Hafenbahn Rostock

  • Klein- und Nebenbahnen in Mecklenburg-Vorpommern

    Teil 2: Hafenbahn Rostock (Sommer 1990)

    Die Hafenbahn führte vom Rostocker Güterbahnhof durch die Grubenstraße zum Rostocker Stadthafen. Nach der Wende verlor der Stadthafen sehr schnell die Funktion als Güterumschlagplatz, 1991 wurden Hafen und Hafenbahn geschlossen, die Gleise wurden nahezu vollständig abgebaut.

    Im Sommer 1990 gab es noch Güterverkehr im Rostocker Stadthafen. Eine Lok der Baureihe 106 wartet auf neue Aufgaben.

    Beeindruckenden sind die Speicherbauten. Das Gleis im Vordergrund führt durch die Grubenstraße zum Rostocker Güterbahnhof.

    Am 17.04.1995 konnte ich diesen Denkmalzug im Rostocker Stadthafen fotografieren. Er steht fast an gleicher Stelle wie die 106er auf dem 1. Bild. Das Gebäude dahinter war der Lokschuppen der Hafenbahn, in dem sich heute ein Restaurant befindet.

    Heute sind fast alle Spuren des Frachthafens mit Hafenbahn verschwunden. Der Stadthafen Rostock dient heute als Freizeit- und Yachthafen mit entsprechenden Geschäften und Erlebnisgastronomie.

    Viele Grüße

    Toralf

    Einmal editiert, zuletzt von Toralf750 (10. April 2020 um 13:43)

  • Hallo Toralf,

    stimmt, die Hafenbahn ist fast vollständig verschwunden. Schon zu meiner Kindheit war sie nur noch über die Grubenstraße angeschlossen, die Anbindung über den Wallgraben war schon 1936 aufgegeben worden. Ich erinnere mich gern, dass der Autoverkehr plötzlich stockte und man "Am Strande" oder neben der Petrikirche warten musste. Auf der Kreuzung standen Männer mit Absperrfahnen, dann schob eine V60 einen Getreide- oder Kesselwagenzug gemütlich über die Kreuzung. Überhaupt war die Vorbeifahrt am Stadthafen immer eine Augenweide für mich: Schiffe und Eisenbahnen - genial! Heute sind nur noch ein kleiner Gleisrest, ein ausgestellter Wagen und ein paar Gebäude inkl. der Speicher übrig. Der sogenannte "Lokschuppen" war übrigens keiner.

    Ihre Hochzeit hatte die Bahn schon sehr viel früher. Die Strecke ging nicht nur bis zum Kabutzenhof, sondern zeitweise sogar über das Gelände der Neptun-Werft bis nach Bramow.

    Danke für die Erinnerung!

    Viele Grüße,
    Eckhard

  • Hallo,

    danke Toralf für deinen Bericht aus meiner Heimatstadt an der Warnow. Übrigens auch Danke für die zahlreichen Berichte aus dem Baltikum.

    Der Schuppen wo die Kö 4701 vor steht, war kein Lokschuppen. Das war ein normaler Lagerschuppen. Nach Stilllegung des Hafen übernahm ihn ein Rostocker Großgastronom (seit 2007 nicht mehr unter uns) und führte ihm als Lo(c)kschuppen. Seit einigen Jahren wird er als Eventlocation nur noch unter dem Namen Lokschuppen vom gleichen Unternehmen vermarktet.

    Der Stadthafen hatte mehrere Zufahrten.

    Zunächst gab es die Anbindung an die Friedrich-Franz-Bahn durch die Grubenstraße ab 1853 mit der "Westkurve". Mit Bau des Osthafen in den 1920er Jahren kam die "Ostkurve" an der Kreuzung Grubenstr./Am Strande hinzu. Das führte zu gewissen Problemen. Heute würde man von "Chaos" reden. So wurde die Westkurve in der Grubenstraße 1929 ausgebaut.

    1889 wurde der Anschluss an die Llyod-Bahn (heute Hbf) fertig, Die Lloyd-Strandbahn war ein teurer Spaß. Auch damals liefen die Baukosten schon gewaltig aus dem Ruder. Die Bahn lief u.a. durch die Wallanlagen. Anders als Eckhard schrieb, endete der Betrieb nicht 1936. Der Betrieb wurde nach den Bombenangriffen 1944 unterbrochen. Eine Instandsetzung erfolgte erst 1947. Allerdings endete der Betrieb bereits 1952 oder 1953 wieder. U.a. wegen Bau der neuen Langen Straße.

    1947 hat man dann auch wieder die "Westkurve" in der Grubenstraße eingebaut. Die "Ostkurve" existierte noch bis 1969.

