Aufarbeitung der Jung Hilax 8293 (1938) bei der Waldeisenbahn Muskau

  • Mahlzeit!

    Weiter geht es mit Neuem aus der Lokwerkstatt Zamberk:
    Die Lackierung bekommt durch die Hände von Martin Holota den letzten Schliff in Form der gelben Zierlinien.

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    Martin Holota bringt mit dem Schwertschlepper auf der Zylinderbekleidung die Zierlinien in RAL 1007 Narzissengelb an.

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    Diesen Farbton konnten wir an den Blechen anhand originaler Farbreste bestimmen. Leichte Schwankungen in der Linienbreite beweisen, das es sich um eine Handlinierung handelte.

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    Die Zylinderbekleidungsbleche liniert Martin in der Ruhe seiner Restaurierungswerkstatt. Das Linieren war bis in die 50er Jahre bei Lokomotiven üblich und wurde von spezialisierten Handwerkern, den Linierern ausgeführt. Bei der Wahl der Methode haben wir uns bewusst gegen das heute übliche Abkleben der Linien oder das Aufkleben von Linien entschieden, sondern der handwerkliche Charakter mit leicht schwankender Linienbreite sollte sichtbar sein.

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    Das erste Bekleidungsblech ist fertig liniert.

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    An glatten Flächen wurde mit dem Beuglerrad gearbeitet. Der Amerikaner Samuel Beno Beugler aus Dayton, Tennessee erfand dieses Liniergerät 1934.

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    Höchste Konzentration ist bei der Linierung gefordert, ebenso regelmäßige Pausen. Insgesamt dauerte das Linieren der kompletten Maschine fast einen gesamten Arbeitstag. Das ist neben den früher verwendenten, langsam trocknenden Ölfarben und vielschichtigtem Lackaufbau einer der wesentlichen Gründe, warum die Lackierung bis zu 10% des Gesamtpreises einer Lokomotive ausmachen konnte.

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    In Bereichen mit starken Unebenheiten arbeitet Martin dagegen grundsätzlich mit dem Schwertschlepper, da das Beuglerrad diese nicht abdecken kann.

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    Die Seitenfläche an der Führerhausrückwand mitsamt der Tür ist fertig liniert.

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    Das Linieren des linken Kohlenkasten beginnt.

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    Das Linieren ist ein gutes Stück vorangekommen, zwischenzeitlich wurde auch die hintere Lampe aufgesteckt, um die Elektroinstallation fertig planen zu können.

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    Ein Blick auf die Linierwerkzeuge: Beugler-Rad und Schwertschlepper.

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    Der Umgang mit dem Schwertschlepper erfordert eine ruhige Hand und viel Übung. Der Linierpinsel ist üblicherweise mit dem Haar sibirischer Eichhörnchen (Feh) bestückt.

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    Die Lokführerseite wurde für das Anbringen der Zierlinien gereinigt.

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    Nachdem die meisten Kollegen bereits in den Feierabend gegangen waren, begann Martin mit dem Linieren des Führerhausoberteils. Wegen der vielen Bögen arbeitete er hier fast ausschließlich mit dem Schwertschlepper.

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    Im Inneren des Führerstandes war in der Zwischenzeit alles für das Lackieren abgeklebt worden.

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    Die Rückwand des Führerhauses ist komplett liniert und macht einen großartigen Eindruck.

    Soweit zum Linieren, im nächsten Bericht widmen wir uns dem einem bedeutendem Schritt auf dem Weg zur Fertigstellung der Maschine.

    Gruß Sven

  • Hallo


    Unser Meister auf Montage hat immer gesagt alles was wackelt und schüttelt braucht besondere Aufmerksamkeit.So haben wir bei bestimmten Bauteilen auch so gehandelt was mich am Anfang auch skeptisch gucken ließ.

    Gruß
    Harald a.F.

  • Mahlzeit!

    Es folgt nun der nächste Bericht aus der Lokwerkstatt Zamberk:

    Die Komplettierung der Steuerung und die Vorbereitung zur Warmdruckprobe gehen weiter.


    Für die Kreuzkopfschmiergefäße wurden Dichtungen ausgestanzt.


    Die fertig ausgebuchse Schwingstange ist auf der Heizerseite angebaut.


    Auch auf der rechten Seite ist die Stange bereits angebaut.


    Der Führerstand ist fertig lackiert.


    Die Steuerstange wurde mit dem Steuerstangenhebel aufgerieben und schließlich mit dem neu gefertigten Bolzen verbunden. Die Steuerungsbolzen besitzen eine Verdrehsicherung, damit sie sich nur in einer Stange drehen und somit den Verschleiß entsprechend reduzieren. Wie in den originalen Zeichnungen sind die Bolzen gehärtet.
    Die aufgearbeitet Schwinge ist bereits montiert.


