Die Königslinie und ihre Nachfolger

  • Hallo allerseits,

    im Jahre 2012 verkündete man seitens Stena Line: "Wir sind ein Familienunternehmen und kaufen nicht eine Route, wenn wir nicht an sie glauben.“, Fredrik Lantz, Reederei Stena Line (Quelle des Zitats Ostsee-Zeitung vom 11./12.08.2012)

    Im Jahre 2014 wurde der Bahn-Güterverkehr von der Königslinie weg nach Rostock verlegt. Gleichfalls 2014 wurde "Aufgrund geringer Auslastung [...] die Trelleborg im September 2014 vom Fährdienst zurückgezogen. " (Quelle Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Trelleborg_(Schiff,_1981))

    Alles ein Sterben auf Raten, das jetzt ein Ende gefunden hat.

    Und vermutlich wird sich kein neuer Reeder finden, der diesen Liniendienst wieder aufnehmen wird.

    Viele liebe Grüße von der Ostseeküste
    und von Peter

  • Hallo Peter,

    Du weißt es, so gut wie ich. Die Königslinie stirbt schon seit 1990, immer etwas mehr.

    Die Abgabe an StenaLine war nicht der Anfang des Niedergangs. Spätestens mit Aufnahme des Verkehrs Rostock - Trelleborg war Sassnitz abgehängt. Die Anbindung des Rostocker Überseehafens ist einfach ideal. Es geht nicht um den kürzesten Weg, die kürzeste Zeit. Dass Rostock - Trelleborg für die Reedereien deutlich lukrativer funktioniert, ist offensichtlich. Dort werden 4 große Schiffe der Reedereien StenaLine und TT-Line ständig auf dieser Route eingesetzt, ein Umlauf Travemünde - Trelleborg macht dann außerdem auch noch einen Abstecher über Rostock. Das sollte doch deutlich genug zeigen, wo der Focus in der Fährschifffahrt liegt.

    Die Route Sassnitz - Trelleborg wurde nur noch mit einem inzwischen 31 Jahre alten Schiff bedient und funktionierte aus deutscher Sicht fahrplantechnisch eigentlich nicht mehr, für Schweden für ihre Shoppingtouren aber noch.

    Wer das nicht hat kommen sehen, hat die Augen verschlossen.

    Von der Politik wird da auch nichts kommen. MV-Verkehrsminister Pegel bittet lediglich, die Entscheidung noch einmal zu überdenken. Die Leute wurden langsam an den Abschied gewöhnt und Corona und die wirtschaftlichen Folgen, unter denen natürlich auch die Reedereien leiden, ist der perfekte Anlass.

    Es ist furchtbar schade, aber nicht überraschend!

    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Hallo,

    es wurden ja schon viele Gründe richtig genannt. Corona war nur der Sargnagel bei einem langen Todeskampf. Das größte Problem war die schlechte Infrastruktur im Nordosten. Kein Spediteur schickt seine LKW freiwillig in den sommerlichen Inselstau. Der Ausbau der B96 kam mindesten 15 Jahre zu spät für die Königslinie.

    Und ohne Fracht braucht man keine Fährlinie betreiben. Die Touris sind ein nettes Zusatzgeschäft, mehr aber auch nicht. Die Königslinie konnte als s.g. Säuferlinie immer noch gut punkten. Die Schweden setzten mehr als doppelt so viel wie ein deutscher Touri im Durchschnitt um. Der Boardershop in Mukran war eine wichtige Stütze für die Reederei. Sonst wäre der Offen schon vorher aus gewesen.

    Gleichzeitig gibt es einen extremen Kampf um Fracht in diesem Geschäft. Achim hat die beiden Fährverbindungen ab Rostock erwähnt. Von Travemünde kommt man aber auch mit zwei Fährlinien nach Schweden. TT-Line verkehrt - teilweise im Dreieckskurs - zwischen Travemünde und Trelleborg. Finnlines fährt zwischen Travemünde und Malmö. Dann gibt es auch noch Stena Line zwischen Kiel und Göteborg. Und ab Swinemünde verkehren 3 Reedereien (Unity Line, Polferries und TT-Line) mit zahlreichen Schiffen nach Schweden.

    Stena Line ist auch nicht mit der Auslastung des Eisenbahnverkehres zwischen Rostock und Trelleborg zufrieden, auch wenn es leichte Steigerungen gab. Irgendwann steht die Ersatzbau für die beiden großen Damen dieser Linie an. Ob diese noch Gleise haben werden, ist offener denn je. Die Eisenbahnverbindung durch Dänemark ist da attraktiver. Und irgendwann kommt auch noch der Fehmarnbelt-Tunnel hinzu...

