Ungarn: Zahnradbahn Salgótarján - Salgóbánya

  • Hallo,

    hier möchte ich eine kurze Zahnradbahn vorstellen, welche im Jahr 1881 zum Transport von Kohle eröffnet wurde. Heutzutage gibt es Überlegungen, die Strecke aus touristischen Gründen wiedererstehen zu lassen. Die ehemalige Strecke führte vom Stahlwerk in Salgótarján zum Kohlelagerplatz in Salgóbánya und hatte eine Streckenlänge von 5,83 Kilometer. Der zu überwindende Höhenunterschied betrug 222,6 Meter.


    (Zeichnung eines Zuges der Zahnradbahn an der Talstation ... Quelle: Nógrádi völgyváros)

    Die Eisengießerei wurde im Jahr 1846 eröffnet. Zunächst wurden einfache Schmelzprozesse und Walzarbeiten durchgeführt. Im Jahr 1882 wurde die Kapazität der Fabrik durch den Bau einer neuen Produktionshalle deutlich erweitert. Schließlich erfolgte der Bau von Hochöfen in den Jahren 1906 bis 1913.


    (historische Ansicht des Eisenwerkes ... Quelle: Tarjáni Képek)

    Während der Revolution im Jahr 1956 wurde der Betrieb auf der Zahnradbahn eingestellt. Im Herbst 1956 fuhren schließlich die letzten Züge.

    Dies soll ein erster kurzer Überblick sein. Sicher werde ich den Bericht noch um weitere Informationen ergänzen.

    Gruß, René

    3 Mal editiert, zuletzt von rekok73 (17. Juni 2016 um 17:19)

  • Hallo,

    zur Orientierung habe ich noch den Streckenplan zur Hand. Auf der Karte wird Salgóbánya (oben rechts) noch als Salgótarjáni szénbanyak bezeichnet:

    Gruß, René

  • Hallo,

    noch ein paar Worte zum Kohlebergbau der Region. Die Planungen und das Erschließen der Region für den Abbau von Braunkohle begann im Jahr 1840 und die Förderung konnte schließlich 1848 aufgenommen werden. Die höchste Förderquote wurde in den 1960-er Jahren erreicht. Nach der Wende erfolgte ein wirtschaftlicher Abschwung, welcher die Einstellung des Bergbaus erzwang. Die Förderung wurde schließlich Ende 1993 aufgegeben.

    Zurück zur Zahnradbahn: Ab 1953 wurden Seilbahnen zum Transport der Kohle errichtet. Damit wurde die Zahnradbahn nur noch zum Materialtransport und zum Transport von Fahrgästen genutzt. Insofern folgte dann im Herbst 1956 die Stilllegung der Bahn. Der Rückbau der Strecke erfolgte im Jahr 1957.


    (Zug der Zahnradbahn auf der Strecke ... Quelle: Nógrádi völgyváros)

    Gruß, René

    Einmal editiert, zuletzt von rekok73 (17. Juni 2016 um 18:31)

  • Hallo,

    wie schon erwähnt, wurde in den 1840-er Jahren die Stahlproduktion in Salgotarján aufgenommen. Es gründeten sich zwei Fabriken. Ihr Zusammenschluss erfolgte im Jahr 1881 zur Eisenwerk Rimamurány-Salgótarján AG, welche sich zum zweitgrößten Unternehmen der Stahlindustrie im Land entwickelte.


    (Ansicht des ehemaligen Stahlwerkes ... Quelle: Tarjáni Képek)

    Diese Fabrik durchlebte die wechselvolle Geschichte der verschiedenen Gesellschaftsordnungen und erst im März 1992 wurde die Stahlproduktion im nun volkseigenen Werk eingestellt. Nachfolgend wurden fast alle Fabrikgebäude abgerissen und nur auf einem kleinen Teil des Geländes wird in einem privatisierter Teil des Betriebes weiterhin Stahl produziert.

    Der Ort Salgótarján ist Hauptort des Komitats Nógrád im Norden Ungarns, nahe der slowakischen Grenze. Der Ort existiert schon seit dem Mittelalter. Der Name leitet sich von der nahe gelegenen Burg Salgó ab und Tarján war ein Fürst der Magyaren, welche dieses Gebiet besiedelten. Im Jahr 1922 bekam der Ort das Stadtrecht verliehen.

  • Hier nun noch ein Kapitel zur Geschichte der Bahn:

    Die Bahn diente dem Transport von Kohle von der Mine zum Stahlwerk und dem Transport von Materialen (vor allem Holz) zum Kohlebergwerk. Aufgrund der schlechten Straßen wurde die Bahn auch von der Bevölkerung genutzt. Auch im Tourismus erfüllte sie aufgrund der landschaftlichen Schönheit im oberen Abschnitt für Wanderer ihre Funktion.


    (Ein Zug auf der Strecke ... Quelle: Tarjáni Képek)

    Am 2. Februar 1883 ereignete sich ein schwerer Unfall auf der Strecke, bei der 6 Menschen getötet und die Lok zerstört wurde. Die Zahnräder der Lok waren im Zahnstangenabschnitt gebrochen. Danach wurde eine leistungsstärkere Lokomotive der schweizer Lokomotivfabrik in Winterthur beschafft.

