Überangebot an Schmalspurbahnen in Sachsen

  • Das war ja bloß mit Wilischthal ein gutgemeinter Gedanke, vielleicht auch noch zu Retten was zu Retten ist.

  • Hallo,
    Ich betrachte das als zugezogener Sachse mal ganz nüchtern: Die Bimmel hat hier zufällig überlebt, weil es a) in Sachsen viele davon gab, b) Sachsen in der DDR lag und c) die Sachsen nach der Wende erhebliche Anstrengungen unternommen haben und heute noch unternehmen, "ihre" Bimmel zu erhalten. Zudem ist eine Schmalspurbahn eben immer schon billiger und einfacher zu betreiben gewesen, als eine Normalspurbahn. Das begünstigt den Erhalt und erklärt, weshalb Normalspurprojekte eher mal scheitern. Ob es ein "Überangebot" gibt, wird letztlich der Markt zeigen. Nach meinen Beobachtungen sind die vorhandenen Strecken gut ausgelastet. Der "wilde Robert" und der obere Abschnitt der Weißeritztalbahn könnten Probleme haben. Für ZOJE, Lößnitzdackel, Fichtelberg- und Preßnitztalbahn sehe ich diese Probleme nicht. Sturm im Wasserglas? Vermutlich. Man könnte mal über das Überangebot an Brauereien in Bayern diskutieren ;)

    Schönes Wochenende!

  • Zitat

    Original von railfox
    Spätestens, wenn in Sachsen ein noch schärferer Wind in Sachen SPNV weht, werden die als "Tourismusförderung" getarnten staatlich geförderten 750 mm-Museumsbahnen einer ungewissen Zukunft entgegensehen. Gemeinwirtschaftlich betriebener SPNV findet auch in Sachsen nämlich nicht nur in abgelegenen Seitentälern statt.

    Warum stellt man SPNV-Bahnen ein und für Schmalspur hat man Geld? Ist mal wieder die typische Neiddebatte!

    Also, was ist wertvoller für Sachsen? Tourismusförderung über die Schmalspurbahnen oder ne normalspurige Nebenbahn, die, dank der schlechten Nutzung durch die heimische Bevölkerung, den ganzen Tag heiße Luft durch die Landschaft fährt?

    Wegen der Schmalspur kommen jedenfalls viele Urlauber aus aller Welt in diese Gegenden, lassen Geld da, für Übernachtungen, Unternehmungen usw. Und das ganze auch völlig abseits der Schmalspurbahn! Die bringen also ordentlich Geld nach Sachsen. Viel mehr, als "die paar Peanuts", welche sie Schmalspurbahnen kosten!

    Ne leere SPNV-Bahn bleibt dagegen ne leere SPNV-Bahn. Die kostet Geld und bringt keinen wirtschaftlichen Nutzen, solange kaum einer mitfährt. Deswegen bringt jedenfalls kein Auswärtiger Geld nach Sachsen! Und bei der SPNV-Nutzung, da müssen sich die Sachsen wohl an die eigene Nase fassen!

    Und ja, wenn eine Schmalspurbahn wegfällt, würden meine Urlaube in Sachsen natürlich weniger werden! Denn einer der Gründe für den Urlaub in genau diesen Ecken Sachsens ist ja die jeweilige Schmalspurbahn. Ist eine weg, fahre ich deshalb nicht öfters in eine andere Ecke Sachsen zur nächsten Schmalspurbahn. Man will ja Abwechslung. Dann bekommt einfach ne andere Urlaubsecke Deutschlands oder im Ausland meinen Zuschlag. Ergo, weniger Geld in Sachsens Staatssäckel!

    Fazit: Der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Schmalspurbahnen ist für Sachsen also weitaus größer als der von schlecht genutzten SPNV-Strecken. Deshalb ist es für mich nur völlig logisch, daß man die Schmalspurstrecken bevorzugt behandelt.

