Vor über 30 Jahren im Harz-Versuch einer Bauchronik Teil 3

  • Nun muss sich mein Bildbearbeitungsprogramm erholen,ich versuche nun den finalen Teil anzugehen.
    Es geht nun auf die eigentliche Neubaustrecke,als Nordhäuser sei mir der Start von Stiege aus zu gestanden entgegen der eigentlichen Kilometrierung.
    An Betriebsstellen waren vorhanden:
    Stiege Kilometer 35,7 (ab Gernrode)485 m ü.NN Trennungsbahnhof seit 1905-1946 und ab
    1984
    Albrechtshaus km 31,3 476 m Haltepunkt 1891-1946 und ab 1984,bis 1946 talwärts nach
    rechts abzweigendes Agl.(Anschlussgleis) zum Heizhaus der Lungenheilstätte.
    Friedrichshöhe km 30,5 454 m Bahnhof mit Ausweich-und Ladegleis 1891-1946,ab 1984 mit
    Kreuzungsgleis und Betonwartehalle,das alte Eg 1983 abgerissen
    Güntersberge km 27,0 420 m bis 1891 Endbahnhof mit Haupt-und Kreuzungsgleis,Gleis
    zumGüterschuppen und Rampe neben dem EG und gegenüber kurz vor Beginn der
    Steigung zum Bergteich ein eingleisiger Lokschuppen(Standort infolge ausgebrochenen
    Gesteins noch zu lokalisieren),ab 1891 Durchgangsbahnhof bis 1946,ab 1984 als
    Haltepunkt in Betrieb.
    Agl. Ofenbau km 26,4 gepalnt 1983,nicht ausgeführt,noch 1985/86 in Fahrplanunterlagen
    Agl.Nickol 26,5 talwärts nach links abzweigend und zur Selke in Richtung Bahnhof etwa
    260 m lang zum Zellstoffwerk mit 1:27/37 %° bis 1946
    Agl.Selkewiesen km 24,6 talwärts nach rechts abzweigend 60 m lang bis 1946
    Agl.Herzogschacht km 22,9 1943 errichtet,vorher Erz per Lorenbahn nach Fluor,1,5 km lang
    1:25/40 %°,3 Ladegleise im Schachtgelände mit Bunker bis 1974,danach
    abgebaut,Trasse noch erkennbar,zweigte direkt nach der Brücke nach links aus und in
    das Nebental linksseitig steil bergauf über die Strasse Straßberg-Siptenfelde ins
    Schachtgelände
    Agl.Fluor km 22,6 beidseitig angebundenes Gleis bis 1943 in Betrieb,1946
    abgebaut.Verbindung zum Schacht über Lorenbahn,leere Loren wurden bergwärts mit
    Pferden gezogen,hier wurde auch die Fluorfabrik rechts vor der Brücke(heute Teile
    der Fabrik Wohngebäude)mit Erz versorgt und in Wasser gelöst u.a, in den noch
    vorhandenen 2-achsigen Kesselwagen transportiert.
    Bf.Straßberg km 21,8 363 m ab 1890 bis 1946 Durchgangsbahnhof,stillgelegt bis 1949,
    dann Endbahnhof bis 1984, ein Kreuzungsgleis und ein beidseitig angebundenens
    Laderampengleis mit Stummel zum Güterschuppen,ab 1974 Erzverladung an der
    Rampe in Sm-Wagen nach Gernrode,ab 1983 Umbau des Ladegleises auf das Profil
    der aufgerollten Normalspurgüterwagen,Verlegung der nördlichen Ladegleisweiche
    hinter die Weiche des Kreuzungsgleises.
    Strassberg Glasebach Hp km 21,3 363 m seit 1994
    Agl. Rinkemühle km 18,4 talwärts nach links abzweigend,bis 1990 in Betrieb,ab 1984 mit
    Sicherheitsweiche und Stumpfgleis für Normalsspurwagen umgebaut
    Agl.Heizwerk km 17,8 aus Silberhütte bergwärts nach links über die Selke abzweigend,
    etwa 200 m zur Kohleentladung mit Kran und Bunker,beidseitiges Umfahrgleis bis
    1992 in Betrieb,heute für Sonderfahrten genutzt
    Bhf.Silberhütte km 17,7 336 m,von 1889 bis 1890 Endbahnhof,ab 1890 Durchgangsbahnhof
    Kreuzungsgleis,talwärts links Agl.Sägewerk Nickol,später Rinkemühle 2 unter
    Späneturm bis etwa 1970,rechts aus Hauptgleis abzweigend Agl.Eisfeld zum dortigen
    Kesselhaus führend mit Umsetzgleis im Werksgelände,Gleise etwa 1966 noch
    vorhanden,Weiche im Hauptgleis ausgebaut.1984 neues Agl.für Rinkemühle gleich
    nach Ausfahrweiche Ri.Alexisbad mit Rampe für Normalspurwagen bis etwa 1991
    Agl.Heizwerk und Rinkemühle 2 jeweils mit Sicherheitsweiche angebunden.
    Für den Gleisbau wurden vorgefertigte Gleisjoche zu 15 m Konigsborn angeliefert,die
    wegen beidseitigen Überstand bei den normalspurigen Flachwagen mit Zwischenwagen nach Nordhausen kamen,dort aufgerollt und in den Harz nach Stiege gefahren wurden.
    Es wurden Züge mit Jochwagen gefahren,meist bekam aber der planmäßige Hasselfelder P-Zug vormittags und abends je einen Wagen angehangen.
