Aufarbeitung der Jung Hilax 8293 (1938) bei der Waldeisenbahn Muskau

  • Mahlzeit!

    @VIK Heizer 99 1706 Die Maschine soll auf der WEM zum Einsatz kommen und die früher zahlreich vorhandenen Werkloks der angeschlossenen Betriebe repräsentieren. Leistungsmäßig kann sie mit ihren 65 PS mit den D-Kupplern durchaus mithalten (99 3312 hat 60 PS, die Brigadeloks 75 PS)

    @Holger Dietz Das Zifferblatt entspricht der "Mode" der späten 20er bis Ende der 30er Jahre und wurde im Siebdruckverfahren hergestellt.

    Gruß Sven

  • Hallo, Sven,

    immer wieder eine Klasse für sich, deine Berichte! Du könntest damit ohne großes Zutun "flotte" Lehrunterweisungen halten; du kennst den Terminus ja noch aus eigenem Erleben. Ich hoffe sehr, dass deine immense Detailarbeit wirklich "große Früchte" trägt und der Einsatz bei der WEM für dich stets ein erfreuliches Widerspiegeln deiner Arbeit zeitigt.

    Weiterhin gutes Gelingen und beste Grüße

    Bernd.

  • Mahlzeit!

    Wie schon angedeutet wurde nun das neue Manometer noch geprüft und justiert und die Handgriffe der Prüfhähne berichtigt.

    Beim Vergleich der Manometeranzeige mit der des Prüfdruckmessers war eine Abweichung von +0,5 kg/cm² festzustellen.

    Der Prüfdruckmesser passt übrigens ebenfalls zum Entstehungszeitraum der Lok: er wurde Ende 1937 beim renomierten Armaturenhersteller

    Schäffer & Budenberg in Magdeburg-Buckau hergestellt. Bei der letzten Prüfung im Frühjahr 2019, konnte keine Abweichung gegenüber dem Feinmessmanometer festgestellt werden.

    Nicht umsonst haben die Schäffer & Budenberg-Manometer den Ruf zu den besten der Welt zu gehören! Ob die heute üblichen digitalen Prüfdruckmesser nach 80 Jahren immer noch funktionieren werden, darf bezweifelt werden ;)

    Um die Art des Fehlers festzustellen und seine Ursache zu ermitteln wurde der komplette Anzeigebereich steigend und fallend verglichen.

    Da die Abweichung über den gesamten Messbereich vorhanden war, schien nur die Zeigerstellung korrigiert werden zu müssen.

    Nach erfolgter Korrektur der Zeigerstellung wurde noch einmal der komplette Messbereich abgeglichen und keine Abweichung mehr festgestellt.

    Das Manometer ist somit einbaufertig.

    Die beiden orginalen Prüfhähne besaßen bei der Ankunft der Lok bei der WEM im Jahre 1998 keine Handgriffe mehr. Daher hat man zunächst Hahngriffe mit Holzheft nach DIN 473 angebaut, die vorrätig waren. Bei diesen ist das Vierkantloch nicht parallel zur Längsachse der Griffe, sondern im Winkel 45° dazu angeordnet. Dadurch besteht im geschlossenen Zustand nur eine geringe Überdeckung der Bohrungen und der geöffnete Zustand befindet sich bei einem Winkel von 45° zwischen Griffstück und Stehkesselverkleidung. Dies galt es zu korrigieren.

    Der Schaft des Griffstücks wurde abgetrennt und im um 45° versetzt mittels WIG-Verfahrens wieder angeschweißt. Da die Griffe gesenkgeschmiedet sind, war das Schweißen problemlos möglich.

    Nach dem Überdrehen der Schweißstelle ist der Griff bereit zum Lackieren.

    Die Bohrungen im Hahnküken waren einfache, runde Löcher und wurden nun zu Langlöchern aufgefräst, um auch bei zukünftigem Verschleiß den vorgeschriebenen vollen Querschnitt freizuhalten.

    Ein Griff benötigte ein neues Holzheft, das alte wies einen Längsriss auf. Das neue Heft wurde aus Buche gefertigt wurde.

    Nach dem schwärzen und ölen wurde der Griff komplettiert und mit einem Kegelstift nach DIN 1 auf dem Hahnküken gesichert.

    Beide Hähne sind nun wieder einbaufertig.

    Soweit für heute, im nächsten Bericht wird dann wieder ein wenig montiert.