    Und dann kam auch noch Scandlines mit der Berlin und Copenhagen um die Ecke. Die haben eine deutlich höhere Kapazität als ihre beiden Vorgängerinnen. Die Lademeter müssen vermarktet werden. Man hat z.B. gute Konditionen an schwedische Busunternehmen gegeben. Das Shopping-Angebot in der Hansestadt ist nun mal etwas attraktiver als auf der Insel.

    Es gibt auch eine Veränderung in der Schiffahrt. Die neuen Schiffe werden immer größer. Hauptziel soll sein, dass die Kosten pro beförderter t runter gehen und auch die CO2-Emmission deutlich gesenkt werden. Der Rostocker Hafen, wie auch der Swinemünder Hafen investieren bereits in diese Richtung. In Trelleborg wird der Fährhafen fast komplett neu gebaut. TT-Line bringt z.B. 2022 das 1. Schiff dieser neuen 230m langen Schiffsklasse mit LNG-Antrieb in Fahrt.

    Vielleicht muss man auch mal an Alternativen denken. ich könnte mir einen Dreieckskurs zwischen Swinemünde, Mukran und Trelleborg als Saisonlinie gut vorstellen.

    Gruß & schöne Ostern

    Stefan

  • Hallo Achim und Stefan,

    natürlich habt Ihr beide völlig recht... Dazu kamen dann "Mora C", die ständig steigenden Kosten für Vor- bzw. Nachläufe nach resp. von Mukran, denen aber fallende Frachtraten für Lkw gegenüberstanden. Über mehr kann man sich vielleicht mal persönlich austauschen, das ist eher nicht für ein Forum geeignet.

    Viele liebe Grüße von der Ostseeküste
    und von Peter

  • Vielleicht muss man auch mal an Alternativen denken. ich könnte mir einen Dreieckskurs zwischen Swinemünde, Mukran und Trelleborg als Saisonlinie gut vorstellen.

    Gruß & schöne Ostern

    Stefan

    Hallo Stefan,

    ich weiß gar nicht, ob wir das Thema hier in dem Forum schon mal hatten. Die Idee eines Zwischenstopp auf dem Weg von Swinemünde nach Trelleborg u.z. für eine der dort tätigen Reedereien finde ich sehr reizvoll und irgendwo, irgendwann hatte ich darüber schon mal diskutiert.

    Von allein wird aber wohl keine dieser Reedereien in Mukran anlanden, auch wenn es kaum einen größeren Umweg und wohl nur so etwa 1 Stunde Zeitverlust bedeuten könnte. Das Signal und womöglich auch ein finanzieller Anreiz müsste dann schon hier aus Mecklenburg-Vorpommern kommen. Und das sehe ich gerade noch nicht. Kann sein, dass sich nach Corona solche Dinge ergeben. Dann wird sich das Leben in vielen Bereichen sowieso neu organisieren.

    Mal 'ne doofe Frage. Ist eine der dortigen Reedereien als Eisenbahnfähre unterwegs, oder sind das alles reine LKW- , Trailer- oder PKW-Transporter?

    Ich glaube zwar nicht an ein Wiederaufleben des Eisenbahnfährdienstes in Sassnitz, möchte einfach nur mal wissen, ob es theoretisch eine solche Möglichkeit gäbe.

    Wie ist die Passform der dortigen Schiffe? Könnte man die Anleger dafür nutzen, oder müsste man sie völlig umbauen?

    Frohe Ostern und bleibt bitte alle gesund!

    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Hallo Achim,

    es gibt wohl noch ein Gütertrajekt zwischen Swinemünde und Ystad. Unity Line hat gemäß ihrer Webseite drei Schiffe mit Gleisanlagen im Einsatz. Sie betrieben bis 2019 mit der früheren ROSTOCK (Baujahr 1977) sogar ein Schiff der Königsline. Berichten zufolge ist auch hier der Eisenbahntransport rückläufig. Ob diese die gleichen Heckformen haben wie die Königslinien-Schiffe, ist mir nicht bekannt.

    Die Schiffe der Königslinie und der Strecke Rostock-Trelleborg haben seit 1958 (!) die gleiche Heckform ("Neue Trelleborger Form"). Seit den Fähren Götaland und Svealand (Baujahr 1973) legen die Fähren mit einen Versatz von 1,6 Grad zur Schiffslängsachse im Fährbecken an. Das war nötig, weil die breiteren Fähren sonst nicht an den alten Anleger gepasst hätten. Daher ist das Heck unter der Heckklappe etwas schief. Das wurde auch bei allen nachfolgenden Fähren aus Kompatibilitätsgründen so gemacht. Selbst die Großfähren SKANE und MECK-POM aus den 1990ern haben diese Form, daher haben sie ein so komisch eckiges Heck. Ob die Schweden diese Form auch nach Polen benutzen, ist mir nicht bekannt.

