Aufarbeitung der Jung Hilax 8293 (1938) bei der Waldeisenbahn Muskau

  • Mahlzeit David,

    dann mach' ich doch gleich weiter:

    Am 13. Juni wurden der Wasserstandsschutzkorb und das Zylinderentwässerungsventil in Žamberk an die Lok angebaut.

    Blick durch das geöffnete Lokschuppentor des alten Schuppens, wo die Maschine derzeit auf die Demontage wartet.

    Die Jung befindet sich hier in guter Gesellschaft, im Vordergrund ist das bereits fertig aufgearbeitete Fahrwerk der Budich 1028/1944 Nr. 3 des DDM Neuenmarkt-Wirsberg zu sehen.

    Der überarbeitete Schutzkorb für den Wasserstand ist angebaut und die Strichplatte eingesetzt.

    Nach dem Einsetzen des Drahschutzglases wurde etwas Wasser in das Glasrohr gefüllt, um den Effekt der Strichplatte zu prüfen. Gegenüber dem vorherigen Zustand ist eine deutliche Verbesserung zu erkennen.

    Somit sind die Arbeiten am Wasserstand abgeschlossen.

    Nun folgte der Einbau des neu gefertigten Zylinderentwässerungsventils. Dafür war das Schutzblech am vorderen Zylinderdeckel zu lösen.

    Die Schutzbleche sind eine Erfindung der Steinbruch-Werkstatt und halten die Schienen bei geöffneten Entwässerungsventilen trocken und ölfrei, was bei den in Bernbruch vorhandenen Steigungen von bis zu 60 Promille von enormer Bedeutung gewesen ist.

    Nach dem Reinigen der Gewindebohrung und der Dichtfläche am Zylinder wird das Ventil eingeschraubt.

    Das Ventil ist ausgerichtet und die Nockenstange kann eingesetzt werden.

    Mit dem nunmehr demontierbaren Gabelkopf ist die Montage der Nockenstange viel einfacher als zuvor.

    Der Zylinderventilzug ist angebaut und das Schutzblech wieder an seinem Platz.

    Soweit für heute,

    Gruß Sven

  • Mahlzeit!

    Es gibt wieder etwas Neues aus der Werkstatt zu berichten: Der neue Absperrhahn für die Dampfpfeife entsteht. Der alte Hahn war ein Eigenbau der Steinbruchwerkstatt aus mehreren zusammengelöteten Einzelteilen. Die Lötstellen waren von Poren durchzogen und leider trotz nachlöten nicht mehr dicht zu bekommen.

    Das Hahngehäuse wurde aus Rg7 (CuSn7ZnPb 2.1090) Rundmaterial gedreht. Für das Vordrehen habe ich die einzelnen Durchmesser mit im Anreißlack markiert.

    Die Kontur nimmt Gestalt an.

    Nach dem Vordrehen des Gehäuses' wurde die Bohrung für das Küken angerissen und mit einer Zentrierbohrung versehen.

    Die Zentierung dient zum Ausrichten der Rohteils im Vierbackenfutter.

    Das Einspannen und Einrichten im Vierbackenfutter.

    Die Bohrung wurde zunächst vorgebohrt und anschließend mit einer Neigung von 1:6 ausgedreht.

    Da die Hofstetter&Co S6 nicht über ein Leitlineal verfügt, musste ich den Oberschlitten um den entsprechenden Winkel verdrehen.

    Ausdrehen der Kegelbohrung mit der Bohrstange.

    Die Bohrung ist fertig.

    Die Rückseite ist leicht angesenkt, um der Hahnscheibe eine plane Auflagefläche zu bieten.

    Das Hahnküken musste ebenfalls neu gefertigt werden, lediglich der Handgriff kann wiederverwendet werden.

    Der Konus wurde mit der gleichen Einstellung des Oberschlittens gedreht wie die Bohrung im Gehäuse zuvor. Die Pappe am Wendeplattenhalter dient als Späneschutz.

    Der Konus ist vorschruppt.

    Der Kegel wird in die Bohrung eingepasst.

    Dabei war zu beachten, dass das dünne Ende des Kegels noch nicht aus der Bohrung herausschaut und von der Hahnscheibe unter Spannung gehalten werden kann.

    Auf der UNION-WERK Präzisionsdrehmaschine von 1939 wird das 1/2" Whitworth-Gewinde gedreht.

