Aktueller Personennahverkehr auf Schienen

  • Warum Ländertickets, trotz ständig steigenden Preis, Montag bis Freitag immer noch erst ab 9 Uhr Uhr gelten, kann dir auch keiner begründen. In Zeiten des Klimawandel wäre wenigsten diese kleine Angleichung ein kleiner Schritt Richtung Änderung der privaten Mobilität.

    Die Begründung für die 9-Uhr-Regel ist absolut einfach und nennt sich Auslastungssteuerung. Wenn sich die ganzen Länderticket-reisenden Kleingruppen bereits um 8 oder noch früher in die Züge quetschen würden gäbe es garantiert zahlreiche Berufspendler die dann wieder aufs Auto umstiegen.

    Die einheitliche 9-Uhr-Regel baut natürlich auf regional unterschiedlichen Befindlichkeiten des durchschnittlichen Arbeitslebens auf. Die Sachsen-Anhaltiner haben als "Frühaufsteher" bereits um 8 Uhr die Berufsverkehrswelle hinter sich. Da gehts in BaWü erst richtig zur Sache...

    Wollte man auf diese Differenzen auch noch reagieren, käme zu den hunderten Tarif-Varianten und -Fallstricken auch noch ein zeitliches Gültigkeitschaos. Das möchte ich nicht wirklich erleben und komme mit dieser 9-Uhr-Regel ganz gut klar. Es gibt ja sogar touristisch inspirierte Ausnahmen von dieser Regel. Bspw. erlaubt das Sachsen-Böhmen-Ticket der DB auch den Start bereits vor 9 Uhr auf der S1 in Richtung Bad Schandau oder (im derzeitigen Fahrplan) im TLX 5251 nach Liberec. Verbindungen die im reinen Berufsverkehr nicht ganz so stark nachgefragt sind. Also auch hier: Auslastungssteuerung.

    Gruß vom regelmäßigen Bahnpendler Niels

  • Hallo BRB´ler,

    Danke für Deine Antwort. Zu den Punkten:

    1) Thema Fahrgastverband: Ich hoffe doch sehr , Du bist Mitglied beim VCD. DBV und Pro Bahn kann ich Dir nicht mehr empfehlen, Ich war 10 Jahre Mitglied bei Pro Bahn, davon 8 Jahre in einem Regionalvorstand. Als man mir verbieten wollte, mich auch mit dem Thema Güterverkehr zu befassen, weil das einige FDP-Funktionäre möglicherweise erzürnt hätte und nachdem ich feststellte, dass 80% der Mitgliedsbeiträge in Detmold/Lippe für eine Vereinzeitschrift ("Der Fahrgast") verbrannt wurden und für die Arbeit vor Ort in der Fläche nach Abzug der Bundes-, Landes- und Vereinszeitungsanteile so gut wie nix mehr übrigblieb, war der Zeitpunkt für einen Abschied aus diesen Verein gekommen.

    Der DBV entstand nach meiner Erinnerung heraus als Abspaltung der Berliner Kollegen von Pro Bahn. Der damalige "Revoluzzer", Herr Curth, fing ganz gut an, mit der DRE wollte er zunächst ex DR-Strecken vor der Entwidmung und Umwandlung zu Straßen und Radwegen verhindern.

    Jetzt, 30 Jahre später, bin ich von der DRE doch sehr enttäuscht, da sie Reaktivierungen scheinbar eher behindert als fördert.

    2) Thema Alibizüge im Westen: Ja die gab es als Instrument der geplanten Stillegung. Doch die "brauchen" wir seit 1994 nicht mehr. Dank Regionalisierung können unliebsame Bahnstrecken heute in West und Ost ganz bequem "abbestellt" werden.

    3) Ich gebe offen zu, ich habe mittlerweile massive Bauchschmerzen, wenn ich Begriffe wie "Raumplaner" , "Stadtplaner" und "Verkehrsplaner" höre bzw. lese. "Früher " dienten sie vor allem zur Argumentation und Umsetzung einer autogerechten Stadt (Innenstadt), heute sind sie mehrheitlich Erfüllungsgehilfen der Politik, wenn es darum geht, Nahverkehrspläne zu zerschiessen, ÖPNV auszudünnen , Tischvorlagen für SPNV-Abbestellungen zu liefern, Reaktivierungen von Bahnstrecken "kaputtzurechnen", Bahntrassen in "Radwegeachsen" umzuwandeln, bürgerfeindliche Entscheidungen von Kommunalbetrieben, AöR´s, Stadt- und Kreisräten sowie Landesparlamenten nachträglich schönzurechnen usw. .

