Ungarn: Schmalspurbahn Felcsút - Felcsúti kisvasút

  • Hallo,

    bezüglich der Fahrgastzahlen in Felcsút habe ich mal ein Rechenbeispiel gewagt.

    Vor genau 90 Jahren erfolgte die Umspurung der Mátrabahn von Gyöngyös nach Mátrafüred und der Personenverkehr wurde aufgenommen. Im Jahr 1926, der automobile Individualverkehr spielte noch eine absolut untergeordnete Rolle, nutzten 8000 Fahrgäste diese Strecke. Nun mag der Personenverkehr erst mitten im Jahr aufgenommen worden sein. Nehmen wir also die Zahl von 1928: Da nutzten 17.137 Fahrgäste die Strecke.

    Bezüglich Felcsút und Fahrgastzahlen: Bei der Eisenbahn ist es üblich, die Fahrgäste pro Zugfahrt zu zählen. In Felcsút wurden nach dem Medienbericht der Tageszeitung 1120 Fahrkarten verkauft. Man darf davon ausgehen, dass es sich in den allermeisten Fällen um Hin- und Rückfahrkarten handelte, was die Zahl der Fahrgäste nach der bei der Eisenbahn üblichen Zählmethode also verdoppeln würde.
    Rechnet man nun bloß die Anzahl der verkauften Fahrkarten auf die 6 Monate Betriebszeit hoch, würden sich bei derzeitigem Nutzungsverhalten 9732 verkaufte Fahrkarten ergeben. Nach üblicher Fahrgastzählmethode ergebe sich die Summe von 19.465 Fahrgästen. Für das erste Betriebshalbjahr einer Schmalspurbahn unter den beschriebenen Rahmenbedingungen (fehlender Anschluss in Bicske; politische Instrumentalisierung) ist dieser Wert somit sicher akzeptabel. Und hierbei handelt es sich um den kleinsten anzunehmenden Wert.

    Gruß, René

    Einmal editiert, zuletzt von rekok73 (30. Mai 2016 um 09:40)

  • Hallo,

    hier noch eine Karte des unter der Vorgängerregierung verübten Kahlschlages bei Eisenbahnstrecken in den Jahren 2006 bis 2009 zur Veranschaulichung:

    Unter der derzeitigen Regierung wurde im Jahr 2010 auf 12 Verbindungen der Personenverkehr (teils leider nur mit 2-3 Zugpaaren täglich) reaktiviert.

    Weitere Reaktivierungszusagen wurden bisher nicht eingelöst, was natürlich kritikwürdig ist. Auch in Ungarn setzt man gerade in ländlichen Gebieten stark auf den Busverkehr. Ein Grund mag sein, dass dessen Haltestellen sich im Zentrum der Gemeinden befinden, was man leider von vielen Bahnhöfen und Haltepunkten auf Nebenbahnen nicht sagen kann.

    Zumindest ist aber eine weitere, unter der Vorgängerregierung angekündigte Stilllegungswelle gestoppt. Nun wäre es an der Zeit, gerade auch die verbliebenen Nebenbahnen zukunftsfähig zu sanieren. Hier muss die derzeitige Regierung ihren Worten auch Taten folgen lassen.

    Gruß, René

    P.S.: Da die Zahl von 111 Beiträgen in diesem Thema so schön ist (kleiner Scherz), werde ich mir mal eine Pause vom Forum genehmigen. Ich möchte nun endlich einige andere Projekte verwirklichen. Außerdem wird es Zeit, dass andere User, mit anderen Sichtweisen und ihrem Fachwissen dieser chronologischen Abhandlung ein wenig frischen Wind einhauchen. Ich möchte den Staffelstab hiermit übergeben. :)

    2 Mal editiert, zuletzt von rekok73 (30. Mai 2016 um 10:50)

  • Hallo,

    es gibt neueste Meldungen zu dieser Bahnstrecke. Ich möchte sie dem Forum nicht vorenthalten.

    Bezüglich der geringen Fahrgastzahlen hat sich nun das 'Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF)' eingeschalten und prüft die Rechtmäßigkeit der Auszahlung der Fördergelder. Kommt das Amt zu dem Schluss, dass die Fördergelder unrechtmäßig ausgezahlt worden sind (nachweisbare betrügerische Absichten bei der Antragstellung), kann es nach Abschluss des Verfahrens zu einer Rückforderung der Fördermittel seitens der Europäischen Kommission kommen.

