[HU] Auf schmaler Spur ums Donauknie

  • Hallo Schmalspurfreunde,

    im Sommer 2012 verbrachten wir unseren Urlaub in Visegrad am Donauknie nördlich von Budapest. Ein wunderschönes Hotel mit Außenpool beherbergte uns 11 Tage lang. An- und Abreise erfolgte mit dem EuroCity Berlin - Budapest, der auch im Bahnhof Nagymaros-Visegrad hält. Visegrad liegt auf der anderen Donauseite und ist mit einer Fähre erreichbar.

    Jeden Tag machten wir Ausflüge in die nähere Umgebung und konnten sehr viel erleben in dieser landschaftlich herrlichen Gegend. Hier kann man auch gleich mit einem Vorurteil aufräumen: Ungarn = Puszta. Der Norden Ungarns ist sehr gebirgig, der höchste Berg ist der Kekes mit 1014m. Auch ein Großteil der Schmalspurbahnen Ungarns befinden sich in dieser Gebirgkette.

    Ich möchte euch nun einladen, mir auf dieser Reise zu folgen. Es wird auf Schmalspurgleisen in die Berge gehen, ein paar normalspurige Nahverkehrsmittel werde ich euch vorstellen, wir besuchen ein Eisenbahnmuseum und ich werde natürlich auch wieder links und rechts der Gleise nach Sehenswürdigkeiten schauen.

    Ein Großteil der Eisenbahnbilder entstand wieder als Dia, ein paar wenige Aufnahmen aber auch mit der Familien-Digital-Knipse, die ich euch hier zeigen möchte.

    1. Teil

    Visegrad

    Willkommen in Visegrad. Regionalzug nach Budapest am Haltepunkt Nagymaros-Visegrad. Hier hält sogar der EC Berlin - Budapest.

    Visegrad ist ein kleiner Ort am Südufer der Donau mit etwa 1800 Einwohnern, hat aber eine sehr interessante und wechselvolle Geschichte und war teilweise Königssitz. Daher gibt es hier auch einige wertvolle historische Bauten: Oberburg, Unterburg und den Königspalast.

    Blick vom Königspalast zur Oberburg

    Im Inneren des Königspalasts.


    Kreuzgang

    Auf dem Weg vom Königspalast zur Oberburg liegt die Unterburg.

    Die Oberburg

    Im Inneren der Oberburg.

    Von der Oberburg hat man eine tolle Aussicht: links Visegrad, rechts Nagymaros.

    Willkommen in Ungarn. Im Hintergrund das Borzsöny-Gebirge, höchster Berg ist der Csovanyos mit 938m. In diesem Gebirge befinden sich mehrere Schmalspurbahnen, davon mehr in den nächsten Teilen.

    Viele Grüße

    Toralf

  • 2. Teil

    Waldeisenbahn Nagybörzsöny

    Die Waldeisenbahn Nagybörzsöny war (und ist wieder) Bestandteil eines großen Schmalspurnetzes im Börzsöny-Gebirge. In den 60er und 70er Jahren wurde fast alle Zweigstrecken stillgelegt. Nach einem schweren Zugunglück am 6.12.1974, bei dem es mehrere Tote gab, wurde der Betrieb auf der Verbindungsstrecke nach Marianosztra zur Schmalspurbahn Szob eingestellt, aber nie abgebaut. Die 8km Waldeisenbahn Nagybörzsöny - Nagyirtas wurde als Inselbetrieb bis 1992 weiterbetrieben. Als Besonderheit weist die Waldbahn 2 Spitzkehren auf. Zudem ist Graviationsbetrieb zugelassen.

    2002 wurde die Waldbahn für touristische Zwecke reaktiviert, gelegentlich wurde aber auch wieder Holz transportiert. 2016 wurde auch die Verbindungsstrecke nach Marianosztra saniert und wieder in Betrieb genommen. Seitdem ist es wieder möglich, das Börzsöny-Gebirge mit dem Zug zu überqueren und man kann 21km Schmalspurstrecke von Szob nach Nagybörzsöny bereisen.

    Die Personeneinstiegsstelle befand sich damals etwa 300m außerhalb des Bahnhofs und Depotgeländes. Heute starten die Züge am touristisch hergerichteten Bahnhof.

    Einsteigen bitte!

    Nun rumpelt der Zug gezogen bis Kisirtas. Hier erfolgt der erste Fahrtrichtungswechsel und der Zug wird bis Tolmacs-hegy geschoben. Hier ist dann der zweite Fahrtrichtungswechsel und gezogen geht es weiter nach Nagyirtas. Kurz vor Nagyirtas hält der Zug. Über ein Nebengleis umfährt die Lok und schiebt den Zug die restliche Meter bis zur Personenhaltestelle.


