Jagsttalbahn zu Pfingsten 1986

  • Hallöli,

    Nachdem ich einen Teil dieser Aufnahmen für einen kleinen Test im neuen Forum gezeigt hatte, stelle ich sie auf Anregung von Alex jetzt hier mal ins alte Forum ein, damit sie auf Dauer erhalten bleiben.
    Mitte der 80er gab es im Jagsttal jedes Jahr ein tolles Event. Die Veranstaltung ging über mehrere Tage. Ich bin damals mit meiner 200er Vespa hingetuckert, habe mit Gleichgesinnten auf einer Wiese gezeltet und mir Dampf und Diesel um die Nase wehen lassen. Es fuhr so ziemlich alles, was sich bewegen konnte. Großen Anteil hatten die Seidensticker Loks, die damals wohl schon die DGEG Maschinen weitgehend verdrängt hatten.
    Leider waren die Dias zum Zeitpunkt des Einscannens schon in keinem guten Zustand mehr. Irgendwelche Bakterien haben sich an ihnen gütlich getan und hässliche schwarze Punkte hinterlassen. Außerdem war meine damalige Ausrüstung auch nicht so das Optimum. Vater hatte mir seine alte Vorkriegs-Leica ausgeliehen, so dass ich die Bilder wenigstens nicht mit meiner „Ritschratsch-Klick“ Pocketkamera machen musste.
    Allerdings hatte auch so die Leica ihre Tücken – sie war schließlich nicht mehr die Jüngste. Den Belichtungsmesser hatte ich auch nicht mit. Und ich hatte nur das Standardobjektiv. Man muss auch sagen, dass ich wohl eher zu den Hobbyknipsern gehörte (und gehöre). Das Erleben steht doch mehr im Vordergrund.
    Eine typischer Unterwegsbahnhof im Jagsttal

    Obwohl es eine Museumsbahn-Veranstaltung war, wirkte manches wie aus dem „normalen Leben“ gegriffen – nicht gestellt. So wie diese Szene – Frauen kommen vom Einkauf in der Stadt, am Bahnhof lagert jede Menge Ladegut – hier Brennholz.

    Beim Wasserfassen

    Begegnung mit dem damals frisch aufgearbeiteten ex KOK Triebwagen

    Und schon wieder hat die Lok Durst! Eine Fahrt über die 40 km lange Strecke, dauerte immerhin 3 Stunden. Da musste man schon Zeit mitbringen. Wo kann man heute noch 3 Stunden lang 750 mm Schmalspurbahn erleben?


    Wer gut schmiert, der gut fährt. Hier die Nicki S.

    Und hier die Schwesterlok Frank S. (in Dörzbach vermutlich). Es gab auch noch eine dritte HF 110 C Schwester – allerdings umgebaut als Tenderlok – im selben Farbschema. Aber die war an diesem Tag wahrscheinlich nicht im Einsatz

    Die originalen Württemberger Schmalspurwagen hatten es mir angetan – weshalb ich sie einzeln im Bild verewigt habe. Hier der erste Lange (in Sachsen hätte ein Wagen dieser Länge zwei Drehgestelle und wäre nur 2/3 so breit).

    Hier der Zweite.

    Dieser putzige kurze 2-Achser läuft heute beim Öchsle, hat dort noch einen ähnlichen Bruder bekommen.

    Das ist der andere kurze 2-Achser – er gehörte mit den beiden Langen zum Anfangsbestand als der Museumsverkehr seinerzeit mit der Helene aufgenommen wurde.

    Dieselpower am Lokschuppen in Dörzbach.

    Begegnung mir Aquarius C. im Endbahnhof.

    Aquarius C. ist bereit zur Rückfahrt.

    Unterwegs …


    Triebwagenzug (vermutlich vor Dörzbach). Der vorletzte, lange Beiwagen, ist ein seiner Antriebsanlage beraubter ehemaliger Triebwagen.

