Betrieb der Harzer Schmalspurbahnen 2020

  • Machen wir uns nichts vor, es wird viele Jahre dauern, den HSB-Fahrzeugpark zu gesunden. Wenn die neue Werkstatt in Betrieb geht, muß sich erst alles einspielen, müssen Erfahrungen gesammelt, sowie zusätzliches, fähiges Personal gefunden (und vor allem auch gehalten) werden. Dann dauert es wiederum ein paar weitere Jahre, den Aufarbeitungs-Rückstand aufzuholen.

    Wer sich heute noch auf die DB AG-Ausbesserungswerke verlässt, egal ob Meiningen, Cottbus oder Dessau, der ist verraten und verkauft. Denn außer arroganten Versprechungen, passen da Qualität und Preis-/Leistung in keinster Weise mehr zusammen. Da hat in den letzten Jahren überall ein Generationswechsel stattgefunden, flankiert mit massig Einsparungen, der mit einem enormen Know-How- und Qualitätsverlust einherging.

    Ich persönlich habe zwar mit Dampfloks nicht zu tun, aber dafür mit der Diesel- und Elektrotraktion. Da könnte ich schon ein Lied von der "Qualitätsarbeit" der großen AWs singen.

    Zum Glück haben sich aber mitterweile auf dem freien Markt genügend kleine und mittelständige Unternehmen, auch aus dem Ausland, gefunden, die in diese Lücke stossen und weiter qualitativ hochwertige Instandhaltungsarbeiten anbieten. Und das in der Regel erheblich günstiger als DB Instandhaltung. Dort ist man jedenfalls fleissig dabei, sich mit Schlechtleistungen aus dem Markt kegeln.

    Also hoffen wir, daß es der HSB mit der neuen Werkstatt und in Zusammenarbeit mit mittelständigen Zulieferern ebenfalls gelingt, wieder eine qualitativ hochwertige Instandhaltung für die Harzdampfer zu etablieren!

  • Hallo zusammen,

    dass jetzt im Bimmelbahn(!)-Forum zur Rettung der HSB von einigen Eisenbahnfreunden die Verdieselung bzw. Elektrifizierung der Brockenstrecke herbeigeredet wird, auf der offenbar demnach jährlich gegen 1.000.000 Fahrgäste sich nur widerwillig in unmodernen, unbequemen und mit stinkenden, klimaschädlichen Dampfloks bespannten Zügen auf den Brocken karren lassen, erstaunt mich dann doch.

    Vor 30 Jahren wurde dieser Quatsch gottseidank wirksam verhindert. "Giesecke und Schreck nehmen uns die Arbeit weg" war einer der Slogans gegen diese Investorenpläne, es entstand eine breite Front aus Belegschaft und Eisenbahnfreunden, die letztlich auch die Politik überzeugte und erfolgreich für die Erhaltung des Gesamtnetzes mit täglichem Dampfbetrieb kämpfte.

    Und heute soll das auf einmal genau anders sein?

    Fassungsloses Kopfschütteln meinserseits...


    Beste Grüße aus dem Bergischen Land

    Thomas

  • (...)

    Vor 30 Jahren wurde dieser Quatsch gottseidank wirksam verhindert. "Giesecke und Schreck nehmen uns die Arbeit weg" war einer der Slogans gegen diese Investorenpläne, es entstand eine breite Front aus Belegschaft und Eisenbahnfreunden, die letztlich auch die Politik überzeugte und erfolgreich für die Erhaltung des Gesamtnetzes mit täglichem Dampfbetrieb kämpfte.

    Und heute soll das auf einmal genau anders sein?

    Fassungsloses Kopfschütteln meinserseits...

    Hi,

    Hm, naja vielleicht weil selbst die "Bimmelbahnler" Angst vor der Alternative (schleichender Niedergang bis zur Insolvenz/Einstellung des Betriebs/Stillegung) haben.

    Ich glaube, insbesondere der Satz "Und heute soll das auf einmal genau anders sein?" ist etwas übertrieben.

    Ich sehe eher eine sachliche (wenn auch zT träumerische) Diskussion zur Rationalsierung der laufenden Kosten (neue Züge für den Massentransport zum Brocken, für Leute denen die Traktion egal ist), um dem zusätzlichen, traditionellen Dampfbetrieb überhaupt in Zukunft langfristig eine Chance einzuräumen.

    Ich glaube schon, dass alle hier lieber die HSB der 2000er-Jahre hätten, vorallem auch in Zukunft ohne großflächigen Dieseleinsatz und Oberleitung!

