Als es in Sassnitz noch einen Hafenbahnhof gab - Teil 2

  • Hallo liebe Eisenbahnfreunde,


    Ich freue mich, dass Euch der erste Teil unserer Fährschiffgeschichte so gut gefallen hat.
    Heute kommt Teil 2 und ich freue mich, Euch jetzt auch viel mehr Fotos präsentieren zu können.

    Wer sich noch einmal mit dem 1. Teil auf diese Lektüre einstimmen möchte, dem empfehle ich diesen Link.
    Bitte scrollt in den Antworten mal ganz weit nach hinten. Dort findet Ihr einen ganz besonders wertvollen Ergänzungsbeitrag von John, der und sehr interessante ca. 50 Jahre alte Fotos zeigt.

    https://bimmelbahn-forum.de/wbb13/60/threa…eadid=3575&sid=

    Zuerst noch ein kurzer Nachtrag zum ersten Teil, weil der Ausflug zur Fährlinie Warnemünde – Gedser bei Euch so gut angekommen ist.

    Im Teil 1 hatte ich Euch das stolze und elegante Fährschiff „Warnemünde“ vorgestellt. Dank zweier Fotos meines Freundes Mathias Gottschewsky kann ich Euch nun eines der dänischen Pendants präsentieren. Die Dänische Staatsbahn DSB bediente die Linie mit verschiedenen Fährschiffen, die allesamt auch auf anderen Routen zum Einsatz kamen. Die hier gezeigte „Knudshoved“ der DSB ist ganz im Gegensatz zur „Warnemünde“ geradezu eine Beleidigung für das Auge. An Stelle eines richtigen Schiffsbugs besaß dieses Schiff ein abgehacktes Schiebetor am Bug und am Heck.
    Die „Knudshoved“ kam u.a. auch auf der „Vogelfluglinie“ Putgarden – Rodby Farge zum Einsatz, ist aber auch schon lange verschrottet.


    Die Königslinie Saßnitz – Trelleborg beförderte auch von Zeit zu Zeit Lokomotiven über die Ostsee. So sind die für die ungarische MAV gebauten NOHABS der Reihe M 61 alle über Saßnitz geliefert worden. 1989 wurde die 03 1010 für Sonderfahrten in Schweden mit dem Fährschiff „Rostock“ via Saßnitz versandt.
    1991 gab es wieder eine interessante Dampflok auf der „Königslinie“ zu befördern. Die ex DB 41 241, die kurz zuvor im Raw Meiningen eine Hauptuntersuchung erhalten hatte, reiste über Saßnitz ebenfalls für Sonderfahrten nach Schweden. Mathias war zur Stelle und hat die Lok im Bahnhof Saßnitz-Hafen für uns eingefangen.

    41 241, deren Ölhauptfeuerung natürlich während der Überfahrt nicht in Betrieb bleiben konnte, wartete kalt auf einem Gleis des Hafenbahnhofs auf die Verladung. Für weite Strecken hat man den Zusatztender der 41 360 dabei. Neben der Dampflok wartet das Fahrgastschiff „First Lady“ auf die nächste Fahrt nach Bornholm. Die „First Lady“ und später die „Funny Girl“ machten dem Fährschiff „Rügen“ auf der Bornholmlinie ab 1990 Konkurrenz, konnten aber keine Autos befördern.


    Endlich einmal nach Saßnitz*

    1991 war es so weit.
    Die Eisenbahnstrecke Bergen auf Rügen – Saßnitz* wurde 100 Jahre alt. Mit unserer 03 nahmen wir an einer kleinen Fahrzeugschau auf dem Bf. Saßnitz* teil.
    Das war nun tatsächlich mein erster Besuch in dieser Stadt.

    Mit 52 8141-5 vom Bw Angermünde war auch eine betriebsfähige Dampflok für einige Sonderfahrten im Einsatz.
    Die 52.80 bespannte einen Schnellzug zwischen Bergen und Saßnitz* und zog zwei Kurswagen vom Fährbahnhof Saßnitz*-Hafen zum Bahnhof Saßnitz* die Steilstrecke hinauf.

    Auch wenn ich nur wenig Zeit hatte, so riskierte ich einen Blick in den Hafenbahnhof, der nach der Wende nun völlig problemlos zugänglich war.
    Das schwedische Fährschiff „Trelleborg“ ( II ) kam mittags in den Hafen geglitten und brachte u.a. die Kurswagen für die 52 mit, die 52 8141-5 dann mit knallendem Auspuffschlag die Rampe zum Bahnhof hinauf beförderte.

    Die Dampflok 52 8141-5 vom Bw Angermünde hatte die besondere Ehre, zwei Kurswagen vom Bahnhof Saßnitz-Hafen die Rampe hinauf zum Bf. Saßnitz zu ziehen. Am Zollbahnsteig wartet die Lok auf die Ankunft des Schiffes. Loks der BR 52.80 waren auf der Insel Rügen zu Planzeiten nicht anzutreffen. Aber die Kriegsloks und ihre GR-Variante mit Mischvorwärmer war auch in Saßnitz anzutreffen.

    Mein erstes Fährschiffsbild. Das schwedische FS „Trelleborg II“ Bj. 1982, gleitet durch das Hafenbecken in das Fährbett I, das von den größeren Fährschiffen wohl am häufigsten benutzt wurde. Gleichwohl war auch das Fährbett II für diese Schiffe inzwischen geeignet.

    Noch wartet die 52 8141-5 auf das Ansetzen der Kurswagen durch eine 106 der Est. Saßnitz. Zwischenzeitlich wird der seltene Gast sogar von Beamten des Bundesgrenzschutzes fotografisch verewigt.

    Angekommen auf dem Bf. Saßnitz, die 52.80 hat ihre Aufgabe gemeistert und die beiden Kurswagen sind schon mit den Wagen des Binnenverkehrs vereint. Eine 243 wird den Schnellzug gleich weiterbefördern. Leider erinnere ich mich nicht mehr, welcher Zug das damals war. Die abgebildete Fährfahrt war die Mittagsfähre, die in ähnlicher Fahrplanlage noch immer verkehrt.