    Endstation Nagyirtas. Die Weiche im Vordergrund bzw. das Gleis nach rechts führt zur Holzverladestelle.

    Heute hat sich das Bild hier stark verändert. Ein zweigleisiger Bahnhof mit Bahnsteigen zum Umsteigen nach Marianosztra sowie ein stattliches Bahnhofsgebäude wurden errichtet. Die Güteranlagen sind verschwunden.

    Abfahrbereit. Im Hintergrund erkennt man schwach die Anlage zum Umfahren der Lok. Der Motor der Lok wird übrigens für die Talfahrt nicht angelassen. Der Zug wird handgebremst zu Tal gelassen.


    Nach dem Aussteigen der Fahrgäste in Nagybörzsöny fährt der Zug weiter ins etwa 300m entfernte Depotgelände. Auf der hintersten Plattform steht der Bremser. Der Grubenhunt erinnert an den Eisenerzbergbau in der Region.



    Das Depotgelände der Waldbahn.

    Während man heute mit dem Schmalspurzug über das Börzsöny-Gebirge nach Szob fahren kann, mußten wir damals den Linienbus nehmen. Davon mehr im nächsten Teil.

    Viele Grüße

    Toralf

  • 3. Teil

    Schmalspurbahn Szob - Marianosztra

    Ursprünglich entstand diese Linie als Bestandteil eines Waldbahnetzes. 1922 wurde eine Verbindungsstrecke zur Waldeisenbahn Nagybörzsöny gebaut, die bis zum oben erwähnten schweren Zugunglück 1974 in Betrieb war. Von 1955 bis zur Betriebseinstellung 1992 betrieb die MAV diese Strecke zur Schotterabfuhr von einem Steinbruch bei Marianosztra. Noch heute fährt der Schotter auf der Straße parallel zur Bahn mit Lkw. Neben Dampfloks und den ungarischen Mk48 kamen hier auch rumänische Mk45 zum Einsatz, wie sie heute noch in Budapest laufen. Uns sind die Loks besser unter der Bezeichnung L45H oder Lxd2 (Polen) bekannt.

    2009 wurde die Strecke für den touristischen Personenverkehr reaktiviert und seit 2016 ist die ehemalige Verbindungsstrecke zur Waldbahn Nagybörzsöny wieder in Betrieb.

    Damit ihr wisst, wo wir sind.

    In Szob befindet sich der Schmalspurbahnhof gleich neben dem Normalspurbahnhof.

    Haltepunkt Mariakut


    Angekommen in Marianosztra. Rechts sieht man den Steinbruch, den die Bahn bis 1992 bediente.

    In Marianosztra gibt es ein Kloster ...


    ... von dem man aber nur die Klosterkirche besuchen kann, da das Kloster aktiv ist und von Mönchen bewohnt wird.


    Zurück am Bahnhof wartet schon der Zug. Im Hintergrund der Kreuzweg mit der Wallfahrtskirche.

    Gegenüber vom Bahnhof liegt das Kloster, das wir gerade besuchten.

    Nimmt man das Tele noch etwas mehr zurück, offenbart sich einem dieses Panorama. Links neben dem Kloster befindet übrigens das Staatsgefängnis.

    Da ich nicht beabsichtigte, Mönch oder straffällig zu werden ... schnell weg hier.

    Viele Grüße

    Toralf

    Einmal editiert, zuletzt von Toralf750 (1. Dezember 2019 um 00:09)

  • Hallo Toralf,

    die gezeigte Lok auf den Szober Bahner ist übrigens ein DDR-Produkt, eine bei LKM gebaute Ns 3. Sie hat ein ungarisches Führerhaus bekommen, deshalb erst auf den zweiten Blick zu erkennen. Viele Grüße,

    Marian.

  • Teil 4

    Waldeisenbahn Kismaros und Kreisstadt Vac

    Wir kommen nun zur Kniescheibe des Donauknies.

    Die 11km lange Waldeisenbahn Kismaros - Kiralyret wird heute noch ganzjährig im Personenverkehr betrieben. Hinzu kommt ein 1 km langes Anschlußgleis zum Umladebahnhof Veröce.

    Im Bahnhof Kismaros steht abfahrbereit der Zug nach Kiralyret. Auf dem 1. Bild ist rechts die Regelspurstrecke Budapest - Szob zu sehen. Rechts von der Brücke befindet sich der Haltepunkt, umsteigen als kein Problem.

    Nach Kiralyret einsteigen bitte.

    Am Endbahnhof Kiralyret wartet bereits Mk48-2031 mit 2 Wagen. Unser Triebwagen mit einem Personenwagen setzt sich ans Zugende.

