Betrieb der Harzer Schmalspurbahnen 2019

  • Das tut gut, mal solche praktischen Fakten zu lesen und nicht nur das regelmäßige Gejammer ...

    Der 2. Dampfzug im Selketal wird bestimmt wieder kurz vor der Angst gestrichen, wie 2017 und 2018.

    Hat genau vier Minuten gedauert bis zum nächsten Gejammer. :sing:


    Interessant sind übrigens auch immer die Texte in den Jahresabschlussberichten der HSB. Auch hier mal ein paar Auszüge aus 2017.

    Zitat

    Der Schienenpersonennahverkehr hat sich in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt. Deutschland hat mit weit über 33.000 Kilometern das längste Schienennetz Europas. Es wird von rund 400 Eisenbahnverkehrsunternehmen genutzt. Täglich verkehren etwa 39.000 Züge. Ein Drittel der Gesamtbevölkerung nutzt täglich Bus und Bahn, mit stetig steigender Tendenz.

    Doch Quantität und Qualität dieses Verkehrsträgers sind nach wie vor nicht dauerhaft gesichert. Die Finanzmittel sind nach Kürzungen und jahrelangen Kostensteigerungen auch derzeit noch mehr als unzureichend, vor allem Investitionen in die Erhaltung und Erneuerung der Infrastruktur sowie in neue Fahrzeuggenerationen werden in den nächsten Jahren in Größenordnungen notwendig. Diese sind aber finanziell gegenwärtig noch nicht untersetzt – die Verkehrsunternehmen allein können diese notwendigen Summen nicht aufbringen. [...]

    Um auch in Zukunft attraktiv und wettbewerbsfähig zu bleiben, benötigen die deutschen Verkehrsunternehmen daher weiterhin generell eine höhere Grundausstattung und einen zweckgebundenen, transparenten Einsatz der Mittel. Um steigende Trassen-, Stations- und Energiepreise und Personalkosten abzufangen, engagieren sich die Verkehrsunternehmen weiterhin für eine generelle Aufstockung und bedarfsgerechte Verteilung dieser Finanzmittel.

    = "Gebt uns mehr Geld. Es reicht vorn und hinten nicht."

    Zitat

    Die Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB) konkurriert infolgedessen mit unzähligen, ebenfalls teils außergewöhnlichen Angeboten, wobei das Umfeld des eigenen Hauptzieles – der Brocken – sowie der Weg dorthin, dem Anspruchsniveau vieler Besucher nicht mehr entspricht und somit vor diesem Hintergrund eine Verbesserung der dortigen Situation, trotz der bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen, zwingend erforderlich ist.

    = "Alle wollen nur auf den Brocken, Woanders ist für den Durchschnittsurlauber langweilig. Mach mal jemand was, dann lohnt es sich für uns auch mehr auf dem Restnetz."

    Zitat

    Wesentlicher Faktor für die im geschilderten Umfeld umso bedeutsamere, den Erwartungen entsprechende Entwicklung der Umsätze bei der HSB, ist der Brockenbahnregelzugverkehr. Trotz eines leicht zu verzeichnenden Rückganges der Fahrgastzahlen in der Region Wernigerode konnte ein Stand auf hohem Niveau gehalten werden. Bei Beibehaltung des bisherigen von der HSB nicht zu beeinflussenden Umfeldes auf dem Brocken, aber insbesondere auch bei dem von unseren Fahrgästen als „problematisch“ empfundenen Zustand des Waldes im Nationalpark Harz sind auch stärkere Besucherrückgänge nicht auszuschließen. Hier treffen ästhetische Beweggründe und Befürchtungen zu Besucherrückgängen auf die Argumentation des Nationalparks Harz, der Waldentwicklung quasi „freien Lauf“ zu lassen.

    = "Hilfe, Borkenkäfer. Toter Wald sieht doof aus, das will keiner sehen, weniger Leute kommen."