    Im Führerstand ist sind nur noch wenige Dinge zu ergänzen. Dazu gehören die Drehfenster, die Elektrik und die Aschkastennäßeinrichtung.


    Die relative Ruhe am Wochenende wurde genutzt, um die Lok für die anstehende Warmdruckprobe aus der Werkstatt zu ziehen. Dazu wurde ein fliegendes Gleis nach draußen verlegt.


    Das Anstellventil für die Aschkastennäßeinrichtung wurde mit einer Halterung versehen und neben den linken Injektor befestigt. Das Ventil wird über einen Anschluss an der Speiseleitung mit Wasser versorgt, der bereits links unten an die Leitung gelötet wurde.


    Das fliegende Gleis in den Werkhof ist fertig verlegt.


    Mit Hilfe des Gabelstaplers wurde die Maschine zum ersten Mal seit dem Aufsetzen des Kessels im Februar nach draußen gezogen.


    Zunächst wurde eine Wasserdruckprobe mit allen angebauten Armaturen durchgeführt.


    Einige kleinere Undichtigkeiten waren noch zu beseitigen.


    Die Vorbereitungen für die Warmdruckprüfung sind abgeschlossen.

    Mehr dazu im nächsten Bericht.

    Gruß Sven

  • Mahlzeit!

    Zitat

    Oje - ne Delle im Wasserkasten . . .

    Jein, es handelt sich um den rechten Kohlenkasten, der Wasservorrat ist bei der Maschine ausschließlich im Rahmen untergebracht.

    Des g’hert so! Ist ne historische Delle

    Ganz recht, ich hatte bereits öfter in dieser Beitragsreihe über das der Aufarbeitung zu Grunde liegende Restaurierungskonzept geschrieben. Beschädigungen wie diese, die die Funktionalität nicht einschränken, bleiben als Betriebsspur, als Zeugnis von 4 Jahrzehnten Einsatz im Steinbruch unter härtesten Bedingungen. Das Ziel ist dem Besucher und Fahrgast eine Maschine zu präsentieren, die ein Betriebsmittel in einem Schotterwerk war und das in einem möglichst authentischen optischen Zustand, mit den typischen Betriebsspuren und Umbauten. Natürlich erfordert der Einsatz im anspruchsvollen Streckendienst auf der Waldeisenbahn Muskau gewisse Kompromisse, doch soll das Grundanliegen dem nicht geopfert werden. Die Maschine wird in jeglicher Hinsicht ein Kontrast zu den bisher vorhandenen Betriebsloks der WEM sein und den Betriebspark als Beispiel für die früher zahlreich in den angeschlossenen Betrieben vorhandenen Werkloks ergänzen.

    Gruß Sven

  • Hallo Sven,

    lange habe ich Deine Beiträge nur gelesen. Jetzt, wo ich mich endlich angemeldet habe, möchte ich Dir für das Alles herzlich danken! So viel Engagement und Fachwissen und eine derart tolle Dokumentation nötigen mir Respekt ab!


    Zur Delle im Kohlekasten: die hatte sie tatsächlich schon auf mir vorliegenden Bildern 1975

    Zu den Zierstreifen: ich kann mich täuschen, aber eben diese Bilder zeigen keine durchlaufenden Streifen im Kohlekasten-/ Führerstandsbereich und gar keinen neben der Tür zur Rückwand. Die Rückwand scheint da auch keine Zierstreifen zu haben.

    Was plant ihr eigentlich auf der "Heizerseite" für Fenster? Kommt da wieder die Vergitterung rein? War ja drehbar und dürfte somit evtl. beim Landesbevollmächtigten durchgehen... beim Dr. Henkel wäre es das...


    Nochmal herzlichen Dank für Deine Arbeit


    MfG maschwa

    Einmal editiert, zuletzt von maschwa (10. Mai 2024 um 20:13)

  • Mahlzeit!

    Nun folgt der nächste Bericht aus der Lokwerkstatt Zamberk:

    JUNG 8293 hat erfolgreich ihre Warmdruckprobe absolviert! Zum ersten Mal seit 49 Jahren stand der Kessel wieder unter vollem Dampfdruck von 12 kg/cm².
    Im Rahmen der Prüfung wurden neben dem Kessel auch alle Armaturen auf ihre Funktion geprüft, insbesondere die Injektoren, der Wasserheber, der Regler und die Kesselsicherheitsventile. Außerdem wurden die Schieberkästen und Zylinder mit Dampf ausgeblasen, um sie von Rückständen aus der Aufarbeitung zu reinigen.

