[HU] Schmalspurnetz Nyíregyhaza

  • Ein für mich sehr trauriges Thema ist die Schmalspurbahn Nyíregyhaza. Diese hat eine sehr interessante Geschichte aufzuweisen.
    Leider liegt sie heute brach und wartet auf (wahrscheinlich nie kommende) bessere Zeiten.

    Eröffnet wurde sie 1905 zwische Nyíregyhaza und Dombrád. 1911 kam dann noch die Zweigstrecke nach Balsa hinzu. Mit der 1930 fertig gestellten Theiss-Brücke bei Balsa ergab sich durch die Verbindung zu den Schmalspurbahnen um Bodrog und Pálház ein zusammen hängendes Netz von 187 km Länge. Die starke Nachfrage zwischen Nyíregyhaza und Sóstógyógyfürdö führte 1911 zur Elektrifizierung dieser 8 km langen Strecke und fortan verkehrten Straßenbahnen auf diesem Abschnitt (auf 760mm Spurweite). Die Sprengung der Theissbrücke durch deutsche Truppen im Oktober 1944 beendete die Verbindung zum nördlichen Teil des Netzes für immer und seit 1980 ist die Schmalspurbahn rund um Bodrog nur noch Geschichte. 1969 wurde auch die Straßenbahn eingestellt, fortan fuhren auch zwischen Nyíregyhaza und Sóstógyógyfürdö nur noch die Dieselzüge der Schmalspurbahn an der Innenstadt vorbei.
    Leider folgte diesem Beispiel auch die gesamte Bahn rund um Nyíregyhaza. Am 20. September 2009 fuhren die letzten planmäßigen Züge zwischen Hermatanya und Dombrád und Herminatanya und Balsa. Als Grund hierfür wurde damals der schlechte Gleiszustand angegeben. Der eingerichtete Ersatzverkehr zwischen Nyíregyhaza und Tokaj (über Balsa) lies die Fahrgastzahlen ins Bodenlose fallen. Nenenswerten Verkehr gab es somit nur noch zwischen Nyíregyhaza und Nyíregyhaza-Vásártér.
    Die logische Konsequenz war sie Komplettstilllegung am 12. Dezember 2009.
    Nur ein winziges Stück rund um Pálház wird somit auch heute von diesem einst 187 km langen Netz noch betrieben.

    Die folgenden Fotos sind aus den Jahren 2006 und 2016, die Bilder vom letzten Betriebstag stammen von IHO.HU

    Die Züge nach Balsa und Dombrád fuhren grundsätzlich vereint, daher eigentlich immer bis Herminatanya in Doppeltraktion.

    Heute wartet man hier vergeblich auf einen Zug.

    Die Gummikonkurenz hat sich inzwischen auf dem gesamten Bahngelände breit gemacht, aber das Signal der Schmalspurbahn zeigt nach fast 7 Jahren Stillstand noch immer Grün.

    Man erreicht den Haltepunkt Nyíregyhaza-Vásártér (Marktplatz) und dieser würde auch heute noch für Bedarf bei der Bahn sorgen, wenn der Bus 1A nicht direkt zum Bahnhof verkehren würde.

    Auch stillgelegt, lädt der Bahnsteig noch mit seiner beeindruckenden Größe zum Warten ein.

    An einigen wenigen Stellen wird der Natur schon Raum gegeben, aber befahrbar ist die Strecke noch, wer weiß, wie lange noch . . .

    Der Theiss-Express überholt uns auf dem Weg in die Ukraine.

    Leider überholt uns kein Schmalspurzug und entgegen kommt uns auch keiner . . .
    Wir kreuzen aber die Hauptstrecke nach Záhony, die Brücke macht noch einen guten Eidruck, ich weiß aber, das kann täuschen.

    Entgleisungsspuren zeugen von einer bewegter Vergangenheit, denn wo gehobelt wird, da . . .

    Der Zoo von Sóstó könnte das Hauptziel der Bahn sein,

    wenn die Gummikonkurrenz mittels Buslinie 8 nicht die Fahrgastbeförderung übernommen hätte.

    Vieles erinnert noch an die Bahn in Sóstógyógyfürdö,

    doch außer einer Regelspurdampflok und

    drei Gleisen der Schmalspurbahn, von denen nur noch eines wirklich frei ist,

    verspricht nicht Vieles auf eine baldige Ankunft eines Zuges. Trotzdem halten die Autofahrer noch brav vor einem scheinbar nagelneuem Stoppschild.