    Zitat

    Die Vervollkommnung von über die Bahnfahrt hinausgehenden Projekten, hier ist insbesondere „FAUST - Die Rockoper auf dem Brocken“ anzuführen, die auch im Jahr 2017 bei allen Vorstellungen sehr gut verkauft war (weit über den 2006 erwarteten Umfang hinaus) und den Publikumsgeschmack traf - hat zusätzliche ausbaufähige Umsatzbringer geschaffen. In den Folgejahren ist der Fokus weiterhin auf „FAUST I“ und „FAUST II“ gerichtet, wobei die Errichtung einer separaten Spielstätte auf dem Brocken für diese und andere, einer besonderen Atmosphäre bedürfenden Veranstaltungen, weiterhin unverzichtbar ist. Die herausragende touristische Bedeutung, weit über die Interessen der HSB hinaus, ist selbstredend

    = "Eine eigene Halle nur für die Rockoper auf dem Brocken wäre total dufte. Da würden dann mehr Zuschauer reinpassen und wir könnten mehr Leute hochkutschieren und mehr Geld verdienen."

    Zitat

    Um die touristische Attraktivität des Harzes insgesamt zu erhöhen, erscheint es sinnvoll, touristische Angebote der Region zu verknüpfen. Aus diesem Grund wurde in Zusammenarbeit mit der Bodetal Tourismus GmbH im Empfangsgebäude des Bahnhofes Thale Hbf eine weitere Agentur der HSB eröffnet.

    = "Wir müssen beim Tourismusmarketing zusammen arbeiten, um mehr Leute für den Harz zu interessieren. Wir haben da mal ein bisschen was gemacht."

    Zitat

    Das mittlerweile stagnierende aber hohe Preisniveau, u. a. für Kohle und Energie sowie für Schienen, tarifliche Personalkostensteigerungen (hier wird es zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der HSB unbedingt notwendig, das Tarifniveau an die durchschnittliche Branchenhöhe anzupassen) sowie Kostensteigerungen bei Maßnahmen im Bereich der Infrastruktur haben wesentliche negative Auswirkungen auf die Finanz- und Ertragslage. Bei einer anhaltenden Entwicklung und einer weiter gleichbleibenden Bezuschussung aus den Länder- und den genannten bilateralen Verträgen ist ein Ausgleich der dadurch hervorgerufenen Liquiditätsbelastung nur durch Maßnahmen der HSB (weitere Einsparungen und Steigerung der Umsätze auch durch Erhöhung der Verkehrstarife) allein nicht mehr herbeizuführen (siehe auch III.3.). Damit sind aber auch wünschenswerte Maßnahmen zur Verbesserung der Attraktivität der HSB und ihres Umfeldes nicht mehr in gebotenem Maße umsetzbar. Ziel der Geschäftstätigkeit der HSB muß es aber weiter sein, das weltweit einmalige Dampferlebnis Schmalspurbahnen im Harz in der Summe seiner Einmaligkeit dauerhaft zu erhalten und weiter zu entwickeln

    = "Die bisherige Bezuschussung durch Länder und Bund reicht nicht mehr. Die irgendwann mal vereinbarten Festbeträge sind Grütze. Hilfe, alles ist so teuer! Wir brauchen mehr Geld."

    (Haben sie dann ja zum Glück auch bekommen. Die Verträge wurden Ende letzten Jahres geändert.)

    Zitat

    Die Fahrzeuguntersuchungen, insbesondere von Dampflokomotiven, gestalten sich immer schwieriger. Die nach wie vor exorbitanten Preissteigerungen durch den z. Z. einzig für die HSB in Frage kommenden Anbieter, verbunden mit einer steigenden Unzuverlässigkeit, sowohl in Hinsicht auf Qualität als auch Termintreue, werden zu einem ernsthaften Problem für die Aufrechterhaltung des Betriebes in jetziger Form. Darüber hinaus gibt es keine verlässliche Prognose bzw. Garantie für das längerfristige Vorhandensein dieses Anbieters. Vor diesem Hintergrund ist der Bau der eigenen Werkstatt die einzig wirtschaftlich sinnvolle Alternative und wird von der HSB mit Vehemenz vorangetrieben.

    = "Lokomotiv-Untersuchungen bei den Monopolisten in Meiningen sind totaler Wucher! Und dann leisten die noch nicht mal was! Und wer weiß, ob es die überhaupt noch lange gibt?! Wir brauchen unsere eigene Werkstatt für sowas."

    Dann folgen:

    - Das Wetter im Sommer 2017 war schuld. An allem.

    - Niemand will mehr körperlich arbeiten.

