Alles Reko, oder was?

  • Die Problematik der "verschleierten" Schienenfahrzeugneubauten gibt / gab es bei der DR nicht nur im Bereich der Schmalspur-Dampfloks.

    Bei der DR gab es die Regelspur-Kö's der Nummernreihe 57...
    Dabei handelte es sich "offiziell" um solche KÖ, die im Raw Halle eine umfassende "Rekonstruktion" erhielten.
    Erst einige Jahre nach der Wende stellte es sich für mich (Rheinländer) heraus , dass dort in Halle keine Rekonstruktion, Großteilerneuerung, Groß-HU oder wie auch immer die Arbeiten genannt wurde - statt fand, sondern ein schlichter Neubau!

    Aufgefallen ist dies anhand der KÖ-Nummern, unter denen sich auch viele Sonderbauarten befanden, die nicht dem typischen Kö-Aussehen entsprachen (z.B. Kö-Prototypen aus der Zeit vor 1945, ehemalige Wehrmachts-Kleinloks, ehemalige Privatbahn-Kleinloks, Kleinloks im "Hausdesign" von O&K, Henschel, DWK, Jung usw.).

    Komischerweise verliessen alle "rekonstruierten" Loks das Raw Halle im bekannten Einheitslook der Kö. Nach 1990 kam raus, das nach der Hallenser Rekonstruktion nur noch zwei Teile der Originallok übernommen worden sind: 1. Das Betriebsbuch, 2. Die Fabrikschilder des Herstellers bzw. die Lokschilder der DR.

    Damit waren die rekonstuierten Kleinloks aus dem Raw Halle nichts anderes als gut getarnte Neubauten!

  • Naja Toni wenn man Joachims Gedankengang richtig deutet gibt es überhaupt keine Reko auf sächsichen Schmalspurgleisen. Denn wenn man modernere Konstruktion, wirtschaftliche Merkmale und Verbesserung der Leistungsfähigkeit als Merkmale einsetzt, ist man bei der 50.35, 52.80 oder 58.30 dem Sinn der Reko nachgekommen. Der IV K ist jedoch bei wenigen Maschinen eine GR/Mod und später wie du völlig richtig schreibst ein Neubau zu Teil geworden.

    Bei der VI K von "rekonstrukcija" zu sprechen ist aber in meinen Augen völlig falsch, da wurde einfach zu viel Substanz neu konstruiert und gebaut. Das ganze ist gleichzusetzen mit dem Jöhstädter Meppel, da hätte man ja auch angesichts einer neuen Baureihe eine neue Nummer vergeben müssen. Der Begriff Reko war da nur der Deckmantel um nicht Offiziell sagen zu müssen das man doch nochmal Dampfloks neu bauen musste.

    Das einzige was uns dieser Umstand nützt ist die Tatsache, das wenn irgendwann jemand zu viel Geld hat und eine (Reko/Neubau) VI K bauen lässt, er einfach die Schilder einer damals nicht neugebauten VI K nehmen kann. So macht er dann nun wirklich nix anderes als das was man in Görlitz gemacht hat. Und muss dabei nicht mal Aufpassen ob eine es 99.64–65 ist, denn da waren ja auch 2 unter den Neubauten.

    Eine echte Reko im Sinne von Joachim hätte man in den 90ern bei der 99.77 durchführen können. Nur wurde da der Rahmen nicht überarbeitet sondern einfach nach den alten Zeichnungen neu gefertigt. Andererseits war die Ausführung der Arbeiten deutlich besser und so schwer arbeiten wie damals in Thum müssen die heutigen Maschinen ja nun auch nicht mehr.

    Gruß André

    Einmal editiert, zuletzt von 50 3604-1 (17. August 2016 um 09:45)

  • Ja, 50 3604-1,

    das hatte ich ja in der Richtung auch so gemeint.
    Es gibt keine Reko VI K, das war ein Neubau. Neuer Kessel, neuer Rahmen, neues Führerhaus, die Treibachse war dann die 3. - alles einfach neu.
    Auch die 99 4511 ist ein Neubau von 1966, denn die alte stand ja daneben, neben der neuen.
    vielleicht wurden Einzelteile weiter verwendet (Läutewerk u.a.).
    Der Begriff Reko entstand, weil ab den 1960er Jahre keine Dampfloks in der DDR oder bei der DR nicht mehr gebaut werden durften (offiziell).

    Beste Grüße
    Tino-Toni

  • Der Begriff Reko fand schon vor 1960 Verwendung die Reko ging schon bei der 50.35, 22 und 58.30 ab 1958 los. Und da kann man auch noch von Reko sprechen.

    Bei der 99 4511 war ja auch die Sache das aus einer C1' n2t plötzlich eine C n2t wurde.
    Also noch einen Zacken schärfer als bei der VI K.

    Gruß André

  • Hallo,

    die ganze Diskusion hier fasziniert mich und ein bissel muss ich auch schmunzeln.
    Irgendwie leben wir Eisenbahnfans auch bei der Sprache gelegentlich in einer Welt von gestern.
    Außerhalb der Eisenbahnfanszene wird das Wort Rekonstruktion auch im Osten der Republick überwiegend wieder im Sinn seiner ursprünglichen Bedeutung verwendet, also wie am Anfang erklärt. Allerdings beschränkt sich die Anwendung nicht nur auf den technischen Bereich.

    Rekowagen und Reko VI K waren umgangssprachlich vor 1990 in der DDR sehr geläufig und die Neubau VI K wurde auch bei der DR als Rekolok bezeichnet, z.B. auf dem Bauzeichnungen. Deshalb habe ich auch kein Problem damit, wenn diese Bezeichnungen auch heute noch verwendet werden.
    Ganz anders bei der IV K. Die (fast) Neubauloks (welche Teile bei 99 568 wiederverwendet wurden, hat Anne Lindberg ja gut erklärt, eventuell gehören auch noch die Radsätze dazu) wurden nach meiner Kenntnis vor 1990 überhaupt nicht als Rekoloks benannt. Diese Bezeichnung wurde wohl erst nach 1990 durch die Verwendung in einigen Fachbüchern verbreitet (durch die Autoren Preuß?). Diese quasi nachträglich in die Welt gesetzte Reko - Bezeichnung der IV K halte ich deshalb auch für Unfug.

    Viele Grüße
    Joachim

    Einmal editiert, zuletzt von John (17. August 2016 um 23:15)

  • Zitat

    Original von John
    ...
    Ganz anders bei der IV K. Die (fast) Neubauloks (welche Teile bei 99 568 wiederverwendet wurden, hat Anne Lindberg ja gut erklärt, eventuell gehören auch noch die Radsätze dazu) wurden nach meiner Kenntnis vor 1990 überhaupt nicht als Rekoloks benannt. ...
    Viele Grüße
    Joachim

    Hallo,

    die Radsätze der Altbau-IVK hat das selige RAW Schlauroth für die Neubauloks weiterverwendet, allerdings nicht Lokbezogen sondern frei durchgetauscht. Bei den Stangen, Kesselarmaturen, Pfeifen und Läutewerken findet man dies auch. Die Kleinteile der äußeren Steuerung wurden jedoch teilweise Lokbezogen weiterverwendet.

    MfG

  • Zitat

    Original von Aufsichtsbeamter
    Sehr richtig Joachim,

    warum wollen es einige nicht wahrhaben, das die heutige IV K (bis auf Ausnahmen) und die damalige VI k, bezeichnet als Reko, Neubauloks waren und sind.

    Und wenn man es richtig sieht, wurden nicht nur 96 IV K's gebaut. Zählt einfach mal den Nachbau/Neubau aus den 1960er Jahre!

    Beste Grüße
    Tino-Toni Händel

    Hallo
    Ehrlich gesagt, ich verstehe den Wirbel um diesen Begriff nicht.

    Unter "Rekonstruktion" verstehe ich persönlich, als Beispiel, den Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden. Es wurde etwas, was weg war, Re - konstruiert. Im Sinne von wieder konstruiert.

    Der Ausdruck Rekonstruktion, bzw. Rekolok, kannte man bis 1989 im Sektor Eisenbahn nur in der DDR. Und dort war wohl das ausgedrückt, dass man andernorts als Modernisierung bezeichnete.

    In der Schweiz ist auch heute der Begriff "Rekonstruktion" nicht gebräuchlich. Man spricht von Revision, Modernisierung oder Refit.

    https://www.sbb.ch/content/dam/sb…City_dt_Web.pdf

    Gruss Guru

  • Hallo zusammen,

    ich glaube auch, dass wir in der DDR teilweise eine andere Bedeutung des Wortes "Reko" hatten. Möglicherweise kommt das tatsächlich aus dem Russischen. Nach meiner Erinnerung wurde oft von (wörtlich) "Reko" (nicht "Rekonstruktion") gesprochen, wenn es um die Erneuerung von Dingen ging (Häuser, Maschinen, Loks). Man muss sich auch die Zeit ansehen: Damals war es nicht üblich, Dinge in ihren Urzustand zu versetzen. Es wurde modernisiert - das war in. Altes Zeug gab es genug.

