Betrieb der Harzer Schmalspurbahnen 2020

  • Hier rächt sich auch das Betriebskonzept der letzten Jahre, das nur eine bestimmte Anzahl an Fahrzeugen betriebsfähig vorgehalten wird. 9 Loks und ein VT gammeln mehr oder weniger vor sich hin, jetzt könnte man sie gebrauchen.

    Einmal editiert, zuletzt von Hobbybahner (17. Juli 2021 um 08:17)

  • Hallo Hobbybahner,


    das liegt aber nicht zuletzt hauptsächlich an der nicht ausreichenden finanziellen Ausstattung der HSB durch ihre Geldgeber. Über 2 Jahrzehnte wurden die Zuschüsse bei stetig steigenden Kosten nicht erhöht. Die zuletzt beschlossene Zuschusserhöhung konnte da nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Die Politik hätte schon viel eher investieren müssen. Entweder ist der uneingeschränkte Wille zur Erhaltung mit entsprechender finanzieller Ausstattung da, oder man lässt alles wie derzeit, dann läuft es auf einen langsamen „Tod“ hinaus.


    Freundliche Grüße von Karl-Michael

  • Was meinen Vergleich zu dem Schnitt seinerzeit auf Rügen angeht: das wäre im Harz zumindest Fahrzeugseitig nicht so einfach. Auf Rügen gab es massive Lok- und Wagenhilfe anderer Bahnen, um den Betrieb nach dem Insolvenz-Desaster wieder aufzunehmen. Das ginge im Harz aber gar nicht, da es keine andere 1.000mm-Bahn gibt, welche Material zur Verfügung stellen könnte.

    Hallo Thomas,

    dazu eine kurze Bemerkung. Die Rügensche Kleinbahn GmbH hat 2008 den Verkehrsvertrag nicht durch Insolvenz verloren, sondern im Zuge einer Ausschreibung im Wettbewerb. Über die miserable Firmenpolitik der Jahre davor brauchen wir uns nicht unterhalten, aber in Insolvenz war das Unternehmen damals nicht, auch nicht 2004, als wirklich seitens des Landes MV (als Gläubiger) Insolvenzantrag gestellt, aber vom Gericht abgelehnt wurde.

    Über den Rest möchte ich nur soviel sagen, dass hier in dem ganzen Thread viele Wunschträume von Eisenbahnfreunden zu lesen sind, die ziemlich unrealistisch sind.

    Und das Dampflokwerk Meiningen kann der HSB keine große Hilfe mehr sein. Dafür sind die Kapazitäten dort einfach zu sehr geschrumpft.

    Eine Aufarbeitung weiterer 199 wird wohl am Motorenproblem scheitern. Die eingebauten 12 KVD-Motoren sind allgemein einfach verschlissen und eine Remotorisierung ist wegen der heutigen Emissionsvorschriften auch kein Schnäppchen, wenn es überhaupt ein schon zugelassenes Remotorisierungskonzept gibt. Die vielen V 100-Remotorisierungen der letzten 20 Jahre folgten noch den älteren Vorschriften und sind heute wohl nicht mehr anwendbar.

    Über Einzelgänger und Exoten, wie 199 301 müssen wir hier gar nicht diskutieren. Das wäre ein Luxusprojekt, das völlig unrealistisch ist.

    In meinen Augen müssen sich die Kollegen in Wernigerode selbst kümmern, also in der bestehenden Werkstatt Westerntor und später dann im Werkstattneubau. Also Nutzung der vorhandenen Ressourcen und Ausbildung und Bindung qualifizierter Mitarbeiter, wobei besonders die Bindung der Mitarbeiter bei der HSB ein wichtiger Punkt ist.

    Ich hätte eigentlich gehofft, dass man die Corona-Zwangspause besser zur Gesundung des Fahrzeugparks genutzt hätte. Also Personal wäre im Zuge der fast vollständigen Betriebseinstellung ja genug vorhanden gewesen. Da hätte man vor allem beim Lokpersonal ganz sicher viele helfende Hände gefunden, die wohl froh gewesen wären, für 100 % in der Werkstatt zu schrauben, anstatt für 60 % Kurzarbeitergeld zu Hause zu sitzen.

    Und zu eng sollte es auch nicht werden. Es gibt das 3-Schichtsystem.