    - Zuviel Bürokratie.

    - Dass wir noch nicht pleite sind, liegt nur daran, dass wir so ne tolle Preispolitik machen.

    - Boah, jetzt müssen wir auch noch mehr als eine Tarifpartei im Unternehmen anerkennen. Wer weiß, was das kostet.

    - Die Bahnaufsicht sagt, wir müssen in Zukunft bestimmt mehr Geld ins Schienennetz stecken.

    Soweit die launige Kommentierung des letzten Jahresabschlusses.

  • Zitat Stefan:

    "Wenn man Einnahmen und Ausgaben gegeneinander aufrechnet, ergibt dass einen Fehlbetrag von 0,881 Mio €."

    Bilanzen sollte man nicht nur lesen, sondern auch verstehen können:

    Der Jahresverlust der HSB im Geschäftsjahr 2017 beträgt rund 9,0 Mio € und nicht "nur " die als Fehlbetrag deklarierten rund 831.000 € und setzt sich laut Bilanz bzw. Gewinn- und Verlustrechnung wie folgt zusammen:

    1) 7.498.000 € Subvention von Bund und Ländern (ja, das ist ein Verlust, denn diese Summe konnte das Unternehmen nicht aus eigener Kraft

    erwirtschaften)

    => Wer Subventionen als "positive Einnahmen" ansieht, was sie zunächst ja tatsächlich sind, belügt sich allerdings selbst.

    2) 668.740 € Verlustvortrag aus dem vorherigen Geschäftsjahr (das ist ein Verlust aus dem Geschäftsjahr 2016, der bis dato nicht durch

    entsprechende Gewinne ausgeglichen werden konnte)

    3) 831.000 € Fehlbetrag 2017

    _______________________________________

    Summe: 8.997.740 € => macht also einen "Schuldenberg" von rund 9.000.000 € der HSB, wenn man die finanzielle Situation mal ohne die rosarote Bimmelbahnbrille betrachtet.

    Auch eine Eigenkapitalquote von 13,7 % mag inzwischen für viele Unternehmen "normal" sein, gesund ist das aber bei weitem nicht und spricht nicht für das Unternehmen.

    Wenn man dann die Entwicklung der Selketalbahn beobachtet, kommt einem der Satz aus der Bilanz schon etwas merkwürdig vor:

    "Ziel der Geschäftstätigkeit der HSB muß es aber weiter sein, das weltweit einmalige Dampferlebnis Schmalspurbahnen im Harz in der Summe seiner Einmaligkeit dauerhaft zu erhalten und weiter zu entwickeln."

    Wie ist der Satz zu verstehen? Vom Rasenden Roland auf Rügen könnte man auch sagen: .....das weltweit einmalige Dampferlebnis Schmalspurbahnen auf Rügen......

  • Lustigerweise steht das so auch schon in meinem Beitrag, auf den du dich beziehst. Hast du sicher lediglich übersehen. Fehlendes Verständnis würde ich anderen nämlich nicht einfach unterstellen. Das wäre doch unhöflich. Ich zitiere einfach nochmal aus meinem Beitrag. :)

    Insgesamt also Einnahmen aus eigener Geschäftstätigkeit (ohne irgendwelche Zuweisungen) von 17,817 Mio €. Demgegenüber die bekannten Ausgaben von 26,809 Mio €. Das ergibt einen Kostendeckungsgrad der HSB im Jahr 2017 von 66,5 %.

    Aus diesen Zahlen ergibt sich der Fehlbetrag von knapp 9 Mio €. Der zum größten Teil aus den jährlichen Zuwendungen von Ländern und Bund gedeckt wird.

  • Kommen wir zu anderen Themen.

    Die Mitteldeutsche Zeitung berichtete schon am Freitag über den geplanten neuen Internet-Auftritt der HSB, der auch zeitgemäß responsives Design (also Anpassung auch an Smartphone-Bildschirme) bieten soll. Neu wird zum Beispiel sein, dass man online Tickets kaufen kann und dabei 2,5% spart. Neu wird auch eine geplante Fahrplanauskunft auf der Homepage sein.

    Ich bin gespannt auf die Veränderungen und Verbesserungen durch den neuen Internet-Auftritt. Meiner Meinung nach war der seit langem fällig, da die Seite doch mittlerweile sehr altbacken wirkt.