    Der Fähranleger in Mukran ist eigentlich zweigleisig, kann aber wegen der Heckform der Schiffe nur eingleisig genutzt werden. Ob die Schiffe dafür mal umgebaut werden sollten? Das folgenden Bilder zeigen dies:

    https://www.bahnbilder.de/bild/deutschla…-am-06juli.html

    https://s18.directupload.net/images/190506/etvmlhu8.jpg

    Ich könnte mir vorstellen, dass TT-Line auf der Strecke Swinemünde-Schweden einen Zwischenhalt in Mukran einlegt, so wie sie es auf der Strecke Travemünde-Trelleborg in Rostock machen. Man braucht keine zusätzlichen Schiffe und erhöht die Auslastung.

    Viele Grüße,
    Eckhard

  • Hallo,

    Schade im diese traditionelle Fährverbindung. Ich hatte als Kind immer den Wunsch mal auf dieser Linie zu fahren. Im September 2003 hat es dann endlich geplappt. Auf dem Weg nach Schweden mit der "Trelleborg" und zurück mit der "Saßnitz" Rund vier Stunden hat eine Fahrt gedauert. Leider hat es an diesem Tag fast nur geregnet.

    Anbei ein paar Bilder, zu erst von Mukran ...

    ... dann von der Ausfahrt aus dem Hafen Trelleborg.

    Am anderen Tag entstanden dann die nachfolgenden Bilder in Mukran mit dem Fährschiff "Saßnitz":

    Ich hoffe, die Bilder gefallen Euch. Ein frohes Osterfest an Alle und bleibt gesund.

    Gruß

    Dietmar

  • Hallo,

    auch wenn unsere polnischen Nachbarn noch drei Eisenbahnfährschiffe haben, wird mit diesen drei Schiffen kein einziger Waggon mehr bewegt. Ich bin mir auch nicht sicher, ob alle drei Schiffe dazu technisch noch in der Lage sind. Die Wolin fährt z.B. nach Trelleborg, wo Unity aber noch nie einen Liegeplatz mit Gleisanschluss hatte. Der Eisenbahngüterverkehr wurde Ende 2018 eingestellt. Dafür gibt es wohl mehrere Gründe. Von Österreich lief ein Ganzzug via Swinemünde und Ystad nach Schweden. Angeblich wären die Trassengebühren im Jahr 2019 so dermaßen gestiegen, dass sich der Verkehr für den Betreiber nicht mehr gerechnet hat. Ein anderes Problem war die Abfuhr der Waggon ab Ystad auf dem Schienenweg. Der schienengebundene ÖPNV in Ystad wurde massiv mit Bau/Eröffnung der Öresundbrücke ausgebaut und für den schienengebundenen Güterverkehr war kaum noch Platz vorhanden. Jetzt kommt man jetzt auf die Idee, dass die Strecke doch zweigleisig ausgebaut werden muss. Aber erst muss das Kind in den Brunnen fallen...

    Ich gehe davon aus, dass es unterschiedliche Rampensysteme sind. Die Kopernik (ex. Rostock) hatte nach Abgang von der Königslinie ein andere Heck bekommen.

    Gruß

    Stefan

  • Hallo,

    am kommenden Dienstag heißt es Abschied nehmen von dem FS "Sassnitz" in Mukran. Sie wird nach Uddevalla segeln und dann dort aufgelegt.

    In Trelleborg wurde am vergangenen Donnerstag die Fährbrücke aus dem Jahre 1909 mit dem markanten SJ-Logo demontiert. Das Portal soll in der Nähe des Bahnhofsgebäudes nach erfolgter Aufarbeitung als Denkmal aufgestellt werden. Der Rückbau hat nichts mit der Einstellung der Fährlinie zu tun, sondern mit dem Umbau des Fährhafens.

    Ein Blick vom Bord der Nils Dacke auf den alten Fähranleger in Trelleborg.

    Und hier noch die alte SASSNITZ am "Rostock-Anleger" in Trelleborg.

    Gruß

    Stefan

    2 Mal editiert, zuletzt von V10C (25. April 2020 um 21:56)

  • am kommenden Dienstag heißt es Abschied nehmen von dem FS "Sassnitz" in Mukran. Sie wird nach Uddevalla segeln und dann dort aufgelegt.

    Und einen Tag zuvor muß ich von einem Verwandten Abschied nehmen den ich eigentlich im September in Schweden besuchen wollte. Die Überfahrt mit der Sassnitz ab Mukran war schon gebucht. :rolleyes: Keine gute Zeit derzeit.

    Ist der Fährhafen Mukran damit völlig zur Bedeutungslosigkeit verkommen?

    Sehr schade aber vermutlich unumkehrbar. Nach kaum 35 Jahren...