    Gruß, René

    Momentan bin ich allerdings im Hintergrund mit meiner Homepage beschäftigt. Ein ungarischer Bahnfreund versorgt mich gerade lobens- und dankenswerter Weise mit einer Flut von Informationen und historischem Bildmaterial, welches ich zwar nicht veröffentlichen kann (Urheberrecht), was aber dem Verständnis der geschichtlichen Zusammenhänge dient.

    Einmal editiert, zuletzt von rekok73 (3. Juni 2016 um 10:27)

  • Das Projekt der Schmalspurbahn hat infrastruktuellen Entwicklungscharakter, schon deshalb wird die Untersuchung keinen Erfolg haben, denn die Meinung zur ungarischen Fussballakademie ist durchweg positiv (auch europäisch gesehen) und diese ist transparent und öffentlich.
    Was ich für wichtig halte, die Bahn in Bicske ist nicht dem Bahnfreund vorbehalten, sondern für jedermann (insbesondere für Familien), genau dies unterscheidet die ungarischen Schmalspurbahnen von denen im restlichen Europa und genau deshalb, so hoffe ich zumindest, wird der Antrag auf Entzug der Fördergelder keinen Erfolg haben.

    Grüße aus Debrecen

  • Danke für Deine Anmerkung. Ich sehe die Situation zwiegespalten. Sicher hätte ich die Fördergelder auch gern bei anderen Bahnprojekten verwendet gesehen. Andererseits soll die Schmalspurbahn nur ein Baustein eines Gesamtkonzeptes zur Entwicklung der Region sein. Zwingend ist sicher der Anschluss an die Hauptbahn in Bicske, um dem Projekt zum Erfolg zu verhelfen. Sicher waren die im Antrag prognostizierten mindestens 2500 Fahrgäste am Tag völlig utopisch. Die Kindereisenbahn in Budapest befördert täglich durchschnittlich 1500 Fahrgäste. Jetzt (nach Gewährung der Gelder und Eröffnung der Bahn) wurde der Antrag zur Untersuchung von einem ungarischen Abgeordneten der Fraktion der Grünen im Europäischen Parlament gestellt. Das weitere Verfahren bleibt nun abzuwarten.

    Die Fußball-Akademie (sicher auch mit Fördergeldern der EU gebaut) hat alle Erwartungen übertroffen. Das Ergebnis kann man morgen beim Testspiel Deutschland gegen Ungarn sehen. Solch ein Spiel vor einer EM war 44 Jahre lang gar nicht möglich, denn erst nach der überragenden Arbeit der Akademie konnte sich wieder eine Mannschaft aus Ungarn qualifizieren. Sicher hat dies auch einen Beitrag dazu geleistet, dass man das Potential der Schmalspurbahn deutlich euphorischer eingeschätzt hat. Dies gilt wohl für die ungarische Regierung genauso, wie für die EU.

    Wie sich die dauernde negative Berichterstattung seitens einiger politischer Kreise und der ihnen angeschlossenen Medien, aus dem Anlass dogmatischer Gegnerschaft, auf die derzeitigen Fahrgastzahlen auswirkt, lässt sich schwer beurteilen. Einem Projekt von Vornherein mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln das Scheitern zu wünschen und damit letztlich dem eigenen Land nicht minder zu schaden, halte ich zumindest für eine infantile Zurschaustellung des eigenen Weltbildes. Und hier zeigt sich: Dogmatismus mit dogmatischen Mitteln bekämpfen zu wollen, wird beiden Seiten schaden. Profitieren wird davon eine ganz bestimmte Partei, die sich selbst als 'Die Bessere' bezeichnet. Ob die den Europäern besser gefallen wird, scheint mir äußerst fraglich. Es gilt auch in diesem Fall der einfache Merksatz: Wenn Zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Mir scheint es oft, dass diese Entwicklung viele reflexartige Orbán-Kritiker aus Unkenntnis gar nicht auf dem Schirm haben.

