Mit der Bimmelbahn durch den Plänterwald

  • Hallo Freunde,

    jeder kennt die Parkeisenbahn in der Wuhlheide im Osten Berlins. Einige werden auch die Parkeisenbahn im Britzer Garten in Westberlin kennen. Aber wußtet ihr, daß es in Berlin noch eine 3. Parkeisenbahn gab?

    Der Kulturpark Plänterwald (später Spreepark) war der größte Freizeitpark der DDR. Bis zur Betriebseinstellung 2001 gab es hier eine weitere Parkeisenbahn mit 600mm Spurweite. In den Jahren 2011 bis 2014 wurde die Bahn nochmals reaktiviert und an Wochenenden Rundfahrten angeboten.

    Das Gelände des Spreeparks


    Einsteigen bitte!

    Über eine große Brücke (mit Entengrütze darunter) geht die Fahrt.

    Fred Feuersteins Auto?

    Das Riesenrad war wohl die bekannteste Attraktion.

    Hier sehen wir, warum die Dinosaurier ausgestorben sind. Vandalen haben sie umgeschubst.

    Im Dickicht einer der Bahnhöfe.

    Geschafft. Alles aussteigen! Dieser Zug endet hier. Für immer?

    Viele Grüße

    Toralf

  • Toralf750 22. November 2019 um 20:54

    Hat den Titel des Themas von „Mi der Bimmelbahn durch den Plänterwald“ zu „Mit der Bimmelbahn durch den Plänterwald“ geändert.
  • Das ist ja ein echter Lost Place, wobei ich mich dunkel erinnern kann, auch mal dort gewesen zu sein. Irgendwann Ende der Achtziger Jahre mit meinen Eltern. Ich habe damals das erste Mal eine Achterbahn gesehen und auch ein Riesenrad in der Größe hatten wir in Dresden auf dem Rummel am Fucikplatz (da wo heute die gläserne Manufaktur steht) noch nie.

    Viele Grüße,

    Ronald!

  • Gismo

    Lost Place trifft es richtig. Abgesehen von ein paar wenigen Führungen war es von 2011 bis 2014 nur mit dem Zug möglich, das Gelände zu erkunden. Betreten ansonsten verboten. Seit 2014 ist alles geschlossen. Pläne für die Zukunft gibt es ... nicht wirklich.

    Gruß

    Toralf

  • Hallo zusammen,

    erstmal vielen dank für den Bericht, Toralf!

    An die Rundfahrten kann ich mich noch gut erinnern. Nachdem ich als Kind mehrfach im damaligen Freizeitpark "Spreepark" war und auch seinerzeit mit dem "Santa Fe-Express" gefahren bin, hat es mich 2013 noch mehrfach dort hingezogen. Die Rundfahrt mit dem dieselbetriebenen Pseudodampfzug mit seinen optisch rustikalen Wagen, an denen die Farbe abblätterte, passte gut zum morbiden Charme des gesamten Geländes. Interessantes Detail: die drei Personenwagen schienen nicht nur mechanisch, sondern auch elektrisch gekuppelt zu sein, wobei sich mir der Zweck nicht ganz erschlossen hat - die Wagen schienen mir unbeleuchtet zu sein. Möglicherweise war es auch nur ein Überbleibsel aus besseren Zeiten. Wer war seinerzeit eigentlich Anbieter dieser Rundfahrten?

    Einige Bilder kann ich noch ergänzen:

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    Wie auf dem schon gezeigten Parkplan zu sehen: der Spreepark hatte noch jede Menge andere Schienenbahnen zu bieten. Nennenswert sind folgende:

    - das Flaggschiff war fraglos die Loopingbahn "Mega-Loop", die gebraucht aus Frankreich nach Berlin kam und nach der Pleite des parks auch wieder nach Frankreich gelangte. Eine Loopingbahn gleichen Typs ist mit "Big Loop" heute noch im "Heide Park" erlebbar.

    - der "Fun-Express": die für Kinder geeignete Bahn wurde als erste Bahn nach der Wende angeschafft, war in Berlin in einen Unfall verwickelt, wurde nach der Parkpleite heimlich nach Lima (Peru) verschifft und ist dort nach erneuter Pleite der Betreiber im Zuge von Diebstählen nicht mehr komplett

    - zu einem der Wahrzeichen des Spreeparks hat sich der "Spreeblitz" entwickelt, der für seinen kreativen Achterbahntunnel berühmt wurde. Die Bahn ist weitgehend erhalten und steht noch im Plänterwald, wird aber wohl nicht mehr fahren und der Rahmenplanung nach künftig als "Cat Walk" per pedes zu erkunden sein...

    Die Geisterbahn "Dämonenexpress" ist durch die Serie "Spuk unterm Riesenrad" berühmt geworden: sie ist in umgebauter Form noch heute durch Hahnemann und Sohn in Betrieb. Mehrfach hat sie in den letzten Jahren auch in Berlin Station gemacht, hier zum ersten "Berliner Volksfestsommer" im Jahr 2017, der vergleichsweise stilbefreiten Nachfolgeveranstaltung des Deutsch-Französischen Volksfests. Natürlich ist die Bahn nicht mehr ganz im Originalzustand, aber ich meine, durchaus noch einige bekannte Elemente wiederentdeckt zu haben. Ohne zuviel verraten zu wollen: die Geisterbahn ist nach wie vor aus der mechanisch/analogen Welt und hat deshalb einen besonderen Charme - die Mitfahrt lohnt!