    Gruß

    2 Mal editiert, zuletzt von Dieselpower (20. August 2016 um 13:51)

  • Ich habe mir noch nicht alle Beiträge durchgelesen, aber ich wollte mal Folgendes loswerden:

    Natürlich hat jeder Mensch, das Recht, seine Träume zu verwirklichen, ein Ziel zu verfolgen, einen Verein zu gründen, eine Schmalspurbahn aufzubauen, ein Museum zu errichten, eine Lokomotive zu kaufen oder einen Schmalspurpersonenwagen in seinem Privatgarten verrotten zu lassen. Dieses Streben nach individuellem oder kollektivem Glück macht eine freie Gesellschaft aus. Um es auf dieses Thema hier runterzubrechen: Manches Engagement in der Schmalspurszene mag verwunderlich erscheinen, aber es ist erlaubt und ehrenwert.

    So sagt es übrigens auch unserer Verfassung: "Jeder kann tun und lassen, was er mag" oder wörtlich (Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz)

    Zitat

    Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

    Zugleich kann ein Engagement im öffentlichen Bereich und dazu zähle ich Vereine natürlich Gegenstand öffentlichen Lobs und öffentlicher Kritik sein (Artikel 5 Grundgesetz):

    Zitat

    (1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten ...
    (2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

    Jeder Mensch und jeder Verein kann selbst entscheiden, wie er mit solchen - hier möglichst sachlich vorgetragenen - Äußerungen umgeht: Ob er sich Kritik zu Herzen nimmt, ob er ein Gegenstatement abgibt oder alles ignoriert. So läuft öffentlicher Diskurs.

    Und dann möchte ich zu den Äußerungen von Railfox noch sagen, dass ich André Marks hier zwar als "strengen" Fachmann erlebe, er aber immer sachlich bleibt. Auch wenn wir seine Meinung nicht immer teilen, können wir dankbar sein, dass er hier sein Wissen mit uns teilt.

    GL

    2 Mal editiert, zuletzt von Gert Lauken (20. August 2016 um 15:03)

  • Wenn es legitim ist, das mit den SPNV-Nahverkehrsmitteln die Schmalspurbahnen gefördert werden, wieso wird sich dann bei der Thüringerwaldbahn so aufgeregt? Da will jemand die Luft in den Straßenbahnen günstiger mit Bussen befördern. Oder dürfen Mittel bloß zweckentfremdet werden, wenn sie der Schiene zugute kommen? Oder findet ihr es ok, wenn ich bspw. Geld für Projekt "Schmalpurbahn X" spendet und das plötzlich für eine Dampflok-HU der Normalspur genutzt würde? Genau das findet man aber ok ...

    Angenommen, irgendwann müssten Fördermittel zurückgezahlt werden, will ich nicht das Gejammer hier und andernorts (DSO, ...) hören eine Bahn meistbietend verhökert wird, weil sie das Geld nicht zurückzahlen kann.

    Über Luftschlösser wie Wilischthal und Jöhstadt Ladestelle sollte auch mal geredet werden. Was will man mit den Schrottresten in Wilischthal? Dort ist der Tourismus nicht das einzige Standbein. Man kann eben nicht alles erhalten ... manchmal ist es besser, wenn man sich auf weniger Projekte konzentriert. Zumal die paar Enthusiasten, die nur wegen der Schmalspurbahnen nach Sachsen kommt im Vergleich zu den übrigen Touristen deutlich in der Minderheit ist. Die Schmalspurbahnen sind ein nettes Detail, aber eben nicht alles ... das vergessen hier manche.

    Jöhstadt Ladestelle ist ähnlich, da hätte man 1 km Strecke zu einer Landesgrenze, wo danach praktisch nicht mehr viel kommt. Zudem endet die Strecke an einem touristisch äußerst sehenswerten Firmengelände ...

