Die Wirtschaftsbahn des Stadtguts Hobrechtsfelde

  • Hallo Freunde der schmalen Spur,

    am nordöstlichen Rand von Berlin befindet sich das ehemalige Stadtgut Hobrechtsfelde. Benannt wurde es nach dem Stadtbaurat James Hobrecht, der u.a. die Bebauung des Prenzlauer Bergs und zusammen mit Rudolf Virchow die Abwasserentsorgung Berlins plante. 1906-1908 wurde das seinerzeit hochmoderne Stadtgut errichtet und zu seiner Erschließung ein ca. 90 km langes Feldbahnnetz. Genaueres erfährt man hier: Hobrechtsfelde

    Als Pankower hat mich diese ausschließlich mit Zugtieren betriebene und für den Einsatz von Doppelflanschrädern gebaute Feldbahn immer sehr interessiert. Bei Touren mit dem Fahrrad oder Moped stieß ich immer wieder auf 600mm-Gleisreste in den Straßen, so z.B. bei Rüdnitz, in Blankenfelde, am Gorinsee, in Buch und besonders in Hobrechtsfelde.

    In o.a. Internetseite findet man einen stark verzerrten Gleisplan vom Gutsgelände. Mit dessen Hilfe, alten Landkarten und einem historischen Luftbild von Google versuchte ich mich an dieser Rekonstruktion:

    Und nun zu den Fotos, ich habe sie den mit Buchstaben bezeichneten Stellen auf dem Gleisplan zugeordnet.

    Bild 1: (A) Gleis Richtung Gorinsee überquert die Hobrechtsfelder Dorfstraße. (1980)

    Bild 2: (B) Gleis aus Richtung Buch auf das Gutsgelände zu den Ställen (1980)

    Bild 3: (B) Die gleiche Situation 2001

    Bild 4: (C) Die Drehscheibe. Welchem Zweck sie dort auf freier Strecke diente, weiß ich nicht. Eventuell war ein Gehöft oder temporäres Ladegleis angeschlossen. Irgendwann war die Scheibe verschwunden. (1980)

    Bild 5: (D) Die Verbindungskurven zum Fleischwerk. (1980)

    Bild 6: (D) Aus der anderen Richtung gesehen, Gleis aus Richtung Schönow. (2001)

    Bild 7: (D) Gleis aus Richtung Buch. (2001)

    Bild 8: (E) Abstellgleis (?) Fleischwerk. Eventuell führte es weiter Richtung Holzverarbeitungswerk und Gorinsee, aber die baulichen Gegebenheiten sprechen dagegen. (2001)

    Bild 9: (E) Blick in Richtung Dorfstraße. (2001)

    Bild 10: (F) Gleis von ??? in Richtung Sägewerk. (2001)

    Bild 11: (F) Und anders herum Richtung ???

    Bild 12: (W) Eine übriggebliebene Schleppweiche. Sie lag auch schon 1980 hier und war 2001 mit dem Bäumchen verwachsen.


    Das wars erst einmal, weitere Fotos aus der Neuzeit folgen. Ich werde versuchen, sie kleiner zu machen.

    Gruß ZOB

    2 Mal editiert, zuletzt von ZOB (17. Mai 2014 um 10:07)

  • So, jetzt weitere, allerdings aktuelle Fotos aus 2014.

    Bild 13: (G) Anschlußgleis ins Fleischwerk. Links treibt sich schon wieder der selbe Bengel wie 2001 in meinem Motiv herum !-)

    Bild 14: (G) Und anders herum.

    Bild 15: (H) Stallgleise (Ostseite).

    Bild 16: (I) Gleis von der Dunggrube (im Rücken), dort gab es eine Rampe zum Abkippen der Loren.

    Bild 17: (J) Stallgleise (Westseite).

    Bild 18: (K) Blick auf den Platz vor dem Rieselspeicher, rechts die Scheune.

    Bild 19: (K) Speichergleise.

    Bild 20: (K) Schleppweiche. Das geradeausführende Gleis steigt zum Entladen auf eine Rampe, dort wurde das Saatgetreide in einen Bunker gekippt und mittels Förderbändern und Elevatoren diversen maschinellen Behandlungen wie Reinigung, Trocknung und Sortierung sowie der Lagerung in den verschiedenen Etagen zugeführt. Das nach rechts abzweigende Gleis diente zur Abholung der fertigen Sackware.

    Bild 21: (K) Die Situation im Modell, welches sich im Speichermuseum befindet.

    Bild 22: (K) Die Situation vom Speicher aus gesehen.

    Bild 23: Blick vom Speicher Richtung Nordost. Bis auf den Rieselspeicher und die Scheune wurden alle Gebäude abgebrochen und das Gelände eingeebnet. Der große schwarze Fleck auf der Wiese ist kein Bombentrichter, sondern die Feuerstelle. Am linken Bildrand ist ein Spielhaus zu sehen, welches dem Speicher nachempfunden wurde.

    Bild 24: (M) Die westliche Weiche der beiden Speichergleise, rechts ist die Weichenzunge zu erkennen.

    Bild 25: (N) Speichergleis.

    Bild 26: (Y) Außenbogenweiche. Statt des Herzstücks gibt es eine Platte, auf der die Spurkränze liefen. Es gab auch nur eine einzige Weichenzunge in dem hinten links zu sehenden Radlenkerpaar, welche auch nur als Radlenker fungierte. Auch hier liefen die Spurkränze auf Blechplatten

    Bild 27: (Y) Die Y-Weiche und der Rieselspeicher. Der weitere Verlauf der Gleise ist noch unerforscht.

    Bild 28: Zum Abschluß ein Sonnenuntergangsbild aus 2001, Blick von der Dorfstraße zum Rieselspeicher.


    Ich hoffe nicht, allzu viele von Euch gelangweilt zu haben,
    Grüße von ZOB.

  • Hallo ZOB,

    danke für den sehr interessanten Bildbericht und die Mühe, die Du Dir mit der Dokumentation gemacht hast. Solche Relikte verschwinden leider immer häufiger, so ist es besonders lobenswert, dass Du sie nun für immer festgehalten hast.

  • Hallo Olaf und RSN,

    das schöne an der Sache ist, daß Hobrechtsfelde komplett unter Denkmalschutz gestellt wurde. Auch die Pflasterstraße samt der Gleise, sie dürfen nicht entfernt werden! Das kleine Örtchen wurde lange Zeit von der großen weiten Welt vergessen, es war sehr heruntergekommen, doch das kam ihm letztlich zugute. Hätte man das Geld schon in den 90er Jahren investiert, gäbe es jetzt keine Gleise mehr aber dafür eine langweilige Asphaltstraße und auf dem Gutsgelände eine Haftanstalt. Aber die 170 Einwohner haben sich erfolgreich gewehrt.
    Im letzten Jahr wurden die Gleise auf dem Gutshof erstmals seit 1975 wieder "befahren" und auch wieder mit Muskelkraft betrieben :) , siehe hier: Dunggrubengleis und Speichergleis

    Leider gibt es so gut wie keine historischen Aufnahmen von der schon 1942 wieder abgebauten Bahn. Sie war ja seinerzeit keine Attraktion sondern nur ein Arbeitsmittel.

    Ich freue mich, einige von Euch mit dem Thema interessiert zu haben,
    viele Grüße ZOB

    Einmal editiert, zuletzt von ZOB (17. Mai 2014 um 12:10)