Aufarbeitung der Jung Hilax 8293 (1938) bei der Waldeisenbahn Muskau

  • Mahlzeit!

    Heute mal ein Blick ins Archiv: Vor 11 Jahren, am 22.03.2009 wurden die ersten Arbeiten zur Vorbereitung des Projektes ausgeführt. Bis dahin war der Kessel noch ungeöffnet und nicht gereinigt. Der Anblick nach dem Öffnen der Reinigungsschrauben und Waschluken war eine große Überraschung...

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    Bereit zur Befahrung des Kessels. Nach dem Öffnen der ersten Waschluke hält Matthias K. Taschenlampe und Spiegel bereit, um das Innere zu untersuchen. Er hatte damals die Idee mal nachzuschauen, was denn mit dem Kessel wirklich ist und wollte sich nicht auf die Gerüchte verlassen. Die Unterlagen zum Kessel lagen damals nicht vor.

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    Der Führerstand war noch in dem Zustand, wie er 10 Jahre zuvor mit den damals zur Verfügung stehenden Mitteln hergerichtet werden konnte.

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    Zahlreiche Details waren damals noch nicht wieder vorhanden. So fehlte das Drahtglas mit Schutzkorb am Wasserstand und die dünnwandigen Kupferleitungen aus dem Sanitätbedarf waren mit Silikon in die Überwurfmuttern geklebt.

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    Ein Blick in die Kupferfeuerbüchse. JUNG schweißte bereits Mitte der 30er Jahre die Feuerbüchsen autogen aus Mantel, Rohrwand und Türwand zusammen, während andere Hersteller noch bis in die Nachkriegszeit die Einzelteile vernieteten.

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    Die Rauchkammerrohrwand mit den 77 Heizrohren der Größe 38x2,5 mm, von denen 4 als Ankerrohre mit 4 mm Wandstärke ausgebildet sind. Die Ausströmrohre mit dem hochliegenden Blasrohrkopf ermöglichen eine gute Zugänglichkeit zum Reinigen.

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    Für die Reinigung des Kessels wurde die Lok mit der Ns 2 vom Museum zum Lokschuppen im Bahnhof Teichstrasse gebracht.

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    Nach dem Öffnen der Reinigungsschrauben am Stehkessel kamen nicht nur Kesselsteinplatten zum Vorschein...

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    Der komplette Langkesselboden war mit Haselnussschalen gefüllt und diente offenbar während der Abstellzeit 1978-1998 bei der Parkeisenbahn Gera als Vorratslager für Eichhörnchen.

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    Es dauerte einige Stunden, bis der Kessel ausgespült war, immer wieder verstopften die Nussschalen die Reinigungslöcher.

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    Am späten Nachmittag setzte heftiger Regen ein. Die 99 3317, die an diesem Tag die Personenzüge bespannte, half dann bei der Reinigung mit Warmwasser.

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    Über den Spritzschlauch wurde das vom Injektor erwärmte Wasser zur Hilax befördert und zum Ausspülen genutzt.

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    Die Nussschalen schienen kein Ende zu nehmen, der Geruch erinnerte an die Weihnachtszeit.

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    Neben der JUNG-Lok mit der höheren Kessellage sieht die Brigadelok schon etwas niedlich aus.

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    Nach 4 Stunden Reinigung war der Kessel halbwegs sauber. An dem Tag kamen etwa 2 Schubkarren voll heraus. Doch auch bei späteren Reinigungsarbeiten kamen immer wieder Nussschalen zum Vorschein.

    Soweit der Blick zurück, im nächsten Bericht geht es dann mit dem aktuellen Geschehen weiter.

    Gruß Sven

  • Hallo Sven,

    danke für den Nußschalenbericht. :ok:

    Die Eichhörnchen waren halt genauso fleißig wie ihr. Wie konnten die auch ahnen ...

    Immer wenn ich die Hilax, oder ähnliche Maschinen sehe, denke ich, warum hat man die nicht auf drei Achsen gestellt?

    Als B-Kuppler sieht das immer etwas wackelig aus. Platz wäre doch vorhanden gewesen.

    Besten Dank für die Bilder

    Holger

  • Mahlzeit Holger,

    der Kessel war durch die Nussschalen zumindest trocken gehalten worden, es war keinerlei Feuchtigkeit bei Öffnen vorhanden.

    Die Hilax ist mit 11,2t Dienstmasse und 65 PS schon eine der größeren Baulokomotiven, die sich sehr gut bewährt haben. Mit dem Achsstand von 1300 mm betrug der kleinste befahrbare Bogenhalbmesser 18 m. Die dreiachsige Ausführung mit gleicher Leistung und der Typenbezeichnung "Domino" brauchte dagegen schon 25 m Radien.

    Davon abgesehen ist der Wasservorrat im Rahmen untergebracht, eine weitere Achse würde da zulasten der Kapazität gehen.

    Gruß Sven

  • Mahlzeit!