  • Du solltest die Beiträge anderer auch richtig lesen und verstehen. Ich habe geschrieben "Ausziehgleis Richtung Ladestelle" nicht "Ausziehgleis bis zur Ladestelle". Das man dort plant das Streckengleis um rund 200m bis zur Brücke km 23,23 wieder zu errichten hat man doch dort selbst verkündet und sollte mittlerweile auch bekannt sein. Das steht doch auch so im derzeitigen Jöhstädter Spendenaufruf. Wo du da ein Wolkenschloss siehst, weist sicherlich auch nur du selbst.

    Gruß André

  • Jetzt wird es spannend hier. Wo Ihr hin diskutiert. Naja, dazu sind solchen Foren auch da...

    Ich hole jetzt Bier und Chips und wünsche mir gute Unterhaltung.

    HHw

  • Hallo Erzgebirgsnebenbahner,

    der Verlauf der Diskussion zeigt doch anschaulich, dass eine Vielzahl von den Forenteilnehmern odffensichtlich weder den Hintergrund noch die Details der vorgetragenen Sachkritik verstanden hat oder aber - was ich bedauerlich fände - nicht verstehen will.

    Es geht nicht darum, eine Stillegung von bestimmten sä. Schmalspurbahnen zu fordern oder den weiteren Ausbau von bereits bestehenden Schmalspur-Museumsbahnen zu verhindern - diesen Schuh werde ich mir niemals anziehen.

    Auslöser für meine Beiträge war hingegen die Tasache, dass einige Eisenbahnfreunde offenbar den Hals nicht vollkriegen und gebetsmühlenartig den weiteren Wiederaufbau von längst abgebauten sä. Schmalspurbahnen in jenen Regionen fordern, wo bereits eine solche Dichte an Schmalspurbahnen besteht - dass eine weitere Bahn keine Bereicherung der "Szene", sondern unweigerlich einen Wettbewerber im "Buhlen" um Fahrgäste bedeuten wird.

    Ich beobachte die Museumsbahnszene seit 1981 aus eigener Anschauung, seit 1964 aus den Aktenbeständen eines Archivs.

    Es gab im Gebiet des heutigen Deutschland vier große "Wellen" von Museumsbahngründungen:

    1) Die Zeit von ca. 1964 bis 1975:

    Das war die Zeit, wo in Deutschland erstmals über den Gedanken der Erhaltung von Schienenfahrzeugen abseits der Staatsbahnen nachgedacht wurde. Mit dem Aufkommen der Industriedenkmäler ab 1969/70, wo erstmals auch solche Gebäude als erhaltenswert angesehen wurden, die vom Erscheinungsbild einer Wind- oder Wassermühle deutlich abwichen, gründeten sich vorwiegend im Umfeld von Privatbahnen eine Reihe von Museumsbahnen. Jedoch waren bereits damals Länder wie Großbritannien, Schweden oder auch die Niederlande uns Deutschen schon einige Schritte voraus.

    2) Die Phase um 1976 - 1978:

    Hier bewirkte das offizielle Dampf-Aus bei der DB und das sogenannte "Dampflokverbot", dass eine Reihe von "großen" Dampfloks in private Hände gelangten und auf Privatbahnen mit großem Streckennetz (z.B. WLE, OHE, TWE) sich neue Museumsvereine etablierten.

    3) Die Phase der Feierlichkeiten 1985 anlässlich "150 Jahre deutsche Eisenbahn"

    Diese Feierlichkeiten erreichten - ganz im Gegensatz zu den 175 Jahre-Feierlichkeiten- in der alten BRD nahezu die gesamte Bevölkerung: Damals stand der Bund als Eigentümer noch relativ geschlossen hinter seiner Staatsbahn, damals wurde Tradition noch wertgeschätzt, eine Großteil der Eisenbahner identifizierte sich mit seinem Arbeitgeber auch über den Dienstschluß hinaus, es wurden entsprechende Geldmittel für diverse Veranstaltungen, Öffentlichkeitsarbeit , Tage der offenen Tür in Werkstätten, Aufarbeitung von Museumsfahrzeugen usw. bereitgestellt. Im Umfeld dieser wirklich umfangreichen Feierlichkeiten kam es zu diversen Neugründungen von Museumsbahnen oder örtlichen Eisenbahnmuseen.