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    "Spuk unterm Riesenrad" ist hier überhaupt das Stichwort: es gab mehrere Jahrgänge mit einem Sommertheater http://spuktheaterberlin.de/spuk-unterm-riesenrad/ zur Serie, das auf einer Bühne direkt neben dem namensgebenden Riesenrad aufgeführt wurde. Ich war 2013 dort und trotz der modernen Interpretation des Stücks begeistert, was nicht zuletzt an der Umgebung lag. Die Bühne war am Rand der Westernstadt aufgebaut, unweit des ehemaligen „Bahnhof Colorado City“ der Rundbahn. Schon 2013 war vieles auf dem Gelände arg verkommen, über die Masse gepeilt sind die Besucher, die so ein "Lost Place" anzieht, auch nicht unbedingt bekannt dafür, ihn in erhaltenswertem Zustand zu konservieren. Dennoch kann ich sagen: die Westernstadt war nicht unbewohnt:

    [Pläne für die Zukunft gibt es ... nicht wirklich.

    Das stimmt so nicht: seit Jahren ist "Grün Berlin" damit beauftragt, das Gelände zu entwickeln. Nachdem in den letzten Jahren einzelne Details durchdrangen, steht mittlerweile die Rahmenplanung öffentlich verfügbar: https://gruen-berlin.de/spreepark/plan…g/rahmenplanung

    Nach so viel Parkgeschichte will ich abschließend wieder den Bogen zur Parkbahn schlagen und aus dem Erläuterungsbericht zur Rahmenplanung zitieren:

    Zitat

    Die ehemalige Parkbahn soll unter dem Namen „Spree-Express“ oder „Silber-pfeil“ als Mobilitätsinfrastruktur ertüchtigt und fortentwickelt werden. Der Zug wird ästhetisch verfremdet, sodass ein humorvolles Augenzwinkern entstehen kann.

    [...]

    Über ihren naturgemäßen Attraktionswert innerhalb des Spreeparks hinaus, soll diese Parkbahn dafür dienen, die weite Strecke vom Treptower Park bis zum Eierhäuschen zu überbrücken. Hierzu würde die Bahn in der Vorzugsva-riante außerhalb des Zaunes geführt. Das ringförmige Schienensystem wird aufgelöst und in ein lineares System im nördlichen Bereich überführt und nach Süden Richtung Eierhäuschen verlängert. Haltestellen befinden sich u.a. an den Eingängen am Treptower Park und am Eierhäuschen.

    Im Bericht sind drei Trassenvarianten vorgestellt - bei einem Rundkurs soll es in keiner der Varianten bleiben: https://gruen-berlin.de/sites/default/…plan.teil_i.pdf (Pdf, 12MB)

    Viele Grüße,

    Benjamin

  • Benjy

    Hallo Benjamin,

    danke für die Ergänzungen.

    Ich schrieb ja auch: Pläne für die Zukunft gibt es. Die aktuellen Pläne von Grün-Berlin sind mir bekannt. Aber das ist Berlin ... und deshalb mein Zusatz "nicht wirklich". In Berlin gab / gibt es auch Pläne, einen Flughafen zu bauen. Warten wir mal ab, ob zuerst ein Zug im Plänterwald fährt oder ein Flugzeug am BER abhebt.

    Viele Grüße

    Toralf

  • Hab ich vor ein paar Jahren dort auch gemacht, herrlicher Lost Place und wohl der erste Freizeitpark den ich besuchte (und bestimmt auch der letzte :) )

    Ich würd durch das Unkraut noch ein paar Horrorclowns laufen lassen :D

    Ganz ehrlich, was wartet man da, die sollen das Gelände renaturieren oder Wohnungen draufbauen, Der alte DDR-Plänterwald ist lange weg und den wird es auch nicht mehr geben.

  • Hallo in die Runde,

    niemand verfolgt ernsthaft das Ziel, den Freizeitpark 1:1 wiederauferstehen zu lassen.

    • das Land Berlin investiert in das Erbpachtrecht auf Jahrzehnte, statt einem privat wirtschaftendem Unternehmen die "Vermarktung" des Geländes zu überlassen
    • der Plänterwald soll als Erholungsgebiet wieder hergerichtet werden
    • immer wieder werden interessierte Bürger eingebunden, gefragt und an der Erstellung des künftigen Nutzungskonzepts beteiligt
    • eine 600mm-Parkbahn ist im Konzept fest vorgesehen

    Schaut man nur ein kleines Stück weit spreeabwärts, wo aufs heftigste "nachverdichtet" wird, oder in Richtung des (gefühlt) konzeptbefreiten Tempelhofer Felds - dann verdient doch der Prozess, der hier gestartet wurde - unabhängig davon, ob einen das Resultat persönlich anspricht oder nicht - Anerkennung! Und für uns Bimmelbahner ist auch etwas dabei... deshalb halte ich mich an dieser Stelle gezielt mit Häme zurück, auch wenn die Realisierungszeiten zweifellos horrend sind - das ist aber nun bei weitem kein Problem, welches sich auf Berlin beschränkt.

    Viele Grüße,

    Benjamin