    Gruß Sven

  • Mahlzeit!

    Am 15. August 2019 fand in Weißwasser im Rahmen eines Pressetermins eine Präsentation des Projektes in der neuen, noch im Bau befindlichen Lokwerkstatt statt.

    Später wurde auch das Manometer und die Prüfhähne angebaut.

    JUNG 8293 wird mit der Ns 2h Kö 0437 vor die Lokwerkstatt rangiert.

    Die Gleisanbindung wurde erst vor einigen Wochen gebaut.

    Zusammen mit Brigadelok 99 3317 wurde die JUNG 8293 zum allerersten Mal in die Werkstatthalle gefahren.

    Beide Maschinen stehen passend unter den Rauchabzügen. Noch fehlt der Fussboden im gesamten Gebäude.

    Die Arbeitsgrube bekommt noch Treppen und eine Gitterrostabdeckung.

    Den anwesenden Vertretern von Denkmalamt, Lokalpolitik und Presse wurden die aktuellen und zukünftigen Projekte der WEM erläutert, darunter auch die Aufarbeitung der JUNG 8293.

    Am späten Abend wurde das neue Manometer an seinem Platz im Führerhaus angebaut.

    Auch die beiden Prüfhähne wurden wieder montiert.

    Im nächsten Bericht geht es mit der Anfertigung der neuen Bläserleitung weiter.

    Gruß Sven

  • Mahlzeit!

    Die Werkstatt wird in der Tat ein großer Schritt in die Zukunft sein und der laufenden Unterhaltung der Lokomotiven eine solide Basis mit guten Arbeitsbedingungen geben. Mittlerweile beginnt die Einrichtung der Werkstatt mit den ersten Maschinen und einer elektrischen Hubbockanlage.

    Ende August wurde für die Hilax die neue Bläserleitung angefertigt und es konnte ein interessantes Souvenier in die Sammlung übernommen worden.

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    Diese sehr seltene Werbetafel der Lokomotivfabrik JUNG aus den 30er Jahren konnte kürzlich in die Sammlung übernommen werden.

    Sie besteht aus geprägtem Karton und ist sehr gut erhalten. Nach etwas Recherche fand ich heraus, dass die beiden senkrechten Schlitze unter dem Jung-Dreieck der Aufnahme von Blechklammern eines Abreißkalenders dienten.

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    Dank der damals schon weitreichenden Normung passen auch heutige Abreißkalender noch in die vorgesehen Aufnahme. Unter der Telefonnummer ist dagegen niemand mehr erreichbar ;)

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    Im Rahmen der Armaturenaufarbeitung wurde nun eine neue Bläserleitung angefertigt. Dies ist notwendig, da die in den späten 1990ern angebrachte Leitung einen zu geringen Querschnitt und eine zu geringe Wandstärke aufweist. Damals wurde einfaches Sanitärkupfer (zulässig für Warmwasser bis 110°C und max. 10bar) verwendet, in Ermangelung von passenden Lötnippeln wurden die Enden zu einer Flachdichtung umgebördelt. Die Ausführung zeugt zum einen von den Bemühungen, die Lok mit geringen Mitteln als lediglich rollfähiges Ausstellungsstück herzurichten, zum anderen von der bescheidenen Ausrüstung, die die WEM damals für den noch recht jungen musealen Dampfbetrieb hatte. Die neue Leitung wurde aus Kupferrohr 15x1,5 mm gefertigt, wie es für dampfführende Leitungen notwendig ist. Die Beschaffung ist heute gar nicht mehr so einfach, zum Glück habe ich aber einen Lieferanten in der Nähe, der fast alle Abmessungen beschaffen kann.

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    Da mir für diese Abmessungen keine brauchbare Biegevorrichtung zur Verfügung stand, wurde die Leitung mittels Sandfüllung und Wärmebehandlung freihand gebogen.

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    Alte und neue Leitung nebeneinander. Die alte Leitung hatte ich bereits vor einigen Jahren mit altbrauchbaren Fittings ausgerüstet.

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    Das vordere Ende mit dem Gegenbogen war ein wenig anspruchsvoller in der Herstellung.

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    Nach dem Biegen waren Holzstöpsel und Sandfüllung zu entfernen.

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    Für die Leitung mussten auch neue Lötfittings angefertigt werden. Da die Anschlüsse am Armaturenstutzen und Rauchkammer nicht den heute genormten Größen entsprechen, blieb nur die Herstellung in eigener Werkstatt.