    4) Die Phase der Wende und die Jahre unmittelbar danach (1989 - 1995)

    Durch die Auflösung der DDR und später auch der DR gründeten sich in den damals wirklich noch neuen Bundesländern viele neue Museumsbahnen und regionale Eisenbahnmuseen, die teilweise auch aus aufgelösten DMV-Arbeitsgemeinschaften hervorgingen. Bereichert wurde diese wirklich schöne Vielfalt durch die zu Parkeisenbahnen gewandelten Pioniereisenbahnen und die damals noch von der DR betrieben Schmalspurbahnen zwischen Ostsee und Ergebirge.

    Gleichzeitig entstanden nach der Wende auch in den alten Bundesländern neue Museumsbahnen, die sich relativ kostengünstig mit Schienenfahrzeugen "aus dem Osten" eindeckten.

    Eine weitere Welle von Museumsbahnneugründungen sehe ich aber auf absehbare Zeit nicht auf uns zukommen, dafür sorgen mittlerweile Aspekte wie

    - ausufernder Bedarf an Finanzmitteln (sprich Geld)
    - Demographischer Wandel und damit Probleme, Nachwuchs zu rekrutieren
    - Rückzug der Bahn aus der Fläche und damit einhergehend der Rückzug der Bahn aus den Köpfen der Menschen
    - Viele der heutigen Kinder sind noch nie mit einem Zug gefahren (Das Problem kenne ich aus dem Bereich der Landwirtschaft: Immer mehr Kinder glauben, Milch kommt aus einer Fabrik und blaue Kühe "produzieren" Schokolade)
    - Beinflussung der Bürger ( also Eltern und Kinder) durch die Medien - Eisenbahn ist alt und uncool - Massensport und neue Medien (Smartphone, PC und Internet) bieten vermeintlich mehr
    - notwendige Vorschriften erfordern umfangreich ausgebildetes Personal
    - durch die Umwandlung von Bahnstrecken in Radwege gehen potentielle Strecken immer häufiger verloren
    - Die Bereitschaft, ehrenamtlich als "Malocher" bei einer Museumsbahn mitzuwirken, ist eher rückläifig als umgekehrt
    - Die erforderlichen Eisenbahner, die notwendiges Fachwissen mit in die Museumsbahn bringen, werden kontinuierlich weniger mit der Folge, dass Sachverstand oftmals für teuer Geld bei Externen eingekauft werden muss.
    - Das Durchführen von Sonderfahrten auf DBAG-Strecken wird von Jahr zu Jahr eher schwieriger als einfacher.

    Wer sich das seit 1978 jährlich erscheinende Museumsbahnkursbuch aufmerksam durchliest, wird feststellen, dass die Anzahl der Museumsbahnen seit ca. 2000 kontinuierlich abnimmt, die Anzahl der Museen, technischen Schauanlagen etc. hingegen leicht steigt. Auch die Anzahl der angebotenen Fahrten pro Tag bzw. übers Jahr gesehen hat bei nicht wenigen Museumsbahnen stark nachgelassen.


    Somit wird auch früher oder später der Punkt kommen, wo die "heile" sä. Schmalspurbahnwelt möglicherweise tiefere Risse bekommt, als die, die man mit dem Scheitern von "Via Wiltzschaus" schon zu sehen bekam.
    Einer der "Macher" von Schönheide-Süd war erfreulicherweise schon so ehrlich und weitsichtig genug, sich und den Internetusern einzugestehen, dass die dünne Personaldecke gerade so ausreicht, das bisher erreichte
    langfristig zu sichern - dass aber aus seiner Sicht bei den jetzigen Verhältnissen Kraft und Mittel nicht ausreichen, um die Strecke Schönheide-Süd - Carlsfeld wieder aufzubauen. (Zumal dieser Verein sich auch noch um eine Regelspurstrecke kümmert)
    Das der Wiederaufbau des Viaduktes bei Schönheide in utopisch weite Ferne gerückt ist, dürfte damit (hoffentlich) auch jedem Leser verständlich sein.