    Es ist ein großer Schritt auf dem Weg zur Inbetriebnahme, ein Erfolg der Facharbeiter der Werkstatt und des Projektteams, der ohne die vielen Unterstützer nicht möglich gewesen wäre.


    Vor dem Anheizen wurde der Kessel nocheinmal mit Wasserdruck auf Dichtigkeit geprüft und die Sicherheitsventile voreingestellt.


    Für die Dichtigkeitsprüfung wurde zusätzlich zum Kesselmanometer ein kalibrierter Prüfdruckmesser an den Eichdruckmesserhahn angeschlossen.


    Um 17.37 Uhr wurde das Feuer auf dem Rost entzündet.


    Deus ex machina - dem Dampfgeist wurde es nun schnell zu warm im Kessel. Vorarbeiter Karel ist für jeden Spaß zu haben!


    Nun heißt es warten, bis sich Druck im Kessel aufbaut.


    Stolz posiert der Vorarbeiter Karel Vykydal vor der angeheizten Maschine, an diesem Tag wurde so manches Erinnerungsfoto gemacht.


    Die Spannung steigt!


    Am Körting-Wasserheber ist der Saugschlauch angeschlossen, um dessen Funktion prüfen zu können.


    Auch der Rahmenwasserkasten ist gefüllt, die neu gefertigten Prüfhähne erfüllen nun ihre Aufgabe.


    Der Blick aus dem Führerstand auf den qualmenden Kobelschornstein.


    Der Druck steigt auf dem Schäffer&Budenberg Prüfdruckmesser von 1937.


    Zur Feier des Tages wurde am Lokschuppen gegrillt. Jiri, Pavel und Jan mit Familie haben alles vorbereitet. Jan fertigt in seiner Sackfabrik Erlitz in Zamberk die neuen Segeltuchvorhänge für die Lok, Pavel stellt die Manometer- und Wasserstandslaternen nach historischem Vorbild her.


    3 Stunden nach dem Anheizen beginnen die Sicherheitsventile langsam vorzublasen. So eine Kupferfeuerbüchse ist schon was Feines!


    Der volle Kesseldruck ist erreicht.


    Zuletzt hatte das Kesselmanometer nachweislich im Dezember 1975 den vollen Dampfdruck angezeigt. Wann genau die Einstellung des Betriebes und die Abstellung der Lok erfolgte, ist bislang nicht geklärt. Die Kesselfrist lief noch bis zum September 1976.


    Zunächst wurden die Schieberkästen mit Dampf ausgeblasen, um sie von Schmutz und Rückständen der Aufarbeitung zu reinigen. Danach wurden Kolben und Schieber festgelegt, die Schieberkastendeckel verschlossen und die Zylinderräume selbst ausgeblasen.


    Dieser Erfolg muss begossen werden!


    Das Feuer wird mit dem Schürhaken gereinigt und an die Rohrwand vorgeschoben.


    Gegen 21.15 Uhr ist die Prüfung erfolgreich abgeschlossen.


    Nachdem die Maschine zurück in die Werkstatt geschoben hatten, wurde noch ein wenig gefeiert.


    Ich blieb dann noch etwas länger, um diesen Moment zu genießen. Die Gedanken gingen dann auch an die Weggefährten, die das Projekt in den letzten 15 Jahren unterstützt haben, aber nicht mehr unter uns weilen. Darunter auf der kürzlich verstorbene Peter Bauchwitz, mit dem ich diesen Moment eigenlich gemeinsam erleben wollte.


    Die Ruhe in der Werkstatt im Morgengrauen...


    Ein Stilleben mit dem noch unvollständigen Triebwerk.


    Die aufgehende Morgensonne hüllt den Dampfentnahmestutzen in goldenes Licht.


    Am Tag nach der Warmdruckprobe wurde die Werkstatt beräumt und die leeren Normkisten für die Lagerung der aufgearbeiteten Einzelteile für den Abtransport bereitgestellt.


    Am Hartkämper-Bohrwerk bearbeitet Ondra Cis die aufgeschweißten Kuppelstangenköpfe.


    Die Kuppelstangen sind die letzten großen Stangen, die noch zu bearbeiten sind.


    Die Lok wurde nun zum erneuten Anheben für eine bessere Montage der Stangen vorbereitet.


    Das Auto ist mit den leeren Kisten beladen, nach 4 Tagen Arbeit geht es für den Projektleiter wieder heimwärts.

    Aktuell laufen die Arbeiten an den Stangenlagern und Steuerungsteilen, wir planen zum Tag der Offenen Tür am 18.Mai 2024 mit den Probefahrten in Zamberk beginnen zu können.
    Ich werde Euch wie gewohnt auf dem Laufenden halten!

    Gruß Sven