    Dieses kurze Appetithäppchen veranlasste mich, noch im gleichen Jahr wieder nach Saßnitz zu fahren und den Fährbetrieb hautnah zu erleben.

    Anbei einige Fotos von einem ganz normalen Betriebstag in Saßnitz*-Hafen im September 1991.

    Eine 106 bringt einen Güterzug vom Bahnhof Saßnitz in den Hafen. Der Eisenbahn-Güterverkehr aus Mitteleuropa in Richtung Schweden über Saßnitz hatte 1991 noch beachtliche Dimensionen. Das rechtfertigte bis 1994 noch das Vorhalten der beiden Güterfähren „Götaland“ und „Rostock“ für die Fährlinie Saßnitz – Trelleborg. Beide Schiffe, die „Götaland“ sogar in verlängerter Form, bedienten ab 1994 die Konkurrenzlinie Rostock – Trelleborg. Oberhalb der Hafenstrecke ist mitten in der Stadt das massive Dach der Grenzübergangsstelle ( Güst.) zu erkennen. Hier endete bis 1989 die DDR. Der Fotostandpunkt auf der Fußgängerbrücke zum Zollbahnsteig war noch zwei Jahre zuvor absolut tabu für die Allgemeinheit. Im Hafen tätige Seeleute, Fischer und Eisenbahner benötigten einen besonderen Passierschein und wurden streng kontrolliert.

    Eines der zuverlässigsten Einsatzgebiete der Super-Ludmilla der BR 142 war die Hafenstrecke in Saßnitz. Hier hat 142 005 Dienst als Schlepplok. Um die Diesellok ging es mir bei diesem Bild offenbar gar nicht, sonst hätte ich sie nicht so unprofessionell hinter unzähligen Masten versteckt. Oberhalb der Lok beginnt die Straßenzufahrt von der Güst. zum Fährterminal. Hier gab es noch eine gewisse gastronomische Versorgung in einem Kiosk, der auch von den Eisenbahnern gern aufgesucht wurde. Schwach erkennbar ist die Treppe mit dem Postenhäuschen zum „Sachsenblick“. Das Ende der Bahnhofstraße markierte bis 1989 den wohl bekanntesten Aussichtspunkt der Hafenstadt Saßnitz. Am „Sachsenblick“ genossen oder erhaschten nicht nur sächsische Urlauber einen Blick auf die Fähranlagen und das Tor zur weiten Welt. Ebenso beliebt war und ist die Aussicht vom „Rügenhotel“, das noch immer Wahrzeichen der Stadt Sassnitz ist.

    Wir befinden uns weiterhin im Bereich des Bf. Saßnitz-Hafen. Von der Autobrücke blicken wir nun in südwestliche Richtung. Beengt waren die Verhältnisse am Hafen, weshalb die Eisenbahner immer mit Platzproblemen zu kämpfen hatten. Nicht alle angelandeten Züge konnten in Saßnitz-Hafen korrekt für den Binnenverkehr gebildet werden, so dass sogar der Bf. Bergen für die Zugbildung mit herangezogen werden musste. Die Bergener 106 hatte gut zu tun mit den Güterwagen aus Saßnitz bzw. Mukran. Im Vordergrund rangiert die 106 993, während weiter hinten die Saßnitzer Star-Rangierlok 106 807 auf ihren Einsatz wartet.
    Die Gleise schlängelten sich an der Kaikante des Westhafens entlang bis zum Anschluss des Fischwerks und der Marine. Das Fischwerk, das weiße Gebäude im Hintergrund, ist auch heute noch bundesweit ein Begriff für hervorragende Fischkonserven. Inzwischen wurde der als „Neue Rügenfisch GmbH“ firmierende Produnktionskomplex aber an altem Ort völlig neu gebaut. Die Produkte, vor allem der beliebte „Scomber Mix“, sind heute bei vielen Ketten gelistet und nahezu flächendeckend erhältlich.

    Inzwischen ist das Fährschiff „Sassnitz II“ Bj. 1989, vor Saßnitz aufgetaucht, während ganz weit im Hintergrund eines der Breitspurfährschiffe aus Mukran verschwindet. Das Dach im Vordergrund gehört zum Abfertigungsgebäude „Glasbahnhof“ des Fährhafens Saßnitz-Hafen.

    Am Ende der Fingerpier zwischen den Fährbetten finde ich einen geeigneten Platz, um das Anlegemanöver aus nächster Nähe zu betrachten. Schon rechtzeitig vor dem Anlegen wird die große Heckklappe geöffnet, damit die Besatzung von der hinteren Brücke aus eine gute Sicht auf die Anlegebrücke hat. Kaum zu glauben, wie dicht man damals völlig unbehelligt an die großen Schiffe herankam.

    Regina 15, alias 106 993 ist für das Abziehen der ersten Eisenbahnwagen vom Fährschiff „Sassnitz“ eingeteilt. Die Anlegebrücke für das Eisenbahndeck trägt eine seltene Weichenkonstruktion. Die Fünfwegeweiche ist mit Weichenzungen ausgerüstet und ermöglicht die Bedienung aller Gleise auf den Fünfgleisschiffen und natürlich auch das Festmachen der Viergleisfähre „Rügen“. Der neue Fähranleger in Mukran besitzt eine andere Weichenkonstruktion mit beweglichen Schlitten zur Verstellung des Fahrwegs. Auf dem Fährschiff besitzt jedes Gleis ein eigenes Lichtsignal, das dem Rangierpersonal die Befahrbarkeit und die richtige Weichenstellung anzeigt.