    Das Gleisbett musste völlig neu hergestellt werden,da es so nicht zu verwenden und zu schmal für den geplanten Rollwagenbetrieb war.Gefordert waren 5,3 m,was auch nicht immer eingehalten werden konnte.
    Wasserdurchlässe wurden erneuert bzw.ganz neu gebaut,wie die Hasselbrücke hinter Stiege und die Katzsohlbachbrücke am Beginn des Bergteiches Güntersberge sowie die Selkebrücke Straßberg.
    Am Haltepunkt Albrechtshaus wurde auf etwa 200 m die Trasse verschoben und neu angelegt,da der Bahnsteig zusätzlichen Platz erforderte.
    Das Bahnhofsgebäude Friedrichshöhe wurde abgerissen,ebenso die Bungalows am Güntersberger Ende,deren Fundamente noch vorhanden sind.Ein Betonfertigbau wurde als Ersatz errichtet.
    In Güntersberge wurde am Bahnhofsgebäude nichts gemacht,es gehörte zum Ofenbau.
    nur der Bahnsteig wurde neu angelegt.
    In Straßberg wurde die nördliche Anbindungsweiche neu plaziert und eine Rampe zur Erzverladung angelegt.
    Während ab Straßberg praktisch alle Arbeiten(Demontage,Erdarbeiten,Schotter-aufbingung, Schwellenauslegung und Gleisbau per Hand im herkömmlichen Verfahren bewerkstelligt wurde,ging es ab Stiege weitaus rationeller zu.
    Waren die Erdarbeiten abgeschlossen,wurden die Gleisjoche auf einen Rollwagen per Kran abgelegt und mit 199 301 zur Gleisspitze gebracht.
    Ein weiterer Kran legte das neue Joch an die Spitze an,es wurde mit dem Gleis verbunden und die 199 rückte 15 m vor.da die Rollwagen nur 9 m LüP hatten,ergab sich mit den 15-m-Jochen schon ein beeindruckendes Bild.In Kurven wurde eine Schiene auf halber Länge getrennt,eine Länge angelegt und die zweite halbe Länge wieder angelegt.
    Die Einbrinung des Schotters erfolgte mit zwei Zügen.Der "große"Schotterzug bestand aus zwei 4-achsigen Fac-Wagen und einem Rlmmp zum Lastausgleich auf 4 Rollwagen,wobei auf den Enddrehgestellen der Rf jeweils Betonplatten als Gewicht lagen.Hiermit konnte die Gleismitte,also der innere Gleisraum geschottert werden.
    Der zweite Zug war mit 3 Fcs-Wagen auf Rf und dem Gw 99-01 78 als Behelfsteuerwagen mit den entsprechenden Signallampen und Stirnwandfenstern zur Streckenbeobachtung.
    Er diente dem Transport vom Steinbruch Unterberg direkt zum Einbauort oder auf Halde am Schottergleis in Stiege am See.
    Etwa 30 000 t Schotter sind mindestens verbaut wurden.
    Eingsetzt waren verschiedene Loks im Schotterdienst,99 0244,7222,0246 sind belegt,ebenso waren 199 301 und 99 6101 mit Zusatztender der Gattung Ow im Einsatz.
    Die UNIMA II übernahm die Stopf-und Richtarbeiten,Kleinwagen mit Lore übernahmen den Transport von Werkzeug und Kleineisen zum Einsatzort.
    Am 29.10.1983 trafen sich die Gleisspitzen an der Selkebrücke km 22,9,es gab zwar keinen goldenen Nagel,aber vielleicht für die Beteiligten eine Goldkrone?
    wie auch immer,am 31.10.83 befuhr 99 6102 als erstes Fahrzeug die neue Strecke offiziell.
    Nun wurde ein zweiter Schotterplatz an der Selkebrücke bei Fluor eingerichtet,der von Hüttenrode per Lkw mit Schotter versorgt wurde.
    Am 30.11.1983 war dann die feierliche Eröffnung mit Festessen im Goldenen Löwen zu Güntersberge.
    Weitere Komplettierungsarbeiten folgten.
    An der Wendeschleife in Stiege wurde seit August 1983 gearbeitet,aber der sumpfige Untergrund und Felsen am Hang zum Friedhof verzögerten die Bauarbeiten.
    Am 12.02.84 begann der Güterverkehr ab Nordhausen nach Silberhütte,man fuhr die Kohle auf Halde,da ab Frühjahr für die Brückenbauarbeiten im Behretal ein Vorrat angelegt werden musste.
    Die weiteren Arbeiten waren das Ertüchtigen der Strecke ab Silberhütte bis Harzgerode für die Baureihe 99.72,Bögen wurden erweitert,Radien angepasst und Felsen mit Sprengungen erweitert,vornehmlich im Kalten Tal am Habichtsstein vor Harzgerode und Richtung Mägdesprung.
    Am 03.06.1984 war dann die Eröffnung mit 99 6001 und einige Tage später war die Behretalstrecke wieder befahrbar,der Rest ist Geschichte.
    Nach soviel trockenem Zeugs (ich habe mich schon gebremst!) nun einige Bilder zur Demonstration und Festigung des gerade Gelesenen.
    So wurden die Gleisjoche von Nordhausen nach Stiege "am Stück " zu Beginn der Bauarbeiten angefahren.