    Mfg

    Minfredo

  • Hallo zusammen,

    ich kann ThomasKugel nur zustimmen. Fahrt doch mal tatsächlich selber in den Harz und hört den Leuten zu die mit euch im Zug sitzen oder an der Fahrkartenausgabe neben euch stehen. Die Leute wollen Dampf und die (ersatzweise) mit Harzkamel gefahrenen Züge werden von den Leuten verschmäht. Das es dennoch einen Bedarf der Fahrgäste für zeitgemäßeres WAGENmaterial geben könnte, möchte ich gar nicht abstreiten.

    Nicht nachvollziehbar ist für mich weiterhin dass Einzelne hier ein Verkehrsbedürfnis IM SELKETAL für Nahverkehr mit modernen Fahrzeugen im Takt herbeireden, wo sollen die Fahrgästen denn dort bitte herkommen? Es gibt dort im Wesentlichen nur Touris und diese wollen nunmal zumindest auch Dampf sehen. Es fehlt halt nach wie vor an einem über die HSB hinausgehenden Gesamtkonzept zu dem aber alle örtlichen Beteiligten ihren Teil beitragen müssen.

    Ich finde der veränderte Fahrplan hat schon Einiges gebracht, es gibt im Selketal jetzt auch mehr Verbindungen die diesen Namen und verdienen und nach meinen Beobachtungen der letzten 2 Wochen sind selbst Triebwagenverbindungen gut gefüllt, sofern Sie denn tatsächlich eine Verbindung irgendwohin bieten (gutes Beispiel der 8951 morgen von Quedlinburg in den Harz, dieser kam in Stiege schon knackevoll an und verteilte seine Fahrgästen in ETM auf die den 8920 zum Brocken und den VT nach Nordhausen. Ebenso gab es dann einen guten Schwung Mitfahrer zurück Richtung Quedlinburg (aus dem 8920).

    Kritisch ist aus meiner Sicht weiterhin das Thema Verpflegung auf längeren Touren, hier bringt mir die Bahnhofsgaststätte halt nix wenn ich nach dem Ausstieg erst feststelle dass heute Ruhetag ist.

    Auch auf die Gefahr hin mich hier zu Wiederholen, es bedarf in erster Linie jetzt einer Stabilisierung der Fahrzeug- und Personalsituation. Danach kann man schauen wo noch weiter mit Blick auf die Fahrgästeoptimiert werden kann (hier muss man das sture "Same Procedure" der letzten Jahre sicherlich kritisieren). Und Schlussendlich muss man dann endlich auch bei den Gesellschaftern einfordern dass diese eine Rolle zur Koordinierung einnehmen.

    Ein positives, wenn auch aus der Not heraus gebohrenes Beispiel ist übrigens die "Schlemmertour" die bei der HSB bei den Sonderfahrten angeboten wird. Früher wurde diese Fahrt mit dem GHE T1 angeboten, danach mit Fischstäbchen. Dies war zwar generell ganz nett gedacht, hatte aber den Nachteil das beide Fahrzeuge keine Toilette haben, was bei einer solchen Tour naturgemäß ungünstig ist. Mittlerweile sind diese Touren als Reservierungen in die Planzüge eingebettet, keine Fahrzeugmehrbedarf, Toilette im Zug und über 90% Dampfanteil (Quedlinburg-Harzgerode und Harzgerode-ETM-Hasselfeld-Quedlinburg und dabei nur 2 Mal Alexisbad-Harzgerode mit VT). Die Fahrgäste sind zufrieden (fast immer ausverkauft). Solche Ideen braucht es mehr.

    Gruß Michael

    26305-signatur-def-jpg

  • Ich finde der veränderte Fahrplan hat schon Einiges gebracht,

    Dem kann ich nur zustimmen (um auch mal wieder auf den eigentlichen Titel dieses Threads zurückzukommen).

    War ich bislang oftmals alleiniger Fahrgast im viel zu früh fahrenden 8901 (07:25 Uhr ab Wernigerode Richtung Nordhausen), so fährt dieser jetzt eine Stunde später (ab 08:25 Uhr) und ist - oh Wunder - sehr viel besser gefüllt von Frühaufstehern, welche bewusst diese Verbindung "kurz nach dem Frühstück" nutzen, um zum Ausgangspunkt ihrer Wanderung an der Harzquerbahn, ins Selketal oder gar bis nach Quedlinburg oder Nordhausen zu kommen.

    Solche kleinen Details können schon kleine Wunder bewirken - weiter so!

    Und genau das meine ich auch, wenn ich hier schonmal gefordert habe, alte Zöpfe abzuschneiden und behutsam das Jahrzehnte alte Fahrplankonzept zu überarbeiten. Es muss nämlich nicht gleich so eine revolutionäre Luftnummer wie "der zweite Dampfumlauf ab Nordhausen" sein - nein, auch kleine Veränderungen führen zum Erfolg, wenn man sie gut durchdenkt und dann einfach mal ausprobiert.


