Bahn-Traumland Sachsen

  • Hat am Ende des Textes auch was mit dem Golf zu tun:

    Ich kenne einen ehemaligen Werkmeister aus Zwickau, der war dort tätig in der direkt dem VEB Sachsenring angeschlossenen Kfz-Reparaturwerkstatt und dort wurden - was sonst - Trabant repariert. Die sonst üblichen Ersatzteilsorgen gab es da nicht - die benötigten Teile wurden einfach schwarz der laufenden Produktion entnommen. Offiziell musste diese Reparaturwerkstatt Teile 2. oder 3. Wahl verarbeiten, die für die Neuproduktion nicht verwendet werden durften und dort herausgefallen waren. Zahlte der Reparaturkunde aber genug Trinkgeld, bekam er auch Teile 1. Wahl. Um an diese ran zu kommen, kannte der Werkmeister den Chef der Abteilung Qualitätskontrolle, der entschied, welche Teile 1. Wahl waren für die Neuproduktion und welche 2. oder 3. Wahl für die Reparaturwerkstatt. Der Leiter der Qualitätskontrolle musste dann einen hoch genugen Anteil vom Trinkgeld des Kunden abkriegen, dann stempelte und verbuchte dieser die benötigten 1. Wahl-Teile als 2. Wahl und die Teile konnten von der Neuproduktion an die Reparaturabteilung übergehen.

    Im Kampf um Reparaturtermine und Ersatzteile wurde da nahezu ausschließlich mit Trinkgeldern gearbeitet, die die Höhe der eigentlichen Reparaturrechnung oftmals überschritten.

    Der Werkmeister behauptete, in den 1980er Jahren zusätzlich zu seinen an sich schon nicht geringen 1.200 Ostmark Lohn (oftmals wurden in der Industrie so um die 700 bis 900 M verdient, die 1.000 M-Grenze knackten die Wenigsten) noch zusätzlich bis zu 20.000 M (!) an Trinkgeldern schwarz pro Monat verdient zu haben - jeden Monat. Und ab zu Westgeld, dies aber in weitaus geringerer Höhe.

    Seit 1978 fuhr auch er einen der 10.000 importierten VW Golf I für 24.000 M. Ran kam er an den, indem er die Zuweisung dieses Autos, die einer Frau aus Berlin gehörte, mit einer bei ihm fälligen Trabant-Neufahrzeugzuteilung tauschte. Diese Frau war eine verdiente Genossin, sie hatte den Golf aufgrund ihrer politischen Laufbahn zugeteilt bekommen, konnte ihn aber nicht bezahlen, sie hatte die 24.000 M nicht, sehr wohl aber die 10.000 M für einen Trabant. Und es gab in der DDR keine Autokredite. Ein Kfz musste immer sofort in bar bezahlt werden. Entweder, man hatte das Geld oder Pech gehabt.

    Der reiche Werkmeister aus Zwickau hatte die 24.000 Mark. Sein auf o.g. Weise "erarbeitetes" Geld hätte auch für 10 oder 20 solcher Golfs gereicht laut seiner Aussage. So nahm die "verdiente" aber finanzschwächere Genossin aus Berlin seinen fabrikneuen Trabi und er ihren fabrikneuen Golf.

    Solche Storys gibt es viele - wahrscheinlich sogar noch mehr als Bimmelbahn-Geschichten von anno dazumal. Die DDR war kapitalistischer als ihr offizielles sozialistisches Antlitz dies jemals zugegeben hätte.

  • Hallo,

    als in der Stadt mit den drei O Aufgewachser hatte ich Staatsbürgerkundeunterricht bei einer Frau Lorenz.

    Sie war die Frau von Siegfried Lorenz, dem ersten Sekretär der SED-Bezirksleitung Karl-Marx-Stadt. Die Beiden hatten einen 353er Wartburg und einen Citroën.

    Unsere Schule hatte einen von allen Seiten gut einsehbaren Parkplatz vorn und einen Kleinen hinten am Schulhof.

    Kam die Dame mit dem Wartburg auf Arbeit, stand der hinten, kam sie mit dem guten Franzosen, dann konnten ihn vorn alle sehen. (Ist kein Witz!)

    Schönen Sonntag euch allen

    Nico

  • Holger wenn ich deine Zeilen so lese fällt mir der Sprung zur Reichsbahn recht leicht. Da war dann Beziehung alles.


    Und so ist es auch nicht verwunderlich das die Ersatzteilversorgung des Bw Karl Marx Stadt BT. Glösaer Str. recht gut war.
    Hatten doch einige vom Bw im RAW gelernt und hatten dort ihre Freunde und kannten sich bestens aus. Also fuhr zuweilen eine Kleinlok des Bw mit Flachwagen zum Teil über sämtliche Schiebebühnen des Werkes und holte schon mal Teile direkt aus der Aufarbeitung ab. Die hat dann das Ersatzteil Lager nie gesehen. Mein Vater hat da gerne erzählt wie er mit Stefan dem Meister von der Kleinlok, der heute als Rentner bei der IG Preßnitztalbahn beim Gleisbau mitmacht, durchs Raw getingelt ist.

    Gruß André

  • Hallo

    Auch diese Geschichten sind es wert als Filmchen oder wie mann es heute nennt nachgestellt oder gespielt zu werden.

    Was hält die Forengemeinde von so einer Idee.

    Ich erinnere mich da an eine mit Götz George wo der mit" Westtapeten"die aber aus dem Osten waren sozialistische Wohltaten vollbrachte .

    Gruß
    Harald a.F.

  • Hallo Fotografenkollegen,

    vielen Dank für die zahlreiche Rückmeldung zum Bild. Natürlich paßt nicht alles 100%. Die Idee war, einfach ein paar typische Szenen nachzustellen. Kurze Zeit trug die 99 1793 dann auch an der Front das Schild der 99 1786. Das hätte wohl zeitlich besser gepaßt. Von den Teilnehmern hat sich jedenfalls keiner beschwert. Was mit wenigen Handgriffen machbar war wurde gemacht. So zum Beispiel wurde der DB-Keks vom EG entfernt ebenso die Reklame für das Bistro VIIK. Dazu verschwanden die Schilder der Werbung für das Nußknackermuseum. Am morgen ausgesähtes Unkraut zwischen den Pflastersteinen wuchs leider nicht schnell genug bis zum Abend. ;)

    Grüße

    Einmal editiert, zuletzt von cargonaut (23. Juni 2020 um 00:59)