    Das Hahngehäuse und das Hahnküken sind vorgerdreht und eingepasst.

    Weiter geht es im nächsten Bericht.

    Gruß Sven

  • Mahlzeit!

    Der neue Absperrhahn für die Dampfpfeife ist fertiggestellt worden, im Folgenden berichte ich über die letzten Arbeitsschritte:

    Im nächsten Schritt wurde das Durchbohren von Hahngehäuse und Küken in einer Aufspannung vorbereitet. Die Bohrung wurde aus zwei Gründen erst jetzt durchgeführt. Zum Einen konnte der Konus sauber und ohne einen unterbrochenen Schnitt gefertigt werden, zum Anderen ist damit sichergestellt, dass beide Teile der Bohrung konzentrisch sind.

    Das Küken wurde zuvor eingeschliffen.

    Mit dem längsten verfügbaren 8 mm Bohrer wurde beide Teile durchbohrt. Die Länge der Bohrung beträgt insgesamt 135 mm.

    Für die weitere Bearbeitung der Drehteile wurde der Vertex Rundtisch auf der Stanko 675 P Fräsmaschine eingerichtet.

    Zunächst wurde das Hahngehäuse aufgespannt. In Ermangelung eines passenden Reitstocks wurde mit einem Spannprisma als Gegenlager gearbeitet.

    Am unteren Bereich des Gehäuses war ein Sechskant mit 41 mm Schlüsselweite zu fräsen.

    Fräsen des Sechskantes.

    Die Fräsarbeiten am Hangehäuse sind beendet, die Kanten entgratet.

    Das Hahnküken wurde im Anschluss bearbeitet. Die Bohrung war zu einem Langloch zu erweitern und der Vierkant für die Hahnscheibe zu Fräsen.

    Da das Gewinde bereits geschnitten war, musste die Bundmutter zum Schutz des Gewindes beim Spannen aufgeschraubt werden.

    Am Hahngehäuse wurden nun die beiden Gewindeanschlüsse hergestellt. Auf der rechten Seite ein W35x1/11" nach Krauss Werksnorm, auf der linken Seite W23x1/10" nach LON 286. Beide Gewindeformen haben einen metrischen Nenndurchmesser, jedoch eine davon unabhängige zöllige Steigung.

    Zu Kontrolle der Gewinde habe ich mir zuvor diese Lehrringe angefertigt.

    Die Gewinde sind fertiggestellt. Die Verwendung von zwei unterschiedlichen Gewindesystemen in einem Bauteil resultiert aus der Verwendung von Armaturen zweier Hersteller an der Jung 8293. Während der Dampfentnahmestutzen bei Jung schon mit der Einführung der LON Mitte der 20er Jahre mit dem 10-Gang-Gewinde versehen wurde, war nutzte Krauss bis in die 40er (dann als Krauss-Maffei)außer bei Staatsbahnlieferungen noch das eigene 11-Gang-Gewinde. Als die Ersatzteilvbestände für die Jung vermutlich Ende der 50er Jahre aufgebraucht waren, griff die Werkstatt der Fa. Halbach aus die durch die Vielzahl an Krauss-Lokomotiven im Bestand vorhandenen Ersatzteile zurück und war gewungen beide Gewindesysteme zu verwenden.

    Alter und neuer Absperrhahn im Vergleich. Der alte Hahn hatte bereits ein sehr stark abgenutztes unteres Anschlussgewinde (0,9 mm unter Nenndurchmesser), keinen Bund an der Dichtfläche, der eine Gratbildung beim Anziehen mit dem Maulschlüssel verhindert und war im oberen Teil stark undicht. Die Schlüsselweite des handgefeilten Sechskanstes betrug 38-39 mm. Daher wurde die neue Ausführung etwas in der Ausführung verbessert.

    Der fertige Absperrhahn ist zusammengebaut. Handgriff, Hahnscheibe, Schraubenfeder und Bundmutter wurden vom Altteil übernommen.

    Im nächsten Bericht widmen wir uns der Dichtigkeitsprüfung und dem Anbau im Führerstand der Lok.

    Gruß Sven

  • Mahlzeit!

