Das langsame Ende des Heide Express: Eilenburg – Bad Düben – Wittenberg

  • Liebe Freunde,

    ich möchte diesmal ein Streckenportrait meiner „Hausstrecke“ der Dübener Heidebahn, vorstellen und einiges zu den letzten Jahren hierzu auch schreiben. Schon beim Bau der Muldetalbahn gab es Pläne, diese bis Wittenberg zu verlängern, dass haben dann letztlich die Preußen 1895 auch vollzogen.

    Die Bahnlinie gehörte zu DDR Zeiten zu den Ausflugslinien der Leipziger. Nicht umsonst gab es ein Zugpaar, dass Saisonal von Leipzig bis Pretzsch durchfuhr und als Heidelbeerzug „Heedelbeerzuch“ bekannt wurde in der Region.

    Im klassischen preußischen Baukastenprinzip entstanden hier die Bahnhofsgebäude. Bis Bad Düben in roten Backstein, da hier roter Lehm vorkam, ab Söllichau waren es dann gelbe Steine, aber selbe Bahnhofsarchitektur.

    Die Bahnhöfe Laußig, Bad Düben, Söllichau, Bad Schmiedeerg, Pretzsch, Rackith waren bis in die 90er noch Gütertarifpunkte.In Pretzsch gab es zudem noch eine kleine Einsatzstelle, welche schon Ende der 30er geschlossen wurde. Ab Pretzsch zweigte auch die Verbindung nach Torgau ab, welche schon zu DDR Zeiten einen recht geringen Personenverkehr aufwies.

    In den Jahren 1990/ 1995 waren noch die großen Jubiläen gefeiert wurden und 1995 stand gleichzeitig die große Sanierung der Strecke Eilenburg – Wittenberg an. 30 Mio DM waren in die Sanierung geflossen, es entstanden tolle neue Bahnsteige und auch der Zugfunk wurde errichtet.

    Aber schon im Mai 1998 hat Sachsen einseitig, ohne Abstimmung mit Sachsen-Anhalt den bahnverkehr zwischen Eilenburg und Landesgrenze abbestellt. Es war wie eine Erpressung des Nachbarlandes, welches am Bahnverkehr immer noch interessiert war. So reisten viele Kurgäste zum Kurzentrum Bad Schmiedeberg per Bahn an, aber aus Richtung Leipzig.

    Durch die Abbestellung wurde von Sachsen-Anhalt der Verkehr bis Bad Düben bestellt. Die Lücke nach Eilenburg musste der Bus ergänzen, was nie befriedigend funktionierte.

    Das weitere Drama könnt ihr euch ja an der Zeittafel ansehen.

    Wurde erst einmal amputiert, so nimmt das zerstückeln einer Bahnlinie kein Ende.

    Der bis 2001 noch intensive Güterverkehr wurde von DB Cargo damals auch erfolgreich weggedrückt. Streitigkeiten von DB Netz, wer die Sanierung von Anschlussbahnweichen zahlen soll, sorgten bei den Anschließern zum Rückzug. Ich hatte hier umfangreich vermitteln wollen, aber es war nicht möglich.

    Heute gibt es noch Güterverkehr zwischen Laußig und Eilenburg. Teilweise werden Kieswaggons auf das Streckengleis in Laußig gestellt und mit Radladern beladen.

    Zeittafel

    1841 : Eröffnung der Strecke Berlin – Lutherstadt Wittenberg

    1874 : Eröffnung der Strecke Eilenburg – Leipzig

    1890 : Eröffnung der Strecke Pratau – Pretzsch (Elbe)

    1895 : Eröffnung der Strecke Pretzsch (Elbe) – Eilenburg

    1895 : Eröffnung der Strecke Pretzsch (Elbe) – Torgau

    Damit war die Dübener Heide an das Streckennetz der großen Hauptstrecken angeschlossen.

