Aufarbeitung der Jung Hilax 8293 (1938) bei der Waldeisenbahn Muskau

  • Hallo Sven, ich bewundere und bestaune Deine vielfältigen Arbeiten und wünsche weiter gutes Gelingen. Viele Grüße Matthias und danke natürlich für die tollen und interessanten Berichte.

  • Mahlzeit Stefan,

    (...) Ich habe meine Anregung dazu von einem englischen Dampftraktor-Restaurator, der mit dieser Methode neue Zylinderentwässerungshähne gedreht hat.

    Wie heißt denn der gute Herr? Dampftraktoren sind ja auch ein spannendes Thema. Besonders in der Restauration.

    MfG, Philipp

    MfG, Philipp

  • Mahlzeit!

    Nach einigen sehr arbeitsintensiven Wochen möchte ich Euch im Folgenden auf den neusten Stand bei der Aufarbeitung der Jung 8293 bringen. Wer regelmäßig auf der Facebookseite des Projektes unterwegs ist, weiß natürlich schon mehr ;)

    Ende August wurden am Jung-Injektor die Stiftschrauben eingesetzt, der Hubfänger vom Rückschlagventil überarbeitet und neu befestigt, ein Riss im Gehäuse geschweißt, die Anschraubflächen überfräst und der Griff des Regulierhahns umgebaut.

    Bei der Probemontage der Injektoren im Januar war eine der Anschraubflächen am Gehäuse des führerseitig montierten Jung-Injektors gerissen und musste nun repariert werden.

    Der Riss im Gehäuse wurde zunächst ausgeschliffen. Da der Guss an dieser Stelle nur 3 mm stark ist, wurde nicht sehr tief geschliffen.

    Das Ende des Risses wurde drauf hin abgebohrt.

    Im Anschluss wurde der Riss mit Nickel-Elektrode geschweißt.

    Die Ursache für den Riss war die unebenen Anschraubflächen am Gehäuse. Auf der Stanko 675P werden die Flächen plangefräst.

    Das Pumpen-Gehäuse wird zum Ausdrehen des Sitzes für den Führungsdeckel des Rückschlagventils eingerichtet.

    Der korrodierte Sitz ist nachgesetzt.

    Der Führungsdeckel wurde mit Silberhartlot aufgelötet.

    Im Anschluss wurde der Führungsdeckel überdreht.

    Der Deckel ist nun wieder mit einem leichten Treibsitz eingesetzt. In der Vergangenheit hatte man versucht den losen Deckel mit Körnerschlägen am Deckelrand zu befestigen.

    Die neuen 5/8"-Whitworth-Stiftschrauben wurden im Anschluss mit Graphitpaste eingesetzt.

    Für die Flanschverbindung zwischen Gehäuse und Dampfkopf mussten 5/8" Muttern mit kleinerer Schlüsselweite angefertigt werden, um eine Kollision mit dem Gehäuse zu vermeiden. Nach Norm beträgt die Schlüsselweite 17 mm, ich habe sie aus 14 mm Sechskantstahl gefertigt.

    Der Handgriff des Reduzierhahns war ursprünglich gesenkgeschmiedet und nach DIN 30429 ausgeführt. Bei Übernahme der Lok fehlte der Griff bereits und wurde durch einen Normgriff mit Holzheft ersetzt.

    Auf diesem Foto aus dem Jahr 1970 ist zu erkennen, dass der Griff bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Ursprungsausführung vorhanden war. Der Ersatzgriff scheint von einer Krauss-Lok zu stammen und war Vorlage für den Nachbau. Glücklicherweise sind die zugehörigen Zeichnungen im Archiv vorhanden.

    Im ersten Schritt wurde das gesenkgeschmiedete Griffstück mit der Radiendrehvorrichtung überdreht, um den Schmiedegrat zu entfernen.

    Ein Stück Rundstahl wurde mit einer Halbrundkuppe versehen und bildet die Basis für das neue Griffstück.

    Das neue Griffstück wurden anschließend mit einem leicht konischen Schaft versehen.

    Beide Teile des Handgriffes sind fertig bearbeitet und für das Pressen und Verschweißen vorbereitet.

    Die Teile wurden mittels WIG-Verfahren verschweißt.

    Nach dem Verschleifen der Naht wurde der Griff auf dem Hahnküken montiert.

    Der neue Handgriff ist angebaut, es fehlt noch die Befestigung mit dem Kegelstift.

    Gruß Sven

  • Hallo, Sven,

    ich freue mich immer wieder, mit welcher Akribie du vorgehst und welche Qualität du ablieferst! Möge deine Lust an diesen umfassenden Arbeiten nie versiegen!

    Viele Grüße Bernd.

  • Mahlzeit!

    Nun geht es weiter mit dem nächsten Bericht über die Arbeiten in Zamberk Ende August:

    In der letzten Augustwoche wurden die Schieberstangen ausgebaut, um sie aufzuarbeiten. Insbesondere im Bereich der Schieberstangenführung und der Stopfbuchsen sind sie stark verschlissen und müssen überdreht und geschliffen werden. Die Führungsbüchsen werden erneuert.