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    Die Fittings wurden wie üblich mit Silberlot an die Leitung gelötet.

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    Die fertige Lötstelle. Nach dem Abkühlen werden Flussmittelreste und Oxidschicht mit Zitronensäure entfernt.

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    Die Überwurfmutter wurde vor dem Löten noch auf der Fräse überarbeitet, da die beiden Schlüsselflächen nicht parallel waren und die Schlüsselweite zwischen 32 und 34 mm variierte. Ein sicheres Anziehen war damit nicht mehr möglich. Entweder wurde die Überwurfmutter irgendwann einmal erneuert oder war stark abgenutzt.

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    Der fertig gereinigte Überwurf für die Rauchkammerseite.

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    Die Überwurfmutter wurde hier nur vorsichtig gereinigt.

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    Die fertige Leitung wurde einige Zeit im Freien aufgehängt, um eine gleichmäßig dunkle Färbung zu erhalten. Etwas Patina passt zum Charakter der Maschine besser, als eine Hochganzpolitur.

    Im nächsten Bericht geht es dann mit dem Saugschlauch für den Wasserheber weiter.

    Gruß Sven

  • Hallo, Sven,

    wenn ich das Alles so unter deinen Händen Entstandene sehe, fällt mir spontan ein:

    Was wäre, wenn die WEM dich (und vermutlich auch deinen Maschinenpark) nicht hätte …?

    Viele Grüße Bernd.

  • Hallo

    Echt spannend wie immer.

    Ich habe schon viel zerlegt zerbastelt und umgekehrt aber ein Manometer war noch nicht dabei.

    Deine Vorgehensweise mit dem Selbstbau von Hilfsmitteln erinnert mich an den exzellenten Modelleisenbahner Joachim Schnitzer.Er war genau so ein Künstler wie du nur das er eben im Maßstab 1:87 tätig war.

    Gruß
    Harald a.F.

  • Mahlzeit Freunde!

    Nach längerer Suche nach einem passenden Saugschlauch für den Körting-Wasserheber bin ich mit Unterstützung des Museum für historische Maschinen und Technologien Zamberk fündig geworden. Dazu wurde ein altes Fußventil aufgearbeitet und angepasst.

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    Die Suche nach einem passenden Schlauch gestaltete sich schwierig, da die wenigen Anbieter zumeist nur in grellen Farben beschriftete Schläuche anbieten. Zwar gibt es in England einige Anbieter von klassischen Saugschläuchen, doch sind die Preise ziemlich hoch.

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    Dieser Gummischlauch mit einvulkanisierter Drahtspirale hat einen Innendurchmesser von 40 mm und passt damit genau zum Wasserheber. Es stammt aus tschechischer Produktion in den 80er Jahren und befindet sich in gutem Zustand. Passende Schlauchtüllen gibt es im Sanitärfachhandel.

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    Der Schlauch wurde zunächst gereinigt und zum trocknen aufgehängt.

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    Ein altes Fußventil fand sich auf dem Flohmarkt und wurde zunächst zerlegt, um es vermessen und für den Umbau zeichnen zu können.

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    Im Schnitt ist der Aufbau des Fußventils gut zu erkennen. Das Rückschlagventil verhindert das Leerlaufen des Saugschlauches und erleichtert so das Ansaugen bei bewegter Wasserfläche. Das Ventil besteht aus einer gusseisernen Klappe und einer Lederdichtung.

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    Um das Ansaugen von feinerem Schmutz zu verhindern, war ein Umbau des Ventils notwendig. Der Saugkorb mit seinen Längsschlitzen hält nur sehr grobe Verunreinigungen zurück. Daher hatte ich ursprünglich ein flaches feinmaschiges Sieb vorgesehen.

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    Um das Fußventil mit dem Schlauch verbinden zu können, wurde eine handelsübliche Reduzierstück 2" auf 1 1/2" BSP auf der Drehmaschine angepasst.

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    Das Oberteil des Fußventils musste an den Dichtflächen bearbeitet werden.

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    Plandrehen der Dichtfläche.

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    Nach dem Umspannen konnte auch die zweite Fläche überdreht werden.

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    Die Schlauchtülle wurde in das Reduzierstück eingelötet und bildet den Anschluss für den Schlauch.

