Am nächsten Morgen waren wir dann in Wygoda oder Wyhoda wo der Waldbahn ein Denkmal in Form einer Lokabschussrampe aufgestellt war.
Dort wurde der Diesel auf die Seite gestellt und wir stiegen in die Waldbahn um.
Im Bild übrigens Natascha, die Dolmetscherin und man blickt auf die Kupplungen des Schmalspurzuges.
In Wyhoda war oder ist auch noch ein grosses Sägewerk. Die Bahn wird, dem Vernehmen nach noch heute betrieben, wenn auch der obere Teil, nach einem Hochwasser abgetrennt ist. Die Bahn gehört auch dem Sägewerk und hat, einen beschränkten öffentlichen Verkehr.
Ja nun gab es zwischendurch mal ein paar Fotohältchen:
Nicht immer am günstigsten Ort:
Wie sollen auch Leute, die noch nie einen Fotoapparat besassen, auch wissen, auf was man achten musste. Gotteseidank, nahm man in unserer Gruppe, das mit Humor auf.
Ja, und nun geschahen unheimliche Dinge:
Bei einem dieser Fotohalte stieg ein älterer, einheimischer Herr ein. Er sass ruhig im einzigen Wagen bei uns und sprach zuerst kein Wort, hörte bloss zu.
Plötzlich begann er, auf Ukrainisch, mit uns zu sprechen.
Da Bild zeigt den Herrn mit der Schiebermütze. Er ist gerade im Gespräch mit Rima, der Ärztin. Hinten an der Wand, sieht man einen der 2 Milizionäre und das Kader von Dzherelo.
Nun Natascha dolmetschte brav: Der Herr sagte sinngemäss, dass er uns, wenigstens teilweise verstehe und dass er uns für Deutsche halte. Dann kam er auf den Krieg zu sprechen und sagte, dass er damals, Natascha übersetzte das, in der «freien Ukrainischen Armee», Partisan war.
Tanta Wiki sagt darüber: https://de.wikipedia.org/wiki/Ukrainische_Aufständische_Armee
dass es die Ukrainische Aufständische Armee war.
Die Ukrainische Aufständische Armee (ukrainisch Українська Повстанська Армія / Ukrajinska Powstanska Armija; kurz UPA, auch als Ukrainische Aufstandsarmee übersetzt) war eine ukrainische Partisanenarmee und der militärische Flügel der „Organisation Ukrainischer Nationalisten“ (OUN, Bandera-Fraktion OUN-B). Sie wurde 1942 gegründet und existierte bis etwa 1956. Im Zweiten Weltkrieg bekämpfte sie deutsche Truppen und die polnische „Heimatarmee“ (Armia Krajowa). Nach dem Krieg kämpfte sie weitere fünf Jahre in der Sowjetukraine gegen die Sowjetunion.
Nun, davon hatten wir noch nie was gehört. Es entspann sich dann eine, immer erregter geführte Diskussion, in der sich dann das ganze Dherelo Kader beteiligte. Am Schluss eine Riesendiskussion auf Ukrainisch. Man vergass uns einfach. Es war aber unverkennbar, dass der Herr Land-Partisan mit seiner Meinung und seinen Ansichten der städtisch Gebildeten durchaus Paroli bieten konnte. Irgendwann zog er noch einen alten Ausweis hervor, und dann wurde wieder diskutiert.
Es war auch für nicht ukrainisch sprechende zu spüren, dass die offizielle Geschichte der Heimatarmee nicht mit den Schilderungen des Herrn übereinstimmte.
Kurz und gut: Als Natascha noch dolmetschte haben wir erfahren, dass es eben eine Partisanenarmee war, die von erbeutetem Gut sich bewaffnete. Nach der Schilderung machten sie auch Gefangene, die sie dann in moderner Kriegsführung unterrichten mussten.
Wahrscheinlich gab es dann später irgendwann mal eine Amnestie, denn sonst hätte der Herr nicht seinen Ausweis, auf den er sichtlich stolz war, herzeigen können.