    Vac

    Vac hat eine wunderschöne Altstadt und ist durchaus einen Abstecher wert.

    Im nächsten Teil wechseln wir die Donauseite und es wird regelspurig.

    Viele Grüße

    Toralf

  • Teil 5a

    Nahverkehrsmuseum Szentendre - Außenbereich

    In der wunderschönen Stadt Szentendre (davon mehr im Teil 6) befindet sich das Budapester Nahverkehrsmuseum. Von Budapest in die umliegenden größeren Ortschaften gibt es mehrere betrieblich getrennte Vorortbahnen, die anfänglich mit Dampfloks, später mit Dieselloks und heute elektrisch betrieben werden. Diese Vortortbahnen heißen HEV, Szentendre ist Endpunkt eine dieser Linien. In Budapest selbst gibt es im Nahverkehr mehrere U-Bahn-Linien, unzählige Straßenbahn- und Buslinien sowie je eine Zahnradbahn, Standseilbahn und einen Sessellift. Diese laufen unter der Bezeichnung BKV. Dazu jedoch später.

    Das Nahverkehrsmuseum ist im alten Depot der HEV untergebracht. Da neue Depot befindet sich gegenüber.

    HEV-Zug der vorletzten Generation

    Dieselloks der HEV

    E-Lok und Diesellok der HEV

    Verschiedene Fahrzeuge im Außenbereich

    HEV- Loks und Triebwagen

    HEV-Loks und Wagen

    BKV-Straßenbahn

    Im Teil 5b gibts dann ein paar Fahrzeuge in der Halle zu sehen.

    Viele Grüße

    Toralf

  • Dazu kann ich noch ein paar ältere Raritäten liefern von unserem Besuch im Oktober 1983.

    Entstanden im Depot von Nagybörzseny.

    Ein Blick über das Gelände.


    Unser Wagezug für die Mitfahrt.

    Und das Zugfahrzeug.

    Sowie ein Fahrplan aus den damaligen Zeiten.

    MfG Rudi.

  • rekoheizer

    Danke für die Ergänzung zu Nagybörzsöny. Als ich dort war, hatte sich noch nicht allzuviel verändert. Die große touristische "Umgestaltung" kam erst mit der Reaktivierung der Verbindungsstrecke nach Marianosztra.

    Irgendwann Mitte der 80er wurde die Waldbahn auch mal im Modelleisenbahner vorgestellt.

    Gruß

    Toralf

  • Teil 5b

    Nahverkehrsmuseum Szentendre - Fahrzeughalle

    In den Nebenräumen der Fahrzeughalle finden sich unzählige Schautafeln zur Geschichte des Nahverkehrs in Budapest. In der Fahrzeughalle selbst gibt es zahlreiche Straßenbahnen und Sonderfahrzeuge zu sehen. Hier nur eine kleine Auswahl:

    HEV-E-Lok und BKV-Straßenbahn

    Kehrlokomotive der HEV

    Verschiedene Budapester Straßenbahnen:

    Budapester Dampfstraßenbahn

    Güterlok der Straßenbahn

    In einer Nebenhalle finden sich dann die Straßenfahrzeuge des Budapester Nahverkehrs. Exemplarische hier nur eine Aufnahme:

    Ikarus 556

    Viele Grüße

    Toralf

  • Teil 6

    Szentendre

    Wie bereits erwähnt, gibt es zum Nahverkehrsmuseum auch noch ein wunderschönes Kleinstädtchen. Das altösterreichische Stadtbild beherbergt viele Künstler. In vielen Cafes, Restaurants und Weinstuben kann man es sich gutgehen lassen.

    Hier einige unkommentiert Eindrücke:

    Und hier noch ein Geheimtip, von dem wir damals nichts wußten. Am Stadtrand von Szentendre befindet sich das größte Bauernhof-Museum Europas. Auf einem 60ha großen Gelände wurden insgesamt 13 Dörfer unterschiedlichster altungarischer Gegenden aufgebaut. Darüberhinaus wurde eine richtig urige ungarische Nebenbahn errichtet, die mit Hilfe von 2 Spitzkehren Besucher durch das Gelände fährt. Es gibt insgesamt 6 Stationen, gefahren wird mit zwei uralten Dieseltriebwagen. UNBEDINGT ANSCHAUEN!

    Das Museum: https://de.wikipedia.org/wiki/Skanzen_(Szentendre)

    Die Bahn: https://www.albertbahn.hu/deutsch/bahnfo…seum-szentendre

    Damit verlassen wir das Donauknie und kommen demnächst zum letzten Teil.

    Viele Grüße

    Toralf