    Wie dieses Foto zeigt, war früher auch nicht alles besser. Irgendwelche Punks haben sich auf dem grölend und besoffen auf dem Dach des letzten Wagens niedergelassen. Teilweise auch stehend – ich habe es nur nicht geschafft im richtigen Moment auf den Auslöser zu drücken.

    Ich hoffe der kleine historische Bilderbogen aus dem einst nicht ganz so schmalspurarmen Westen hat Euch gefalllen.

    Beste Grüße,

    Matthias

  • Danke Matthias!

    Ich finde es erstaunlich, wie schnell eine mehr oder weniger regelmäßig genutzte Strecke dem Niedergang geweiht sein kann... :rolleyes:

  • Hallo Alex,

    ja, das ging dann erstaunlich schnell zu Ende. Obwohl angeblich noch Millionenbeträge für eine Streckensanierung bereit standen, die Strecke unter Denkmalschutz gestell wurde.

    Trotzdem galt der Denkmalschutz nicht für Dörzbach, den Spurwecheslbahnhof. Schnell wurden die Gleise bis zur Gemeindegrenze herausgerissen. Das hatte man wohl dem "Engagement" des damaligen Bürgermeisters zu "verdanken". Ich weiß das aber auch nur vom Hörensagen.

    Seither war ich nie wieder in der Region. Das will ich mir nicht antun.

    Lieber die schönen Erinnerungen behalten.


    Viele Grüße

    Matthias

  • Moin Mattias.
    Die Jagsttalbahn beginnt in MÖCKMÜHL! Die DGEG hat hier im Spurwechselbahnhof sogar einen Lokschuppen gebaut. Der Denkmalschutz in der Gemeinde MÖCKMÜHL wurde von den selben Volksvetretern mit Beschluß aufgehoben, die ihn auch Jahre zuvor mit Beschluß erlassen haben. Er erfolgte erst, nachdem der Betrieb wegen des miserablen Gleiszustandes eingestellt wurde. Es ist kein Betroffener aufgestanden und hat gegen die Betriebseinstellung geklagt. Ernstzunehmende Aktivitäten von dazu berechtigten Personengruppen zur Wiederherstellung der Betriebssicherheit sind in der Öffentlichkeit nicht bemerkt worden. MfG Claus.

  • Böses Faul!

    Ja das war ein Tippfehler - Finger schneller als Gehirn. Selbstverständlich Möckmühl - ich kann's nur leider jetzt nicht mehr korrigieren, das geht ja nu nicht mehr ...

  • Hallo,

    eine Frage zum Niedergang der Jagsttalbahn habe ich:
    Gab es denn gegen die Stilllegung seinerzeit keinen Widerstand aus der Bevölkerung? War oder ist man sich des touristischen Potentials einer solchen Bahn nicht bewusst?

    ....fragt sich

    Robert D.

  • Hallo Matthias,

    zuerst vielen Dank für Deinen Bilderbogen. Schöne Bilder, die bei mir Erinnerungen auslösen. So kenne ich die Jagsttalbahn auch noch in Betrieb.

    Kleine Berichtigung zu deinen Bildunterschriften: Bei den Leuten die auf die Waggondächer kletterten handelte es sich wohl kaum um Punks. Die Aufnahme entstand vermutlich beim Schmalspurspektakel und da gab es auch immer ein Weinfest in Westernhausen. Ich vermute, dass die Fahrgäste dort zu viel getrunken hatten und dann auf der Rückfahrt entsprechend auffällig wurden. Es gab damals immer wieder solche Zwischenfälle in diesem Zusammenhang.