    1997 : Einstellung des Personenzugverkehrs zwischen Pretzsch u. Torgau

    1998 : Einstellung d. Personenzugverkehr Bad Düben u. Eilenburg

    2002 : Abbestellung des Reiseverkehr zwischen Bad Düben und Bad Schmiedeberg

    2007 : Abbestellung des zugverkehr zwischen Wittenberg und Bad Schmiedeberg durch die NASA

    2007 : Aufnahme des Verkehres zw. Wittenberg und Bad Schmiedeberg als BürgerBahn

    2010 : Aufnahme einzelner Leistungen nach Söllichau

    2011 : Einstellung der Fahrten nach Söllichau

    2014 : Einstellung des Gesamtverkehrs zwischen Wittenberg und Bad Schmiedeberg

    2017 : befristeter Verkehr zwischen Eilenburg und Wittenberg (3 Zugpaare)

    Ein typischer Reisezug für die Heidebahn im Sommer. 110 005 rollte hier, kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof Eilenburg Ost, ihre Nachmittagsfuhre gen Wittenberg. 1988

    Die Nahgüterzüge wurden von Wittenberg aus gefahren. Hier kamen in den 80ern ausschließlich Loks der Baureihe 120 zum Einsatz. Hier dröhnt 120 121 Richtung Eilenburg Ost.


    Zweimal täglich wurden Übergabezüge von Eilenburg aus nach Eilenburg Ost gefahren. Hier gab es mehrere Anschließer, so wurde hier durch 528034 der alte Anschluss der Getreidewirtschaft bedient. Die Werkseigene V10B holt die Waggons vom freien Streckengleis ab. Hinter der 52 8039 steht 106 106 mit einem EDK. Dieser belud Flachwaggons mit Fahrleitungsmasten, welche hier am Streckengleis zwischengelagert waren.

    Einfahrt in den Bahnhof Bad Düben. Die P8 war hier zuhause, wie auch die 23.10, 52 Alt usw. 38 1182 war zweimal hier zu Sonderzugehren.

    Einmal 1990 zum Großen Strecken und Bahnhofsfest in Pretzsch und zum 100 Jährigen Eilenburg - Pretzsch 1995.

    38 1182 verlässt in der Nähe des Ausflugrestaurants "Rotes Haus" mit dem gleichnamigen Haltepunkt, die Dübener Heide. Weiter ging es über flache Felder bis Eilenburg.

    Einfahrt in den Bahnhof Mörtitz, welcher weitab vom Dorf lag. Darum wurde dieser Bahnhof frühzeitig aufgegeben. Einzig die Staatssicherheit hatte diesen Bahnhof genutzt, da in der Nähe ein alter Flugplatz lag. 1995

    528154 am Abzweig "Buche", hier war das Anschlussgleis zum Munitionsdepot "Buche" bei Schmiedeberg Süd (früher Moschwig). Vor 1945 fuhren Schichtpersonenzüge von Eilenburg bis zur Buche, hier gab es einen Bahnsteig und die Arbeiterinnen konnten dann in die Muna gehen.

    Haltepunkt Eutzsch, leider lag auch dieser Haltepunkt nicht unbedingt Ortsnah.

    528154 durcheilt den ehm. Haltepunkt Mörtitz, jetzt fehlt auch die Weiche zum Ausweichgleis. Die Angstlok blieb dran, dass sollte auch ein guter rat gewesen sein, denn 528154 wollte nicht mehr so recht.

    52 8120 zum 100 jährigen bestehen des Bahnhofes Pretzsch. Hier vor der Kulisse des noch gut erhaltenen Lokschuppen und Wasserturm des früheren Lokbahnhofes.

    Liebe Grüße von der Havel, Thomas

  • Hallo BRBler, mal wieder vielen Dank für Bericht und Bilder!

    Zwei Fragen habe ich dazu an die Gemeinde hier:

    • Ich habe mal gehört, dass die V200 wegen ihrer Lärmentwicklung und Vibrationen auf bestimmten Strecken nicht fahren durfte. Nach meiner Erinnerung wurde das zur Elbtalstrecke Dresden-Schöna kolportiert, da in Königstein angeblich der Putz von den Häusern gebröckelt sein soll, wenn diese Loks vorbeifuhren. Ist das nur ein Märchen?