    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Hallo zusammen,

    die einzige Lok, die mir noch einfiele (wenigstens für's Selketal), wäre die 11sm der Brohltalbahn.....zumal, wenn dort die Strecke tatsächlich saniert wird. Aber ich kann natürlich nicht einschätzen, ob die Lok dort von den technischen Merkmalen eingesetzt werden dürfte und vor allem, ob man solch eine Lok vermieten würde. Sie hätte dann doch Einiges zu leisten.

    Viele Grüße,

    Lenni

  • Hallo,

    im Grunde ist dem Beitrag von Dampfachim nicht viel hinzuzufügen, vielen Dank dafür.

    Letztlich liegt das Problem einfach an der fehlenden eigenen Werkstatt. Hier hat die ganze Entscheidungsfindung zum Werkstattneubau einfach viel zu lange gedauert, hier dürfen Dankesschreiben gerne an die ehemalige Nordhäuser Landrätin und thüringische Infrastrukturministerin Frau Keller gerichtet werden. Die Quittung bekommt man jetzt und wenn wir ehrlich sind wird sich das in den nächsten 1-2 Jahren bis die neue Werkstatt voll in Betrieb ist leider nicht wesentlich ändern. Dafür muss es aber mit dem erhöhten Finanzrahmen gelingen das Personal für Fahrdienst und Werkstatt in ausreichender Zahl zu halten und damit einen Fuhrpark betriebsfähig zu erhalten der für die gewünschten Fahrpläne ausreichend ist und Reserven bietet. Wenn man sich vor Augen führt was in der Vergangenheit durchaus auch "nebenher" geleistet worden ist (ich erinnere an die Farrail-Sonderfahrten wo teilweise 3 Neubauloks zusätzlich unterwegs waren), dann kann die eigentlich seit vielen Jahren im wesentlichen unveränderte Kalkulation des notwendigen Fuhrparks ja so falsch nicht sein sondern der Grund für die aktuelle Misere ist wohl im Wesentlichen in der zunehmend unkalkulierbaren Werkstattsituation zu suchen.

    Was die Diskussion um Leihfahrzeuge angeht: Aus meiner Sicht gibt es in Deutschland keine betriebsfähigen 1000mm Triebfahrzeuge für die HSB als Leihfahrzeuge in Frage kämen, außer vielleicht die 11sm der IBS. Wenn ich aber sehe wie sehr Diese von betriebsführenden Verein zu Recht gehegt und gepflegt wird, dann wird man Sie wohl kaum für einen verschleißreichen Planeinsatz im Harz hergeben. Und selbst der DEV (als zweitgrößter Betreiber) hat aktuell viele Fahrzeuge mit Fristablauf und somit auch keine Loks zu verteilen die man nicht selber braucht.

    Gruß Michael

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  • Hallo Achim,

    Die Rügensche Kleinbahn GmbH hat 2008 den Verkehrsvertrag nicht durch Insolvenz verloren, sondern im Zuge einer Ausschreibung im Wettbewerb. Über die miserable Firmenpolitik der Jahre davor brauchen wir uns nicht unterhalten, aber in Insolvenz war das Unternehmen damals nicht, auch nicht 2004, als wirklich seitens des Landes MV (als Gläubiger) Insolvenzantrag gestellt, aber vom Gericht abgelehnt wurde.

    danke für Deine Korrektur, das war mir nach all den Jahren nicht mehr richtig in Erinnerung bzw. ich hätte es besser recherchieren müssen.

    Dampfachim und Michael89

    Realistisch - oder soll ich sagen: fatalistisch? - betrachtet kann wohl wirklich nur die neue Werkstatt helfen. Fraglich ist jedoch, ob und wie man die noch sehr lange Durststrecke durchstehen kann, bis deren Betrieb richtig rund läuft und die Arbeitsergebnisse wirklich greifen und merklich Abhilfe schaffen. Das dürfte ja, eine Inbetriebnahme wie geplant 2022 vorausgesetzt, noch 3 - 4 Jahre dauern.

    Die aktuelle "Augen zu und durch"-Mentalität der Verantwortlichen (siehe mein Beitrag #370) dürfte da an ihre Grenzen stoßen, das ist der touristischen Nachfrage und damit letztlich der teuer zahlenden Kundschaft nur sehr begrenzt zu vermitteln.