    1949 griff man dann ein Projekt aus dem Jahre 1910 wieder auf. 1910 hatte man den Plan, dass der Stadthafen an den Bahnhof Bramow angebunden wird. Der 1. WK und die schwierigen Folgejahre machten den Projekt einen Strich durch die Rechnung. Mitte der 1930 war das Projekt schon komplett aufgegeben worden. Nach dem 2. WK holte man den Plan wieder aus der Schublade und begann 1948 mit dem Bau. 1949 erfolgte die Einweihung. Allerdings sind wohl nach dem Eröffnungszug kaum bzw. keine Züge gefahren. Das hatte mehrere Gründe. Der Bahnhof Bramow war überlastet. Dazu kamen schlechte Neigungswerte und eine zu geringe Traglast einer Straßenbrücke. Dazu hätte die DR für die Durchfahrt des Werftgeländes Wachpersonal stellen müssen. Personalmangel gab es damals auch schon. So wurde die Strecke 1959 wieder abgebaut und hat Platz für den Straßenausbau gemacht.

    Da es die Verkehrs- und Lärmprobleme bereits vor dem 2. WK akut waren, hatte man damals sogar über eine komplett neue Ostanbindung des Stadthafens nachgedacht. Diese sollte an die Stralsunder Strecke angebunden werden.

    Zu DDR-Zeiten war eigentlich der 1. Plan, dass der Stadthafen Ende 1960er Jahre außer Betrieb gehen sollte. Man hatte in Rostock große Pläne. So wollte eine große Brücke über den Stadthafen bauen. In Höhe der Fischerbastion wurden schon recht teurere Pfahlgründungen ausgeführt. Allerdings konnte und wollte VEB Seehafen nicht auf die Kapazitäten verzichten. Ein Grund war ein Grundlagenvertrag mit der UdSSR, der die Anlandung der Versorgungsgüter für die Streitkräfte der UdSSR in der DDR regelte. Darin war auch der Hafen festgelegt. Den nächsten Versuch wagte man Anfang der 1980er Jahre. Jetzt war auch der VEB Seehafen dazu bereit, da die Umschlagstechnologie und die Hafenansteuerung nicht mehr zeitgemäß war. Dieses scheiterte erneut am Veto aus der UdSSR und noch nicht fertiggestellter Umschlagsmöglichkeiten (z.B. Getreide) im Überseehafen.

    Gruß

    Stefan

    Einmal editiert, zuletzt von V10C (9. April 2020 um 15:30)

  • Hallo Stefan,

    bezüglich der Hafenbahn vom Hauptbahnhof hast du recht, hier habe ich mich auf fehlerhafte Literatur verlassen. Ein Blick in das Lloyd-Bahn-Buch von Lothar Schultz bestätigt deine Sicht.

    Viele Grüße,
    Eckhard

  • Herzliche Ostergrüße aus Bremen!

    Nach der politischen Wende durfte ich dann neben meinem Dienst auf der S-Bahn auch in der Lokeinsatzstelle Rostock-Hafen immer als Ersatz fahren. Zu beginn waren es noch die beiden Stammloks 106 720 und 106 721. Die Ostlok war für die Bedienung des Osthafen zuständig, wären die andere Westlok im Hafen blieb. Bei Bedarf wurde neben der planmäßigen Bedienung mit der "Hafenrundfahrt" eines 111er-Pärchens aus dem Seehafen "Renate14" auch Züge mit einer der beiden Rangierloks aus dem Stadthafen zum Güterbahnhof gebracht. Ganz selten kamen auch Streckenloks mit ihren Zügen direkt zum Stadthafen.

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    Durch die Verladung sowjetischer Militärtechnik hatten bis Ende 1990 zwei Loks noch gut zu tun. Das änderte sich ein Jahr später drastisch. So wurde die Ostlok abgezogen und auch die Westlok hatte nur noch bei sporadischen Eintreffen von Schiffen zu tun. Manchmal war tagelang gar nichts mehr zu tun und beschränkte den Dienst dort auf "Lokbewachung". So war ich froh wenn man zu anderen Arbeiten herangezogen wurde. So holte ich wegen Lokmangel hier meinen Düngerzug aus Poppendorf selbst ab. Die 1400t waren eigentlich für eine Ellok der BR243 vorgesehen. Aber da fast die gesamte Strecke bergab geht nahm ich alles mit der 106 720 mit.

