Aufarbeitung der Jung Hilax 8293 (1938) bei der Waldeisenbahn Muskau

  • Mahlzeit!


    Mit dem fertigen Öler konnten nun auch die Ölsperrventile der Zylinder aufgearbeitet, geprüft und eingestellt werden.


    Nach dem Zerlegen der Ölsperrventile war eine intensive Reinigung notwendig, um die allgegenwärtige Ölkohle zu entfernen.


    Das Zerlegen war nur mit Hilfe von etwas Wärme möglich, die Einstellschraube war ziemlich fest angezogen und der Schlitz stark abgenutzt. Zusätzlich dazu ist die Schraube durch eine seitlich eingesetzte M4 Madenschraube gesichtert, von denen eine beschädigt war und ausgebohrt werden musste.


    Vorsichtig wurden die Dichtflächen am Gehäuse überdreht.


    Die Ventilsitze waren in schlechtem Zustand und von Rattermarken übersäht. Nachdem die grobe Form mit einem Senker nachgesetzt worden war, galt es die Dichtfläche einzuschleifen. Dafür wurde eine gehärtete Stahlkugel an ein Stück Rundmaterial gelötet.


    Mit Hilfe von grober, mittlerer und feiner Schleifpaste wurden die Sitze fertig bearbeitet.


    Unter Schmutz und Farbe kamen die ursprünglichen Markierungen für die Einbauseite zum Vorschein.


    Für das Prüfen und Einstellen der Ölsperrventile musste anschließend ein Adapter angefertig werden. Dieser verbindet die Ventile mit dem Öler und beinhaltet einen Anschluss für den Prüfdruckmesser.


    Das Prüfmanometer.


    Die Prüfeinrichtung ist zusammengebaut.


    Die Ventile waren so einzustellen, dass sie zwischen 18 und 22 bar öffnen und bei 18 bar schließen.

    Die alten Ventilfeder waren erlahmt und öffneten bereits bei 5,5 bar. Diverse neue Federn waren zum Glück vorrätig, es dauerte jedoch rund 2 Stunden pro Ventil, bis die richtige Länge und Stärke bestimmt war, da das Ventil jedesmal zerlegt und zusammengesetzt werden musste.


    Nach dem Ende der Arbeiten wurde die Ventile noch lackiert.

    Gruß Sven

  • Mahlzeit!

    Die Aufarbeitung der Sicherheitsventile konnte nun abgeschlossen werden. Zuvor hatte ich die bearbeiteten Ventilgehäuse und die neu angefertigten Federn und Ventilsitze aus der Werkstatt der 1.Kolíner Lokomotivgesellschaft in Zamberk/Böhmen abholen können. Herzlichen Dank an dieser Stelle für die Unterstützung.


    Ein Ventil im zerlegten Zustand. Am rechten Bildrand die Verbindungsstange, die zum Anlüften der Ventile von Hand dient. Diese wurde ebenfalls neu angefertigt, da die 1998 nachgebaute die falschen Abmessungen hatte. Bis auf Gehäuse, Stellschraube und Ventilkörper sind alle Teile neu.


    Der Ventilsitz ist nun nicht mehr eingepresst, sondern mit einem 10-Gang-Gewinde versehen, um die Montage/Demontage zu vereinfachen.


    Die Stellschrauben sind noch orginal und mussten nur am Druckstück nachgedreht werden.


    Alte und neue Feder im direkten Vergleich.


    Als Baugruppe zusammengesetzt konnte die Länge des Hubbegrenzers ermittelt werden.


    Die vorgefertigten Hubbegrenzer wurden anschließend einzeln auf die ermittelte Länge gekürzt.


    Vor dem Einsetzen des Ventilsitzes wurde das Gewinde im Gehäuse mit Kupferpaste eingeschmiert, um ein Festbrennen zu vermeiden.


    Zum Einschrauben des Ventilsitzes wurde ein Hakenschlüssel mit Zapfen nach DIN 1810B etwas angepasst und für den Einsatzzweck gekennzeichnet. Das Werkzeug zu haben ist gut, man muss es nur wiederfinden ;)


    Die Ventilgehäuse wurden vor der Endmontage noch lackiert.


    Einschrauben des Ventilsitzes.


    Das Ventil ist nun fertig zusammengebaut. Unter den Sechskantkopf der Stellschraube kommt später nach dem endgültigen Einstellen des Ventils noch eine genau gefertigte Sperrhülse, die ein unbefugtes Verstellen des Ventils verhindert.


    Der einbaufertige Ventilsatz. Die Montage soll beim nächsten Besuch in Weißwasser erfolgen.