    Hier sind die einzelnen Jochtransporte in Stiege zu sehen,links der große Schotterzug.

    Hier der große Schotterzug im Stück

    und im Ganzen sogar mit 199 301.

    Der Schotterpendelzug war ja schon gezeigt,aber eine andere Beteiligte noch nicht:


    Die UNIMA II in Stiege.

    So sah die alte Hasselbrücke 1978 aus,

    1982 und 1983 etwa 500 m vor Albrechtshaus


    und so am Haltepunkt Albrechtshaus.


    Da ich das Gefühl nicht los werde,hart an der Grenze des Möglichen und Erlaubten zu sein,schließe ich hier und verspreche einen Teil 4 mit weniger Theorie und noch einigen Fotos zur Ergänzung.
    Bis dahin
    der Krimderöder

    Einmal editiert, zuletzt von Krimderöder (17. Juni 2014 um 21:54)

  • Lieber Krimderöder,

    vielen Dank für Deine tollen Berichte, die dieses Forum wirklich bereichern. Jemand schrieb, das hier sei ein 750 mm-Forum - das stimmt aber gar nicht. Seit jeher finden sich auch Beiträge zu 600 mm- und 1000 mm-Bahnen und zu anderen schmalen Spurweiten.

    Nur eine kleine Korrektur: Als 1946 auf Befehl der sowjetischen Besatzungsmacht der größte Teil der Selketalbahn demontiert wurde, blieben wegen der schlechten Straßenverhältnisse die Strecke von Straßburg (damals Lindenberg) zum Agl. Herzog-Schacht und das Anschlussgleis selbst erhalten. Der Flussspat wurde mit der Bahn vom Schacht bis zum Bahnhof transportiert und dort auf Lkw verladen (Quelle: Endisch, Von der GHE zur HSB, Bd. 1, 2011, S. 115).

    Nochmals Dank und Grüße

    GL

  • Guten Tag Gerd,
    auch Dir Danke für die Blumen.
    Zum Fall Flussspattransport gibt es widersprüchliche Meinungen,die vorgetragene aus dem Endisch-Buch ist mir auch bekannt,aber dort wurden auch Fehler mit verarbeitet(z.Bsp.Niedersachswerfen Ost-aber das wäre ein anderer Bericht),möglich wäre auch folgende Version:da der Anschluss Selkebrücke-Herzogschacht ein Privatanschluss war,fiel er nicht unter die Reparation wie die GHE-Strecke,das Erz bzw. Mineral soll an der Selkebrücke oder in Fluor umgeladen und dann per Strasse nach Gernrode transportiert wurden sein.
    Beim Wiederaufbau baute man bis an die Selkebrücke und konnte wieder die Bahn nutzen.
    Wenn man bedenkt,das eine Institution der Besatzungsmacht Reparationen "erbeuten" musste und ein Andere für die Nutzung von Bodenschätzen und ähnlichen Resourcen zuständig war,so erklärt sich vieles u. a. auch der Abbau und der kurze Zeit später stattfindende Wiederaufbau der Selketalbahn.
    Man sollte auch nicht vergessen,welche Um-und Zustände gerade in dieser Zeit herrschten,für uns heute teilweise völlig unlogisch,aber damals...?
    Viel Spaß beim Nachdenken wünscht
    der Krimderöder