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    Auf der Suche nach einem passenden feinmaschigen Sieb viel mir beim Lebensmitteleinkauf dieses Küchensieb in die Hände, dessen Blecheinfassung nur 3 mm kleiner als die Aussparung im Unterteil des Fußventils war.

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    Da die Einfassung jedoch nicht eben, sondern leicht konisch war, musse das Sieb nach dem Abtrennen der Drahtbügel noch unter die Hydraulikpresse.

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    Das Sieb nach dem Pressen im einbaufertigen Zustand.

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    Nun passt die Einfassung genau in die Aussparung des Gehäuseunterteils.

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    Über dem Sieb ist nun der Ventilsitz eingelegt. Links im Bild ist das Ventil zu sehen, dessen ausgetrocknete Lederdichtung mit Lederfett wieder geschmeidig gemacht wurde.

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    Bevor die Teile lackiert werden konnten erfolgte noch ein probeweiser Zusammenau des Fußventils.

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    Anschließend wurden alle Einzelteile lackiert.

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    Das fertiggestellte Fußventil konnte man nächsten Tag endgültig montiert werden.

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    Der Schlauch wurde nun komplettiert, hier ist die bereits vor längerer Zeit angefertigte Schlauchkupplung am anderen Ende zu sehen.

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    Der fertige Saugschlauch mit Überwurfmutter und Fußventil. Im aufgerollten Zustand wird er später ganz klassisch durch Lederriemen zusammengehalten, die bereits bestellt sind.

    im nächsten Bericht geht es dann weiter mit einem kleinen Arbeitseinsatz an der Lok.

    Gruß Sven

  • Mahlzeit!

    Am Sonntagmittag Ende Oktober habe ich mit Arthur einen Ausflug nach Weißwasser gemacht und ein paar Kleinigkeiten an der Lok ausgeführt. So wurde die Bläserleitung fertig angepasst und montiert und der Saugschlauch an der Lok angebracht. Auch eine Undichtigkeit am Woerner-Öler wurde behoben.

    Die neue Bläserleitung musste im Führerhaus noch etwas angepasst werden, da die alte Leitung nicht sauber gebogen war und nur bedingt als Muster dienen konnte. Arthur zieht nun die Überwurfmutter an der Rauchkammer an.

    Die fertige Leitung bietet nun den in der Zeichnung vorgehenen Querschnitt und auch die notwendige Wandstärke.

    Damit ist die Heizerseite wieder komplett.

    Arthur half dann auch noch bei der Anprobe des neuen Saugschlauches an den Wasserheber. Es macht mich unglaublich stolz mit ihm zu arbeiten, so wie es mein Vater vor 30 Jahren gemacht hat, als ich im gleichen Alter war.

    Der Schlauch hat mit 5 m Länge nicht allzuviel Reichweite, so dass ich mich nach einer Verlängerung umsehen werde.

    Der Schlauch hat nun an der Griffstange an der Führerhausrückwand seinen Platz gefunden.

    Am Woerner-öler war eine Undichtigkeit zu beseitigen, wofür das Oberteil demontiert wurde.

    Die konischen Dichtflächen in den Gewindenippeln der Druckleitungen waren leicht korrodiert und bei der Aufarbeitung vergessen worden. Mit einem Schleifaufsatz aus kegelförmig zusammengerollten Schmirgelleinen im Akkuschrauber war die Oberfläche aber einfach wiederhergestellt.

    Mit der gleichen Methode, nur in umgekehrter Einspannung, konnten auch die Dichtflachen an den Ölleitungen poliert werden.

    Die kleine Maßnahme zeigte eine große Wirkung, die Verbindung ist nun dicht.

    In meiner Meßmittelsammlung befinden sich mittlerweile mehrere Normalspurlehren, aber leider keine für Schmalspurprofile. Wegen den hohen Kosten habe ich den Kauf einer neuen Lehre bislang gescheut. Nun wollte ich mit einer Probemessung eine Vorstellung von den Abweichungen der Messwerte im Vergleich zur Schmalspurlehre erlangen.

    Ein schöner Rücken kann auch entzücken! Zum Feierabend verschwand die Lok wieder in der Museumshalle.

    Gruß Sven

  • Hallo Sven,

    wirklich ein schöner Rücken. Die Geschichte mit dem Sieb finde ich auch klasse. Man man sollte eben immer seine Augen offen halten, die Inspiration lauert otf an den unvorstellbarsten Orten!

    MfG Ronny