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    Wenn die Schiffe beladen waren, wurden die Leerwagen meist bis Güterbahnhof oder in meinem Fall auch zum Seehafen gebracht. In der Planstelle Stadthafen waren meist ältere Kollegen bis zum Rentenalter ohne Streckenkunde eingesetzt so das man froh war, wenn der Vertreter aus den Streckendienst runter kam. In der Grubenstraße war eine Höchstgeschwindigkeit von 10kmh bis zum Güterbahnhof auf der Straßentrassierung einzuhalten. Bergauf war das kaum mit großer Last einzuhalten. So wurde meist nachts öfters mit Anlauf im Rangiergang alles gefahren was ging. das musste zeitlich passen, denn die Straßenkreuzung am Strande hatte eine Zeitstufe wo die Kontakte befahren werden mussten. Das brauchte schon etwas Übung, aber die örtliche Aufsicht hatte ja jahrelange Erfahrungen, wann die Anlage eingeschaltet werden müsste und war natürlich nicht begeistert, wenn ich anhielt um ein Foto zu machen.

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    Im Jahr 1992 wurden nur noch wenige Übergaben zum Hafen gefahren. Da war der Abbau der Gleise schon voll im Gange und abgebautes Gleismaterial wurde noch per Bahn abgefahren. Da ich ab 1990 auch Vertreter in Kühlungsborn wurde, waren meine Einsätze immer seltener geworden. So machte ich einmal vorsorglich schon mein persönliches Abschiedsfoto dort. Damals war ich noch ganz stolz auf mein erstes Westauto.

    Also noch alles Gute und bleibt gesund!

    Grüße aus dem Bremer Exil

    Jan

  • Hallo noch einmal in die Runde!

    Hier ein paar nächtliche Impressionen aus meiner Zeit als U+K Vertreter im Stadthafen. Nach wir 1990 dort mit dem mit dem Abtransport der sowjetischen Streitkräfte noch gut zu tun hatten, war ein Jahr später dort nur noch wenig los. Hauptsächlich Düngemittel und Heizöl wurden in Kümos (Küstenmotorschiffe) und kleine Tanker geladen.

    Hier hatte ich ein paar Wagen mit Dünger am Haken, der immer in kleineren Gruppen am Schiff ausgetauscht wurden. Dann war immer für ein paar Stunden Ruhe angesagt.

    Die ehemalige Lokeinsatzstelle wurde nur noch selten benutzt. Meist nur zum Bremse stellen auf dem alten Kanal. Der Kohlekran stammt noch aus Zeiten wo dort Maschinen der meckl. T4 dort beheimatet waren.

    Grüße aus dem Bremer Exil

    Jan

  • Hallo Bremerbahn, Hallo in die Runde

    Seit etwa 2019 habe ich Interesse an der alten Hafenbahn in Rostock gefunden. Ich habe auf meiner Modellbahn, Spur TT, auch ein kleines Hafenmodul angebaut. Seitdem kommen immer wieder neue Fragen auf. Durfte man mit Reichsbahnloks ohne weiteres in den Stadthafen? War der Hafen eigentlich nicht Sperrgebiet? Ich habe zufällig im Buch Verkehrsknoten Rostock ein Bild gesehen, dass eine 132 (130?) in der Grubenstrasse zeigt... Gab das Streckenprofil und die zulässige Achslast das tatsächlich her?? Oder war die Ludmilla eine Ausnahme? Welche Güter (-wagen) kamen in den Stadthafen?

    Wurden die Fahrten von der Transportpolizei, oder der Grenztruppe Küste bewacht und begleitet? Hatte der Stadthafen eigene "Werkloks"? Wenn ja, wo wurden diese versorgt? Fragen über Fragen ...Vielleicht finde ich hier Antworten, das wäre toll.

    Übrigens: tolle Fotos, danke für`s zeigen

    VG Uwe

  • Hallo Uwe,

    ich kann mich da an keinerlei "Sperrgebiet" erinnern, das war alles weitestgehend frei zugänglich. Da gabs auch keine Transportpolizei oder Grenztruppen. Ich kann aber gerne nochmal in der Verwandschaft meiner Frau rumfragen, die stammen alle von dort. Möglicherweise gab es da auch unsensible und sensiblere Bereiche. Ich selbst habe 1988 und 1990 Reichsbahn-106er beim Rangieren dort (problemlos) fotografiert. Also ja, auch Reichsbahnloks durften in den Hafen.

    Anders war es in Warnemünde. Dort gab es ein kleines abgesperrtes Areal im Bereich der Fähranleger. Da kam man als normaler DDR-Bürger nicht mehr weiter. Aber selbst von der Absperrung dort konnte ich problemslos das Fährschiff am Anleger fotografieren, wie Hochsicherheitszone sah das für mich auch nicht aus. Aber vielleicht sah man einen 14 bzw. 16jährigen auch nicht als Hochsicherheitsrisiko oder Republikflüchtigen an.

    Viele Grüße
    Toralf

    Einmal editiert, zuletzt von Toralf750 (5. Februar 2024 um 18:45)