    Gruß, René

    2 Mal editiert, zuletzt von rekok73 (3. Juni 2016 um 22:41)

  • Hallo,

    der vorhandene Güterwagen wurde weiter vervollständigt. Die Aussage (nicht vom Personal vor Ort), dass er zur Streckeninstandhaltung eingesetzt werden soll, hatte mich schon verwundert und mein Gefühl hat mich nicht getrügt. Zur Beförderung von Fahrrädern eignet er sich auch wirklich besser. Hier ein Bild, welches den Wagen am Bahnhof der Puskás Akadémia zeigt:

    Fahrradtransportwagen

    Gruß, René

  • Hallo,

    nach einer Zeitungmeldung von gestern hat die Regierung einen Regierungsbeauftragten für touristische Angelegenheiten bestimmt.

    Gemäß der Verordnung gehören in den Aufgabenbereich:

    - Erstellung eines Planes zur Entwicklung des Tourismus (Radwege, Wanderwege, Camping, Skigebiete, Reittourismus usw. usf.)
    - die Entwicklung und Förderung der Schmalspurbahnen

    Bezüglich meines vorletzten Artikels möchte ich auch eine Kurzzusammenfassung eines weiteren Zeitungsartikels geben, auch wenn er nicht direkt mit den Schmalspurbahnen in Zusammenhang steht, wohl aber auf ihre zukünftige Entwicklung durchaus einen Einfluss haben könnte:

    Der Parteivorsitzende der JOBBIK-Partei erklärte in einem Interview, dass das Ziel seiner Partei der Gewinn der Wahlen im Jahr 2018 sei. Dafür müsste die Partei noch professioneller und effizienter werden. Er bezeichnete den Politikstil als 'modernen Konservatismus'. Eine Niederlage bei der Wahl würde er als persönliche Niederlage empfinden und dann den Parteivorsitz abgeben. Er mahnte die Partei deshalb zu Geschlossenheit im Auftreten. Die Chancen eines Wahlgewinns schätzte er positiv ein und wagte folgende Prognose. 'In fast allen europäischen Ländern erwachen die nationalen Parteien und feiern Siege. Die vor allem von der deutschen Politik unterstützten Politiker in der EU, welche sehr an ihre eigenen Interessen, aber wenig an die Menschen in den EU-Ländern denken, werden zukünftig in der Minderheit sein.'

    JOBBIK ist eine Partei mit einer deutlich nationalistischeren Zielsetzung, als es die heutige Regierungspartei FIDESZ ist. Schon bei den letzten Wahlen im Jahr 2014 wurde sie mit 20,3 Prozent der Stimmen drittstärkste Kraft und bei der Europawahl im gleichen Jahr sogar zweitstärkste Kraft in Ungarn.

    Gruß, René

    Edit: oberen Artikel auf das Wesentliche gekürzt

    2 Mal editiert, zuletzt von rekok73 (15. Juni 2016 um 01:48)

  • Hallo,

    die Puskás Akadémia als Eigentümer der Schmalspurbahn und Kaderschmiede für die ungarische Nationalmannschaft hat heute einen weiteren Beweis ihrer qualifizierten Nachwuchsarbeit erbracht. 2:0 im Auftaktspiel der Gruppe gegen Österreich gewonnen. :winner: Sehr gut ... und weiter so! Möge auch die Schmalspurbahn zukünftig ein solches Erfolgsprojekt werden. :)

    Gruß, René

    Einmal editiert, zuletzt von rekok73 (14. Juni 2016 um 23:00)

  • Hallo,

    der neu ernannte Beauftragte der Regierung für touristische Angelegenheiten zeigt sich verärgert und hat öffentlich Kritik geübt, dass ihn verschiedene Medien in Ungarn als 'Beauftragten für Schmalspurbahnen' vorgestellt haben. Er hat nun darauf hingewiesen, dass die Entwicklung der Schmalspurbahnen nur einen Teil seines Verantwortungsbereiches darstellt.

    Gruß, René

    Einmal editiert, zuletzt von rekok73 (20. Juni 2016 um 02:06)

  • Im gleichen Artikel im MNO, den René zitiert hat, wird von der Verlängerung dieser Bahn bis Diósd gesprochen und natürlich muss zuvor die Bahn dringlich an Bicske angebunden werden, da derzeit die Bahn viel zu wenige Fahrgäste hat (was allerdings auch erwartet wurde, da ja die Bahn noch keinen Zugangspunkt zum ÖPNV hat).

    Neugierig, was davon realisiert wird . . .

    Grüße aus Debrecen