    Gruß Sven

  • Hut ab und weiterhin viel Erfolg bei der Aufarbeitung. Immer sehr interessant den Fortschritt zu verfolgen.
    Glück auf, Harri

  • Hallo

    Echt gut die Beschreibung der Arbeitsschritte und die Fotos dazu.Schon das Detail mit den Schlagbuchstaben zeugt"was gelernt"oder Wissen, Können voraus denken oder wie man es nennen will.Mir fällt da noch viel ein.So zum Beispiel das der User soundso mal daran(dem Teil)arbeiten wird und er fast blind ohne umständliches Suchen das Werkzeug dank der Kennzeichnung findet.So was ist das Salz in der Suppe.
    Oder wie ein Satz von einem "Gott"in unserer Werkzeugausgabe war gute Arbeit nur mit rischtsch gutn orndlischn(mit richtig guten ordentlichen) Werkzeug.Ja solche und viele andere Sätze haben sich eingeprägt.
    Und ich glaube an solchen Geschichten wie hier von der Arbeit an der Lok kann man es erkennen. :kaffee:

    Gruß
    Harald a.F.

  • Hallo Sven!
    Mir gefällt vor allem an Deinen Beiträgen, wie sorgfältig du hier die Technik einer Feldbahnlok erklärst. Das ist wirklich für jeden verständlich und man lernt, wie aufwändig eine HU einer Dampflok ist. In Facebook verfolge ich die Aufarbeitung von 01 1104. Die informieren auch regelmäßig über die einzelnen Arbeitsschritte.
    Gruß Ronald!

    Viele Grüße,

    Ronald!

  • Mahlzeit!

    Nun folgend der nächste Bericht über die aktuellen Fortschritte an der Lok:

    Die kleinen Details machen den Unterschied. Dank Nick Noon, der mir Bilder und Maße der Entlüftungsschraube schickte, konnte ich das fehlende Exemplar für unseren Woerner Oeler nun anfertigen. Nick hat die Schraube vom Öler der JUNG 3698/1925 der Risten-Lakviks Järnväg aus Schweden ausgebaut und vermessen. Die Lok befindet sich derzeit zu einer Reparatur in der Werkstatt von Statfold Engineering Ltd. in Tamworth/UK. Danke an Nick für die großartige Unterstützung.


    Nach dem Drehen des Rohlings aus Messing wird der 8-mm-Sechskant mit dem Teilapparat gefräst.


    Die Querbohrung mit 3 mm Durchmesser wird in der gleichen Aufspannung gefertigt.


    Ein kleines Teil, dass dennoch eine ganze Stunde Arbeit machte.


    Die Entlüftungsschraube ist auf ihrem Platz montiert. Sie sorgt für den Druckausgleich und verhindert das Eindringen von Schmutz.Der Woerner-Oeler und die Sicherheitsventile sollten am Donnerstag, den 07.02.2019 montiert werden, da an dem Tag ein Pressetermin stattfinden sollte. Für den Anbau waren die alten Linsendichtungen aus Weicheisen St34.11 zu überdrehen, um sie wiederverwenden zu können. Auch die Rohlinge der Sperrhülsen waren noch zu drehen.


    Da das Material für die neuen Linsendichtungen nicht rechtzeitig eintraf, habe ich mich entschlossen, die alten Weicheisenlinsen noch einmal aufzuarbeiten. Dafür wurde zunächst ein Spanndorn gedreht und die erste Linse aufgepresst. Deutlich sind die tiefen Rostnarben in der Dichtfläche der Linse zu sehen.


    Die erste Fläche ist überdreht.


    Voher-Nachher. Die Linsen waren zum Glück noch stark genug, um sie beidseitig zu bearbeiten.


    Fertig bearbeitet. Das Überdrehen wurde freihand mit rücklaufendem Planschlitten ausgeführt und mit einer Radienlehre kontrolliert.


    Kleine Details am Rande: Unter dem Sechskant der Stellschraube ist die Sperrhülse eingesetzt, die den Einstelldruck begrenzt. Beim Einstellen der Ventile wird diese zunächst herausgenommen, auf die ermittelte Höhe abgedreht und wieder eingebaut. Um ein unbefugtes Verstellen der Ventile zu verhindern wird der kleine Kopfbolzen in der Ventilstange zudem verplombt, wofür dieser eine zweite Querbohrung für den Plombendraht erhielt.


    Der fertige Ventilesatz samt aufgearbeiteter Linsendichtungen. Im nächsten Bericht geht es dann mit dem Anbau weiter.

    Gruß Sven

  • Mahlzeit!