Die Geschichte könnte hier zu Ende sein, dann irgendwann verebbte die Diskussion und auch Natascha fand die deutsche Sprache wieder.
Nun kam der 70 jährige Herr ….länder zu Natascha und bat sie, dass sie dem Herrn übersetzen könne, dass er im Kriege als deutscher Soldat auch in der Ukraine war.
Nun war es mucksmäuschenstill im Wagen. Alle waren gespannt, was geschehen würde. Alle!
Die beiden Herren standen sich gegenüber, schauten sich an, und dann gab der alte Herr Herrn ….länder die Hand, schüttelte sie kräftig und sagte: «Du Kamerad!» Beiden stand dabei das Wasser in den Augen. So eine hochemotionale Situation habe ich nie mehr erlebt.
Allerdings hat Natascha das noch viel emotionaler erlebt: Sie brach sozusagen zusammen. Sie sass auf dem Sitz und schüttelte nur noch den Kopf. Die nächste Zeit war mit ihr nichts mehr anzufangen. Es war für sie absolut unmöglich, dass einer, der gegen die Deutschen gekämpft hat, nun einem Deutschen der hier gekämpft hat, die Hand reicht, und ihm verzeiht.
Und ich glaube, da ist in ihr ein Weltbild zerbrochen.
Auch die andern Dzherelo Leute waren ziemlich still.
Rima, die Ärztin konnte Englisch und hat uns dann später noch das ein- und andere erzählt. Auch, wie der Geschichtsunterricht in der UdSSR war, den sie genossen hatten.
Nun, lassen wir Krieg Krieg und Politik Politik sein. Der Vorfall hatte den Erfolg, dass man abends nicht nur alltägliche Themen behandelte, sondern auch mal einen Geschichtsabend durchführte. Der Salon Schlafwagen eignete sich sehr gut dafür. Es stellte sich heraus, dass wir einige Personen im Zug hatten, die viel zu einer interessanten Diskussion beitragen konnten. Angefangen mit Herrn …länder, und anderen, die die Kriegszeit noch erlebt hatten aber auch Herr …stein entpuppte sich als versierter Kenner der östlichen KuK Monarchie.
Irgendwann kamen wir dann auf eine Lichtung am Fluss. Dort wurde gesessen, getrunken und rangiert:
Das Stämmeverladen wurde gezeigt:
Und man bestaunte die Draisinen:
Am Schluss dieselte man gemütlich, nicht ohne Fotohalte, nach Wyhoda zurück:
Nun, Wo ist die Bahn genau: Aus der Karte ist das nicht so ersichtlich. Ich bin aber im Besitz von Flugkarten von 1945. Aus dieser Gegend ist auch eine Karte. Hier sind die Bahnen eingezeichnet.
Die Bahn von Wyhoda befindet sich hier:
Interessant in diesem Zusammenhang übrigens: Das Gebiet befand sich im Polnisch Tschechoslowakischen Grenzgebiet!
Am nächsten Morgen erwachten wir an einem ganz anderen Ort:
In Yaremche mit der Lok, Baureihe ZR, Lok 765-7, und Güterlast. Der Diesel blieb aber hinten dran!
Allerdings sah man das selten.
Das Speisewagenpersonal lüftete sich auch ein wenig aus:
Und eine Überholung mit dem Dieseltriebwagen Baureihe D fand statt:
Nachher gings dann weiter:
Wir folgten nun dem Fluss Prut und es ergaben sich schöne Motive:
Manchmal auch von ungewöhnlichen Objekten aus:
Für die Filmer war die Brücke der Horror!
Schliesslich erreichten wir die Brücke bei der Einfahrt von Worochta:
Die Dorfjugend zeigte reges Interesse an Emils Kaugummi:
Hinter Worochta wurde der Zug dann geteilt, und wir konnten im Güterzug mitreiten.
Ein Stück hinter dieser Stelle folgte dann der Scheiteltunnel. Von nun an gings bergab!
In Woronienka trafen wir dann auf dieses urige Fahrzeug. Wer genaueres über diese Baureihe weiss, den bitte ich um Aufklärung. Ich habe nämlich nichts gefunden: