Aufarbeitung der Jung Hilax 8293 (1938) bei der Waldeisenbahn Muskau

  • Hallo Sven,

    Danke für den ausführlichen Bericht.Wieder großes Kino.

    Sehe ich das richtig,daß beim Feineinstellen des Schiebers unter Dampf

    der Schieberdeckel abgebaut werden muss ,um an der Mutter den Schieber einzustellen und danach der Deckel zum Fahren wieder draufbauen? Eine andere Einrichtungen sehe ich nicht.

  • Mahlzeit Daniel,

    ja das ist in der Tat so, dass man die Schieber nicht von Außen verstellen kann. Warum der Konstrukteur (in dem Falle Konstruktionschef Max Adolf Vogel 1869-1947) das so gestaltet hat, bleibt ein Rätsel. Auch die Bedienungsanleitung, die das Einstellen der Steuerung ausführlich darlegt, schweigt sich dazu aus.

    Möglicherweise wollte man damit verhindern, dass allzu oft durch Unkundige an der Steuerung herumgestellt wird. Wird der Schieber nämlich zu weit nach vorn gestellt, läuft er gegen einen Anschlag und die Schieberstange verbiegt sich.

    Gruß Sven

  • Mahlzeit!

    Am nächsten Morgen ging es gleich wieder an die Arbeit!

    Das Schaufelblech wurde lackiert, diesmal hatte ich an die Farbe gedacht ;)

    Der Blick in den Kohlekasten offenbart den Zustand und gibt einen Ausblick auf zukünftige Arbeiten: die Bleche und Winkeleisen sind stark abgezehrt. Nach der Übernahme der Lok durch die Waldeisenbahn 1998 wurden behelfmäßig Flicken eingesetzt. Im Rahmen der Aufarbeitung werden die Kohlenkästen im unteren Bereich komplett erneuert. Dabei werden die neuen Bleche mit den ebenfalls zu erneuernden Winkeleisen vernietet.

    Der Stehkessel wird von losem Kesselstein gereinigt.

    Reinigen der Gewinde der Reinigungsschrauben am Bodenring mit dem Kegelgewindebohrer.

    Auch in der Rauchkammerrohrwand wird das Gewinde der Reinigungsschraube vor deren Einbau mit dem Kegelgewindebohrer gereinigt.

    Die Küken der Wasserstandsprüfhähne werden gereinigt und mit Graphitpaste eingefetted.

    Das gereinigte Hahnküken.

    Der Wasserstand wurde ebenfalls gereinigt, die Kesseldurchgänge auf Durchgang geprüft und die Hahnküken neu eingefettet.

    Verschiedene Stopfbuchsen wurden nachgepackt.

    Das Manometer wurde mit einer Petroleumleuchte versehen.

    Die Maschine steht im alten Lokschuppen bereit zum Anheizen.

    Die fehlenden Fabrikschilder wurden erst 2 Tage später nach meiner Rückkehr angebaut, das machte sich zu zweit besser.

    Ich musste nun jedoch erstmal wieder heim nach Dresden, an diesem Tag war noch Elternabend angesagt.

    Einen Tag später hatten die Kollegen die Lok schon aus dem Lokschuppen in den Fabrikhof geschoben, die Vorbereitungen für den Tag der Offenen Tür liefen auf Hochtouren.

    Dazu jedoch mehr im nächsten Bericht

    Gruß Sven

  • Hallo Sven,

    Sehr schöner Bericht wie immer. Besonders das letzte Bild gefällt mir. Mit dem Dampf-LKW und der Lok im Fabrikhof sieht das ziemlich historisch aus. Super gemacht und schön, dass dort noch der historische Zustand gewahrt wird.

    MfG, Philipp

    MfG, Philipp

  • Mahlzeit!

    Am Freitag, den 17. September reisten mein Kollege Matthias und ich wieder nach Zamberk. Meinen Sohn holten wir gleich nach dem Unterricht von der Schule ab.

    Nach 4 Jahren Arbeit erteilte der Kesselprüfer die Genehmigung die Lok zum Zwecke von Probefahrten anzuheizen. Ziel war es, die bisher aufgearbeiteten Baugruppen auf ihre Funktionsfähigkeit hin zu prüfen und Einsatzerfahrungen zu sammeln, die für die weitere Aufarbeitung von größtem Interesse sind.

    Am späten Nachmittag angekommen, ging es so gleich ans Werk. Arthur half beim Anbauen der Schilder, für ihn ist im Kohlenkasten genug Platz zum Anziehen der Muttern.

    Der Kessel wurde anschließend gefüllt und die Rohre gereinigt.

    Der Wasserstand im Schein der Petroleumlampe.

