Vor über 30 Jahren-Versuch einer Bauchronik II

  • Im ersten Teil hatte ich die Umbauten in den Bahnhöfen Eisfelder Talmühle und Stiege beschrieben, nun geht es auf die Strecke, aber nicht wirklich chronologisch, sondern von Eisfelder Talmühle (Etm) beginnend.
    Dieser Abschnitt wurde bekanntlich am 15.07.1905 eröffnet und stellte den letzten ergänzenden Streckenbau der alten GHE dar.
    Da die Orte Stiege aber hauptsächlich Hasselfelde mehr nach Nordhausen als ins Selketal tendierten und ein Bau über Trautenstein nach Benneckenstein für die wirtschaftlich nicht auf Rosen gebettete GHE nicht finanzierbar war, entschied man sich für die Variante Richtung Süden.
    Geographisch musste man aus der Senke, in der Stiege liegt, wieder herauf auf 520 m ü.NN,ähnlich wie auf der Wasserscheide Hassel/Selke und dann bot sich das Behretal an ,es bis Eisfelder Talmühle zu nutzen.
    Erschwerend war das maßgebliche Gefälle nach Süd mit 25 ‰, die Tatsache, dass im Tal die Behre die Grenze zu Preußen bildete und zwei Täler, die mit relativ großen Steinbogenbrücken überwunden werden mussten. Da fiel die kleine Behrebrücke kurz vor Etm schon fast nicht mehr ins Gewicht.
    Verlockend war allerdings die Aussicht, an den Grauwackesteinbrüchen mit ihrem Verkehrsaufkommen zu partizipieren.
    An der 8,6 km langen Strecke waren folgende Betriebsstellen:
    km 0,0 Stiege 487 m, Trennungsbahnhof,
    km 2,9 Birkenmoor 532 m, seit 1913 als Bahnhof mit südlichem Umfahrgleis bis etwa 1960, dann Hp.,
    6,83 Anschluss Pauer heute Unterberg, von etwa 1966 bis 1983 stillgelegt
    km 7,20 Anschluss Georgi bis etwa 1950 in Betrieb
    km 7,30 Hp.Unterberg 382 m, ab Mai 1975 außer Betrieb
    km 8,6 352 m Bahnhof Eisfelder Talmühle Trennungsbahnhof .
    Im km 6,0 gibt es die oberere, die Bartschenkulkbrücke mit 25 m Spannweite, 600m talwärts die untere, die Mosebachbrücke mit 11m Spannweite und im km 7,9 die Behrebrücke, die ich leider nicht vermessen habe als Stahlträgerbrücke.



    Bei den beiden Bogenbrücken wurde nach Abbau des Gleises die obere Schicht bis zum Bogenscheitel abgetragen, verfestigt, mit Ausgleich-und Isolierschichten versehen und darauf Betonfertigteile in Trogform aufgebracht.



    Hier machte sich ein Arbeitszug mit diesen Betonteilen auf den abendlichen Weg zu den Baustellen.

    Bei der Behrebrücke wurde der Stahlbrückenkörper herausgehoben, überarbeitet, sandgestrahlt und mit Farb-und Schutzanstrichen versehen und die Widerlager erneuert. Danach erfolgte der Einbau.
    Diese Arbeiten erfolgten im Jahr 1984 ab Frühjahr bis zur Eröffnung im Juni 1984.



    Am Anschluss Unterberg wurden Betonmauern an das Profil der aufgerollten Schotterwagen angepasst und das Gleis samt Weiche und Gleissperre erneuert, war es doch zuletzt von den Kübelwagen der ehemaligen NWE benutzt wurden.


    So sah es dort 1983 aus, der Güterzug fährt nach Hasselfelde.
    Ab hier gab es dann 1983 die Fahrten des Schotterpendelzuges nach Stiege bzw. direkt zum Einbauort des Schotters.
    Wenn man Glück hatte (und ich hatte!!) konnte man Verladung und Bergfahrt hautnah im Zug miterleben!

    Hier rollt die Einheit mit 99 7222 geführt vom Behelfssteuerwagen gen Unterberg.
    Dort wurde sich im Anschlussgleis eingeschlossen, das heißt, Gleissperre mit Schlüssel 1 aufschließen, umlegen, Schlüssel 2 entnehmen, Weiche aufschließen und umlegen, Rangierabteilung einfahren lassen und dann alle Schließvorgänge umgekehrt und dazu Meldung per Funk an den Zugleiter, dass Strecke wieder frei ist.
    Nun folgte die Beladung mit Kipper im freiem Fall.

