Hallo Micha, H
Hallo Julian,
zu Euren Beiträgen möchte ich folgendes anmerken:
Es ist im Jahre 2019 einfach nur eine Frechheit, die Geschichte nach 1945 komplett auszublenden, als ehemaliger Eisenbahn-Verlagsmitarbeiter weis ich, wovon ich spreche. Da ist es völlig unerheblich, ob die Autoren die Geschichte nach 1945 ganz bewußt verschweigen oder nicht - dies gehört sich nicht in ein Buch in diesem Themenkreis - oder anders ausgedrückt: Das bewußte Auslassen von 70 Jahren Geschichte gehört sich nicht in ein Buch, dass den Anspruch erhebt, Geschichtswissen zu vermitteln. Da gibt es für mich auch nichts weiter zu diskutieren.
Da komplette Ausblenden von 70 Jahren Geschichte habe ich zu genüge bei unzähligen "Vertriebenenvereinen " feststellen müssen, besonders bei solchen Vereinen, die sich mit der Geschichte von Kleinstädten befassen - Großstädte wie Danzig, Breslau, Königsberg, Oppeln usw. sind davon "natürlich" nicht betroffen. Im Rahmen von Recherschen habe ich das Auslassen der "bösen" Geschichte nach 1945 bei unzähligen Heimatvereinen und in ihren "Heimatstuben" live und in Farbe erlebt - da brauche ich nichts "einfach so" zu unterstellen.
Natürlich gibt es eine Reihe von löblichen Ausnahmen, doch das sind dann i.d.R. professionelle Einrichtungen, wo man nicht in Trauer über den Heimatverlust verharrt: Hier ist z.B. das oberschlesische Landesmuseum in Ratingen bei Düsseldorf zu nennen, wo die Geschichte Schlesiens eben nicht abrupt 1945 endet.
Zitat Micha:
"Allgemein ist es doch ein noch blasser Fortschritt, überhaupt etwas aus den Ostgebieten lesen zu dürfen."
Entschuldige bitte den Ausdruck, aber das ist doch eine etwas armseelige Aussage zum Stand der Geschichtsforschung im Jahre 2019:
Ich habe zig polnischsprachige und oftmals nicht ganz preiswerte Bücher aus Polen im Regal, aus denen ich wesentlich mehr erfahre als aus manchen deutschen Werken, die nach 1990 erschienen und im Jahre 2019 den Eindruck vermitteln, die Quellenlage wäre heute noch genauso schwierig und dürftig wie im Jahre 1970.
Bereits im Jahre 1981 hat der Autor Hans-Wolfgang Scharf mit seinem im EK-Verlag erschienen Standartwerk "Eisenbahn zwischen Oder und Weichsel" bewiesen, dass es möglich war und ist, mehr zur Eisenbahngeschichte Ostdeutschlands zu erfahren und die Standartfloskel "Es ging durch Krieg und Vertreibung alles verloren" als ein oftmals gebrauchtes Totschlagargument zur Rechtfertigung der eigenen Rechersche-Bequemlichkeit herhalten muß.
Als Eisenbahnbuchautor weis ich, dass langwierige Quellenerschließung und -auswertung oftmals ein undankbares und äußerst langwieriges Geschäft sein kann und man mit fundierten Streckenchroniken einen Recherscheaufwand betreiben muß, den man in aller Regel nicht finanziell honoriert bekommt - denn dann wäre das Buch unbezahlbar bzw. es würde sich kein Verleger finden.
Mir jedenfalls macht die Rechersche Spaß - denn man erweitert dabei i.d.R. den eigenen Horizont weit über das eigentliche Thema Eisenbahn hinaus.
Herr Machel ist als ehemaliger transpress-Autor schon sehr lange im "Kleinbahngeschäft" tätig und auch ihm ist bekannt, dass der "aufgeklärte" Leser sich von Ausnahmen abgesehen, auch für die geschichtliche Entwicklung nach 1945 bis heute interessiert.
Ich bringe mal ein Beispiel für die Bimmelbahn-Forenleser von heute:
Was würdet ihr sagen, wenn in Streckenchroniken zu ehemaligen Privatbahnen auf dem Gebiet der DDR die Zeit ab 1949 komplett ausgeblendet würde, weil nach 1949 die Privatbahn Teil der DR war und somit nix mehr mit der Privatbahn zu tun hatte?
Kritische Grüße
-railfox-