Ukraine Herbst 1993, Teil 3

  • Die Landschaft war wunderschön!

    Die Babuschka schaut dem Zug auch interessiert zu:

    Es wurde schon langsam Anband und dunkelte. Auch das Wetter verschlechterte sich rapide.

    Hier sieht man gut das Wachhäuschen an der Brücke. Die waren tatsächlich besetzt. Ein Steilpass für Herrn ….stein:
    Es entspann sich in etwa folgender Dialog zwischen ihm und Natascha:
    E: «Für wos ist denn der in der Hüttn?»
    N: «Der bewacht die Brücke.»
    E: «Jo warum denn, die stiehlt ja keiner.»
    N: «Ja, das ist einfach so.»
    E: «Ja wissnes: Wenn der nicht wäre würdens 1501 Kuponi verdienen (1500 Kupons waren der Durchschnittsverdienst in der Ukraine)
    N: «--hmm»
    E: «Jo und wenn der weiter oben nicht wäre hättens schon 1502 Kuponi!»
    Usw. Mir tat Natasche leid!

    Bald war es dann zu dunkel.
    Nach dieser Brücke fuhren wir das kurze Stück im Talgrund nach Rachov:

    Nun folgte eine lange Reise, in der Karte am Anfang grün eingezeichnet, wo wir uns nach Tereswa, am Ausgang des Theresientals, verschoben.
    Obwohl Rachov nur einen Gebirgszug vom Theresiental entfernt ist, und es durch Rumänien ein Vierschienengleis gibt, reisten wir bis Mittag, um in Tereswa anzukommen.

    Dort stiegen wir in die Waldbahn nach Ust Tschorno oder Königsfeld um, wie der Ort auf Deutch hiess.

    Nun, das Theresiental wurde unter Kaiserin Maria Theresia von Leuten aus Ischl besiedelt, die hier die Flösserei einführten. Auch damals sprachen noch viele Leute deutsch.
    Ein Herr Käs, der Sprecher der ansässigen österreichstämmigen Bevölkerung fuhr im Zug mit. Natascha hatte, wohlweislich im andern Wagen Platz genommen. Nun der Herr Käs, er war nahe der 80, hat uns zuerst mal über die Geschichte des Tales aufgeklärt und auch Kostproben des Oberösterreichischen Dialektes gegeben, der immer noch untereinander gesprochen wurde. Dann kam er auf die wirtschaftliche und politische Lage zu sprechen. Sein Urteil über Beides fiel vernichtend aus!
    In seinem Leben war er im Tal, Tschechisch, Polnisch, Deutsch, Russisch und jetzt Ukrainisch. Aber so schlecht wie heute, sei es ihnen noch nie gegangen. Sie seien wieder auf dem Tauschniveau angekommen. Wenn sie Ersatzteile brauchen, oder eine Lok ausserhalb revidieren wollten, dann ginge das nur im Tausch mit Holz. Geld näme, wegen der galoppierenden Inflation niemand mehr an. Von den Politikern sei nichts zu erwarten: Die seinen korrupt bis zum Bach hinunter und hätten kein anders Interesse, als sich zu bereichern.
    So deutlich hatte uns das noch Niemand gesagt. Auch wenn es überall, wo wir uns mit Einheimischen verständigen konnten und unbeobachtet waren, ähnlich tönte. Allenthalben tönte es: «Früher gings uns besser!»

    Zwischendurch kam dann ein Güterzug:

    Wir haben dann überschlagsmässig mal ausgerechnet, dass so ein Zug sicher um die 500 Tonnen wiegen müsste.

    Dann gings weiter:

    Mit Vorspann über Brücken:

    Durch Dörfer:

    Dem Fluss Teresva entlang:

    Nach Ust Tschorno:

    Dort konnten wir noch die Werkstätte anschauen. Für Ukrainische Verhältnisse, war das ein Musterbetrieb.

    Heute ist nichts mehr vorhanden: Die Bahn ist abgerissen. Lediglich auf Google Earth kann man noch erkennen, wo sie durchführte!
    Meines Wissens hat ein Hochwasser der Bahn das Ende bereitet.
    Temi passati. Ich bin froh, dass ich die Bahn noch erleben durfte.

    Am nächsten Morgen waren wir dann in Lemberg:
    Ein schlechtes Bild zwar, im HB Lemberg aufgenommen zeigt den Unterschied zwischen Breitspur- und europäischem Normalspur- Umgrenzungsprofil:

    Nachher besuchten wir das Depot, an dessen Eingang diese Denkmallok aufgestellt ist:

    In der Ukraine ist einfach alles eine Nummer grösser:

    Ae 8/8 auf Russisch!

    Der Besuch war von kurzer Dauer:


    Als wir fotografierten, wie die Lok die marode Drehscheibe erklettern musste, wurden wir alle Hochkant herausgeschmissen.

    Nachher fuhren wir Tram: Zuerst mit einem alten, oder auf alt gemachten Triebwagen, und dann mit einem normalen Zug. Die Bilder mögen für sich sprechen. Lemberg war damals schon schön, und ist es heute mehr denn je: Auf der Recherche in Earth habe ich gesehen, dass viele Gebäude in der Innenstadt restauriert wurden.

    Der Hauptbahnhof, wie ihn Franz Josef schon gesehen hat:

    Ja das wars dann schon fast!
    Die Reise fand zwischen dem 11. Und 17. September 1983 statt. Am 17. waren wir noch in Lemberg und am 18. flogen wir ab Kiew wieder nach Zürich.

    Ein Bild noch vom Personal des Zuges:

    Ich zähle 23 Köpfe. Wesentlich grösser war unsere Reisegruppe auch nicht.

    Hier noch ein Dank an alle, die uns damals so gut umsorgt hatten.

    Ja, in Kiew besuchten wir noch, vor dem Abflug ein Tramdepot:

    Und auf besonderen Wunsch von Ernst Wetzel, der vom Autor «Schienenseilbahnen in aller Welt» das Archiv übernommen hat, die Standseilbahn am Dnjepr Ufer:

    Ich hoffe die Reportage hat Euch Spass gemacht.

    Die Bilder und Weitere sind hier abgelegt:

    https://www.flickr.com/photos/r_walth…157676731604035

    Gruss