    Die Visionen des "Aufsichtsbeamten"

    Der "Aufsichtsbeamte" ist ein eingefleischter Schmalspurbahnfreund, was ich ihm als Rheinländer auch uneingeschränkt gönne. Aber was er offenbar nicht bedenkt ist die Tatsache, dass dieses Forum im Internet eben keinen eingeschränkten Leserkreis hat:
    Kaum ist die erste "Sau durchs Dorf getrieben" und die Außenwirkung solcher Visionen nicht bis zu Ende bedacht (Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt hat nicht umsonst diesen Satz geprägt: "Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen"), wird schon die nächste " Sau durchs Dorf getrieben".

    Ich glaube jedoch, dass die Aussage von Aufsichtsbeamter zum Thema Wilischthal rein provokativ gedacht war: Er will mir doch nicht ernsthaft erzählen, dass es ihm völlig entgangen sei, dass nach der offiziellen Stillegung 1992 die Preßnitztal dort alles abgebaut und rausgeholt hat, was man zum Wiederaufbau der Preßnitztalbahn gebrauchen konnte.


    Zum Thema Wiederaufbau von zusätzlichen sä. Schmalspurbahnen :

    Ich wiederhole mich: Wer glaubt, dass eine weitere Schmalspurbahn im Nahbereich (40- 50 km) einer vorhandenen Sä. Schmalspurbahn zwingend eine Bereicherung darstellt und für mehr Fahrgäste bei der anderen sorgt, der glaubt auch, dass ein Zitronenfalter Zitronen faltet.

    Die Besucherströme / das Fahrgastaufkommen bei Museumsbahnen sind/ist nicht unendlich generierbar, dass wissen schon längst die Verantwortlichen der staatl. subventionierten Touristikbahnen wie auch die Macher der Museumsbahnen - die Pressnitztalbahn nach meinem Kenntnisstand auf jeden Fall schon seit langem. Auch kann mir keiner erzählen, dass 100 % der Freunde der sächs. Schmalspurbahnen jedes Jahr jede einzelne Strecke komplett befährt.
    Somit stehen die Bahnen jetzt schon in einem Wettbewerb zueinander, wer den Fahrgast anlockt oder nicht.


    Schmalspurbahn vs. Bus und Straßenbahn

    Verschärft wird die Konkurrenzsituation erst recht, wenn der Tag kommt, andem es sich der Freistaat nicht mehr klag- und widerstandslos leisten kann, SPNV-Mittel (dazu gehören auch SEV-Buskurse) in die dampfgeführten Touristikbahnen umzuleiten.

    Da werden dann nämlich ganz schnell Bevölkerungsteile gegeneinander ausgespielt: Umwandlung von Buslinien in so perverse Dinge wie Anruf-Sammeltaxi, Aufweitung von Buskursen von Stundentakt auf Zweistundentakt oder mehr, Einstellung von Straßenbahnlinien nach 20.00 Uhr, Ersatzlose Streichung von Buslinien, Abkoppelung von Außenstadtteilen an die Innenstadt, Zusammenfassung von Buslinien und damit stundenlange "Zwangsstadtrundfahrten" werden dem Fahrgast dann möglicherweise zugemutet. Wie - das kennt man in Sachsen noch nicht? Wir hier im Rheinland aber schon - und das seit Jahren.
    Aber als ÖPNV-Nutzer in Leipzig, Eilenburg, Bautzen, Görlitz, Chemnitz, Zwickau oder Plauen wird man solche Opfer zum Wohle der sä. Schmalspurbahnen sicher klaglos hinnehmen, nicht wahr?
    (Oh je, das war jetzt bestimmt wieder eine Neiddebatte von einem, der nicht in Sachsen wohnt)

    Schmalspurbahnen sind wirtschaftlicher ?