    Beste Grüße aus dem Bergischen Land

    Thomas

  • Dampfachim und Michael89

    Realistisch - oder soll ich sagen: fatalistisch? - betrachtet kann wohl wirklich nur die neue Werkstatt helfen. Fraglich ist jedoch, ob und wie man die noch sehr lange Durststrecke durchstehen kann, bis deren Betrieb richtig rund läuft und die Arbeitsergebnisse wirklich greifen und merklich Abhilfe schaffen. Das dürfte ja, eine Inbetriebnahme wie geplant 2022 vorausgesetzt, noch 3 - 4 Jahre dauern.

    Die aktuelle "Augen zu und durch"-Mentalität der Verantwortlichen (siehe mein Beitrag #370) dürfte da an ihre Grenzen stoßen, das ist der touristischen Nachfrage und damit letztlich der teuer zahlenden Kundschaft nur sehr begrenzt zu vermitteln.

    Hallo Thomas,

    auf die neue Werkstatt zu warten, wäre wohl das falsche Signal. Die HSB besitzt mit den Anlagen in Westerntor ein "kleines AW" und sollte es bestmöglich nutzen, notfalls eben im 3-Schichtrhytmus. Dafür braucht man ganz sicher Personal, das richtige Personal, dafür braucht es Motivation, Idealismus und Identifikation mit dem Unternehmen. Dafür braucht man eben auch mal andere Wege als die eingetretenen Pfade.

    Meine Kollegen hier in Putbus haben es unter viel schlimmeren räumlichen Voraussetzungen gerade wieder vorgemacht. Da muss man dann eben auch mal improvisieren und sich ggf. auch Partner ins Boot holen, nicht nur aus Meiningen. Jetzt alles vor sich herzuschieben, bis dann die neue Werkstatt steht, wäre für das Unternehmen HSB wohl eine Katastrophe. Allein die fast täglich verbreiteten Ausfallmeldungen und die geänderten Bespannungen sind Ausdruck des Zustands des Unternehmens. Die HSB ist ein echter Pflegefall und das ist nicht mehr zu verstecken.

    Eine Insolvenz ist aus meiner Sicht nicht unbedingt die richtige Lösung, denn die birgt große Risiken. Ich sehe da immer zuerst das Personal. Da die HSB nie der attraktivste Arbeitgeber in der Region war, würden sich viele (sehr viele???) gute Leute spätestens im Falle einer Insolvenz anderweitig umsehen. Vergesst bitte nicht, dass das Insolvenzausfallgeld wieder nur 60 (67)% beträgt und sie gerade die Kurzarbeit hinter sich haben.

    Und gerade für eine historische Eisenbahn brauche ich ganz spezielle Mitarbeiter, die man nicht mehr überall findet.

    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Nun schön, Achim, da liegen wir ja gar nicht weit auseinander (ich zitiere zu Dir mal ausnahmsweise mich selbst):

    auf die neue Werkstatt zu warten, wäre wohl das falsche Signal. Die HSB besitzt mit den Anlagen in Westerntor ein "kleines AW" und sollte es bestmöglich nutzen, notfalls eben im 3-Schichtrhytmus.

    Hier würde wohl nur eine massive "Werkstatt- und Hauptuntersuchungs-Offensive" z. B. über die Winterpause helfen können. Dies wiederum wäre - selbst wenn irgendwer dafür Geld spendieren würde - auch nicht so einfach, das es dazu wiederum an Kapazitäten fehlen würde.

    Deinen Vorschlag aus Sicht des anerkannten Praktikers - fast alle hier im Forum sind ja nur interessierte Laien mit allenfalls rudimentärem Grundwissen - zur Nutzung der Werkstattkapazitäten in WR-Westerntor und damit gleichzeitig des Kapazitätsproblems insgesamt finde ich sehr interessant und nachdenkenswert, so etwas hätte ich mich nie getraut zu schreiben.

    Du kannst neben Deinem sonstigen Eisenbahnerwissen auch die Werkstattausstattung von uns allen hier mit am Besten beurteilen. Gehen wir also mal davon aus, dass die Maschinenausstattung etc. tatsächlich dazu reicht, eine komplette HU selbst durchzuführen (immerhin gab/gibt es ja schon Neubauloks mit der Aufschrift "Wt" auf der Pufferbohle), dann sollte Dein Gedanke schnellstens weiter gedacht werden!

    Notfalls muss man das, was man nicht selbst kann, dann eben immer noch zukaufen. Wie hier schon oftmals geschrieben wurde: eine Dampflok ist reine Mechanik und kein Hexenwerk, und zumindest mir kann niemand erzählen, dass es nicht irgendwo auch für jedes Problem einen Betrieb der Metallbranche gibt, der ein spezielles Problem auch heute noch mit Spezialwissen lösen kann.