    Am Samstag berichtete die Volksstimme über die in diesem Jahr geplanten Investitionen der HSB. In diesem Jahr sollen zwei Brücken erneuert werden. Zum einen die Brücke über die Wormke. Laut Bundesanzeiger ist das die Brücke an der Strecke Drei Annen Hohne–Brocken bei km 3,862. Zum anderen eine Brücke bei km 50,349. Dabei dürfte es sich um die Brücke über das Paddenloch kurz oberhalb der Ausweichstelle Drängetal handeln. Ich bin gepannt, wie das bei laufendem Betrieb durchgeführt wird.

    Die Gelegenheit nutzt die HSB auch gleich, um auf die gestiegenen Preise für alle Leistungen hinzuweisen:

    Die Investitionssumme, die im Millionenbereich liege, sei noch ungewiss, da die Baukosten stetig steigen, ergänzt HSB-Pressesprecher Dirk Bahnsen. Beispielsweise habe 2018 ein Kilometer Gleisbau 1,1 Millionen Euro gekostet. Das sei, so Bahnsen weiter, eine Steigerung um 10 Prozent gegenüber 2017 und um 60 Prozent sogar gegenüber 2011. Zu den Verteuerungen gehören auch die Preise für Kohle (10 Prozent gegenüber 2017) sowie für die Wartung und Reparatur der Fahrzeuge im HSB-Fuhrpark. Die Konsequenz: Die Fahrpreise werden angepasst, sprich erneut erhöht.

    Als nächstes sind neue beschrankte Bahnübergänge in der Planung.

    Die HSB legt weiter auch ein Hauptaugenmerk auf die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer. 2018 wurde am Bahnübergang in Drei Annen Hohne eine sogenannte Postensicherung eingerichtet - als Folge nach dem Unfall eines Busses der Harzer Verkehrsbetriebe mit einer Lok. Zu Schaden ist damals keiner gekommen.

    Diese Postensicherung, die ein Mitarbeiter einer Eisenbahnsicherungsfirma ausübt und von der HSB bezahlt werden muss, bleibt solange ein Provisorium, bis die geplante Lichtzeichenanlage mit Halbschranken realisiert ist. Dafür läuft laut Wagener gegenwärtig noch das Planfeststellungsverfahren.

    Für die nötige Abbiegespur an dem geplanten Bahnübergang muss auch die Straßenbrücke über einen Bach verbreitert werden. Insgesamt müssen noch 22 weitere bislang unbeschrankte Bahnübergänge mit Schranken versehen werden. Außerdem muss die Computertechnik in den Stellwerken Nordhausen Nord und Wernigerode erneuert werden. Weiterhin werden für die Bahnhöfe Benneckenstein, Elend und Alexisbad Pächter gesucht. (Warum nicht für Mägdesprung, weiß ich nicht. Gibts da etwa schon einen?)

  • Hallo,

    online Tickets gehen jetzt schon.

    ich hoffe aber dass es im Rahmen der Erneuerung der Homepage dabei nicht bleibt, denn so umgesetzt (nur feste Strecken, Auswahl der Reisenden im Menü) empfinde ich das eher als "Zustand" denn als Nutzerfreundliche Umsetzung. Vielleicht kommt ja im Rahmen der angekündigten Fahrplanauskunft auch die Möglichkeit Tickets für die herausgesuchte Verbindung zu kaufen (ggf. mit Prüfung ob bestimmte "Sonderkarten" dann günstiger sind als der Normalpreis).


    Gruß Michael

    26305-signatur-def-jpg

  • Ja, so eine moderne Version des Online-Kaufs für Tickets erwarte ich eigentlich auch.

    Die Volksstimme berichtet derweil, dass die HSB den Betrieb zum Brocken wegen Sturmwarnung wieder einmal einstellt. Kam in den letzten Wochen ja häufiger vor.

    Auf der HSB-Seite steht auch:

    Zitat

    Aufgrund der schlechten Witterungsbedingungen ist die Betriebsaufnahme auf der Strecke zwischen Schierke und Brocken derzeit unbestimmt.

    Also dass die HSB auf "Teufel komm raus" hoch zum Brocken fährt, kann man jetzt nicht unbedingt sagen.