    Wie geplant wurden am 07.02.2019 die Sicherheitsventile und der Woerner-Öler an die Lok angebaut. Der eigentliche Grund für den Besuch war jedoch die Übergabe einer Spende von 500€ für die Lok durch Dr. Martin Schüßler von der Apotheke am Eisstadion in Weißwasser im Beisein der Lokalpresse an unseren Verein. Damit sind bereits 18.000€ an Spenden für die Lok eingegangen. Vielen Dank an alle bisherigen und zukünftigen Spender!



    Vorbereitung der Lok vor dem Museumsschuppen.


    Das Wetter spielte diesmal gut mit, der angekündigte Eisregen fiel erst am späten Abend.


    Die Lok präsentiert sich frisch geputzt im besten Licht, später kam sogar noch etwas Sonne zum Vorschein.


    Der Öler ist nun wieder an seinem Platz und versorgt die Zylinder wieder zuverlässig mit Öl. Die Montage war etwas schwierig, da die Schrauben vom Inneren des Kohlekastens durchgesteckt werden mussten. Das ist eher für sehr langarmige Schlosser gedacht, ich konnte die Schraubenköpfe gerade so mit den Fingerspitzen halten.


    Der markante Öler vervollständigt das Gesamtbild des Führerstandes.


    Nachdem der Öler an die Ölleitungen angeschlossen war, wurden diese zunächst entlüftet und dann die Ölsperrventile in den Schieberkastendeckel geschraubt.


    Auch die Sicherheitsventile sind wieder an ihrem Platz auf dem Dampfdom.


    Um 15.00 erfolgte dann die Begrüßung des Spenders Herrn Dr. Schüßler und der Pressevertreter durch Vereinsvorsitzenden Olaf Urban.


    Als Lokverantwortlicher beantwortete ich zahlreiche Fragen zur Lokgeschichte und dem Projektfortschritt.


    Dr. Martin Schüßler überreicht die gesammelten Einnahmen aus dem Verkauf von Kalendern an den Vereinsvorstand.


    Noch schnell ein Foto in der abendlichen Wintersonne machen...


    ...um anschließend den Arbeitsvorrat wieder aufzufüllen. Dazu wurden die Speiseventile von ihren Kesselflanschen demontiert.


    Die Ventile stammen von einer der vielen bei der Fa.Halbach eingesetzten Krauss-Lokomotiven und waren spätestens seit den späten 60er Jahren montiert. Die ursprünglichen JUNG-Ventile waren mittels konischen Gewinde direkt in den Langkessel geschraubt. Als diese verschlissen und kein Ersatz mehr beschaffbar war, hatte die Bernbrucher Lokwerkstatt Zwischenflansche angefertigt, um die Krauss-Ventile anbauen zu können. Improvisation ist alles - oder - man muss sich nur zu helfen wissen.


    Das linke Speiseventil wurde tags darauf in der heimischen Werkstatt zerlegt. Das ursprüngliche Krauss-typische Handrad war schon bein Anbau an die JUNG 8293 in den 60er Jahren nicht mehr vorhanden, man baute stattdessen einen uralten Handgriff mit Holzheft an.


    Der Handgriff war ursprünglich mit einem Kegelstift nach DIN 1 an der Spindel befestigt. Durch die Verwendung eines Splints konnte er sich gegenüber der Spindel bewegen, was das Spindelende stark abgenutzt und für reichliches Spiel gesorgt hat. Der jetzt montierte Handgriff ist zudem ca. 10 mm zu kurz, daher hatte man eine Blechhülse eingesetzt.


    Nach der kompletten Zerlegung wurde mit der Reinigung und Befundung begonnen. Glücklicherweise wurden keine ersthaften Schäden gefunden.


    Der Ventilkegel ist in gutem Zustand, nur die Führungsflächen müssen aufgelötet und überdreht werden, da sie im Gehäuse zu viel Spiel haben. Die Spindel mit dem zweigängigen Gewinde lässt sich aufarbeiten und wird am Griffende aufgelötet sowie ebenfalls überdreht. Der Holzgriff wird in passender Länge, aber im gleichen Stil, neu angefertigt. Ansonsten werden alle Dichtflächen leicht überdreht.

    Soweit für heute, vom weiteren Fortschritt werde ich zu gegebener Zeit berichten.

    Gruß Sven

  • Hallo Sven,
    sehr schick sieht er aus, der Öler. Bloß gut, dass Du hier alles so gut dokumentierst, sieht man doch von der vielen Arbeit die allein in diesem Bauteil steckt so gut wie garnichts mehr. Ich wünsche Dir weiter gutes Gelingen und vorallem Freude bei der Arbeit an der Lok! Danke fürs berichten!
    Viele Grüße,
    Pierre