    Die „Sassnitz“ hat im Fährbett I festgemacht. Die Beladung des Autodecks ist schon in vollem Gange. In Saßnitz und heute im Fährhafen Sassnitz wird die hintere Zufahrt zum Autodeck benutzt. Im Fährhafen Trelleborg können die Autos das Schiff dann durch eine seitliche Pforte wieder verlassen bzw. von dort auf das Schiff auffahren, womit das rationelle Be- und Entladen während er etwa einstündigen Hafenliegezeit ohne komplizierte Wendemanöver oder Rückwärtsfahrten ermöglicht wird. Rechts sehen wir die Zollbahnsteige, die zur Behandlung der Reisezüge erforderlich waren. Die Rangierloks setzten die Kurswagen nach dem Abziehen vom Fährschiff dort hinein.

    Ab 1992 ersetzte die Deutsche Reichsbahn schrittweise die Loks der BR 105 / 106 bzw. 345 / 346 durch neu umgebaute Lokomotiven der BR 298. So kam sogar die ehemalige Stralsunder Stammlok 110 129 als 298 129 nach Sassnitz zurück. Die BR 298 hat gegenüber der V 60 nicht nur den Vorteil der höhreren Leistung, sondern besitzt mit der hydrodynamischen Bremse auch eine verschleißarme Bremseinrichtung, was die Kollegen im Rangierdienst in Sassnitz-Hafen sehr schnell zu schätzen lernten.

    Hier spannt 298 062 im Mai 1997 einer 232 vor und zieht einen Güterzug die Rampe nach Sassnitz empor. Das Gruppen-Ausfahrsignal des Bf. Sassnitz Hafen stand in der Nähe der Brückenzufahrt zum Fährterminal und wurde als Zwergsignal ausgeführt, weil es sonst verdeckt worden wäre. Die einzelnen Ausfahrgleise weiter unterhalb erhielten jeweils Gleissperrsignale. Die Tage der Hafenstrecke waren indes schon gezählt.


    Nochmal etwas zum Feiern

    Für den Fährbahnhof und Fährhafen Sassnitz*-Hafen war das Ende bereits eingeläutet.
    Im wenige Kilometer entfernten Sassnitzer* Ortsteil Mukran, wo seit 1986 bereits die Breitspurfährschiffe nach Klaipeda ablegten, entstand gerade ein moderner Abfertigungskomplex für die Fährschiffe der „Königslinie, die Fähren nach Bornholm, Fährschiffe anderer Fährlinien und Kreuzfahrt- und Frachtschiffen.
    Der neue “Fährhafen Sassnitz*“ ist seit 1998 das Drehkreuz im Skandinavienverkehr und dem Verkehr mit Finnland, Russland und dem Baltikum.
    Verschiedene Fährlinien entwickelten sich, auf die ich aber hier nicht weiter eingehen möchte, weil unser Thema der Verkehr ab Sassnitz*-Hafen und die „Königslinie“ bleibt.

    1997 jährte sich zum 100. Mal die Einführung des regelmäßigen Postdampferverkehr ab Saßnitz*. Diesem Ereignis, als direkter Vorstufe für den heutigen Eisenbahnfährverkehr, widmete die Fährreederei DFO ( Deutsche Fährgesellschaft Ostsee – zu dieser Zeit 100%ige Tochter der DBAG ), die Stadt Sassnitz* und verschiedene andere Organisationen und Vereine ein großes Hafenfest mit Sonderzugfahrten im Fährhafen Sassnitz*-Hafen.
    Der 1. Mai 1997 war zugleich Auftakt und Höhepunkt der viertägigen Veranstaltung. Der 1. Mai 1897 war der eigentliche Eröffnungstag der Postdampferverbindung gewesen. Dass an diesem Datum 100 Jahre später ein gesetzlicher Feiertag gefeiert werden würde, wusste natürlich noch niemand.
    Am 1. Mai 1997 stand der Sassnitzer* Stadthafen und der Bahnhof Sassnitz*-Hafen ganz im Zeichen der Eisenbahn zu Großvaters Zeiten.
    Am Bahnsteig des Hafenbahnhofs war die 03 0090-5 des Bw Stralsund ausgestellt.
    Die BR 03.10 hatte früher regelmäßig den Hafenbahnhof in Saßnitz* angesteuert. Auf der berüchtigten Steilrampe zwischen dem Bf. Saßnitz*-Hafen und Bf. Saßnitz* holten sich die 03.10 mannigfache Speichenbrüche, so dass schließlich der Bf. Saßnitz* bis 1979 Endstation für die Schnellzugdampfloks wurde.
    Mit 03 0090-5 wurde 1997 an diese ständigen Gäste in Sassnitz* erinnert.
    Ein besonderer Zubringer brachte die Touristen aus Rügens größtem Seebad Binz nach Sassnitz*-Hafen.
    Aus dem Triebwagen VT 137 099, seinem Beiwagen VB 147 052 und der Ellok 109 049 ( damals Traditionslok der Stralsunder BSW-Gruppe und noch betriebsfähig ) wurde ein Pendelzug gebildet.
    Der Triebwagen diente dabei quasi auch als Steuerwagen.

    Der Verein Lübecker Verkehrsfreunde VLV war mit seiner Doppelstockeinheit angereist, die an diesem Tag von der Röbeler Dampflok 52 8029-2 gezogen wurde.

    Schon beim Abstieg vom „Sachsenblick“ war erkennbar, dass etwas besonderes passiert. Am Zollbahnsteig wartet die 52 8029-2 mit der Lübecker Doppelstockeinheit. Dahinter ist noch die 03 0090-5 erkennbar, die ich aber an diesem Tag nicht weiter beachtete. Im Fährbett II wartet das FS „Rügen“ auf den nächsten Einsatz.

    Die Zeit für die Abfahrt der 52 ist gekommen. Eingehüllt in eine Dampfwolke schiebt sie die Einheit zum Ausfahrgleis.

    Nun zeigte sich, wie blöd mein Standort nun war, aber nun war ich schon mal da und so musste auch ein Foto entstehen. 298 312 wartet unterdessen auf die nächsten Aufgaben. Sehr gut ist die enorme Steigung der Rampe zum Bahnhof Sassnitz zu erkennen.