    Dem damaligen Zugführer steht die Begeisterung im Gesicht geschrieben, er musste aber die gleichmäßige Beladung durch Vorziehen des Zuges regulieren, hatte also keine Chance um in Deckung gehen.



    Da man im Allgemeinen in einem Steinbruch genügend Steine zum Verladen hat und diese auch gern und reichlich einem guten Zweck wie diesem Neubau zur Verfügung stellte, wurde oftmals das Ladegewicht mindestens voll ausgeschöpft, zumal nach Erfahrung beladen wurde.
    Das wiederum brachte die Mannschaft ins Schwitzen und mich vor Vorfreude auf das nun Kommende zur Begeisterung. Da hätte man Video haben müssen!
    Auf das Kommando "Abfahren" ließ der Meister die Fuhre ins Hauptgleis rollen, was automatisch gelang, da der Anschluss ähnlich den Rückdrückgleisen mit Gefälle zum Streckengleis angelegt ist.
    Zum Anfahren hätte es die Arbeit sehr erleichtert, aber der Zugführer musste ja nun
    seinen sicherheitsrelevanten Aufgaben gerecht werden, also Weiche in Grundstellung, Schlüssel zurück zur Gleissperre, schliessen, Umlegen und nochmal mit Hauptschlüssel die Sperre verschließen.

    Der Meister behielt die Situation scharf im Auge, hatte er doch die Wahl, hängen zu bleiben oder seinen Zugführer einzubüßen. Beides wäre ganz schlecht fürs Geschäft gewesen und so dampfte der Zug mit minimalster Geschwindigkeit bergan in die erste Kurve.
    Hatte der Zugführer es geschafft, den Steuerwagen einzuholen und die Wagenlänge noch nebenher bis zur Plattform zu kommen und aufzuspringen, konnte man bis Birkenmoor nicht mehr mit dem Kollegen reden, bei der sportlichen Leistung kein Wunder!
    Sah der Meister, dass sein Kollege hinten auf das Trittbrett mit letzten Elan sprang, machte er vorn auf!
    Nun hieß es, ohne Stolpern Geschwindigkeit zu gewinnen, denn oftmals wurde diese Übung bis zu 4 x am Tag gemacht!
    Der Zug bestehend aus Gw mit etwa 6,5 t, 3 x Rf mit 3 x 9 = 27 t, 3 Fac mit wenigstens 45 t und der Ladung X (da höre ich lieber auf zu rechnen) und 60 t Lokgewicht war weit weg von gut und böse. Ich hatte Gelegenheit, jeweils bei schönem trockenem Wetter mitfahren zu dürfen, was bei nassen Schienen dort geleistet wurde, steht in keinem Buch.

    Nun greife ich dem Ablauf schon mal vor und zeige den Schotterzug an der damaligen Einbaustelle 1 km vor Albrechtshaus.

    Und diese Motive bekam man geboten, wenn man das Behretal aufwärts wanderte:




    Nun ist der Schotterzug doch schon in Stiege (gedanklich) und ich erstmal am Ende, (da habe ich mich wohl etwas vertan).
    Aber egal, die 3. Fortsetzung ist in Arbeit, bis dahin grüßt
    der Krimderöder

    3 Mal editiert, zuletzt von Krimderöder (14. Juni 2014 um 21:15)

  • Hallo!
    Klasse Dokumentation!
    Das dieses einmalige Bildmaterial sooo lange bei dir in der Versenkung schlummerte, ist schon erstaunlich!
    Damit hättest Du so manche Broschüre oder so manches Buch bereichern können!
    Ganz große Klasse, was Du hier zeigst!!!
    Vielen Dank für den Beitrag!
    Das sind ja wirklich interessante Perspektiven, die sich Dir damals boten.

    Konntest Du denn auch mal die 199 301 oder die 99 6101im Bauzugeinsatz verewigen?
    Bei der 99 6101 muss es im alten Bhf Stiege auch mal zu einer Entgleisung gekommen sein, bei der wegen morschen Schwellen eine Schiene umkippte und die Maschine stand im Dreck...