    Bis hierher machte die Strecke teilweise einen befahrenen Eindruck, der Freischnitt dürfte problemlos innerhalb einer Woche machbar sein, doch schon nach der letzten Weiche entschwindet die Strecke ins Nichts.

    Die Natur holt sich die Strecke zurück . . .

    Im Sommer 2006 ging es für mich zum letzten Mal nach Balsa,

    wo die Reste der Theissbrücke noch beeindruckend in der Landschaft stehen.

    Auch Gleisbau wurde noch ausgeführt.

    Am letzten Betriebstag macht sich ein Zug zur Abfahrt bereit.

    Geschmückt mit Blumen und Trauerbeflaggung geht es auf die letzte Reise . . .

    und kehrt ein allerletztes mal zurück.

    Das Werkstattgelände macht heute einen sehr verwahrlosten Eindruck, nur noch 4 Wagen machen einen betriebsfähigen Eindruck.

    Der Rest kann getrost als Schrott bezeichnet werden.

    Auf Detailaufnahmen habe ich angesichts der hässlichen Graffitis dann doch verzichtet und noch einmal den wirklich schönen Startpunkt abgelichtet.

    Den Worten verantwortlicher Politiker wird hier wohl nie wieder ein Schmalspurzug verkehren, deshalb waren wir dann froh, wieder in Debrecen zurück zu sein, vor allem, weil wir dann doch, dank kurzem Unwetter ziemlich nass geworden sind . . .

    Grüße aus Debrecen

  • Hallo,

    in der Lokalpresse von Nyíregyháza war eine Erkundungsfahrt zum Streckenzustand zwischen Nyíregyháza und Buj zum Thema geworden, weil einige Fahrräder bei dieser Fahrt beschädigt worden sind.
    Die Fahrt fand bereits am 10. Mai 2017 statt.
    Der Erkundungszug bestand aus einer C50 Lok und einem Bax Personenwagen.

    Alle Bilder von : http://www.nyiregyhaza.hu

    Im dazugehörigen Artikel wird noch einmal darauf hingewiesen, dass die Gleise nicht verstellt werden dürfen und es jederzeit, aber sehr selten Fahrten geben könnte.

    Über die Gleiserkundungsfahrt an sich wurde kein Wort verloren, aber da sowohl Wagen und Lok zurück in Nyíregyháza sind, sollte die Fahrt erfolgreich gewesen sein. (Die Gleise bis Buj liegen also noch und wären befahrbar.)

    :ok:


    Grüße aus Debrecen

  • Hallo,

    in diesem Zusammenhang ein Youtube-Film von Attila Moór, entstanden zum 2.Jahrestag der Schließung zur Erinnerung. Es sind wunderbare Aufnahmen aus den letzten Tagen des Betriebes im November und Dezember 2009. Zu diesem Zeitpunkt waren die Zweigstrecken nach Dombrad und Balsa schon ohne Personenverkehr (wegen drastischer Geschwindigkeitsbeschränkungen aufgrund von Schäden am Fahrweg).
    Eine Erkundungsfahrt auf diesen Abschnitten vervollständigt den Film und mit historischen Aufnahmen ergänzt ist dieser Film ein einzigartiges Zeitdokument über diese Bahn.
    Das meiste vom Text berichtet über die Geschichte der Bahn, welche ich in meinem Eingangsbeitrag ebenfalls dargestellt habe. Erwähnenswert im Film ist jedoch noch ein Unfall (1914) vor Buj mit Verletzten nach einem Zusammenstoß zweier Personenzüge (ohne Bilder).
    Der drastische Wintereinbruch im Jahr 2003 (mit Bildern) bescherte der Bahn noch einmal Zuwächse im Verkehr, da einige Ortschaften auf dem Straßenweg nicht mehr erreichbar waren.
    Die Musik im Hintergrund ist ein Mix aus Rock und Tradition von der Kerekes Band.