    Beste Grüße aus dem Bergischen Land

    Thomas

  • Sehe ich im großen und ganzen ähnlich. Die HSB ist in erster Linie ein Opfer über 20 Jahre alter Verträge ohne finanzieller Dynamisierung, die bei ständig steigenden Kosten keinen auskömmlichen Betrieb mehr ermöglichten. Wenn die HSB finanziell auch nur ansatzweise so gut gepampert wäre, wie dies bei den sächsischen Bahnen der Fall ist, hätte man auch weit mehr machen können. Problem war ewig bekannt, wurde aber erst kurz vor knapp endlich angegangen. Somit kann man in finanzieller Sicht wieder hoffnungsvoller in die Zukunft schauen.

    Das zweite massive Problem ist halt DB Instandhaltung mit seiner seit Jahren konstanten Schlechtleistung. Man hat sich viel zu lange auf diesen vermeintlichen Monopolisten der Dampflokinstandhaltung verlassen. Jetzt hat man den Salat! Loks stehen Ewigkeiten zur HU in Meiningen, kommen ausnahmslos mit massiven Mängeln zurück, die nochmal Monate der Nacharbeit bedeuten. Und das alles auch noch zu Wucherpreisen. Auch diese Probleme sind seit vielen Jahren absehbar gewesen. Die eigene Ausbesserungswerkstatt hätte eigentlich schon vor Jahren fertig sein müssen. Die sächsische SDG war in diesem Punkt jedenfalls weit vorausschauender unterwegs, was sich heute als Glückfall für eine vernünftige Instandhaltungsbasis herausstellt.

    Jetzt steckt die HSB natürlich knietief im Schlamassel drin. Aber die richtigen Schritte sind endlich eingeleitet, wenn auch erst 5 vor 12. Natürlich dauert es jetzt mehrere Jahre, bis das alles greift und merklich besser wird. Denn zaubern kann schliesslich Keiner!

  • Hallo Zusammen,

    viele gute Anregungen werden hier zusammengetragen. Für und Wieder ist im Ausstausch. Jeder hat etwas Recht und seinen Standpunkt.

    Dennoch wir leben in 2020. Keiner will z.B. mit einer Erika Schreibmaschine mit Blaupapierdurchschlag noch seine Post erledigen,

    zu einen fernmündlichen Gespräch eine Kabine in einer Postfiliale aufsuchen müssen oder sich dazu an eine Telegrafenleitung anzapfen

    müssen, seine Suppe täglich am offenen Feuer bereiten zu müssen usw. auch wenn dies alles mal seine Berechtigung hatte und auch

    romantisch daherkommt.

    Ich verstehe nicht, warum z.B. zumindest ein zeitgemäßer neuer HSB Zug (eine Komplettgarnitur) mit verläßlichen soliden Fahrtangebot

    nicht seine Berechtigung neben einem historischen Konzept haben sollte und hier nur begrenzten Anklang findet. Der Kunde kann wählen,

    was und womit er fahren und dazu auch bezahlen kann/will. Ich möchte da auch etwas in Richtung allseits praktizierter zeitgemäßer

    Bemühungen um eine teilweise Niederflurigkeit für Mobilitätseingeschränkte gehen.

    Ein leider negatives Beispiel ist dazu bei unserer Dampfschiffahrt hier zu finden, Beitrag da Nr. 418. Hier war man schon mal auf einem

    soliden guten Weg, das Ergebnis verfehlter Entscheidungen ist leider heute schmerzlich ebenfalls zu beobachten und allseits bekannt.

    Es gibt Paralellen beider Firmen, leider können noch so fleissige und motivierte Mitarbeiter diese Fehler nicht ausgleichen.

    Es ist hier in Dresden allseits bekannt, das die (damals modernen und fast neuen) MS Gräfin Cosel & August der Starke betreffs ihres klobigen Ausssehen bis heute keine optische Beliebtheit gegenüber den (alten) Dampfern erlangen konnte. Dieses ist auch stark geschuldet dem Wendeverlust der allseits wesentlich beliebteren 4 Luxus-Motorschiffe. Dennoch muß man zugeben, das diese beiden nun schon viele Jahre verläßlich fahren und große Mengen an Fahrgästen befördern können. Bis zur radikalen Fahrplanausdünnung fuhren diese beiden viele Jahre als festes und solides Grundangebot über die ganze Hauptsaison fast täglich morgens stundenversetzt von Dresden, ersteres bis Bad Schandau, letzteres bis Königstein und nachmittags zurück. Auch bei schlechten Wetter verläßlich und auf der ganzen (Haupt) Strecke zwischen Dresden und

    Bad Schandau sehr gut zu nutzen. Als Bonus gab es sogar noch eine Weiter(rund)fahrtsmöglichkeit mit einem kleineren (mittlerweile verkauften)