    Zum Saisonauftakt des Fahrbetriebs der Waldeisenbahn Muskau wurde auch ein wenig an der Lok gearbeitet und zahlreiche Fragen der Besucher im Waldbahnmuseum beantwortet. Das Frischdampfventil des Wasserhebers ist nach erfolgter Aufarbeitung wieder angebaut. Zudem wurde die Dichtfläche eines Speiseventilflansches am Kessel mit einem neuen Werkzeug bearbeitet. Zwei fleiße kleine Helfer widmeten sich voller Hingabe der Lokpflege.

    Bei bestem Frühlingswetter präsentiert sich die Maschine auf dem Gelände des Museumsbahnhofs Anlage Mitte.

    Für die Bearbeitung der Speiseventilflansche wurde ein Schleifstein mit 40 mm Radius angefertigt. Den Vorschlag dazu habe ich von einem australischen Dampfwalzenbesitzer bekommen, der das Projekt seit langem verfolgt.

    Das Abrichten des Schleifsteins wurde mittels Akkuschrauber am Schleifbock ausgeführt.

    Die Dichtfläche vor der Bearbeitung.

    Nach einer halben Stunde schleifen und polieren war ein deutlicher Unterschied zu erkennen. Geschliffen wurde nass mit Maschinenöl.

    Meine fleißigen Helfer Arthur und Valentina widmeten sich derweil der Lokpflege.

    Arthur beim Putzen des Stehkessels im Führerstand.

    Da ist noch etwas Schmutz! Dieser fand seinen Weg natürlich nicht nur auf die Putzlappen, sondern auch auf die Klamotten. Doch das Leuchten in den Augen, als sie daheim voller Stolz von ihrem Tagwerk erzählten, ist unbezahlbar!

    Als nächstes werden die Frischdampfrohre der Injektoren aufgearbeitet.

    Während die Rohre selbst noch in gutem Zustand waren, sind Dichtflächen teils stark verrostet und müssen aufgeschweißt werden.

    Extrem starke Korrosion an einem Flansch, hier muss reichlich aufgeschweißt werden.

    Mehr dazu dann im nächsten Bericht.

    An dieser Stelle möchte ich noch einmal auf die Spendenaktion für die Maschine aufmerksam machen:

    Für die betriebsfähige Instandsetzung der Dampflok bitten wir weiterhin um Eure Unterstützung.

    Jeder noch so kleine Betrag leistet einen Beitrag für die Wiederinbetriebnahme der seit 1976 abgestellten Maschine.

    Viel wurde schon geschafft, die richtig großen Brocken wie Kessel und Fahrwerk kommen aber noch!

    Spendenkonto:

    IBAN: DE 40 8505 0100 0070 0179 64

    BIC: WELADED1GRL

    Verwendungszweck „Spende Hilax“

    Gruß Sven

  • Hallo Sven,

    ich bin immer wieder von Deinen Berichterstattungen begeistert. Mit den heutigen Möglichkeiten kann man den Interessierten diese umfänglichen Arbeiten sehr verdeutlichen bzw. nahe bringen. Vorallem, was man an Wissen mitbringen muß, damit solche Aufarbeitungen möglich werden. Und sich dann noch die Zeit nehmen, das Fotografierte mit geistigem Inhalt zu schmücken. Meine Wertschätzung hast Du allemal.

    Sehr rührend empfinde ich, dass Du den Nachwuchs an diese "alte Technik" heranführst.

    Vielleicht sehen wir uns ja nächstes WE. :wink:

    Mit modellbauerischen Grüßen

    Gerd

  • Mahlzeit Gerd,

    danke für die Anerkennung, der intensive Austausch mit anderen Projekten auf gleiche Art hilft enorm bei der Bewältigung der anstehenden Aufgaben. Letztlich muss man sich für jede neue Aufgabe auch eine Technologie erarbeiten und mitunter verschiedenes ausprobieren, bis die passende Methode gefunden ist. Natürlich ginge manches schneller, in dem man wie im Ausbesserungswerk einfach wegschmeißt und neu baut, doch im Rahmen dieses Projektes geht es mehr um eine Restaurierung im musealen Ansatz mit Substanzerhalt vor Neubau.

    Was meine "Nachwuchsförderung" angeht, so bin ich doch bemüht, das gezeigte Interesse zu honorieren und nach Möglichkeit einzubinden, so wie es mein Vater einst mit mir getan hat. Ob daraus einmal langfristig ein Hobby entsteht, wird sich zeigen, ganz ausgeschlossen ist es nicht.


    Nun geht es an die Aufarbeitung der ersten Rohrleitungen. Neben dem Entrosten war vorallem die Wiederherstellung der Dichtflächen an den Flanschen notwendig.

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    Für die Arbeiten an den Rohren kam erstmals dieser uralte, ca. 100 Jahre alten Rohrschraubstock zum Einsatz, den ich vor 3 Jahren bei einer Haushaltsauflösung gefunden habe.

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    Der Schraubstock ermöglicht das Einspannen in 2 Richtungen und somit eine gute Zugänglichkeit aller Rohrabschnitte.

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    Beide Rohre sind fertig entrostet. Trotz ihres Alters von rund 80 Jahren sind sie in gutem Zustand.