    Da Berufsgruppen wie Deine fast ausschließlich für die öffentliche Hand arbeiten bzw. von dieser die Aufträge erhalten, gilt hier schon seit jeher:

    "Wes Brot ich ess, des Lied ich sing".

    Wer als Planer oder Gutachter entgegen der politischen Vorgabe handelt , ist i.d.R. schnell weg vom Fenster bzw. hat es schwer , Aufträge zu akquirieren.


    4) Guben-Forst: Da wohnt keiner: Nö, mitten in einem Braunkohletagebau wohnt gewöhnlich keiner. Auch Dir scheint der Weitblick zu fehlen, was nach dem Tagebau kommt- schade. Ich war dort vor Ort, die Grenzlage an der Oder bietet Zukunftschanncen, die Landstriche wie Eifel, Hunsrück, Rhön , Uckermark eher weniger haben.

    Brandenburgische Städtebahn: Auch hier sehe ich bei Dir eine gewisse Berufsblindheit, schade. Die Städtebahn bot den Vorteil einer Tangentiallinie westlich von Berlin, die eine SPNV-Zubringerfunktion zu den Knoten Neustadt/Dosse, Rathenow, Brandenburg/Havel, Belzig und

    Treuenbritzen hatte, von wo man schnell nach Potsdam und Berlin gelangte. Wie in allen großen Städten wird der Speckgürtel um Berlin herum weiter wachsen, Baulandpreise werden dazu führen, dass die Leute im Einzugsgebiet der Städtebahn wohnen bleiben oder gar hinziehen. Gibt es Alternativen, dann werden die Leute nicht den kompletten Weg nach Berlin mit dem PKW fahren bzw. werden nicht gezwungen sein, mit dem PKW erst bis zu den Berliner Zulaufstrecken zu fahren und Städte wie Rathenow, Nauen, Brandenburg/H. vollzuparken.

    5) Deine Ausführungen sind für mich großenteils schon "bittere Sprüche", die ich in der Verkehrspolitik seit über 30 Jahren höre. In meiner Stadt war auch ein bekannter Verkehrsplaner, dessen Spezialität es war, Politikern nach dem Mund zu reden und unliebsame Reaktivierungsprojekte durch Luxussanierung totzurechnen.

    Wenn ich hier so Deine Zeilen lese, habe ich das Gefühl, Du hast bei ihm ein ausgiebiges Praktikum absolviert.

    Wer will, heißt es, findet Argumente, wer nicht will, sucht Gründe. Dich sehe ich hier nur begründen, warum etwas nicht geht - Möglichkeiten und Alternativen für eine "Verkehrswende" habe ich von Dir in diesem Faden noch nicht gelesen - warum?

    Grüße

    -railfox-

  • Hallo Thomas,

    diese unsägliche Kleinstaaterei im SPNV nervt mich schon lange. Dieses Kappen von einst funktionierenden Verbindungen an Ländergrenzen, nur weil der Nachbar nicht will ...

    Ein trauriges Beispiel ist für mich die Strecke Neustadt/Dosse - Güstrow.

    Neustadt/Dosse ist Halt an der Berlin - Hamburger Bahn, der Verbindung zwischen den beiden größten Städten in Deutschland. An der Strecke liegen mit Plau am See u. Krakow am See zwei bekannte Erholungsorte u. wichtige Zugänge zur Mecklenburger Seenplatte.

    In meinen Augen ist diese Strecke für die Erreichbarkeit der Seenplatte wichtiger, als die in den Medien präsentere Südbahn.

    Hier zeigt Brandenburg mehr als guten Willen, u. bestellt weiterhin Leistungen bis Meyenburg, das aber von den eigentlichen Zielgebieten noch ein ganzes Stück entfernt liegt, u. keine ausreichende Nachfrage generieren kann. Meck/Pomm bringt es ja nicht einmal fertig, diese Züge wenigstens bis Plau fahren zu lassen, was die Verbindung ungemein aufwerten würde. Ein Armutszeugnis für das stark vom Tourismus profitierende Meck/Pomm! Ein Land, das Natur u. Tourismus so in den Vordergrund stellt, u. davon abhängig ist, bräuchte eine ganz andere Infrastrukturpolitik.

    Beste Grüße

    Holger

  • @railfox Erst mal prima, dass du mich nicht mehr so angreifst. Und das man nicht einer Meinung sein muss ist ja OK, jeder hat seine Erfahrungen und Ansichten.