    Inzwischen war der Zubringerzug im Bäderpendel Binz – Sassnitz – Sassnitz-Hafen eingetroffen. Der VT 137 099 wurde dabei kaum gefordert. Die Traktion leistete die Ellok 109 049-7.

    Bergwärts zog die 109 049-7 den Triebwagen. Der Holzroller stand damals schon 3 Jahre nicht mehr im Plandienst, wurde aber von der BSW-Gruppe Stralsunder Lokführer betriebsfähig betreut und von Zeit zu Zeit für Sonderdienste herangezogen. Über das Museum Schwerin ging sie dann zur bekannten Elloksammlung in Weimar.


    03 1010 war mit einem DB-Sonderzug angekündigt. Wegen der erwähnten Probleme auf der Steilstrecke sollte die Fahrt dieser für Sassnitz* so typischen Lok allerdings im Bf. Sassnitz* enden.
    Die 03 1010 ging leider kaputt, so dass die Hallenser Lokmänner gemeinsam mit Dresdner Personal die Dresdner 03 001 an die Küste führten. Die 03 001 stand eigentlich für das traditionelle Dresdner Dampflokfest unter Dampf und war somit schnell verfügbar.
    03 001 war aber ebenso willkommen, war doch die Einheitslok der BR 03 auch in der klassischen Form auf Rügen ab 1936 im Einsatz gewesen. Das war übrigens der 3. Einsatz der 03 001 auf Rügen binnen eines Jahres gewesen.

    03 001 war natürlich ein würdiger Ersatz für die 03 1010. Hier sehen wir die abendliche Ausfahrt aus dem Bf. Lietzow mit dem markanten Schlösschen im Hintergrund.


    Rund um den Sassnitzer Hafen wurde ein Volksfest geboten, das inzwischen Tradition hat und jährlich riesige Besucherströme anlockt.


    Schiffe gucken in Sassnitz*

    Den alten Fährhafen hatte ich bis dato nur von der Landseite aus gesehen. In See brauchte ich aber gar nicht stechen.
    Sassnitz* hat eine wunderschöne und mit 1,4 km Länge sehr lange Außenmole, die für Spaziergänger immer wieder eine beliebte Adresse ist.

    Von dieser Mole aus, konnte man bis Anfang 1998 täglich mehrfach die interessanten Manöver der Fährschiffe beobachten.
    Sozusagen zum Greifen nahe, glitten die riesigen Schiffsleiber an dem kleinen Leuchtfeuer am Molenkopf vorbei.
    Alle Fährschiffe rückten rückwärts fahrend in das Hafenbecken und in eines der beiden Fährbetten oder zur Reserveliegestelle ein. Lediglich das von 1971 bis 1977 hier eingesetzte Fährschiff „Stubbenkammer“ lief vorwärts in das Hafenbecken ein und drehte auf der Stelle direkt vor dem Fähranleger. Alle Fährschiffe, mit Ausnahme der „Stubbenkammer“, auch die ältesten Schiffe, hatten zum Anlegen und für die Einfahrt in die Fährbahnhöfe eine kleine hintere Kommandobrücke, von der die Einfahrt problemlos gesteuert werden konnte.

    Für Millionen von Urlaubern war das Einlaufen der Fährschiffe ein Urlaubserlebnis der besonderen Art.

    Das Fährschiff „Trelleborg II“ ist vor Sassnitz angekommen, hält kurz inne und wird dann rückwärts ins Hafenbecken einlaufen. Dafür hat das Schiffspersonal die hintere Brücke zur Verfügung. Im Hintergrund ist das dänische Fährschiff „Peder Olsen“ zu erkennen, ein Schiff der Reederei „Bornholms Trafikken“, das seit 1993 planmäßig die Route Sassnitz Mukran – Bornholm befuhr.

    Majestätisch gleitet das große Schiff an der Mole mit dem kleinen Leuchtfeuer vorbei und macht im Fährbett I fest. Das Fährschiff „Trelleborg II“ befährt seit 1982 fast ununterbrochen die „Königslinie“.

    Auch vom Fischereihafen am Anfang der Mole hat man einen interessanten Blick auf das Hafengebiet mit den Fährschiffen.

    Wer erinnert sich an meine Frage aus Teil 1? Die „Trelleborg“ ist offenbar etwas vom Kurs abgekommen. Schon kurz nach der Ausfahrt aus Sassnitz ist das Schiff in „Seenot“ geraten und dreht ab. Während dieser Rettungsübung wird ein Rettungsboot zu Wasser gelassen und mit der Besatzung etwas geprobt. Völlig unbeeindruckt fährt hier der Stralsunder Schoner „Fridtjof Nansen“ vorbei, genau wie wenig später das Fährschiff „Rügen“.

    Natürlich ist mir auch das Fährschiff „Rügen“ Bj. 1972 an diesem Tag begegnet. Sie kehrt gerade vom Bornholmeinsatz zurück und läuft in das Fährbett II ein, wo sie Stammgast war.

    Ende Oktober 1997 war ich nochmals in Sassnitz und traf hier wieder die „Trelleborg“ ( die mir irgendwie bis heute die fotografische Treue hält ) und die „Rügen“. Die „Rügen“ lag in Reserve im Fährbett II, weil die Bornholmsaison beendet war. Wie oft wurde diese Stadtansicht von Sassnitz fotografiert. Bald sollte es vorüber sein. Jedenfalls in dieser Form.

    Im direkten Vergleich ist leicht zu erkennen, dass die „Rügen“ deutlich kleiner war als die „Trelleborg II“ und übrigens auch die „Sassnitz II“.


    Kleiner Abschiedsbilderbogen

    Ende Dezember 1997 war wieder einmal das Fährschiff „Rügen“ auf der Königslinie im Einsatz und liegt hier im Fährbett I. Über die Fünfwegeweiche gelangt 298 315 in das Schiffsinnere.