    Die Geschwindigkeit im Adhäsionsbetrieb betrug auf der Strecke 12 km/h und im Zahnstangenabschnitt 8 km/h.


    Lok 1 der Zahnradbahn ... Quelle: Tarjáni Képek

    Das Ende der Strecke befand sich auf dem Gelände des Bergwerks in Salgóbánya. Hier ein altes Bild des Geländes mit dem Bahnhof.

    Gruß, René

  • Von den Fahrgästen wurde die Zahnradbahn liebevoll 'Kleine Schwarze' genannt. Leider wurde der Personenverkehr zur damaligen Zeit inoffiziell durchgeführt und so konnten keine Fahrgeldeinnahmen erzielt werden.

    Leider vernachlässigte man zur damaligen Zeit das touristische Potential dieser Bahnlinie. In heutiger Zeit wäre die Strecke in der schönen waldreichen Landschaft eine touristische Attraktion. Es gibt Überlegungen zu einem Wiederaufbau. Eine schmalspurige Zahnradbahn wäre natürlich ein ungarisches Unikat in heutiger Zeit. Vielleicht werden die Bemühungen ja von Erfolg gekrönt.

    Dies war meine kleine Dokumentation über diese Schmalspurbahn und ihr Umfeld. Auch wenn es keine bekannte Strecke ist, hoffe ich doch, dass es ein paar interessante Einblicke waren.

    Gruß, René

    Einmal editiert, zuletzt von rekok73 (17. Juni 2016 um 18:42)

  • Hallo Rene,
    danke für deine Mühen uns diese doch recht interessante schmalspurige Zahnradbahn vorgestellt zu haben. :spos:
    Wenn ich es richtig gelesen habe, hat man mit ihr Braunkohle, die unter Tage (?) gefördert worden ist, transportiert. Aber so hat man doch nur geringe Menge weggeschafft? Braunkohle hat doch keinen so großen Heizwert. Das das für ein Stahlwerk gereicht hat verwundert mich doch etwas. Dann sogar noch durch eine Seilbahn ersetzt. Die schafft doch auch nicht viel weg.

    Gruß Detlef der Pollofan

    Pollofan

  • Hallo Detlef,

    die Materialseilbahnen waren sehr effektiv. Hier mal zwei Bilder der Materialseilbahn in Salgótarján.


    (beide Bilder von der Website 'Tarjáni Képek')

    Ich habe mal noch ein weiteres Bild aus Tatabánya rausgesucht. Materialseilbahnen waren in Ungarn in vielen Betrieben weit verbreitet. Mir sind sie zur Belieferung von Kraftwerken (Tatabánya, Oroszlány), Zementfabriken (Lábatlan) usw. bekannt


    (Bild von der Website 'Tatabánya anno')

    Die Kohle wurde in der Kohlegrube abgebaut. Irgendwo habe ich aber gelesen, dass zumindest zu Beginn des Bergbaus die Förderung im Tagebau stattgefunden hat. Ob auch Steinkohle gefördert wurde, kann ich Jetzt nicht sagen, da ich mich zunächst hauptsächlich mit der Bahn beschäftigt habe und weniger mit dem Bergbau selbst. Ich habe in einem Zeitungsartikel von den Überlegungen zum Wiederaufbau gelesen, habe ein wenig geforscht und gedacht, dem Forum diese kleine Bahn einfach mal vorzustellen. ;)

    Gruß, René

    Einmal editiert, zuletzt von rekok73 (19. Juni 2016 um 02:26)

  • Eine Übersetzung aus Wiki zum Kohlebergbau:

    Das Nógrádi-Becken wird von Ipoly, Cserhat, Zagyva und Matra begrenzt. Hier findet sich hochwertige Braunkohle, die im Miozän und Oligozän entstanden ist. Unter einer Schieferdeckschicht liegt eine 4-6 Meter dicke Braunkohleschicht. Die Braunkohle wurde im Untertagebau gefördert und hatte einen Brennwert von 22000 kJ. Zunächst wurde die Kohle in Salgóbánya gefördert, danach kamen weitere Gruben im Nógrádi-Becken hinzu: Bátonyterenye, Vizslás, Khazar, Barna und Ceredo.

    Gruß, René

  • Hallo,

    noch ein Pressebericht aus dem Jahr 2014:

    Für touristische Zwecke könnte eine vergessene Zahnradbahn wiederaufgebaut werden.

    Nur den Einheimischen ist es bekannt, dass in Salgótarján in Nordungarn einst eine Zahnradbahn betrieben wurde. Im Jahr 2009 wurde der Komitatsregierung ein entsprechender Antrag zum Wiederaufbau der Zahnradbahn vorgelegt, welcher im Jahr 2010 positiv entschieden wurde. Danach wurde eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben und das Genehmigungsverfahren wurde am 30. Dezember 2013 bei der Nationalen Verkehrsbehörde eingeleitet.

    Die wiederaufzubauende Strecke soll der ehemaligen Streckenführung folgen, aber zwischen den neuen Haltepunkten für den touristischen Verkehr nur noch eine Streckenlänge von 4,7 Kilometern haben. Die Spurweite soll 760 mm betragen.

    Gruß, René

    Einmal editiert, zuletzt von rekok73 (19. Juni 2016 um 12:32)