Schildbürgerstreich im Tharandter Wald

  • Hallo in die Runde,

    das Deutsche Bahn AG nur dieses Stück im Tharandter Wald zurück bekam, liegt u.a. auch daran, dass hier noch bis zum Ausbau als Rad- und Wanderweg 1995 die Schwellen lagen, es als "Eigentum des Volkes" noch nicht der Kommune bzw. dem Staatsforst zugewordnet war und es eben nicht anders genutzt wurde. In Richtung Klingenberg und Naundorf, außerhalb des Waldes, war es hingegen direkt im Anschluss schon nach dem Streckenabbau in den 1970-ger Jahren ein Rad- und Wanderweg...

    Nich nachvollziehbar ist, warum die Deutsche Bahn AG auf dem Besitz dieses für sie nicht nutzbaren Grundstückes beharrt und es offensichtlich nicht den Kommunen bzw. dem Staatsforst anbietet...

  • Also von mir aus könnten dort wieder Gleise liegen und Züge fahren. :-D
    Möglich wäre es ja rechtlich theoretisch.

    Grüße Erik

    Alles, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch!

  • Hallo nochmal,


    das Deutsche Bahn AG nur dieses Stück im Tharandter Wald zurück bekam,

    Ich glaube nicht, dass die Deutsche Bahn hier irgendwas zurück bekommen, sie hat es nie abgegeben! Vielleicht war dem jahrzehntelangem Nachnutzer nur nicht mehr bewusst, wer der eigentliche eingetragene Eigentümer ist? Das Eigentum lag seit dem Bahnbau bei der Deutschen Reichsbahn und später eben bei der Deutschen Bahn AG. Wer und wann es wie nutzte bzw. nutzt, ist diesem Falle nicht relevant. Die Deutsche Bahn AG ist der Eigentümer und eben dieser Eigentümer ist in der Sicherungspflicht.
    Das diese Verkehrsfläche durchgehend gewidmet war bzw. eben noch ist, belegt ja auch der Umstand, dass diese längst abgebaute Strecke noch heute eine DB-Streckennummer besitzt.

    Moment, ein Waldweg wird zur Bahnanlage, nur weil der Eigentümer die Deutsche Bahn ist? Sicher nicht!

    Eben doch! Die Bahnanlage war bzw. ist rechtlich gesehen gar kein Waldweg, auch wenn alles augenscheinlich wie ein Waldweg aussieht. So lange diese Fläche als Verkehrsfläche gewidmet ist, kann es rechtlich kein Waldweg sein.
    Als Eigentümer eines Grundstückes reicht es eben nicht, nur ein Schild mit dem Hinweis "Betreten auf eigene Gefahr" aufzustellen, denn in unserer heutigen rechtsprechenden Zeit ist der Eigentümer eines Grundstückes verpflichtet, alle vom Grundstück ausgehenden Gefahren abzustellen! Wie soll das hier bzw. allen brachliegenden Eisenbahntrassen umgesetzt werden? Völlig unmöglich. Also hilft nur ein Generalverbot für alles. Ein rechtlich gesehen folgerichtiger Schritt des Grundstückeigentümers, in unserem Falle der DB AG.

    Nich nachvollziehbar ist, warum die Deutsche Bahn AG auf dem Besitz dieses für sie nicht nutzbaren Grundstückes beharrt und es offensichtlich nicht den Kommunen bzw. dem Staatsforst anbietet...

    Vielleicht ist das ja längst passiert? Vielleicht werden ja im Hintergrund längst Verträge, Preise und sonstige Modalitäten verhandelt? An einem beharrenden Interesse seitens der DB AG glaube ich auch nicht.

    Gruß von der Küste

    Robert D.

  • Hallo in die Runde,

    als Eigentümer des Flurstückes war zum Zeitpunkt des Wegebaues bis zur Rückübertragung an die Bahn zuletzt "Eigentum des Volkes" im Grundbuch vermerkt.
    Von Gesprächen der Bahn mit den Kommunen über eine Lösung des Problems ist mir als Ortsvorsteher und Stadtrat der Kommune, auf dessen Gemarkung das Flurstück liegt, nichts bekannt.
    Ich versuche dies nun selbst anzuschieben, da ich als ehrenamtlicher Kreiswanderwegewart an einer Lösung im Sinne der Waldbesucher interessiert bin...

  • Hallo,

    Es ist unerheblich, wem das Grundstück heute oder zu DDR-Zeiten nach Stilllegung der Bahn gehört bzw. gehörte.

    Es kommt einzig und allein darauf an, ob eine Entwidmung - bzw. im heutigen Sprachgebrauch eine Freistellung von Bahnbetriebszwecken nach Par. 23 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) - durchgeführt wurde.
    Das kann damals nicht erfolgt sein, da in DDR das AEG nicht galt.
    Das klingt widersinnig, ist aber gängige Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichts!

    Der in der Literatur vielfach beschriebene DDR-"Rechtsträgerwechsel" hat keine Auswirkungen auf den Rechtsstatus der Bahnanlage nach bundesdeutschem Recht.