    Die Bedienung des Fährschiffs erforderte häufige Rangierbewegungen um alle 4 Gleise zu beräumen bzw. danach wieder zu bedienen. Für diese Zwecke war die BR 298 optimiert. Allerdings kam hier die Funkfernsteuerung der Maschinen nicht zum Einsatz, weil sich die Steuerung mit der Schiffselektronik angeblich nicht vertrug.

    Als zweite Rangierlok war an diesem Tag die 298 045 im Hafen unterwegs, die hier warten muß, bis die 298 315 die Zufahrt zum Schiff geräumt hat.

    Die „Rügen“ verlässt wieder einmal den Hafen, gefolgt von den unvermeidlichen Möwen und unser Blick schweift über die Fünfwegeweiche am Fährbett I.

    Fotos: Mathias Gottschewsky, vielen Dank!!!


    Was kam danach?

    Am Morgen des 7. Januar 1998 um 8.15 Uhr verließ das schwedische Fährschiff „Trelleborg“ ( II ) letztmals den Anleger in Sassnitz*-Hafen für eine reguläre Fahrt.
    Das entgegen kommende deutsche Schiff „Sassnitz*“ ( II ) steuerte schon planmäßig den neuen Anleger am neuen Fährterminal des „Fährhafen Sassnitz*“ an.


    Die „Trelleborg“ kommt zum letzten Mal im alten Fährhafen an und macht im Fährbett I fest.

    Ein letztes Mal wird das FS „Trelleborg“ in Sassnitz-Hafen behandelt. Am Morgen des 7. Januar 1998 ist es soweit. Die letzte Beladung der „Trelleborg“ steht an. Viele Schaulustige und Angestellte verfolgen den Vorgang.

    298 045 steht für die letzten Rangierfahrten zur Verfügung. Im Hintergrund wartet 232 132 auf die letzten Wagen, die sie bergwärts zu befördern hat.

    Es sieht eigentlich aus, wie immer. Im Bauch des Schiffes warten unzählige Güterwagen auf die Entladung.

    Auch an diesem Morgen hat Mathias noch einmal eine Übersichtsaufnahme des Hafens mit dem Fährschiff angefertigt.

    232 132, ein altes Stralsunder Urgestein hat die Aufgabe, den letzten Güterzug aus dem Hafen zu schleppen. Am Schluss läuft die 298 als Schiebelok. Außerdem wird noch eine 143 Lz überführt, dann endet die Eisenbahngeschichte auf der Sassnitzer Hafenstrecke.

    Nur wenige Stunden später kehrt das FS „Sassnitz II“ aus Schweden zurück und läuft das erste Mal planmäßig in den neuen „Fährhafen Sassnitz“ im Sassnitzer Vorort Mukran ein.

    Dort wird das Schiff schon vom FS „Rügen“ erwartet, das wieder einmal die Reserverolle einnimmt. Der neue Anleger ist aber immer noch eine riesige Baustelle.

    Die 345 048 hat im neuen Fährhafen an diesem Tag den Rangierdienst und bedient das FS „Sassnitz“, beobachtet von zahlreichen Schaulustigen.

    Während dessen weht am alten Anleger im nun verwaisten Stadthafen die schwarze Flagge. Fahrleitungsbautrupps der Bahn sind schon dabei, die Fahrleitungsanlage zu entfernen. Man will offenbar den Kupferdieben zuvor kommen. Kurze Zeit später wird die Hafenstrecke Geschichte sein und der gesamte Hafenbereich zur großen Baustelle werden.

    Alle Fotos: Mathias Gottschewsky, vielen Dank


    Der Umzug in den Vorort Mukran besiegelte das Ende der Hafenstrecke in Sassnitz*, die ihre Existenzberechtigung nun verloren hatte. Auch der Fernverkehr nach Sassnitz* endete nun in Mukran und der Güterverkehr beschränkt sich seit dem auf den recht bescheidenen Kreideverkehr zum Bahnhof Lancken, einem weiteren Ortsteil von Sassnitz*. Kurz vor dem Bf. Lancken zweigt die Anschlussbahn zum Kreidewerk in Klementelvitz ab, das auch heute noch bedient wird.

    Für die Stadt Sassnitz* ist der Umzug aber doch ein Segen, denn die erheblichen Verkehrsströme zum beengten Fährbahnhof Sassnitz*-Hafen hatten an den Nerven der Bewohner gezehrt.
    Der Stadthafen in Sassnitz* wurde zum touristischen Erlebnisbereich umgestaltet und täglich von wahren Touristenströmen frequentiert. Dafür mussten auch fast alle Gleise weichen. Die Hafenstrecke existiert nur noch in Fragmenten und bleibt für immer unbefahrbar.
    Aber der Hafen bleibt Wirtschaftsfaktor der Stadt und dient den Sassnitzer* Fischern nach wie vor als Basis.
    Die Fährbetten und auch das Markante Abfertigungsgebäude des Bf. Sassnitz*-Hafen, das als Tor zur DDR einen repräsentativen Status hatte und architektonisch für die Entstehungszeit durchaus wegweisend war, bleiben erhalten und genießen Denkmalschutz. Das Abfertigungsgebäude dient heute für kulturelle Veranstaltungen und Ausstellungen, auch zur Geschichte der „Königslinie“.

    Von der Seeseite wirkt der heutige Anblick vertraut. Erst auf den zweiten Blick offeriert die Szenerie deutliche Veränderungen zur Situation vor 1998. Die typische Straßenbrücke von der Güst. zum Glasbahnhof ist verschwunden. Statt dessen schwingt sich in eleganter Weise eine Fußgängerbrücke, an Seilen hängend, vom Rügenhotel in den Hafen hinab. Die Zufahrten zu den Fährschiffen am Fährbett I fehlen, sogar die berühmte Fünfwegeweiche mit der Rampe ist ausgebaut. Am Fährbett II hat sich diese Technik aber halten können, warum, das sehen wir gleich.