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    Die injektorseitigen Flansche sind stark abgezehrt und müssen umfangreich aufgeschweißt werden. Sie befinden sich im eingebauten Zustand unterhalb der seitlichen Türausschnitte und waren auch während der jahrzehntelangen Abstellzeit im Freien der Witterung ausgesetzt Das Kaltgetränk dient natürlich nur dem Größenvergleich😉

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    Fertig aufgeschweißter Flansch.

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    Im Anschluss wird die Dichtfläche auf der Malick & Walkows Universalfläsmaschine vorgearbeitet.

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    Die wiederhergestellte Dichtfläche auf der Injektorseite. Der Feinschliff erfolgte mittels Winkelschleifer und verschiedener Aufsätze.

    Die Dichtfläche verfügt nunmehr über etwas Material zum späteren Nacharbeiten.

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    Im Vergleich dazu noch einmal die Fläche vor der Aufarbeitung.

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    Auch musste eine der Lötnähte ausgebessert werden, mit denen die Rohre in die Flansche hart eingelötet sind.

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    Die Rohre sind nun bereit zum Grundieren.

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    Die Flansche auf der Seite des Dampfentnahmestutzen besitzen gebördelte Rohrenden, die gleichzeitig die Dichtfläche bilden. Sie wurden nach bewährter Methode geschliffen.

    Gruß Sven

  • Mahlzeit!

    Die Arbeiten an den Rohrleitungen gehen weiter: Die Aufarbeitung der Frischdampfleitungen für die Injektoren ist abgeschlossen. Während der Öffnungszeiten des Waldbahnmuseums am Anfang Mai wurden die Leitungen angebaut und im Gegenzug die rechte Speiseleitung für die Aufarbeitung demontiert. Trotz des schlechten Wetters informierten sich zahlreiche Museumsbesucher über das Projekt Hilax, für die Weiterführung der Arbeiten benötigen wir auch weiterhin Spenden.

    Während die injektorseitigen Flansche mit Flachdichtungen abgedichtet sind, haben die Flansche am Dampfentnahmestutzen Linsendichtungen.

    Die Linsen aus Weicheisen waren stark korrodiert, jedoch noch stark genug, um überdreht zu werden. Um sie spannen zu können wurde ein Drehdorn angefertigt, auf dem die Linse mit einer Übergangspassung und etwas Loctite geklebt wurden.

    Vor und nach dem Überdrehen.

    Nach dem Lackieren trocken die Rohrleitungen in der Werkstatt.

    Die Dichtflächen sind bereits mit Graphitfett konserviert, die Dichtungslinse ist fertig überarbeitet.

    Die eingebaute Frischdampfleitung auf der Lokführerseite.

    Bei den Arbeiten im Waldbahnmuseum half mir mein Sohn Arthur voller Enthusiasmus. Was kann es für einen Vater schöneres geben?

    Die Speiseleitung besteht aus zwei Teilen, die unter dem Kohlekasten über eine Flanschverbindung verbunden sind.

    Während der kürzere hintere Teil problemlos ausgebaut werden konnte, galt es für das mehrfach gebogenen vordere Leitungsstück unter anderem die Sandfallrohre zu demontieren. Hinter dem Kohlekasten ist nur wenig Platz vorhanden, seine Demontage wäre nur mit viel Aufwand möglich gewesen. Nachdem der Versuch die Leitung nach vorn herauszuziehen gescheitert war, konnte sie schließlich nach hintern unten rausgezogen werden.

    Der runde Flansch an hinteren Leitungsabschnitt benötigt einige Zuwendung, um wieder eine brauchbare Dichtfläche zu bekommen.

    Die ebenfalls teilweise demontierte Saugleitung zum Rahmenwasserkasten macht nur einen etwas besseren Eindruck und muss zu gegebener Zeit überarbeitet werden.

    Arthur kümmerte sich in der Zwischenzeit um die Reinigung der 77 Heizrohre.

    Am späten Nachmittag hörte es endlich auf zu regnen und die Lok konnte nochmal für ein paar Fotos an die frische Luft.

    Der kleine Lokschlosser posiert stolz vor der Maschine.

    Ich war einst im selben Alter als mich mein Vater an die ersten Instandhaltungsarbeiten an Dampflokomotiven heranführte.

    Der Arbeitsvorrat ist wieder aufgefüllt.

    Mehr dazu im nächsten Bericht.

    Gruß Sven

  • Gott ist das süß!! Dann muss es jetzt ja doppelt so flott gehen:hurra:

    An der Rauchkammer stehend mit Lutscher statt Zigarette...herrlich!

    Mein Kleinster heißt übrigens auch Arthur....ist allerdings ne ganze Ecke jünger

    Viele Grüße und weiter so, sieht wirklich toll aus, was DU da treibst,

    Lenni

  • Hallo

    Einfach schön was der kleine macht.Was ich denke wenn ich den Sohnemann auf der Lok sehe ist klar.Das ist ein zukünftiger Lokführer!

    Gruß
    Harald a.F.