    Fast schon amüsant fand ich den Beitrag eines Zeitgenossen hier, Schmalspurbahnen seien angeblich wirtschaftlicher wegen ihrer geringen Spurweite.
    Ihm empfehle ich ganz dringend die Lektüre der unzähligen Streckenchroniken: Der zunächst vermeintlich eingesparte Geldmittelbedarf erwies sich bei nahezu 98% aller deutschen Schmalspurbahnen ganz schnell als Bumerang - nämlich beim Thema Güterverkehr. Sehr schnell erwies sich das händische Umladen von Regel- auf Schmalspur oder umgekehrt als immenser Kostenfaktor - nicht umsonst folgten daher schnell Umladekrane und wenig später, dort wo es möglich war, Rollbock oder Rollwagen.

    Eine regelspurige Weißeritztalbahn wäre heute weit günstiger mit Rollmaterial ( ob hist. Dampfzug oder neue Triebwagen) zu unterhalten und betreiben. Das mal nebenbei zum Thema "Schmalspur ist günstig"

    Einmal editiert, zuletzt von railfox (20. August 2016 um 23:25)

  • Hallo,

    Dieselpower schrieb: 'Der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Schmalspurbahnen ist für Sachsen also weitaus größer als der von schlecht genutzten SPNV-Strecken.' Das mag sein. Die Mittel für den SPNV bekommen die Länder aber hauptsächlich als Regionalisierungsmittel vom Bund, um die öffentliche Dienstleistung SPNV erbringen zu können. Der Betrieb von Touristikbahnen ohne nennenswerten SPNV entspricht somit nicht dem zugrundeliegenden Zweck dieser Regionalisierungsmittel. Sie fehlen durch diese Querfinanzierung der Touristikbahnen auch auf Strecken mit gut genutztem SPNV, wo man durch zweckbestimmte Verwendung der Mittel das Angebot verbessern könnte. Ich bin zwar selten in Sachsen, aber das dort auf allen SPNV-Linien nur leere Zügen fahren, möchte ich doch stark in Zweifel ziehen. Die Verwendung der SPNV-Mittel bei den Schmalspurbahnen verhindert somit auf diesen Linien einen besseren Fahrplan, besseres Fahrzeugmaterial usw. usf. im Rahmen der Ausschreibung! Wenn nun also z.B. vermehrt Regionalisierungsmittel für einen besseren Fahrplan auf der Touristikbahn nach Kipsdorf verwendet werden, fehlen sie an anderer Stelle im Regionalverkehr.

    Hier in Sachsen-Anhalt würden es die Menschen kaum lustig finden, wenn das Fahrplanangebot auf RE-Linien ausgedünnt werden müsste, weil mit Regionalisierungsmitteln der angebliche SPNV auf der Brockenstrecke finanziert werden soll. Nichts Anderes geschieht aber mit den Mitteln in Sachsen. Touristikbahnen haben mit Geldern aus Tourismustöpfen finanziert zu werden und eben nicht mit SPNV-Regionalisierungsmitteln.

    Gruß, René

    Einmal editiert, zuletzt von rekok73 (20. August 2016 um 21:45)

  • Guten Abend!
    Ich denke, man kann es ruhig den Sachsen überlassen, welche Mittel sie wofür einsetzen. Die Finanzierung der Schmalspurbahnen stört hier offenbar niemanden, sonst wäre bestimmt schon der eine oder andere Politiker auf die Idee gekommen, da etwas zu ändern. Er würde sich meiner Einschätzung nach bei der Mehrheit der Sachsen aber unbeliebt machen.

    Gruß,
    Rolf