    Die Fährschiffe gehören natürlich noch immer zur Skyline der Stadt Sassnitz*. Mit ganz viel Glück, kann man sogar eines dieser Schiffe im alten Fährhafen beobachten.
    Die Reederei Scandlines nutzt die alten Anlegestellen von Zeit zu Zeit als Liegeplatz, wenn Wartungs- und Reparaturarbeiten an den Fährschiffen anstehen, oder als Anleger für Reserveschiffe.
    So war das Fährschiff „Rügen“ bis zum Verkauf 2004 im Winterhalbjahr häufiger und längerfristiger Gast im alten Fährbett 2. Die „Rügen“ wurde seit 1989 planmäßig auf der Fährlinie Sassnitz* – Rønne ( Bornholm ) eingesetzt, die aber nur in der Saison betrieben wurde. Im Winterhalbjahr stand das Schiff als Reservefähre für die „Königslinie“ zur Verfügung und wurde eingesetzt, wenn die Stammschiffe ihre Werftaufenthalte hatten, oder für sonstige Wartungsarbeiten außer Betrieb waren.

    Wieder einmal ist es die „Trelleborg“, die im Sommer 2008 vor meinem Kameraauge auftaucht und dem Fährhafen Sassnitz entgegenläuft. Irgendwie verfolgt mich dieses Schiff über all die Jahre.

    Wie in alten Zeiten. Das FS „Sassnitz“ hat im alten Fährhafen angelegt, Autos fahren auf das Schiff…
    Nun kann die Reise nach Schweden losgehen…

    Am 27. Dezember 2008 kommt das FS „Sassnitz“ einmal wieder am alten Anleger fest. Hier hat sie sogar Gesellschaft vom FS „Rostock“ der Scandlines. Die „Sassnitz“ wird einige Tage aus dem Liniendienst genommen. Weil es kein Reserveschiff gibt, fährt für einige Tage allein die „Trelleborg“. An der „Sassnitz“ werden durch die in Sassnitz ansässige Rean-Werft Wartungs- und Reparaturarbeiten durchgeführt. Die Fahrzeuge der Werft können nach wie vor am Fährbett II über die alten Anlegerbrücken auf das Schiff gelangen.
    Das FS „Rostock“ ist nicht mit dem alten Sassnitzer Fährschiff Rostock zu verwechseln. Diese „Rostock“ war ein Charterschiff, das die Reederei für einige Zeit für den Liniendienst von Rostock nach Trelleborg anmietete.
    Ende 2008 wurde es zwar nicht mehr benötigt, die vertraglich vereinbarte Mietdauer war aber noch nicht ausgeschöpft. So kam dieses Schiff als so genannter Auflieger bis zur Rückgabe an den Eigner nach Sassnitz. Weil das Fährbett I ja nun nicht mehr im eigentlichen Sinn genutzt werden kann, wurde das Schiff etwas unfotogen vorwärts in das alte Fährbett gefahren.

    Die Route nach Rønne ( zeitweise verlängert nach Ystad ) gehört seit 2004 nicht mehr zum Liniennetz der Reederei „Scandlines“. Seit Anfang der 90er gab es ohnehin nach Bornholm stets direkte Konkurrenten oder Partner, die Parallelverkehre auf dieser Route anboten.
    Die Reederei „Bornholms Trafikken“ ist jetzt alleiniger Anbieter von Fährfahrten Sassnitz* – Bornholm.

    Auch auf der „Königslinie“ hat sich der Focus immer mehr auf den Transport von Autos und Trailern verlagert. Die Anzahl der zu trajektierenden Güterwagen sinkt leider immer weiter. Es gibt auch nur noch ein einziges Reisezugpaar, den „Berlin-Night Express der Georg Verkehrsorganisation GmbH GVG. Für uns Fotofreunde ist dieser Zug unattraktiv, weil er mitten in der Nacht trajektiert wird.

    Sassnitz* ist für Eisenbahn- und Fährschiffsfreunde aber auch weiterhin eine Reise wert.

    Mein ganz besonderer Dank gilt Wulf Krentzien, der mir mit seinen Schriften über die Sassnitzer Fährlinien ganz besondere Hilfe bei der Erstellung dieser Beiträge geleistet hat.
    Ich danke natürlich Mathias Gottschewsky für die wertvolle Hilfe mit seinen Fotos und Infos.


    Viele Grüße

    Euer Dampf – Achim Rickelt


    *Anfang 1993 beschloss die Stadtverwaltung in Sassnitz, die Schreibweise der Stadt und aller damit zusammenhängender Einrichtungen einheitlich auf Sassnitz ( mit Doppel-S ) zu ändern. Ich verwende daher für alle seit 1993 anfallenden Ereignisse diese Schreibweise. Für ältere Zeitabschnitte benutze ich das damals richtige ß im Namen.
    Die gleichnamigen Fährschiffe wurden aber schon immer mit Doppel-S geschrieben.

  • Hallo,

    Dieser Teil ist sogar noch besser als der vorherige. Aber warum wurde der Hafenbf gschlossen und galt die Rampe als Steilstrecke? Mach auf jeden Fall mehr solcher Beiträge. Das sind die sehenswertesten im ganzen Forum.

    Nils

  • Hallo Achim!

    Großartig der Beitrag! (der erste Teil natürlich auch!) :spos:

    Ich bin 2004 mit der "Trelleborg" nach Schweden gefahren, d.h. eigentlich mit dem besagten Nachtzug, der in Mukran auf das Schiff geschoben wird. Wie schlafen war mir da allerdings nicht, viel zu interessant war der Rangiervorgang und das ganze drumherum. Nachdem das Schiff abgelegt hatte sind wir dann erstmal eine Runde über´s Schiff, und im ersten Morgengrauen waren auch die Kreidefelsen zu sehen, einfach klasse! Nordgehend war der Laderaum voll, neben unseren Personenwagen waren die restlichen Gleise voll mit Güterwagen belegt. Nach zwei Wochen Skandianvien sah es auf der Rücktour ziemlich leer aus, neben unseren Nachtzugwagen waren nur ein paar Pkw im Eisenbahndeck abgestellt. Dafür konnten wir mal das Deck komplett inspizieren, war schon sehr interessant! Da wir durch unsere nächtlichen Rundgänge auch nicht wirklich geschlafen hatten, kamen wir dementsprechend gerädert morgens wieder in Berlin an... Dein Beitrag weckt da wieder Erinnerungen, man müßte mal wieder eine solche Tour machen.

