehrsbetriebe engagieren sogar eigens Schauspieler, um ihre Bilder zu "beleben". Ich nehme jedenfalls gerne Menschen mit ins Bild, und wenn es einem Abgebildeten nicht paßt, darf er sich gerne bei mir melden. Übrigens: Wenn mich jemand fotografieren, anschließend mein Gesicht verschandeln und das Bild veröffentlichen würde, so würde ich unverzüglich gegen ihn vorgehen. Wenn ihm mein Gesicht nicht gefällt, dann soll er mir das gefälligst persönlich sagen.

    Übrigens haben sich schon öfters Leute bei mir gemeldet, die auf meinen Fotos zu sehen waren. Aber immer waren sie hocherfreut (nie verärgert!), und es hat sich schon so mancher nette Kontakt daraus gebildet.

    Einmal editiert, zuletzt von Ludger K (23. Juni 2015 um 14:41)

  • Hallo Ludger,

    schön dass Du Dich noch gemeldet hast. Ich finde die überkritzelten Gesichter auch grauslich. Dann lieber kein Bild. Vielleicht ist es auch nur einfach Desinformation dass die Menschen so entstellt sind da man glaubt die Gesichter nicht zeigen zu dürfen.

    Burkhard Wollnys Bilder gehören einer anderen Epoche an, zumindest in Mitteleuropa (ich beziehe mich nur auf den Dampfbetrieb). Moderne Uniformen, S-Bahnsteig und die dazugehörige Fallerlandschaft lassen eigentlich bei allen planmäßig betriebenen deutschen Schmalspurbahnen keine Atmosphäre mehr aufkommen. Auch die unter noch so hohem Aufwand nachempfunden Ladeszenen sind schlichtweg zu steril. Ronis Bilder sind genial, sehr gut bearbeitet und es muss nicht immer Eisenbahn sein. Klasse sein Bericht zum Beispiel über Kuba. Wir waren ca. 10 Jahre später dort aber seine Bilder waren eine gelungene Erinnerung. Nach der Öffnung der Insel für die Amerikaner dürfte dort eine ähnliche Wandlung passieren wie das Entstehen der Kohl'schen blühenden Landschaften im Osten. Klar, wo Produktionsstätten plattgemacht werden blühts anschliessend. Die Natur holt sich Alles zurück. Wenn man sie lässt.

    Die Bilder von Burkhard Wolny habe ich mir gerne angesehen und den Link werde ich behalten. Mensch, Eisenbahn und Infrastruktur sind eine Einheit.

    Vielleicht macht Dein Beitrag Mut übermalte Gesichter Bilder zukünftig zu unterlassen.

    Mein Wunsch an Dich, ein schönes Buch mit historischem Hintergrund über die WCD in A4 Hochformat. Deine neuen grünen "Wälzer wiegen schwer beim Lesen im Bett wenn man ein Knicken vermeiden möchte. Schade dass es fast reine "Bilderbücher" geworden sind. Ich lese auch gerne, und in dem Fall über die Hintergründe die zum Entstehen einer Bahn führten. Und über das soziale Umfeld der Bevölkerung zum Zeitpunkt der Entstehung.

    Grüße

    Kai

  • Nun, die rein rechtliche Lage ist in verschiedenen Eisenbahnforen oft genug erläutert worden. Dem ist aber ganz unjuristisch auch die praktische Seite gegenüberzustellen. Gerade in Bezug auf die "Bimmelbahnen" stellen sich - zugegeben, gezielt provokant - die folgenden Fragen: wie viel Sinn ergigäbe es, wenn sich Vereinsmitglieder mit historischen Uniformen schmücken und auf Veranstaltungen auftreten, aber auf Bildern nicht zu sehen sein wollten? Wie sehr würde der jeweilige Verein durch sowas repräsentiert? Wie suboptimal hätten Personale ihren Job bei täglich dampfbetriebenen Bahnen gewählt, wenn sie auf Fotos nicht erkennbar sein wollten? Was dächte der Arbeitgeber darüber, würden Sie - in welcher Form auch immer - tatsächlich gegen die Knipserei/das Zeigen der Bilder durch Fahrgäste, Touristen und uns Nietenzählern vorgehen?
    ... das sind aber alles Gedanken, die sich sicher trefflich ausschweifend weiterdiskutieren ließen - die ich im Zusammenhang dieses Themas jedoch gar nicht so sehr breitreten möchte. Selbstredend: die rechtliche Komponente darf nicht außer Acht gelassen werden - allen, die sich unsicher sind, sei ein kurzer Plausch vor Ort empfohlen. Der klärt nicht nur vieles rasch auf, sondern ergibt manchmal ganz automatisch das nächste Motiv ;)

