Hallo zusammen,
diesen Sommer haben wir mit dem Rad eine Exkursion auf den Spuren der Spessartbahn unternommen. Diese bereits 1951 eingestellte 900 mm spurige und 21 km lange Schmalspurbahn führte von Gelnhausen über Bieber bis in das Bergbaurevier Lochborn. Zur Vorbereitung habe ich mir digitale historische Karten des Hessischen Landesvermessungsamtes besorgt, um den Streckenverlauf über moderne Karten zu projizieren und zu rekonstruieren.
Die Bahn wurde 1885 errichtet, zunächst als reine Erzförderbahn (seinerzeit als "Grubenbahn" bezeichnet), zur Erzabfuhr der Gruben um Bieber und als Anschlussbahn zu den dortigen Schmelzöfen. Drei kleine Cn2t Dampfloks bildeten das Rückgrat des Betriebes bis zur Einstellung der Bahn. Dieselfahrzeuge waren nie im Einsatz, auch wenn mal der Versuch gestartet wurde einen Personenwagen in einen Dieseltriebwagen umzubauen.
In der Frühzeit der Bahn bestand der Fuhrpark wohl hauptsächlich aus schweren Holzkastenkippern (HoKaKi), aber auch von einem Personenwagen wird berichtet.
Ab 1895 wurde die Bahn vom reinen Förderbahnbetrieb in eine Kleinbahn mit Personen- und Güterbeförderung umgewandelt. Dazu wurden fünf zweiachsige kleine Weyer Personenwagen sowie Post/Packwagen und Güterwagen besschafft.
Interessant ist auch die Tatsache, dass hier die erste Hagans-Gelenklokomotive verkehrte. Im Jahre 1892 wurde die "Glück Auf" beschafft, von der leider nur eine Wekrfoto existiert. Von der 1893 beschafften zweiten Maschine existiert leider kein Foto. Der Einsatz währte nur bis 1908 - damals war der Erzverkehr schon zurückgegangen, so dass die C-Kuppler den Anforderungen wieder genügten.
Über die erste Hagans Lok wird auch berichtet, dass das maximale Fahrzeugprofil nur 2 m betragen durfte und Schienen mit einem Gewicht von nur 15 kg pro Meter verbaut waren.
Unsere Tour beginnt am Bahnhof Gelnhausen:
Karte von © OpenStreetMap-Mitwirkende
Im Süden des Bahnhofesgeländes befnden sich noch die Umsetzgleise der ebenfalls lange eingestellten normalspurigen Freigerichter Kleinbahn, am ehemaligen gemeinsamen Bahnsteig mit der Spessartbahn. Heute ein Parkplatz mit noch vorhandenem Zugangstunnel zu den Staatsbahngleisen. Früher befanden sich zwischen Staatsbahn und Freigerichter Bahn die Gleisanlagen der Spessartbahn. Hier ebenfalls in rot - der Versuch einer Rekonstruktion.
Kommt man aus dem Fußgängertunnel befindet man sich auf dem ehemaligen, einst überdachten gemeinsamen Bahnsteig (auf dem Plan oben links in blau). In rot eingezeichnet, die ungefähre Gleislage der Schmalspurbahn:
Auf der anderen Seite die 2017 noch vorhandenen Gleise der Freigerichter Kleinbahn:
Hier mit noch einem Rest Bahnsteigkante:
An etwa dieser Stelle befand sich zur Grubenbahnzeit das Surzgerüst zum Umladen des Erzes von den Holzkastenkippern in Staatsbahnwagen:
An der Bahnhofsausfahrt in der Kurve stand links -auf dem heutigen Parkplatz- das Empfangsgebäude:
Bis 1928 endeten die Personenzüge an dieser Stelle. Nach einer ersten Einstellung der Bahn wegen der Aufgabe des Erzverkehrs und der Wiedereröffnung ein Jahr später, wurde der Endpunkt der Personenzüge dann an den gemeinsamen Bahnsteig verlegt.
Schöne Bilder von der alten Spessartbahn findet man hier (leider erst kurz nach Einstellung der Bahn aufgenommen):
http://www.schmalspuralbum.de/thumbnails.php?album=232
Bemerkenswert ist, dass 1951 also 26 Jahre nach der Einstellung der Erztransporte bis zuletzt noch Holzkastenkipper vorhanden waren. Diese waren mit Balancier-Kupplung und Mittelpuffer ausgestattet, statt die Rahmenbalken als "Puffer" zu verwenden.
Auch in diesem Beitrag bei DSO sind einige Aufnahmen zu sehen - besonders interessant die Werkfotos der Weyer Wagen:
https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?017,8027321
Hier plant jemand vom Bieberer Geschichtsverein ein neues Buch über die Bahn zu schreiben.
Weiterführende Literatur:
Hofmann/Zundel, "Die Spessartbahn", Verlag Orbensien (1. Auflage 1986)
Wikipedia Eintrag mit weiteren Literaturhinweisen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Spessartbahn
Viele Grüße
Matthias