    MS bis Schöna/Grenze. Sehr beliebt auch bei gehbehinderten Fahrgästen und Rollifahrern, was mit den beiden Schiffen ganz prima funktioniert hat (Zu-Abstieg - Toilette). Heute gibt es leider nur noch ein einziges saisonales zusammengestückeltes Fahrtangebot für Juli/August (2 Monate)

    auf der ganzen Strecke mit einem oft zu kleinen und dazu meist (diesen Sommer wetterbedingt und des besonders erhöhten inländischen Urlauberzustromes geschuldeten) total überfüllten (alten) Dampfers und auch zurückgelassenen Fahrgästen an den reduzierten Zustiegen,

    die Coronaproblematik mal ganz weggelassen. Hier kann man wirklich sagen, über Jahre bewährtes wurde wissentlich an die Wand gefahren.

    Im Sinne des Kunden/Fahrgastes und des Bertriebsergebnisses ist das wohl bei beiden Firmen nicht, was derzeit die Realität ist.

    Freundliche Grüße an Alle vom Thomas.

    2 Mal editiert, zuletzt von ThomasDresden (11. August 2020 um 06:41)

  • Hallo Thomas,


    der Vergleich mit der Dampfschiffahrt ist gut, zeigt aber auch gut die Unterschiede. Im Gegensatz zur HSB haben die historischen Fahrzeuge dort keine Nachteile für die Fahrgäste, sondern haben ein tolles Ambiente mit vollem Komfort. Bei der HSB kam es immer wieder zu Beschwerden von Fahrgästen wegen mangelnder Heizung und fehlenden Toiletten in den alten Triebwagen.

    Bitte versteht mich nicht falsch: Ich will den Dampfbetrieb bei der HSB nicht totreden. Natürlich wäre ich froh, wenn es einen stabilen Betrieb mit zuverlässigen Loks, tollen historischen Wagen, aber trotzdem gutem Komfort für die Reisenden geben würde. Die Sprelacart-Optik der Wagen geht so, hier nehme ich mir lieber ein Beispiel an den restaurierten historischen Wagen der Preßnitztalbahn. Und wenn das alles noch finanzierbar wäre. Und schon sind wir wieder bei einem Wunschkonzert, das unrealistisch ist. Ich glaube auch an eine Mischung von modernen, komfortablen und schönen, historischen Fahrzeugen. Ich gebe auch zu, dass ich nicht in der Haut der Verantwortlichen bei der HSB oder ihrer Eigner stecken möchte. Es ist ein riesiger Spagat, der hier nötig ist. Die Idee, das Gesamtnetz durch die Einnahmen der Brockenstrecke zu finanzieren, ist schon gut. Vielleicht können die Probleme tatsächlich durch die neue Werkstatt und ein paar Fahrplanexperimente abgemildert werden. Eine größere Herausforderung bleibt die Frage, ob ein vollständiger Dampfbetrieb im Hinblick auf einen deutlich sichtbaren Klimawandel politisch noch haltbar ist. Aber das ist kein alleiniges HSB-Problem. Es gibt sicher keine einfachen Lösungen für die vielfältigen, komplexen Probleme.

    Viele Grüße,
    Eckhard

  • Hallo,

    man sollte aber bei allen Verlockungen der modernen Technik nicht vergessen, dass sie erstens, zu einer weiteren Spreizung der fachlichen Kompetenz der MA führen muss, welche sich dann beim aufstocken der Gewerke kostenmäßig niederschlägt und zweitens, dass auch moderne Fahrzeuge ihre unangenehmen Schwachstellen haben. Beispiele gibt es genug bei der "großen" Bahn. Bei den "neuen" Technologien wird doch oft der "Schinken nach der Wurst" geworfen, nur redet da niemand drüber.

    Gruß Micha

  • Hallo zusammen,

    naja, dass der Personal- und Wartungsaufwand von modernen Fahrzeugen geringer ist als bei Dampfloks, ist trotz aller Probleme moderner Technik offensichtlich. Wenn man mal nur den Betrieb betrachtet, dann hat man allein schon den doppelten Personaleinsatz auf der Lok, dazu kommt Vorbereitung, Nachtdienste, regelmäßiges Auswaschen usw.

    Aber das ist ja nicht die Frage: Genau wie bei den Dampfschiffen stellt sich die Frage, ob der Dampfbetrieb das eigentliche Produkt ist, was der Fahrgast haben will und bereit ist, dafür ausreichend zu zahlen. Teilweise glaube ich daran und ich bin sicher, dass ein gewisser Anreiz verloren ginge, wenn nicht mehr mit Dampf gefahren würde. Zweifel habe ich, wieviele Leute deswegen fahren bzw. ohne Dampf nicht fahren würden und dabei auch auf Komfort verzichten wollen.

    Viele Grüße,
    Eckhard