    Neues gibt es mittlerweile aus Žamberk: Der Führerstand ist seit dem Wochenende wieder komplett, der neu gefertigte Absperrhahn für die Dampfpfeife wurde heute montiert. Zuvor ist er in der heimischen Werkstatt erfolgreich einer Dichtigkeitsprüfung unterzogen worden.

    Mit Hilfe der Manometer-Prüfpumpe wurde der Absperrhahn auf Undichtigkeiten geprüft.

    In der geöffneten Stellung des Absperrhahns wurde er mit aufgeschraubtem Pfeifenventil getestet.

    Beim anstehenden Besuch der Maschine am Wochenende wurde der Absperrhahn angebaut. Erfügt sich gut in die Umgebung der anderen Armaturen ein. Mit der Zeit wird er etwas nachdunkeln und nicht mehr so hervorstechen.

    Damit sind die Führerstandsarmaturen wieder komplett.

    Im August ist der nächste Arbeitseinsatz in Zamberk geplant.

    Soweit für heute, bis zum nächsten Bericht,

    Gruß Sven

  • Neben der Freude an der Hauptsache, nämlich dem Fortschreiten der weiteren Aufarbeitung der Hilax ist es außerdem toll zu sehen, wie professionell und umfassend die mediale Begleitung der vielen aufwendigen Arbeiten ist. Neben der Fertigung der Bauteile auch noch an die Erstellung von Videos zu denken, alles aufzunehmen und hinterher zu editieren, um es zur Veröffentlichung zusammenzustellen, bedeutet sicher einen weiteren nicht unerheblichen Zeitaufwand. Ich denke, ich spreche hier für viele, wenn ich mich dafür bedanke, dass du die umfangreichen Dokumentationsarbeiten zusätzlich auf dich nimmst, um allen Interessierten einen detaillierten Einblick von der Fertigung so vieler Bauteile, die zu einer Dampflok gehören, zu ermöglichen.

  • Mahlzeit!

    Nun mache ich mich mal dran, die neuesten Arbeiten aus der Werkstatt zu dokumentieren: Da ich keinen deutschen Lieferanten gefunden habe, wurden diese BSW-Stiftschrauben für 3/8"x45 und 1/2"x65 nach DIN 939 gedreht. Sie werden anschließend an den Injektoren verbaut.

    Die 1/2" Stiftschrauben sind gedreht, das Rohmaterial für die 3/8" Stiftschrauben ist zugeschnitten.

    Schneiden des Gewindes mit der Schneidvorrichtung. Wegen der Anzahl der zu fertigenden Gewinde habe ich mich für diese schnelle Variante entschieden, auch wenn es mit Gewindedrehen sauberer wird.

    Das Gewinde ist geschnitten.

    Die fertigen 3/8" und 1/2" BSW Stiftschrauben.

    Einen Tag später kamen noch die bestellten metrischen Stiftschrauben für den linken Injektor (Bauart Henschel 60L) an, zusammen wurden alle Gewindestifte noch mit einer runden Kuppe versehen, so wie es in den 30er Jahren üblich war.

    Bei ebay konnte ich kürzlich einen Messschieber mit interessanter Vergangenheit erwerben:

    Der 600 mm lange Messschieber nach dem Auspacken. Auf den ersten Blick ziemlich verrostet und wertlos...

    Doch die Rückseite hat es in sich: Gravur mit der Inventarnummer der Lokfabrik Arn. Jung.

    Die Einzelteile waren festgerostet und nur durch Kriechöl und etwas wohldosierte Wärme zu lösen.

    Nach intensivem Entrosten und Schleifen kam der Nonius zum Vorschein.

    Nach dem Zusammenbau ist der Messschieber wieder einsatzfähig, die Messflächen selbst sind in brauchbaren Zustand. Für 30€ und ein paar Stunden Arbeit ist es kein schlechtes Geschäft und ein Messmittel mit Geschichte wird wieder seinem ursprünglichen Zweck zugeführt.