    Viele Grüße,
    Eckhard

  • Hallo Eckhard,

    ja genau, unter dem Namen Taigatrommel kenne ich sie auch. Ich erinnere mich, dass es nach der Wende Versuche mit der Lok in Bochum gab, aber da gab es irgendwelche Probleme mit den Vibrationen......an mehr kann ich mich nciht erinnnern, ich war 9 oder 10 Jahre alt....

    Liebe grüße,

    Lenni

  • Hallhallo, die Begriffe Grossrusse und Ludmilla kamen erst nach der Wende auf. Als Taigatrmrl und vor allem in Sachsen/Thüringen nannte man die Geschosse Wumme. Als die ersten Maschinen auf DR Gleisen zum Einsatz kamen, hat es tatsächlich Probleme mit den Vibrationen gegeben. Fehlende Schalldämpfer waren in Russlands Weiten kein Problem aber hier schon.

    Aber generell gab es kein Streckenverbot. Einzig die Achslast reduzierte den Einsatzbereich.

    Nein Lenni, mit den Ost V200 wurden im Westen keine Versuche mehr gemacht. Die ersten pfeifenden 132er sorgten wegen ihres Sounds für Ärger im Westen.

    Liebe Grüße von der Havel, Thomas

  • Moin Thomas,

    stimmt, jetzt, wo Du es sagst. Die wurden dann aber in der Presse als Taigatrommel tituliert und nun erinnere ich mich, dass mein Vater meinte, dass das eigentlich nicht richitg ist......

    Viele Grüße,

    Lenni

  • Hallo Thomas,

    vielen Dank für diesen ganz tollen Bericht aus einer mir völlig unbekannten Gegend. Mir gefallen natürlich mal wieder die Dampfer ganz besonders.

    Aber mir drängt sich noch eine Frage zur Zeittafel auf. Was heißt befristeter Verkehr zwischen Eilenburg und Wittenberg? Will man dort ausprobieren, ob es sich noch lohnt? Aber mit 3 Zugpaaren?

    Ich kenne die Begriffe Wumme, Trommel oder Ludmilla auch erst seit der Wende und eher von Eisenbahnfreunden. Vorher habe ich manchmal von einigen Lokführern den Ausdruck Taigatrommel für die 120 gehört. Der stammte aber ganz klar aus den Anfangszeiten, als diese Loks als V 200 ohne Schalldämpfer geliefert wurden.

    Ich habe diese Loks zwar als laut, aber nie als zu laut erlebt. Das satte Wummern war in meinen Ohren dabei doch recht angenehm, auf jeden Fall angenehmer, als das schrille Lüftergeräusch einer 132. Das empfanden die Lokführer übrigens auch als störend und vermieden es nach Möglichkeit, eine 132 vom Führerstand 2 zu fahren. Der wurde immer nach hinten gedreht. Also liefen die 132 nach Möglichkeit auf den Wendebahnhöfen die nächste passende Drehscheibe an.

    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Hallo Thomas,

    vielen Dank für diesen Bericht aus meiner Heimat! Zwar ist es nicht meine "Hausbahn", dennoch treibe ich mich auch in dieser Gegend viel umher und habe immer wieder dieses tolle Gefühl von Nebenbahnflair...schade das mittlerweile alles so runter gekommen ist bzw. kaum noch Züge fahren...

    Viele Grüße,

    Markus

  • Hallo Achim,

    die Dübener Heide ist zwar nicht Schwarzwald und auch kein harz, aber für die smoggeplagten Menschen um Leipzig/ Bitterfeld war es eine grüne Lunge. Zwei Kurstädte gab es in der Heide, einst war sogar Pretzsch eine Kurstadt. Mitten durch die Heide ging die Bahnlinie, leider waren bei einigen Ortschaften die Lage des Bahnhofes für heutige Verhältnisse zu weit weg vom Ortszentrum. Das hätte man z.B. in Laussig und Bad Düben ändern können. Neue Haltepunkte gab es nach 2000 in Bad Schmiedeberg, da wurde ein Hp. direkt gegenüber der Kurklinik erreichtet. Aber bei sporadischen Verkehr, der Abschnitt in Richtung Süden fehlt, da war nicht viel an Fahrgastzahlen zu erwarten.