    Viel interessanter finde ich die Thematik an sich, die in vielen Foren leider sehr (für meinen Geschmack zu) kurz kommt. Ludger möchte ich beipflichten - fotografisch sind es zwei paar Schuhe, ob jemand zufällig ins Bild geraten, oder gezielt Teil des Motives ist. Ich gehe sogar so weit, zu behaupten, dass man manchen Fotostrecken mitunter ansieht, wie aktiv der Fotograf an einer Szenerie teilgenommen, sie miterlebt und aufgenommen - oder "nur irgendwie" als Fotograf danebengestanden hat. Eine Sache, die ich für mich über viele Jahre gelernt habe.
    Um die Aufzählung fortzusetzen: ein weiterer Meister dieser Kunst (aus Sicht der Bimmelbahnen "über den Tellerrand" geblickt) ist Hendrik Bloem - wer im DSO-Museumsbahnforum mitliest, wird seine Beiträge kennen (http://www.hendrikbloem.de/?page_id=2506).

    Abschließend noch ein fotografischer ein Beitrag.

    In diesem Sinne viele Grüße,
    Benjamin

  • Hallo,

    zunächst erst einmal vielen Dank für die vielen Rückmeldungen, die rechtlichen Erläuterungen und die ergänzenden Bilder.
    Um Missverständnissen vorzubeugen; die Fotoveranstaltung war größtenteils sehr entspannt und von einer meist sehr guten Atmosphäre unter den Teilnehmern geprägt (von wenigen Ausnahmen abgesehen). Leider gibt es aber bei solchen Veranstaltungen immer mal wieder verbale Ausrutscher Einzelner gegenüber eventuell störenden Personen (so wie von Stefan in Cranzahl erlebt). Über Touristen aus Tschechien, die als zahlende Fahrgäste unsere sächsischen Schmalspurbahnen besuchen, sollten wir Eisenbahnfans uns doch eigentlich freuen, auch wenn sie - wie in Cranzahl - etwas sehr unvorteilhaft fürs Motiv Ihr Auto parken.

    Der über meinem dritten Bild stehende Text ist – wie man sicherlich erahnen kann - eigentlich ein kleiner Joke mit einem Augenzwinkern. Bei dieser Fotoveranstaltung hat es an vielen Stellen wunderbar funktioniert, dass die erste „Fotolinie“ der zweiten rechtzeitig aus dem Motiv sprang. Dafür auch hier nochmal vielen Dank. Bei der Situation auf meinem dritten Bild hätten sich die Fotografen an der Standartstelle im Wald kurz nach Vierenstraße allerdings in Luft auflösen müssen. Also kein Grund schlechte Laune zu verbreiten, habe ich doch auch schon Anderen viel unqualifizierter im Bild gestanden.

    Ludger und Benjamin haben natürlich völlig recht. Allerdings sollte sich mein Beitrag an diesem – zugegeben anstrebenswerten Maßstab – gar nicht messen. Lediglich die erste Aufnahme geht in diese Richtung. Alle anderen Bilder sollen nur zeigen, dass es oft überhaupt nicht nötig ist die zufällig anwesenden Personen aus dem Motiv zu brüllen, da sie doch manchmal die Szene eher beleben als dass sie stören.

    Viele Grüße
    Joachim

  • Hallo Bimmelbahner,

    ich finde dien Beitrag von John sehr interessant und Menschen bereichern oft das Motiv. Hier ein Beitrag von mir, wo am 14.4.13 das Zugpersonal eines Arbeitszuges in Kretscham auf die Überholung des Planzuges wartet.

    Was mich allerdings stört, sind sogenannte "Gleislatscher" und Trittbrettfahrer, die sich bei Fotoveranstaltungen kurz vor Eintreffen des Zuges in das Motiv stellen und sich dann auch nicht bei der Umlage von Kosten solcher Veranstaltungen beteiligen.

    VG Rainer