    https://bimmelbahn-forum.de/index.php?dere…2NHX2dJT1Zoek1F

    Gruß aus Debrecen

  • Hallo,

    der Attila macht schon sehr schöne Filme über die ungarischen Schmalspurbahnen. Ein schönes Zeugnis vergangener Zeit. So romantisch es ist, offenbart der Film aber auch, dass mit solchen Geschwindigkeiten kein SPNV mehr sinnvoll war. Wenn jeder Radfahrer den Zug überholen kann, lohnt eben nicht der Kauf einer Fahrkarte. :zwink: In Deutschland hätte ein derartiges Netz wahrscheinlich nicht die 1960-er Jahre überlebt. Beispiele gibt es hierzulande ja genug, ob in Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern. Erfreuen wir uns daran, dass in Ungarn ein solches Angebot ein paar Jahrzehnte länger Bestand hatte. Erinnern wir uns an die Wende in Deutschland: Die DR wollte ihre Schmalspurbahnen möglichst schnell loswerden, am liebsten über Nacht. Die MÁV als Pendant hat den Betrieb immerhin 20 Jahre länger geführt. Teile des Netzes hätten sicherlich heutzutage als touristische Bahn eine Berechtigung. Hier wären aber die Verantwortlichen vor Ort in der Pflicht. Wenn kein Interesse besteht und die Bahn nicht als touristischer Faktor erkannt wird, dann ist eine solche Bahn eben nicht zu retten. Die oft beobachtbare ungarische Mentalität 'Das ist Aufgabe des Staates, nicht der Bürger' erschwert natürlich zusätzlich die Eigeninitiative vor Ort. Mit der Fatalismusformel 'Szarul, de büszkén' ist eben kein Zug in Fahrt gebracht. :B Wo diese Sichtweise durchbrochen wurde, finden sich ja auch positive Beispiele, denken wir z.B. an die Waldbahn in Kemence.

    Freundlichen Gruß, René

  • Hallo,

    die ungarische Regierung gibt wieder 2,491 Milliarden Forint für Projekte bei Schmalspurbahnen. Diese sind mit dem Ministeriumsbeschluss bewilligt.


    Für (bereits geplante und in Umsetzung befindlichen) Gleiserneuerungen, Lok- und Wagenrekonstruktion sowie Förderung von Prototypen bei den folgenden Schmalspurbahnen: Budapest Kindereisenbahn, Nagycenk Museumseisenbahn, LAÈV Miskolc, Gyöngyös, Karályrét und für die Debrecener Zsuzsi-Bahn (hier ist es die Verlängerung zum neuen Hauptbahnhof) gibt die Regierung in einem ersten Schritt etwa 700 Millionen Forint (2,3 Mio Euro).

    Die Planung und Umsetzung weiterer Projekte wird unterstützt:

    Felcsút, Verlängerung in beide Richtungen: Lovasberény - Bicske
    Nyíregyhaza, Studie über Aufnahme des Verkehrs zwischen Nyíregyhaza und Sóstó

    Ein exakter Verteilungsschlüssel für die bewilligten Gelder ist (noch) nicht genannt und es werden auch noch weitere Projekte in der Bewilligung benannt.
    Die Schmalspurbahn rund um Kecskemét wird weder bei der Durchführung, noch bei der Planung in dieser Schrift erwähnt. Für diese Bahn sieht hiernach die Regierung kein touristisches Potential mehr.

    Quelle: ab Seite 47 bis Seite 49 des folgenden Amtsblatt mit den Beschlüssen

    http://www.magyarkozlony.hu/hivatalos-lapo…7f1ef2/letoltes

    Diesen Beschluss stelle ich stellvertretend nur hier ein, obwohl es fast alle Schmalspurbahnen betrifft.

    Grüße aus Debrecen

  • Hallo,

    es wäre ja zumindest eine Freude, dieses kleine Teilstück der Schmalspurbahn wieder in Betrieb zu sehen. Aber eine Studie bedingt keine Garantie, ist aber ein Hoffnungsschimmer. Bei der Studie zur Entwicklung der ungarischen Schmalspurbahnen wurde dem Kecskeméter Netz noch mehr Potential eingeräumt, als den Strecken von Nyíregyhaza. Also: Mal abwarten.

    Trotzdem stützt auch das vorliegende Dokument die Darstellung in meinem vorangegangenen Beitrag: Geht die Initiative nicht von der Regierung aus, passiert vor Ort leider recht wenig. Immerhin hat man scheinbar in Budapest erkannt, das eine Anbindung des Zoologischen Gartens in Sóstó ein entsprechendes Fahrgastaufkommen generieren könnte.