    Robert, die Stilllegung wurde damals in der Bevölkerung allgemein bedauert. Aus der Bevölkerung kam aber kaum Protest.
    Kurz nach der Stilllegung wurde vom Verein der Jagsttalbahnfreunde eine große Zahl an Unterschriften (ca. 50.000) gesammelt und an Politiker übergeben. Weitere Aktivitäten des Vereins gab es aber viele Jahre lang dann nicht. Man versuchte damit Druck gegen das Land aufzubauen um dieses zu einem hohen Zuschuss zu bewegen, schließlich war und ist die SWEG als letzter Betreiber eine Firma des Landes BW. Das hatte dann tatsächlich Erfolg, da das Land BW 1991 insgesamt 12 Mio DM bereit stellte. Der Rest der auf 15 Mio DM geschätzten Sanierungskosten wären weitestgehend vom Denkmalschutz und den beiden Landkreisen übernommen worden. Auf die Gemeinden wären nur sehr geringe Beiträge entfallen. Genau die wurden aber zum Problem, da es jahrelang dauerte bis in allen Gemeinden entsprechende Beschlüssen der Gremien vorlagen. Diese Beschlüsse wurden auch dadurch erschwert, da das Land für seinen hohen Zuschuss eine Garantie forderte, dass die sanierte Strecke mindestens 15 Jahre lang betrieben wird. Man ging vor Ort aber davon aus, dass ein Betrieb nie kostendeckend erfolgen kann und rechnete mit (geringen) Defiziten die man über die Jahre auch noch hätte tragen müssen. Als sich alle örtlichen Beteiligten dann geeinigt hatten, zog das Land seinen Zuschuss Ende 1993 zurück.

    Problem war auch, dass der Verein der Jagsttalbahnfreunde erst 1997 mit Arbeitseinsätzen vor Ort tätig wurde. Davor wurde nur diskutiert und Forderungen gestellt. Zu der Zeit waren das im Freien abgestellte Fahrzeugmaterial und die Strecke aber schon in einem auch optisch sehr schlechten Zustand. Es ist nie gelungen, diesen Zustand bis heute entscheidend zu verbessern. Das ist ehrenamtlich bei der Anzahl der Fahrzeuge und der Länge der Strecke auch gar nicht möglich. Jedenfalls machen fast alle Anlagen der Bahn seit vielen Jahren einen sehr ungepflegten und schrottigen Eindruck. So etwas mag man im Land der Kehrwoche überhaupt nicht. Und deshalb wird die Jagsttalbahn nach meinem Eindruck vor Ort seit vielen Jahren recht negativ gesehen, als Schandfleck oder als Hemmnis zur Verwirklichung innerörtlicher Planungen.

    Das touristische Potential der Bahn wird vor Ort nach meinen Eindruck kaum gesehen. Die Gegend ist auf Tourismus auch (im Gegensatz zu MV) überhaupt nicht angewiesen, da die Wirtschaft dort seit vielen Jahren boomt (Audi, Würth, Berner, EBM Pabst usw.) und faktisch Vollbeschäftigung herrscht. Zudem hat der örtliche Tourismus auch ohne Bahn in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen, vor allem der Fahrradtourismus durch den Kocher-Jagst-Radweg der gut läuft. Die Bevölkerung dort ist recht zufrieden und man ist auf die Bahn einfach nicht angewiesen, im Gegensatz vielleicht zu gewissen Gegenden in Sachsen. So erklärt sich auch der Widerstand gegen bisherige Reaktivierungsversuche.

    Freundlicher Gruß vom Württemberger

  • Hallo Württemberger,

    vielen Dank für diese Erklärungen! Für Außenstehende war das ja alles nicht so nachvollziehbar in Zeiten ohne Internet. Und in überregionalen Medien kaum von Bedeutung – auch in der Fachpresse stand nicht immer alles so genau drin.

    Mein erster Besuch bei der Jagsttalbahn war am 23. Juli 1978 – wie diese alte Fahrkarte beweist:

    Helene wartet schon vorm Schuppen

    Diese Bild entstand wahrscheinlich bei einem anderen Besuch – der Schornstein ist verlängert worden:

    Ein Unterwegshalt


    Irgendwo unterwegs …

    Der VT 303 – abgestellt in Dörzbachn

    Die Cunigunde als Denkmal – die letzte und neueste original Jagsttalbahn Dampflok

    Unterwegs

    Viele Grüße,

    Matthias