    Bei Lokomotiven haben wir den speziellen Umstand, dass keine Dampfloks mehr neu gebaut werden sollten. Jedoch standen nicht genügend Alternativen in Diesel zur Verfügung. Also blieb nichts anderes übrig, als die Dampfloks zu pflegen so lang es ging. Auf Grund des Verschleißes blieb jedoch nichts übrig, als die Loks neu zu bauen und unter alter Nummer wieder in den Verkehr zu bringen. Und dabei wurde modernisiert was ging. Es ging nicht um die Erhaltung von historischer Substanz. Offiziell waren es Reparaturen oder Großteilerneuerungen, effektiv war es ein Neubau.

    Das ist aber kein spezielles Phänomen der Dampfloks. Wie oft wurden Trabis nach Totalschäden komplett neu aufgebaut und die neue Karosserie hatte - o Wunder - die gleiche Fahrgestellnummer wie die alte. Und die Fahrgestellnummer manches Schrottautos, was Deutschland heute verlässt, findet sich später wunderhafterweise an einem fast neuen Auto.

    Auch im Bauwesen gibt es das: Ein Neubau ist zum Teil nicht erlaubt, eine Modernisierung schon. Also wird das Haus Stück für Stück abgerissen und quasi neu gebaut. Sicher gibt es noch andere Beispiele.

    Heißt: Der Begriff "Reko" (nicht "Rekonstruktion) hatte in der DDR eine ganz eigene Bedeutung. Trotzdem gab und gibt es den versteckten Neubau nicht nur bei Dampfloks.

    Gruß Eckhard

    Viele Grüße,
    Eckhard

  • Hallo
    Als ehemaliger Ökonom für Schienenfahrzeuge,gab es das Wort eines Rekonstruktionsprogramms nicht in den verschiedenen Fachrichtungen.Im Dienstgebrauch wurde über Generalreperatur und Großteilerneuerung gesprochen,man muß diese zwei Worte ebenfals unterscheiden.Im Jahr 1962 begann man bei dreißig IVK mit der Generalreperatur,und nicht zur einer (Rekolok).
    Gruß Dietmar

  • Liebe "Reko"-Freunde,

    in meinem alten, recht zerlesenen Schmalspurbahn-Archiv aus dem transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin 1980 (2., durchgesehene Auflage 1982) steht auf Seite 286 zur sächsischen Gattung IV K: "Ab 1962 wurden mehrere ehemalige IV K rekonstruiert. Sie erhielten neue Kessel, wobei der Dampfdom etwas höher ausfiel. Die alten großen Sicherheitsventile wichen den kleineren auf dem Dampfdom, der viereckige Sandkasten oberhalb des Kessels entfiel, und die Kesselspeiseventile wurden oben liegend angeordnet. Teilweise erhielten die Maschinen auch neue Rahmen (Bild 2.159)."
    Über die VI K steht auf Seite 288 "Nach 1963 sind mehrere Lokomotiven rekonstruiert worden; sie erhielten neue Kessel, Führerhäuser und Vorratsbehälter in anderer Form. Statt der 4. wurde die 3. Achse als Treibachse ausgebildet (Bilder 2.155p, 2.160)."

    Es wurde also in der DDR spätestens ab 1982 (die 1980er Auflage habe ich nicht) davon gesprochen, dass die Loks rekonstruiert worden seien. Ältere Literatur zum Thema habe ich leider nicht, jedoch das 2004 im Verlag Dirk Endisch erschienene empfehlenswerte Buch zum Thema "Generalreparatur und Großteilerneuerung", worin auch die Entstehungsgeschichte der verschiedenen Bezeichnungen beleuchtet wird.

    Es kann also durchaus sein, dass dieses ganze Gerede und Geschreibe von "Rekonstruktion" auf Reiner Preuß zurückzuführen ist, der ja mit Klaus Kieper und Elfriede Rehbein auch Hauptautor des "Schmalspurbahn-Archiv" der DDR war.

    Vielleicht hat hier im Forum ja jemand alte Modelleisenbahner in seinem Besitz, wo das vielleicht mal (wenn auch nur nebenbei) Thema war? Jedenfalls kann ich mich nicht erinnern, 1982 völlig überrascht gewesen zu sein, keine vollständig 100-jährigen Loks in Oschatz zu sehen. Modernisiert kamen sie mir aber auch als Kind schon nicht vor, obwohl sie nicht mal zehn Jahre älter waren ;)

    Viele Grüße

    Armin

    Edit: kleine Fehler im Zitat behoben

    Einmal editiert, zuletzt von Armin (19. August 2016 um 01:10)