    Und BürgerBahn, wie BürgerBus sehe ich als Verkehrsplaner kritisch. Wenn sich die freiwilligen zurückziehen, dann ist das Angebot weg. hier haben sich die Länder bei solchen Projekten schnell aus der Verantwortung gezogen.

    2017 war ja das Reformationsjahr, hier wurde ein Saisonverkehr angeboten, damit Leipziger wie früher über Eilenburg (Umstieg, mit Anschluss) nach Wittenberg oder eben in die Heide fahren konnten.

    Die letzten Fahrten am 31.10.2017 fielen auch noch dem Sturm zum Opfer.

    Naja, Taigatrommeln waren auch mit Schalldämpfer nicht leise. Wenn eine "Wumme" - so hießen die teile bei uns - Name ist ja Programm - mit 2000t losrollte, dann brüllte die Maschine und auch die Rußfahne würde Gretha grün werden lassen, vor Schreck.

    Bemerkenswert sind die tiefen Frequenzen der Wummen, welche wirklich nicht störend waren und wer Bässe mag, der hat diese hier in reinster Form.

    Hallo Markus,

    ich gebe Dir recht, die Strecke war zum Zeitpunkt der Abbestellung im Tadellosen Zustand - fast neu. Es gab 3 Güterzugpaare (232) und 10 Reisezugpaare (mit 202/204). Heute vergammelt alles immer mehr.

    Für Güterverkehr sorgt noch das Betonschwellenwerk in Laußig, das dortige Kieswerk. Das Kieswerk in Eilenburg Ost, die ehm. Getreide AG in Eilenburg Ost.

    Es gäbe noch viel zur Strecke zu berichten.

    Leider war die Strecke schon recht früh Dampffrei.In den 70ern gab es eine Episode vom LVT Einsatz, aber die waren hier überfordert, so das lange Zeit die 110 hier zuhause war. Erst 1983 gab es für einige Monate einen Dampfumlauf nach Laußig, der ging dann aber an 132 über.

    Für eine defekte 132 eingesprungen war 52 8120 im Jahr 1986. Sie übernahm die Lumpenfuhre Eilenburg - Laußig - Eilenburg. Hier wurde jeder Anschluss bedient, so sieht der Zug auch aus.

    Nachmittags - wenn die Schule aus war, schaute ich erst einmal zu ÜB76776 Eilenburg - Eilenburg Ost.

    Die war zwar irgendwie schei…. - weil Lok fuhr Rückwärts und schob den ganzen Misst auch wieder nach Eilenburg. Aber ich wusste, welche Planlok im Einsatz war und es war dennoch irgendwie schön.

    Der Rangierer sitzt gelangweilt auf der Bühne, hier eine Fuhre für die Getreidewirtschaft

    Vom Hochsilo des Getreide Lager aus ein Personenzug mit 110 und Blick zur Anschlussbahn der Kieswerke

    Einst gepflegte Anlagen, hier der Bahnhof Laußig

    So sahen am Schluss die Reisezüge aus, eine 202 und ein Bom, hier Zugkreuzung in Bad Düben

    Ganz verrückt waren die Zeiten, als 2x 202 und ein Bom bewegt wurden. Leider kamen die 628 erst nach der Abbestellung durch Sachsen, diese hätten doch ein Argument für den erhalt dieser Strecke sein können.

    Sonderzugverkehr aus Leipzig, 528154 durchfährt den Haltepunkt "Rotes Haus" - früher DAS Ausflugsziel ohne Chance auf einen Tisch....

    Liebe Grüße von der Havel, Thomas

  • Hallo Eckhard,

    Was die Ausrüstung der Wummen/Taigatrommeln btrifft, kann ich mich noch erinnern, als ich 1975 im Bw Dresden- Frie als Warthelfer war, gab es die

    V200 099 und V200 101 noch als letzte im Bereich der dam. RBD Dresden ohne Schalldämpfer, aber ein Fahrverbot für bestimmte Strecken gab es nicht.

    MfG Rudi.