    Im Beisein des Kesselprüfers wurde um 20:41 das erste Feuer seit 45 Jahren entzündet.

    Langsam stieg der Rauch aus dem Kobel auf und erzeugt eine wundervolle Stimmung.

    Es wurde ein langer Abend im Lokschuppen.

    Nach etwa einer Stunde begann das Wasser im Kessel zu kochen. Die Kupferfeuerbüchse spart etwa eine Stunde Anheizzeit gegenüber einer Stahlfeuerbüchse.

    Nach rund 2 Stunden hat der Zeiger des Manometers abgehoben.

    Bei 2 bar Kesseldruck haben wir die Maschine abgestellt und ließen das Feuer ausgehen. Am nächsten Morgen konnten wir dann mit einem warmen Kessel beginnen. Auch die anderen Maschinen werden vorgewärmt.

    Mehr dazu im nächsten Bericht!

    Gruß Sven

  • Mahlzeit!

    Erstmals seit 45 Jahren stand die Maschine am 18. September 2021 in Zamberk unter Dampf! Nach 4 Jahren Arbeit erteilte der Kesselprüfer die Genehmigung die Lok zum Zwecke von Probefahrten anzuheizen. Ziel war es, die bisher aufgearbeiteten Baugruppen auf ihre Funktionsfähigkeit hin zu prüfen und Einsatzerfahrungen zu sammeln, die für die weitere Aufarbeitung von größtem Interesse sind.

    Rund 3000 Arbeitsstunden sind bisher in die Reparatur der Lok investiert worden. Dabei wurden fehlende Baugruppen, wie die Kupplungen und Drehfenster neu angefertigt und alle Kesselarmaturen aufgearbeitet. Auch die Bremsanlage wurde einer Vollaufarbeitung unterzogen. Erste Arbeiten am Kessel und am Fahrwerk folgten. Durch die fehlenden Werkstattkapazitäten bei der Waldeisenbahn Muskau war eine Demontage der kompletten Maschine bislang nicht möglich. Deshalb wurde die Werkstatt der 1.Kolínská lokomotivní mit der Durchführung von Kessel- und Fahrwerksarbeiten beauftragt, welche im Herbst beginnen sollen.

    Ermöglicht wird das Projekt bislang ausschließlich durch Spenden und die erheblichen Eigenleistungen von mehr als 3000 Arbeitsstunden.

    Im Januar 2021 wurde der Kessel von einem zugelassenen Sachverständigen einer Inneren Untersuchung und Wasserdruckprüfung unterzogen. Trotz der langen Abstellzeit fand er Kessel in einem insgesamt guten Zustand vor, lediglich die Deckenstehbolzen weisen Abzehrungen auf. Eine Warmdruckprobe (äußere Untersuchung) mit einem auf 8 bar reduzierten Kesseldruck folgte. Die Kesselsicherheitsventile wurden entsprechend eingestellt.

    Im Frühjahr und Sommer 2021 wurden weitere Arbeiten an den Armaturen und am Fahrwerk ausgeführt. Ziel war es, die Lok noch vor der Demontage für Probefahrten in Betrieb zu nehmen. Betriebserfahrungen aus der Einsatzzeit im Steinbruch bis 1976 sind keine überliefert.

    Die Probefahrten am Wochenende verliefen ohne Probleme. Kleinere Undichtigkeiten waren zu erwarten und werden in der Folge behoben. Die Dampfstrahlpumpen arbeiten nach der umfangreichen Aufarbeitung ausgesprochen zuverlässig. Auch die restlichen Armaturen funktionieren gut.

    Trotz des Verschleißes am Fahrwerk lief die Maschine recht gleichmäßig und ruhig. Die stark eingelaufenen Zylinder erzeugten reichlich Zugkraft, so dass auch der lange Lorenzug auf dem Steigungsabschnitt keine ernsthafte Last darstellte. Die Laufeigenschaften werden nach der Überarbeitung der Radsatzgruppe sicherlich noch verbessert.

    Alles in Allem verliefen die Probefahrten überraschend gut, wenn man bedenkt, dass die Maschine zuletzt 1976 unter Dampf stand. Dies beweist einmal mehr, dass die Lokwerkstatt im Steinbruch der Fa.Halbach trotz der Widrigkeiten der Planwirtschaft ihre Maschinen mit den bescheidenen zur Verfügung stehenden Mitteln bis zur Betriebseinstellung in gutem Zustand gehalten hatte.

    Auch wenn diese Probefahrten nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zur Wiederinbetriebnahme sind, war es doch ein ganz erhebender Moment, als sich die Maschine zum ersten Mal wieder aus eigener Kraft in Bewegung setzte.