    Viele Grüße

    Falko

  • Hallo Achim,

    zwei ganz großartige Beiträge Deinerseits.
    Ich habe mich ja selbst (zuletzt vor 2 Jahren) in Sassnitz herum getrieben und mir den Hafenbereich angesehen. Eine Fünfwegeweiche habe ich auch noch fotografiert. Sogar die Wartesignale standen noch.
    Nachdem ich nun die vielen Bilder gesehen habe, kann ich mir richtig vorstellen, was dort für ein Betrieb gewesen sein muss. Schade, dass es aus DDR-Zeiten so gut wie keine Fotos geben dürfte.
    Zu empfehlen ist übrigens die Broschüre "Der Sassnitzer Fährhafen: und ihr Fährverkehr von Wulf Krentzien" ohne Werbung dafür machen zu wollen. Das Buch gibt's meines Wissens sowieso nur noch gebraucht. Habe es mir vor einiger Zeit aber mal gekauft.


    Viele Grüße,
    Marc

  • Zitat

    Original von Thumer Netz
    Hallo,

    Dieser Teil ist sogar noch besser als der vorherige. Aber warum wurde der Hafenbf gschlossen und galt die Rampe als Steilstrecke? Mach auf jeden Fall mehr solcher Beiträge. Das sind die sehenswertesten im ganzen Forum.

    Nils


    Hallo Nils,

    der Bahnhof Sassnitz-Hafen litt eigentlich immer an der Platznot. Wenn Du Dir die Fotos einmal anschaust, wirst Du erkennen, dass die Bahnanlagen einfach nicht mehr weiterzuentwickeln waren. Der Rangierbetrieb war ziemlich umständlich, weil alles über zweimaliges Kopfmachen vom Sassnitzer Bahnhof in den Hafen und dann auf's Schiff gebracht werden musste. Das Auflösen der Züge erfolgte neben den Fähranlegern auf einer ebenso beengten Gleisanlage ( das Foto mit den beiden 106 ) und alle Wagengruppen mussten dann erst wieder über eine Spitzkehre zum Schiff bugsiert werden.
    Die Rampe zum Bahnhof weist eine enorme Steigung auf, was allein das Vorhalten mindestens einer schweren "Diesel-Schlepplok" ( lange Jahre BR 142 ) nötig machte, denn die Zugloks, die diese Züge dann ins Landesinnere bespannten, waren mit der Steigung allein meist völlig überfordert. Auch die Rangierloks halfen regelmäßig beim Nachschieben zum Bf. Im "Ackergang" quälten sich die 106 gemeinsam mit den anderen Loks dann den Berg empor zum Bf. Sassnitz. Wirtschaftlich war dieser Betrieb nie. Aber eine geplante Strecke am Ufer entlang in Richtung Binz kam nie zustande.

    Eigentlich war diese Strecke nie als Steilstrecke im Sinne der Steilstreckenvorschrift eingeordnet, wurde betrieblich aber so behandelt. Alle sicherheitsrelevanten Vorgaben aus dieser Vorschrift mussten auch hier beachtet werden. Es gab in früheren Jahren spektakuläre Unfälle mit abgelaufenen Loks, die am Hafen über den Prellbock fuhren, weil die Bremsen versagten.

    In den 90er Jahren gab es in Sassnitz ein weiteres Problem. Der immer mehr zunehmende Autoverkehr zu den Fährabfahrten und Ankunften verstopften die Stadtstraßen immer mehr. Der Grenzübergang befand sich ja mitten in der Stadt und das war das Nadelöhr, auch wenn die Grenzabfertigung natürlich nicht mit der Prozedur von 1989 vergleichbar war. Das war nicht mehr hinnehmbar.

    Die Stadt Sassnitz begann außerdem damit, den einstigen reinen Wirtschaftshafen für den Tourismus zu entwickeln. Da störte der Betrieb am Fährhafen mehr, als er nutzte.
    Wenn man heute dort entlangschlendert, wird man feststellen, dass es genügend Angebote für Urlauber und Einheimische gibt. Der Sassnitzer Hafen ist ein großes Vergnügungsareal geworden, an dessen Rand noch einige Berufsfischer ihr Auskommen finden.

    Mit dem Fährhafen Mukran war der Stadt Sassnitz ein idealer Ausweichstandort gegeben, der nach wie vor das Stadtsäckel mit Hafenliegegebühren und Steuern füllt und zudem noch erheblich erweiterbar war. Im Laufe der Jahre haben sich in Mukran neben den bekannten Linien nach Schweden, Bornholm und Litauen auch Linien nach Finnland ud Russland ganz oder zeitweise etabliert.
    Außerdem blüht das Kreuzfahrtgeschäft nach Mukran. Der Sassnitzer Stadthafen ist für die riesigen Schiffe ( ala AIDA usw. ) nur bedingt geeignet. Es gab seinerzeit zwar auch Anläufe nach Sassnitz, aber teilweise mussten die Kreuzfahrer auf Reede bleiben und die Gäste wurden mit Barkassen an Land gebracht, wenig attraktiv.
    Ich denke, bei aller Wehmut, war der Umzug die richtige Lösung.

    @ alle:
    Euch allen vielen Dank.
    Der Teil 1 war quasi ein Versuch. Ich konnte nicht ahnen, dass dieses Thema hier interessierte Leser findet und freue mich, Euch mit meinem Beitrag eine Freude gemacht zu haben.