    Die Vorstellung von der großen, allheilenden "Dampflokklinik" in Meiningen ist hingegen wohl wirklich passée. Diese goldenen Zeiten, wo in einem Zeitraum eines Viertel- bis halben Jahres jeder noch so kranke Patient komplett gesund gepflegt wird, sind vorbei und kommen auch nicht wieder.

    Allerdings sehe ich zu Deinem Vorschlag, es in Wernigerode-Westerntor mit Engagement und Hingabe selbst zu machen, noch zwei nicht unerhebliche Hürden:

    1.

    Aus meinen Gesprächen vor Ort weiß ich, dass die Identifikation des "Basis"-Personals der HSB mit ihrer Eisenbahn als solche eine sehr hohe ist. Denen ist zweifelslos bewusst, was sie da für Schätze betreiben, welche Bedeutung die Schmalspurbahn hat, und dementsprechend gehen sie auch damit um. Die Loyalität zur eigenen Unternehmensspitze hingegen ist jedoch so katastrophal schlecht, wie ich es selten erlebt habe.

    Wenn nun genau diese Unternehmensspitze einen Dreischichtbetrieb einfordern würde, um das Unternehmen zu retten, dann wäre das nicht zu vermitteln und würde auch keine Akzeptanz finden. Zu beurteilen, ob ein Wechsel des Managements hier helfen kann, steht mir nicht zu. Dazu sage ich nur soviel: an der Spitze eines mittelständischen Eisenbahnunternehmens kann ich persönlich mir einen gelernten und erfahrenen Eisenbahner besser vorstellen als einen fachfremden Juristen.

    2.

    Die aktuelle Unternehmesspitze würde die Steigerung der Auslastung der aktuellen, "alten" Werkstatt zum beschriebenen Zweck wohl auch nicht befürworten. Da würde man sich ja selbst völlig ins Abseits schießen und ad absurdum führen mit der Argumentation für die Erforderlichkeit der neuen Werkstatt. Zu Groß ist die Gefahr, dass bei Erfolg Deiner Idee irgendein Politiker (= Geldgeber) fragt: "Wozu brauchen wir dann überhaupt die teure neue Werkstatt, wenn die alte auch die Probleme lösen kann?". Erst vor ein paar Wochen gab es ein Riesenpalaver um die Kostensteigerung von 10 auf 14,5 Mio €, welche die Politik letztlich nur geschluckt hat mit dem Verweis auf die Alternativlosigkeit des Werkstattneubaus.

    Das amtierende Management stellt dies bei jeder Gelegenheit so dar - siehe auch die schwülstigen Reden anlässlich des Richtfestes vor zwei Wochen - und würde sich ja mit einer funktionierenden Alternative sofort selbst demontieren. Also macht man weiter wie bisher, wurschtelt sich irgendwie durch, schneidet alte Zöpfe nicht ab und rettet sich über die Zeit.


    So, genug der heißen Worte von meiner Seite bei diesem heißen Wetter - ich danke hier auch einfach mal jedem Schreiber für die Ideen und die angeregte, faire Diskussion. Auch wenn nicht alle Vorschläge eine realistische Basis haben, so zeigen sie dennoch, dass die HSB ihre treuen Unterstützer haben - und das hat dieses einmalige Kleinod auch verdient!


    Beste Grüße aus dem Bergischen Land

    Thomas

  • Hallo Thomas,

    das ist mir vollkommen bewusst. Wenn man jetzt die bestehende Werkstatt auf Höchstleistungen bringt, macht man sich in Bezug auf die neue Werkstatt unglaubwürdig.

    Ich glaube aber nicht, dass der HSB die nötige Zeit bis zur Inbetriebnahme und dem Hochlauf der neuen Werkstatt und ihrer Mannschaft bleibt.

    Ob man nun unbedingt im 3-Schichtbetrieb arbeitet, oder das anders organisiert, ist eigentlich auch völlig egal. In meinen Augen bleibt den Kollegen dort nichts anderes übrig, als die Sache in die Hand zu nehmen, damit die Buchstaben HSB wieder für Zuverlässigkeit stehen und nicht immer die Frage dahinter steht, ob man mit dem avisierten Zug überhaupt ans Ziel kommt.

    Das soll es zusammengefasst von mir erst einmal gewesen sein.

    Viele Grüße

    Dampfachim