    Beispiele für vergleichbare Sachverhalte findet man z.B. im Planfeststellungsbeschluss für die Darßbahn - hier mit der schönen Abhandlung zum Thema "Wald oder Bahnanlage" - oder in einschlägigen Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts.

    Man kann übrigens Eigentümer eines dem Bahnbetriebszweck gewidmeten Grundstückes sein, ohne es zu wissen.
    Soll durchaus in Kommunen vorkommen, die sich über einen schönen Radweg oder eine ideale Trasse für Abwassersammler freuen....In den meisten Fällen sind solche Bauten der Nachwendezeit ohne rechtliche Grundlage entstanden (bzw. entstehen noch immer) sofern nicht ein Verfahren nach Par. 23 AEG durchgeführt wurde.

    Gruß Mike

  • Hallo zusammen,

    okay, offenbar hab ich die Komplexität des Themas unterschätzt. Heißt das dann auch, dass alle zu DDR-Zeiten stillgelegten Strecken nach bundesdeutschen Recht nochmal entwidmet werden müssen? Oder stellt die DBAG jetzt in ganz Ostdeutschland Sperrschilder in Wäldern auf? Oder ist das hier ein Spezialfall?

    Viele Grüße,
    Eckhard

  • Hallo Eckhard,

    Die DB stellt nur vor solchen Grundstücken Schilder auf, die ihr auch gehören (Verkehrssicherung). Im beschriebenen Fall ist das so. Das Grundstück gehört der DB und ist nicht entwidmet, daher Bahnanlage.

    Es gibt auch Fälle, bei denen die DB noch Eigentümer bereits entwidmeter Strecken ist.

    Und ja: Wenn eine Bahnanlage nicht mehr ihrem Zweck dienen soll - z.B. es soll ein Rad-/Wanderweg auf ihr errichtet werden - muss sie freigestellt werden, unabhängig vom Eigentümer! Ohne Freistellung unterliegt das Grundstück dem Fachplanungsvorbehalt der Eisenbahn.
    Wie schon gesagt, auch bahnfremde Institutionen oder Privatleute können Eigentümer von gewidmeten Bahnanlagen sein, welche sie in der Nachwendezeit vielleicht kostengünstig von DB oder vom Bundeseisenbahnvermögen erworben haben.
    Im Kaufvertrag muss nicht auf den Rechtscharakter des zu kaufenden Grundstückes hingewiesen werden, auch wenn es wünschenswert ist.

    Bei Strecken, welche für einen Wiederaufbau vorgesehen sind, ist eine Entwidmung natürlich wenig förderlich, da ein erneutes aufwändiges Planfeststellungsverfahren erfolgen muss.

    Gruß Mike

  • Hallo zusammen,

    okay, offenbar hab ich die Komplexität des Themas unterschätzt. Heißt das dann auch, dass alle zu DDR-Zeiten stillgelegten Strecken nach bundesdeutschen Recht nochmal entwidmet werden müssen? Oder stellt die DBAG jetzt in ganz Ostdeutschland Sperrschilder in Wäldern auf? Oder ist das hier ein Spezialfall?

    Gilt das mit den Schildern auch für die Felder, wo die ehemaligen Bahnstrecken einfach untergepflügt wurden??? Wie will da die DB die Bauern vorm Umpflügen ihrer Felder warnen und wie viel Pacht nimmt sie ihnen ab???

    Das obige Thema zur Strecke durch den Tharandter Wald war aber vor einigen Jahren schon mal Thema in den Medien, wenn ich mich recht erinnere...

    Da werden wir wohl die Macher der deutschen Einheit und des Einigungsvertrages zum Nachsitzen und Nachbessern verdonnern müssen, wie auch in manch anderen Fällen. :wink:

    VG Gerd

  • Hallo Irt,

    Nur weil der Bahnkörper umgepflügt wurde, ist trotzdem das Grundstück in der Regel noch vorhanden. Die Flurkarte wird ja nicht landwirtschaftlich bearbeitet:-)
    Der Bauer oder die LPG hat das auch nur gemacht, weil sie Eigentümer oder Rechtsträger des ehemaligen Bahngrundstücks sind oder waren. Eigentum und Rechtscharakter der ehem. Bahnanlage sind aber unterschiedliche Schuhe, siehe Beitrag weiter oben.

    Beispiele gibt es auch in Berlin, wo bei diversen Bahnlinien im Zuge des Mauerbaus der komplette Bahnkörper im Bereich der Grenzanlagen beseitigt wurde und dennoch war die Wiederherstellung rechtlich möglich.

    Gruß Mike

  • Es gibt sogar eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG 3 C 51.06), wo ein EIU verpflichtet wurde, eine Bahnstrecke in einem betriebsfähigen Zustand zu halten, solange kein Stilllegungsverfahren durchgeführt wurde. Na, dann bin ich gespannt, wann die Bahn hier die Strecke wieder in einen betriebsfähigen Zustand bringt! :lol:

    Viele Grüße,
    Eckhard