    Gruß Sven

  • Mahlzeit Stefan,

    Neben der Freude an der Hauptsache, nämlich dem Fortschreiten der weiteren Aufarbeitung der Hilax ist es außerdem toll zu sehen, wie professionell und umfassend die mediale Begleitung der vielen aufwendigen Arbeiten ist. Neben der Fertigung der Bauteile auch noch an die Erstellung von Videos zu denken, alles aufzunehmen und hinterher zu editieren, um es zur Veröffentlichung zusammenzustellen, bedeutet sicher einen weiteren nicht unerheblichen Zeitaufwand. Ich denke, ich spreche hier für viele, wenn ich mich dafür bedanke, dass du die umfangreichen Dokumentationsarbeiten zusätzlich auf dich nimmst, um allen Interessierten einen detaillierten Einblick von der Fertigung so vieler Bauteile, die zu einer Dampflok gehören, zu ermöglichen.

    Danke für die Blumen, bei dem recht aufwendig herzustellenden Hahn habe ich einfach die Kamera mitlaufen lassen. Das Video ist auch als Motivation und Anregung gedacht für jene gedacht, die sich mit ähnlichen Aufgaben konfrontiert sehen. Ich habe meine Anregung dazu von einem englischen Dampftraktor-Restaurator, der mit dieser Methode neue Zylinderentwässerungshähne gedreht hat.

    Die Berichterstattung zum Projekt ist schon deshalb so umfangreich, damit man bei länger zurückliegenden Arbeitsschritten im Nachgang einzelne Arbeitsschritte nachvollziehen kann. Die ersten Arbeiten an der Lok liegen immerhin schon 13 Jahre zurück. Zudem finde ich es bei vielen Projekten sehr schade, dass man nach dem ersten Spendenaufruf relativ wenig von den eigentlichen Arbeiten mitbekommt. Gerade für den technisch Interessierten sind jedoch diese Details von großem Wert. Nicht zuletzt tragen die Berichte jedoch auch dazu bei, dass kontinuierlich Spenden für die Maschine eingehen. Die Möglichkeiten in meiner Werkstatt sind begrenzt, wenn es demnächst an Kessel und Fahrwerk geht, sind wir auf externe Werkstätten angewiesen.

    Gruß Sven

  • Mahlzeit!

    Neulich fiel mir beim Aufräumen in der Werkstatt ein Reststück Wasserstandsglasrohr in die Hand. Als die Arbeiten an der Lok 2008 begannen, war ein altes Glas verbaut, dass schon ziemlich blind war. Da es sich nicht um einen Einheitswasserstand handelt, war auch kein passendes Ersatzglas vorhanden. Also bestellte ich bei einer Laborglasfirma in Thüringen Glasrohr aus Borosilikatglas von 13,5 mm Durchmesser und 1,75 mm Wandstärke als Meterware. Das Ablängen erfolgte dann in eigener Werkstatt, wobei erst beim Versuch gelang, das 290 mm lange Glasrohr mittels Anritzen und Abbrechen herzustellen. Das Rohr ist bis heute verbaut, Ersatz war bislang nicht auf Lager. Nun hatte ich das Reststück einmal in der Hand und entschloss mich, daraus ein Ersatzglas zu machen.

    Seinerzeit hatte ich das Glas mit einer scharfen Dreikantfeile angeritzt und in einer Stahlhülse gebrochen. Diesmal nahm ich einen harten Abziehstein in Dreikantform und das Spannzangenfutter auf der Drehmaschine zu Hilfe. Damit ließ sich eine tiefe V-Nut einschleifen.

    Bündig in die Spannzange geschoben, ließ sich das Rohr dann auch sauber brechen. Die Kanten wurden mit einem größeren Schleifstein im Nachgang noch angefast.

    Nun stellte sich die Frage nach einer geeigneten Lagermöglichkeit.

    Üblicherweise wurden die Glasrohre in solch hölzernen Köchern aufbewahrt. Vor Jahren verpasste ich bei ebay ein hübsches Exemplar, speicherte mir aber die Bilder ab, um ihn eines Tages nachzubauen.

    Als Abendprojekt machte ich mich dann an den Bau. Aus Kiefernleisten wurden die Einzelteile gefräst.

    Die Halbrundnuten wurden eingefräst, die Leisten danach abgelängt.

    Nun wurde verleimt...

    ...und zum Trocken unter die Presse gepackt.

    Die Bohrungen wurden unten durch eingeleimte Holzdübel verschlossen.

    Der Holzköcher ist fertig, die Blechbeschläge sind noch anzufertigen.

    Holz ist, vorsichtig ausgedrückt, nicht mein Werkstoff, doch ich bin zufrieden mit dem Ergebnis ;)

    Gruß Sven