    Aber bei deiner Einschätzung meiner Arbeit Gegenüber liegst du sehr falsch. Ich habe auch kein Patentrezept versprochen und mache mir Gedanken, wie man Probleme lösen kann. Und ich habe auch ein paar gute Projekte geschaffen, die heute gut laufen.

    Aber hier schriftlich sich über das schwierige Thema auseinanderzusetzen ist kaum möglich.

    Liebe Grüße von der Havel, Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von BRBler (4. Februar 2020 um 09:23)

  • Holger, ich bin da ganz bei Dir. Einst dachte ich ja auch, Entscheidungen aus den Ländern sind zielgenauer und schaffen da Angebote, wo sie gebraucht werden. Leider klappt das nicht überall.

    Eigentlich könnte man die Trasse Güstrow - Meyenburg - Pritzwalk ja weiter spinnen, über Neustadt D. - Rathenow - Brandenburg bis Belzig. Früher mal eine wichtige Entlastungs- und Umleiterstrecke.

    Aber schnippelt man erst einmal daran herum, dann wars das... :(

    Liebe Grüße von der Havel, Thomas

  • Hallo Thomas,

    im Sommer 71 oder 72 liefen über diese Strecke sogar D - Züge! Wir sind als Schulklasse in Karow zugestiegen (kamen aus Passow an der Südbahn) u. über Wittenberge, Magdeburg bis Halle gefahren. Wohin der Zug weiter fuhr, weiß ich heute nicht mehr.

    Vermutlich ein Ziel in Thüringen.

    Man konnte also umsteigefrei von Thüringen, Halle oder Magdeburg die Seenplatte erreichen, oder bis Rostock durchfahren.

    Das wäre eine echte Alternative zum Auto. Gerade wenn man sich heute anschaut, was im Sommer an der Seenplatte so los ist. Das kommt vielen Urlauberzentren an der Küste schon sehr nahe.

    Zumindest die Verbindung von Malchow über Karow, Plau am See bis Meyenburg sollte wieder hergestellt werden. In Alt Schwerin befindet sich das vielbesuchte agrarhistorische Museum. Der Haltepunkt liegt unmittelbar vor dem Eingang ...

    Dort sieht man viele Familien, Kinder u. Fahrräder, Fahrräder ...

    Eigentlich die perfekte Klientel (vor deren massenhaftem Zuspruch die Bahn heute gern kapituliert).

    In wenigen Jahren wird man sich auf diese Infrastruktur besinnen. Davon bin ich fest überzeugt. Hoffentlich liegen dann die Gleise noch.

    Beste Grüße

    Holger

  • Aber gab es nicht vor wenigen Jahren mal einen saisonalen Versuchsverkehr auf der Trasse? Die Fahrtage in der Woche fand ich nur sehr ungünstig. Mich wundert nur, dass MV seine Touristikstandorte so abbindet. Wenigstens läuft der betrieb nach Mirow noch, aber auch hier ist die Kappung nach Wittstock ein schwerer Fehler.

    Liebe Grüße von der Havel, Thomas

  • Hallo Thomas,

    bei der Kappung nach Wittstock habe ich gemischte Gefühle. Der Verkehr war dort schon immer sehr dünn und die Strecke führt praktisch durchs Nichts. Die Strecke hatte zu DDR-Zeiten eher militärstrategische Bedeutung. Besser wäre in meinen Augen eine saisonale Reaktivierung nach Rechlin Nord gewesen mit direktem Zugang zur Müritz. Wenn man sich anschaut, was dort nach der Wende entstanden ist, ein richtiger Touristenmagnet. Nur halt leider per Bahn nicht (mehr) erreichbar und die Gleise sind seit ein paar Jahren weg. Chance vertran ... wie so oft in Deutschland.

    Gruß

    Toralf

  • Wer weiß denn schon von solchen Versuchsverkehren? Die breite Masse bestimmt nicht.

    Selbst als Eisenbahnfan sieht man oft erst die Fotos in der Rückschau.

  • Wundert mich auch, dass Rechlin nicht mal in die Prüfung gekommen ist. Kappungen sind immer schlecht, das Netzgefüge wird dann zerstört, es sei denn - der überwiegende Teil ist so schwach ausgelastet.

    In Tangermünde wollten wir auch damals in den Hafen runter, da lagen die Gleise bis an den Kai. Aber da hat die Entscheidungsfindung im Ministerium derart lange gedauert, dass dann irgendwann die Gleise abgebaut waren....

    Liebe Grüße von der Havel, Thomas