    Die Arbeiten am rechten Zylinder beginnen mit der Demontage von Lenkerstange und Voreilhebel. Deutlich ist in dieser Ansicht der Verschleiß der zweiteiligen Führungsbüchse und der Schieberstange zu sehen.

    Die achteckigen Stellmuttern im Schieberkasten sind durch ein Sicherungsblech gegen Verdrehen gesichert. Um dieses zu entfernen müssen zunächst die Drahtsicherung und die beiden Schrauben entfernt werden.

    Blick in den Schieberkasten. Überall ist reichlich Ölkohle vorhanden.

    Nach dem Ausbau von Schieber, Schieberstange und Stopfbuchse geht es mit der Führungsbüchse weiter.

    Die Führungsbuchse wird von der zweiteiligen Schieberstangenführung gehalten und besteht aus Rotguss,

    Die Rundheitsabweichung beträgt senkrecht gemessen bereits 2,4 mm.

    Die obere Hälfte der Schieberstangenführung ist abgenommen.

    Die untere Hälfte der Führungsbüchse ist stark verschlissen und mit Riefen versehen. Deutlich ist die Verzinnung an der Schnittfläche zu sehen, mit der beide Hälften bei der mechanischen Bearbeitung verbunden waren.

    Blick auf den hinteren Einströmkanal im Schieberspiegel. Bei der Gelegenheit wurden die Schieber ausgebaut und untersucht.

    Der ausgebaute Schieberkörper macht einen recht guten Einrdruck, es sind keine Kanten ausgebrochen und keine tiefen Riefen vorhanden. Man wird mit 1-2 Tagen tuschieren auskommen.

    Der Schieberspiegel ist ebenfalls in brauchbarem Zustand. Auf dem Bild ist er noch nicht gereinigt.

    Im Anschluss wurde die linke Schieberstange ausgebaut.

    Die Sicherungsbleche am Schieberkörper sind entfernt. Zwischen den Stellmuttern ist die Hülse mit den beiden Scheiben zu erkennen, die den Schieber in Längsrichtung führt und von der er sich zum Zwecke des Druckausgleichs im Leerlauf abheben kann.

    Der linke Schieberspiegel weist kleinere Kantenschäden und zahlreiche Rostnarben auf. Hier wird etwas mehr Material abzutragen sein.

    Der Schieberkörper ist ebenfalls in schlechterem Zustand und muss erst plan geschliffen werden, bevor man überhaupt an das Tuschieren denken kann.

    Die Führungsbüchse muss auf dieser Seite ebenfalls erneuert werden.

    Material für die Führungsbüchsen wird zugeschnitten.

    Mit reichlich Arbeitsvorrat trat ich am späten Nachmittag die 300 km lange Heimreise an. Dazu mehr im nächsten Bericht.

    Gruß Sven

  • Moin Sven,

    einmal mehr danke und meinen allergrößten Respekt!!!

    Auf Bild 1 wirkt es so, als sei die Schieberstangenführung nicht gut gefluchtet oder ist das eine optische Täuschung, da die Buchse schon so ausgelatscht ist? Es sieht fast so aus als wäre die beiden Teile der Schieberstange nicht in einer Linie......es kann natürlich auch alles etwas verzerrt sein!?

    Viele Grüße,

    Lenni

  • Mahlzeit Lenni,

    Du hast Recht, die Schieberstange hing ziemlich nach hinten runter, da die Buchse nurmehr eine Wurfpassung bietete.

    Anfang September gab es wieder etwas Neues aus der Werkstatt zu berichten: Die Arbeiten an den Injektoren gingen weiter. Neue Schlabberventilspindeln wurden gedreht und der Henschel-Injektor mit neuen Stiftschrauben versehen.

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    Aus einer alten Injektorventilspindel entstehen die neuen Schlabberventilspindeln. Die alten Spindeln hatte ich vor 15 Jahren in Ermangelung einer Drehmaschine aus einer Gewindestange gebastelt.

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    Drehen des M12 Gewindes auf der UNION-WERK von 1939.

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    Das Gewinde ist fertig.

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    Nach dem Drehen des Druckzapfens wird die Spindel abgestochen.

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    Nachdem der 9 mm Vierkant für das Handrad gefräst und eine M5-Bohrung gefertigt ist, kann die Spindel montiert werden.

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    Die neue Spindel ist im Schlabberventilgehäuse eingebaut.

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    Handräder und Hahngriff des Jung Injektors sind lackiert.

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    Der Henschelinjektor erhält neue Stiftschrauben.

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    Die runden Kuppen der Stiftschrauben und alten Muttern sind historisch korrekte Details. Die Pragmatiker werden mit dem Kopf schütteln ;)

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    Der Reduzierhahngriff ist mit einem Kegelstift nach DIN 1 an Stelle des zuvor verbauten Schwerspannstiftes befestigt.

    Die Arbeiten an den Injektoren waren damit abgeschlossen, über den Anbau werde ich noch berichten.

    Gruß Sven