    Ich kann mich noch gut erinnern, als der 14416 fast jeden Abend einen Rollwagen am Schluß mitführte, welcher mit vormontierten Gleisjochen beladen war.

    Noch eine Frage habe ich.
    An der unteren Brücke im Behretal, unweit der damaligen F 81 ist auf einem Bild von Dir ein Bohrturm oder sowas zu sehen? Was hat es damit auf sich?

    Viele Grüße, Thomas

  • Guten Morgen Netzkater,
    wer so früh in meinen alten Bildern rumwühlt,dem muss geholfen werden,Danke!
    Diese Fotos schlummerten eigentlich immer in irgendwelchen Kartons,bei jedem Umzug seit 1990 wurden es weniger,dann fand ich den Zustand nicht so,das man sie in der damaligen Zeit unbedingt vorzeigen musste.
    Leider sind mir Negative und andere Aufnahmen abhanden gekommen,die Stelle,wo ich sie nach der Wende deponierte,stellte sich doch nicht als so sicher heraus.
    Da ich immer etwa an die 20 Abzüge machte und meine langjährigen Freunde M. Reinboth und L. Ertel ihre "Schuhkartons "aufbewahrten,ergab sich nun doch die Gelegenheit zur Vorstellung.
    Es freut mich natürlich sehr,wenn sie helfen,die Historie zu erhellen.
    Die 199 301 wird im dritten Teil auftauchen, war sie doch hauptsächlich im Jochtransport eingesetzt.
    Die 99 6101 ist mir eigentlich nie "vor die Flinte" gekommen,warum eigentlich?
    Die Joche auf Rf wurden den Hasselfelder Zügen beigestellt,also vormittags und abends,es wurde der Train um einen Wagen gekürzt,um die Lasten einzuhalten.
    Es fuhren aber auch ganze Züge,vor allem in der Anfangszeit, nach Stiege.
    Das besagte Bild stellte ich absichtlich ein,es erinnert an die Zeit,als im Ostharz Probebohrungen der Wismut auf verwertbare Erze nieder gebracht wurden.Fuhr man z.Bsp. von Siptenfelde nach Alexisbad auf der Strasse,so stand in der ersten Kehre etwa 3 km vor Alexisbad auch so ein Bohrturm.
    Dann bis zum Dritten Teil
    der Krimderöder

  • Hallo!
    Nicht, daß das hier zum Zwiegespräch wird...
    Ja Morgenstund hat Gold...
    Dienstbeginn 2.57 Uhr und der zu befördernde Zug hatte 150min Verspätung, also sahs ich erstmal rum und habe bissel im Bimmelbahnforum geschaut. Soviel dazu...
    Danke für deine schnelle Antwort, auch für die Aufklärung in der Frage mit dem Bohrturm.

    Eigentlich ist dies hier ja ein 750mm Forum, im Harz- und & Harzbahnforum wären Deine Beiträge sicherlich auch gut aufgehoben und ich bin sicher sie bekämen auch die Resonanz, die sie verdient hätten.
    (Ich meine nicht das ehemalige IG Forum)

    Ich bin unheimlich gespannt auf den dritten Teil

    Viele Grüße

    Ps...Wir müssen uns unbedingt mal bei Kerstin im Bhf treffen..auf ein Bierchen

    Einmal editiert, zuletzt von Netz-Kater (14. Juni 2014 um 16:07)