    Auf jeden Fall können die ungarischen Schmalspurfreunde froh sein, dass ihre derzeitige Regierung ein Herz für schmalspurige touristische Eisenbahnen hat und diese Bahnen so gut es geht fördert. Da kann man doch auch die Schmalspurbahn des Herrn Orbán in Felcsút verschmerzen. :zwink:

    Freundlichen Gruß, René

  • Hallo Schmalspurbahnfreunde,

    im August habe ich einen Ausflug nach Dombrád unternommen und dabei zu Fuß die Strecke zwischen Dombrád und Herminatanya in Angriff genommen. Die Anreise erfolgte per Zug aus Debrecen bis Kisvárda, anschließend mit dem Bus nach Dombrád.
    Hier wurde früher noch über die Straße umgesetzt, das ist heute nicht mehr möglich, ein neuaufgestellter (oder besser geschüttetter) Gleisabschluß verhindert es wirksam.


    Noch 2005 wurde das 100 jährige Bestehen groß gefeiert, 4 Jahre später kam das Ende.


    Die Fahrzeugausstellung wirkt gepflegt, doch näher herangehen sollte man nicht, es zerstört eine schöne Illusion.


    Wie auch in Balsa wurden zu Lebzeiten der Bahn die Lokomotiven für die Rückfahrt gedreht, in Balsa und Dombrád erfolgte dies durch Gleisdreiecke, in Nyíregyháza über eine Drehscheibe.


    Im Ortsbereich von Dombrád ist die Strecke noch relativ frei, das Einfahrsignal ist erloschen, sicher für immer . . .


    Spätestens hier am Standort des Vorsignals fragt man sich, wozu steht das hier, aber beim genauen Hinsehen, sind die Schienenköpfe tatsächlich noch zu erkennen.


    Am Ortseingang wird Gästen in Dombrád Willkommen gesagt, für Reisende der Schmalspurbahn gilt dies nicht mehr, der vertrocknete Hügel im Vordergrund verbirgt recht erfolgreich die Schmalspurgleise.


    Einige Anlieger stemmen sich jedoch mit gewaltsamen Vegetationsrückschnitt dem Vergessen, hier in der Nähe des Schweinekombinates lässt ein Bauhof durch intensiven Freischnitt einen Hauch von Hoffnung auf hier verkehrende Züge.


    Und auch auf halben Wege nach Ùjdombrád stellt sich ein Landwirt erfolgreich dem Vergessen. Dieser fand unser Interesse an der Bahn so großartig, daß er uns zu einem kalten Getränk und Gespräch einlud, was wir angesichts sehr hoher Temperaturen dankbar annahmen.

    Das brachte allerdings unsere Zeitplanung gehörig durcheinander und so brachte er uns per Motorfahrzeug ein Stück des Weges, genau bis Nagyhalász, wo ich bei Interesse gerne irgendwann die Exkursion fortsetzen werde.

    Zusammengefasst kann man aber sagen, daß nach Dombrád, dafür braucht man kein Experte sein, sicher kein Zug mehr fahren wird, hierfür sind die gesichteten Schäden inzwischen schon viel zu groß, obwohl das Gleis liegt noch . . .


    Grüße aus Debrecen



  • Hallo aus Debrecen,

    zunächst einmal vielen Dank für die vielen Likes, (705.914: szívesen [von Herzen . . . oder auch gern geschehen])

    Bevor ich meine Exkursion fortsetze, gibt es ein kleines fotografisches Rätsel und ich verspreche, dies ist keine Fotomontage.

    Wo befinden wir uns hier?

    Der Haltpunkt gehörte früher (zu Betriebszeiten der Bahn) zu den eher frequentierten Haltepunkten und daher übertünchten Bewohner vor kurzem das Bahnhofsschild mit blauer Farbe, weil wohl immer wieder Besucher des . . . (das stand auf dem Schild) auch Jahre nach Einstellung immer wieder auf einen Zug warteten.


    Der letzte (planmäßige) Zug fuhr hier am 20. September 2009.

    Grüße aus Debrecen

  • Hallo,

    man könnte es so ausdrücken: Wer zu lange an diesem Ort wartet, kann sich gleich in der Nähe zur ewigen Ruhe begeben. (Ibrány temető)

    Freundlichen Gruß, René