    Heute erreichten mich einige Links, die Euch möglicherweise gefallen könnten.


    http://www.faktaomfartyg.se/deutsche_reichbahn_e_1949.htm

    http://www.faktaomfartyg.se/dfo_rederi.htm

    http://www.faktaomfartyg.se/sj_farjetrafik.htm

    http://www.faktaomfartyg.se/dsb_f.htm

    http://www.faktaomfartyg.se/Scandlines.htm

    Das sind zwar alles schwedische Seiten, aber die Fotos der Schiffe und deren Lebensdaten sind sicher auch so wertvoll.

    @Marc:

    Die erwähnte Broschüre ist tatsächlich lesenswert, aber abverkauft. Das ist richtig. Allerdings gibt es schon wieder Nachschub, denn die Königslinie wurde 2009 ja 100 Jahre alt und so erschien wieder ein weiteres Büchlein, das ich allerdings nicht besitze.
    Wulf Krentzien hat im Laufe der Jahre immer wieder die Fährgeschichte aufgegriffen und auch sehr interessantes Bildmaterial zusammengetragen. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.

    Schaut ganz einfach mal ins Netz. Womöglich gibt es antiquarisch noch so einiges zur Königslinie.

    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Hallo Achim,

    ich bin begeistert von dem zweiten Teil! Er ist jetzt auch deutlich eisenbahnlastiger und mit den vielen Details hochinteressant. Die Enge in Saßnitz ist deutlich sichtbar, auch die Steigung war ja schon gewaltig - kennst du das Steigungsmaß?

    Da ich mich auch sehr für Fährschiffe interessiere, bin ich für viele Informationen sehr dankbar. Auch der Einsatz der verschiedenen Fährschiffe wurde mir dadurch klarer. Die neue "ROSTOCK", die ich persönlich optisch nicht sehr gelungen finde, ist inzwischen wieder von den beiden Linien verschwunden und nun offensichtlich unter dem Namen THJELVAR unterwegs. Mehr unter http://www.digital-seas.com/vessel_search/…lvar_q1949.html

    Ich werde bei Gelegenheit mal ein paar Fotos der Eisenbahnfähren der Strecke Rostock-Trelleborg hier einstellen.

    Etwas verwirrend finde ich die Bildunterschriften von M. Gottschewsky, ich habe manchmal das Gefühl, die Fotos wären von 2011.

    Viele Grüße und vielen Dank!
    Eckhard

    Viele Grüße,
    Eckhard

  • Hallo Eckhard,

    das liegt an Mathias Archivsystem. Er verwendet wohl immer die Jahreszahl, in der der Scan angefertigt wurde. Diese Fotos hat Mathias dankenswerterweise extra für den Beitrag eingescannt.

    Das neue FS "Rostock" hat mir auch überhaupt nicht gefallen. Aber das ist für uns ja nicht wichtig, weil es für Sassnitz ja kaum eine Rolle spielt.
    Wenn man sich die verschiedensten Fährschiffe so anschaut, so gab es da immer wahre Exoten, die oft auch ziemlich ungewöhnlich aussahen. Für Sassnitz fällt mir da auf Anhieb das FS "Stubbenkammer" ein, das ja eigentlich auch gar nicht als Fährschiff konzipiert war.

    Das Steigungsmaß kenne ich nicht. Ich muß mal sehen, ob ich das irgendwie herausbekomme. Das kann aber etwas dauern.

    Natürlich ist Teil 2 der eigentliche Eisenbahnteil. Das war auch so beabsichtigt und resultiert aus der Struktur des Textes, der im ersten Teil hauptsächlich einleitende Funktion hat. Außerdem war ich mir absolut nicht sicher, wie dieses Thema hier ankommt und da wollte ich Euch mit den Schiffsbildern sozusagen erstmal anfüttern und die Akzeptanz testen.
    Die Eisenbahnfotos hätte ich sonst womöglich in anderer Form aufbereitet gezeigt. Aber mein Plan ist ja aufgegangen.

    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Hallo Eckhard,

    Zitat: "Etwas verwirrend finde ich die Bildunterschriften von M. Gottschewsky, ich habe manchmal das Gefühl, die Fotos wären von 2011."

    Das Gefühl trügt! Es ist ja auch logisch, dass eine seit Anfang 1998 aufgelassene und inzwischen abgebaute Bahnverbindung im Jahre 2011 keinen fotografierbaren Verkehr mehr aufweist.

    Ohne jetzt in den Oberlehrer-Modus zu verfallen: Die Jahreszahl sagt nichts über das Aufnahmedatum aus. Standardmäßig (aber man muß das nich so machen) wird im Copyright der Bildautor und das Jahr der erstmaligen Veröffentlichung des Fotos genannt.
    Aber ich möchte hier keine (unwichtige) Neben-Diskussionskette aufmachen.
    Es geht um den Bahnhof Sassnitz Hafen und den Fährverkehr...

    Tschüß und Gruß


    Mathias

  • Hallo Achim,

    der zweite Teil ist ja noch besser als der erste Teil. So habe ich Saßnitz Hafen auch noch kennengelernt. Schade das keine Totalaufnahmen vom Basa Gebäude und vom Befehlsstellwerk gibt. Aber mann kann nicht alles haben, Danke für die schönen Bilder. Übrigens wurde im Jahr 2000 ( glaube ich ) im ehemaligen Glasbahnhof Deutschlands einziges " Museum für Unterwasserarchäologie " gegründet. Ich habe dort von 2001 bis 2003 gearbeitet. Inzwischen wurde der Glasbahnhof Bautechnisch überholt und auch gedämmt mit neuen Fenstern. Und das Museum wartet auf wiedereröffnung. Und das Gebäude wurde zur Ausstellung " 100 Jahre Königslinie Saßnitz - Trelleborg " genutzt. Übrigens eine sehr schöne und gelungene Ausstellung.
    Nochmals vielen vielen Dank für beide Beiträge
    Liebe Grüße Martin