  • Auch ich bedanke mich mal für das Thema.
    Ich habe ja damals zeitweise aktiv mit gewirkt und so z.B. den allerersten Jochzug von Nordhausen nach Stiege gefahren. Es war ein Probezug wo ettliche Leute zur Beobachtung mit fuhren. Denn das war für eine Schmalspurbahn ein Novum das Joche verbaut und transportiert werden mußten. Vor Ilfeld wo heute die Trofohäuschenkneipe ist hätten wir beinahe ein Joch abgeladen da sie sich verhackelt hatten. Das war ein Schreck. Ab Ilfeld wurden dann längere Kuppelbäume eingebaut. Danach ging es dann besser. Die Joche schwekten in den Bögen gewaltig aus. Leider bin ich so ein Typ der damals fast immer keine Bilder machte. Hätte es doch nur schon Digitaltechnik gegeben. Aber so, jedes Foto aus Papier bei Rollfilmen mit 12 bis 36 Fotos das war mir zu langatmig. Und dann noch die Quote der nicht gelungenen Bilder. So kann ich meist nur von Erinnerungen schwelgen und meine dummen Kommentare zu anderen ihre Fotos beitragen. Am Tag der Streckeneröffnung im November hatte ich noch mal Arbeitszugdienst in Stiege welcher aber ausfiel. Da fragte mich mein Gruppenleiter, welcher der Eröffnungszug mit der 99 5903 fuhr, ob ich nicht der Eröffnungsfahrt nachfahren wolle und den Oldtimerwagenzug von Straßberg nach Westerntor mit zurücknehmen könnte, denn für mich war eine Lz Fahrt von Stiege nach Wernigerode geplant. Die kleine Lok hätte sich sonst mit den Zug zurück plagen müssen. So kam es das ich den Eröffnungszug als Leerzug von Straßberg nach Westerntor über Stiege und Eisfelder Talmühle mit 2 mal Kopf machen mit der Lok 99 7234 fuhr. Ein Schwarzfahrer (Peter Schröder) schlich sich auch noch in den Zug mit ein und fuhr mit bis Westerntor. Bei den Schotterzügen von Unterberg nach Stiege bekam die 99 7222 ganz schön was mit. Infolge Wasserschlags lösten sich beide Treibstangenkeile und begünstigten somit die späteren Zylinderrisse so das sie später nur noch Heizlokdienste leisten konnte und danach verschrottet werden sollte. In Ermangelung eigener Peronale kamen Fremdpersonale zum Einsatz welche nicht so gut mit den Eigenschaften im Harz und deren Bahn vertraut waren. Und so musste dann mit solchen und anderen Schäden gelebt werden. Auch kippten mehrfach Schotterwagen um und das sogar im Stand. Hab ich auch schon Bilder von im Internet gesehen. Aber ich will Wilfried nicht allzusehr vorgreifen, nicht das ich ihm die Pointe stehle.

    Gruß von ganz oben, der Bergmensch. 🙋‍♂️

    2 Mal editiert, zuletzt von Bergmensch (20. Juni 2015 um 22:38)

  • Guten Abend,
    Netzkater,vielleicht besteht zwischen uns eine gewisse Seelenverwandtschaft,die Sache mit Kerstin ,ehemalige Kollegin,betreffend,hätte ich auch vorgeschlagen!
    Reiner,das sind wieder Ergänzungen,die ich als Laie doch nicht mitbekommen habe!
    ich kann mich nur an die Fahrten der damaligen Hasselfelder 99 7244 erinnern,für mich Erlebnis,für Mensch und Maschine sicher eher traumatisch!
    Solche Ergänzungen sind immer gern gesehen,so viele Pointen habe ich wohl nicht mehr,also her damit!
    Es grüßt der Krimderöder

  • Ich Glaube bei den Loknummern müssen wir verdammt aufpassen, denn da waren noch so einige Ölloks dabei. Habe ich jetzt auch nicht so drauf geachtet.

    Gruß von ganz oben, der Bergmensch. 🙋‍♂️

  • Reiner,
    Du hast recht,in einer Vergrößerung kann ich die "0" vor der 244 lesen (Beladeszene vom Streckengleis aus),also 1983 mit Ölfeuerung unterwegs.Danke für den Hinweis,ich war mir nicht mehr sicher,ist doch schon etwas her!
    Grüße der Krimderöder

  • Bei dem Bild der Beladung in Unterberg ist ja eindeutig eine Öllok bzw der verschlossene Öltender zu erkennen.

    Das deckt sich auch mit der Aussage vieler Harzbahnlokpersonale, das die Loks häufig über Gebühr herangenommen werden mussten.
    Gerade erst vorige Woche konnte ich in Ilfeld mit einem Lokführer, welcher heutzutage auf dem Duo fährt ein Gespräch führen, in dem er mir von seinen Diensten als junger Heizer auf der 6101 in Stiege während der Bauphase berichtete.
    Dabei wurden auch von der kleinen Maschine oftmals enorme Lasten bewegt.
    Zu dieser Zeit war die Maschine bekanntlich mit dem Flachwagen, gekuppelt, an dem mit Kreide stand:

    Lachen Sie nicht, auch sie werden alt...

    Dieser Wagen diente als Behelfstender.
    Dürfte ja bekannt sein.

    Lass uns mit dem dritten Teil nicht zu lange warten

    Gute Nacht