    Wir möchten uns bei allen Unterstützern des Projektes ganz herzlich bedanken. Ohne Euch wären wir nie soweit gekommen! Wir bitten Euch auch weiterhin um Unterstützung, um die nun vor uns liegenden Arbeiten an Kessel und Fahrwerk zu ermöglichen.

    Auch der Mannschaft des Muzeum starých strojů a technologií Žamberk möchten wir für die Ermöglichung dieses wunderbaren Ereignisses unseren Dank aussprechen.

    Danke auch an Kristian Walach, Jens Bürger und Tomisław Czarnecki für die tollen Bilder!

    Nun aber zu den Impressionen dieses denkwürdigen Tages:

    Gegen 6.30 Uhr begannen wir mit dem Anheizen der Jung 8293 vor dem Lokschuppen des Museums. Links wartet die O&K-Nachbau (1.Kolínská No. 001/2014) auf ihr Personal, auf dem rechten Schuppengleis steht 99 3301 "Graf Arnim" (Krauss 3311/1895) der Parkeisenbahn Cottbus.

    Auch die Las49 des Museums wird angeheizt, während mein Sohn Arthur Feuerholz zur JUNG schleppt.

    Nach kurzer Steuerungsprüfung entschieden wir uns, die voreingestellten Schieber zunächst in ihrer Position zu belassen. Heizer Matthias baut die Sicherungsbleche ein.

    Beim Sichern der Schieber stellten wir fest, dass die Schieberkastenentwässerung des rechten Zylinders verstopft war. Nach dem Entfernen der Zylinderverkleidung konnte die und Entwässerungsleitung sowie das Entwässerungsventil abgebaut und gereinigt werden. Nach der Montage wurde noch einmal mit Dampf durchgeblasen.

    Anschließend widmenten wir uns dem Abölen des Triebwerks.

    Auch in anderen Bereichen des weitläufigen Museumsgeländes wurde allerlei Dampftechnik in Betrieb genommen.

    Bereits gegen 10.00 Uhr war der Kesseldruck auf 7 bar angestiegen, ohne dass besondere Eile an den Tag gelegt wurde. Hier kommen die Vorzüge der Kupferfeuerbüchse voll zur Geltung.

    Nach dem Vorwärmen der Zylinder setzte sich die Maschine um 10:27 in Bewegung.

    Mit vereinten Kräften wird die Drehscheibe von dem Lokschuppen in Richtung Ausfahrt gedreht.

    Die Maschine auf der Drehscheibe, die Sicherheitsventile beginnen vorzublasen.

    Zunächst rückten wir nur ein paar Meter vor, um auszuschlacken. Das Entleeren des Aschkastens ist bei der Jung-Konstruktion vergleichsweise bequem durch die Aschkastenbodenklappe möglich, welche mit einem Hebel auf der Lokführerseite bedient wird.

    Arthur füllt den Rahmenwasserkasten mit dem Wasserschlauch am Lokschuppen während die ersten Besucher durch das Fabriktor strömen.

    Anschließend wurde mit der Lok das Gleisnetz erkundet.

    Im neuen Bahnhof der Museumsbahn wartet die Maschine auf die Weiterfahrt.

    Zunächst wurden die einzelnen Gleisabschnitte abgefahren, um eventuelle Probleme mit Radien, Weichen und engen Durchfahren zu erkennen.

    Nach der Durchfahrt auf der Werkbahn durch den hinteren Fabrikhof erreicht die Jung wieder das Depot. Die Las49 wartet noch auf ausreichend Dampfdruck.

    Nachdem die Jung das Fabrikgelände verlassen hatte befuhr sie die Strecke bis zum oberen Endpunkt am Betriebsgraben des fabrikeigenen Wasserkraftwerks.

    Im nächsten Bericht geht es dann weiter mit den Probefahrten.

    Gruß Sven

  • Hallo Sven,

    ich gratuliere Dir zu den ersten Metern auf "eigenen" Rädern nach den vielen Arbeiten an "Deinem Projekt". Man kann durch Deine hervorragende Dokumentation selbst als Nicht-Handwerker doch vieles gut nachvollziehen und dadurch auch Dein/Euer Tun würdigen.

    Viel Erfolg auch bei den weiteren Schritten, eine spendenseitige Würdigung folgt noch.

    Gruuß

    217 055

  • Hallo Sven,

    ich fasse mich ganz kurz: Gratulation zu den Fortschritten Deiner sehr aufwändigen Arbeiten und die tolle Doku, welche Du hier allen Leuten zur Verfügung stellst!

    Liebe Grüße an Artur, Dich und den mir gut bekannten Heizer!

    Grüße aus dem Bw sendet der Peter B.