Dampfmaschine einstellen - nach Gehör und mit modernster Technik

  • Hallo Rafael.

    Mein Vater war über 40 Jahre in der Triebfahrzeuginstandhaltung bei der Reichsbahn im Dienst und auch ich bin mir als Elektriker in der Instandhaltung durchaus bewusst das ein Forumsbeitrag nie und nimmer eine Ausbildung oder Schulung ersetzen kann. Jedoch sind mir solche Beiträge ehrlich gesagt lieber als endlose Diskussionen über zum Teil schon private Befindlichkeiten. Ich habe sozusagen mit einem Augenzwinkern Achim und André für diesen tollen Beitrag gedankt der für mich in einer Reihe zu deinen über eure Wagenrestaurierung und Svens Aufarbeitung der Hilax steht. Technische Zusammenhänge für Laien so verständlich und spannend zu erklären ist eine Kunst die so mancher ausgesprochene Fachmann nicht beherrscht. Hier aber wurde dies perfekt gemacht. Und das wollte ich damit rüber bringen..

  • Hallo André,

    da gebe ich dir natürlich völlig recht. Solche Themen und Beiträge sind definitive die Sahnestückchen hier im Forum, die ich begeistert mit verfolge. Ich freue mich schon und bin sehr gespannt, das theoretische Wissen dann auch mal praktisch anzuwenden und eine Dampfmaschine dann selber einzustellen, wenn es beizeiten mal soweit ist. Da werde ich vorher bestimmt auch die Nase noch mal hier in den Thread stecken. Gerade für jemanden, der erst anfängt sich mit all dem zu beschäftigen ist das Wissen von erfahrenen Profis unersetzlich.

    Also gern mehr davon!

    Gruß,

    Rafael

  • Hallo Rafael,

    dann wünsche ich Dir auf jeden Fall viel Freude und Erfolg bei der Aneignung der Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Dampfloktechnik.

    Obiges Thema (Regulieren nach Gehör) ergab sich einfach für mich mal so, weil die Auspuffschläge zunächst so dermaßen unrund klangen und immer besser wurden. Darum habe ich draufgehalten und das alles mal aufgenommen.

    Gut möglich, dass sich einmal wieder ein ähnlicher Anlass für ein Thema findet, vielleicht auch bei André.

    Das Regulieren der Dampfmaschine ist natürlich kein Lokführeralltag, so dass dieses Thema sicherlich auch nicht die oberste Priorität bei der Ausbildung zum Dampflokführer besitzt. Ich konnte dieses Wissen aber schon mehrmals anwenden. Die meisten meiner Kollegen hatten wohl noch nie damit zu tun.

    Die Museumsbahn Schönheide arbeitet bei den angebotenen Lehrgängen mit Helmut Neumann zusammen. Ich kann darum nur empfehlen, solche Lehrgänge zu belegen, denn Herr Neumann ist der absolute Spitzenmann für diese Ausbildung.

    Er war natürlich auch mein Lehrer für Triebfahrzeug- und Kesseltechnik und -betrieb.

    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Guten Abend zusammen,

    Ergänzend zu den vorigen Beiträgen möchte ich noch die Bücher von Helmut Neumann erwähnen, die im Herdam Verlag erschienen sind.

    Neben kurzweiligen und absolut lesenswerten Geschichten zu seinem Werdegang als Dampflokführer und Ausbilder wird sowohl in den Geschichten als auch in separaten Technik-Kapiteln einiges zur Dampfloktechnik erklärt.
    Hier mal eine Rezension aus dem Presskurier:

    https://www.presskurier.de/144/rezensiert…schichten-leben

    Mittlerweile sind 6 Bände erschienen:

    https://www.herdam.net
    oder Eure gutsortierte Bahnhofsbuchhandlung helfen Euch sicherlich weiter.

    Viele Grüße

    Marcus

    mit freundlichen Grüßen aus Frankfurt
    Marcus

    Feldbahnmuseumselektriker

  • Da wäre ich dann ein Bass spielender Elektroniker mit Lkw, Bagger und Staplerschein, einer eigenen Modellbahnplatte und Hl Signal.. ^^

    Ob es dafür eine Stelle auf dem Arbeitsmarkt gibt? Ich bin mir nicht sicher...

    Gruß André

  • Mahlzeit!

    Leider habe ich diesen interessanten Beitrag verpasst und erst heute durch Dampfachims Link gefunden. Das Einregulieren nach Gehör habe ich auch im Lehrgang bei Helmut Neumann gelernt und schon mehrfach angewandt. Gerade bei den kleineren Maschinen ist es eine zuverlässige und auch ausreichende Methode, die richtige Schiebereinstellung zu finden. Wie auch beim Indizieren macht das ganze jedoch erst Sinn, wenn die von André beschriebene Mechanische Steuerungsprüfung durchgeführt und die ermittelten Fehler beseitigt worden sind. Und da liegt allzu oft der Hase im Pfeffer, da kann man indizieren bis man schwarz wird, mit groben Fehlern in der Äußeren Steuerung wird das nichts brauchbares. Oft wurde/wird in dem Falle so eingestellt, dass es vorwärts gut läuft, rückwärts hinkt es dann.

    Bei Lokomotiven, bei denen die Flachschieber nur bei geöffnetem Schieberkastendeckel eingestellt werden können, wird die Maschine in die 4 Totpunktlagen verfahren und durch Vermessen der Abstände der steuernden Kanten an den Schieberlappen und den Dampfkanälen des Schieberspiegels ausgemittelt.

    Falls das im kalten Zustand geschieht, werden die Schieber hiernach noch um die Längenänderung der Schieberstange durch die Erwärmung im Betrieb korrigiert. Aus dem Kesseldruck lässt sich die zugehörige Temperatur ermitteln, aus dem linearen thermischen Ausdehnungskoeffizienten und der Schieberstangenlänge die Längenänderung. Für die Hilax beispielsweise beträgt die Einströmüberdeckung 15 mm, die Ausströmüberdeckung jedoch nur 1 mm. Wenn man im kalten Zustand den Schieber auf Mitte stellt, wirken sich die rund 0,5 mm Längenänderung nicht unerheblich aus. Die Brigadelok hat sogar eine Ausströmüberdeckung von 0.

    Bei den 3 vergangenen Hauptuntersuchungen der WEM-Loks bei der 1.Kolíner Lokomotivgesellschaft in Zamberk/CZ wurden die Steuerungen grundberichtigt, da waren haarsträubende Fehler zu beseitigen: falsche Kurbelwinkel, stark unterschiedliche Hängeeisenlängen und Voreilhebelmaße, nicht parallele Aufwerfhebel, falsche Voreilwinkel in den Stephensonexzentern, unterschiedliche Exzenterstangenlängen.

    Da insbesondere bei den Museumsbahnen Werkstatt und Lokpersonal oftmals in Personalunion arbeiten, ist das Wissen und die Fertigkeiten auch im Steuerungsbereich schon wichtig in der Lokführerausbildung. Aber auch für die anderen, um die Kommunikation zwischen Lokmannschaft und Werkstatt zu ermöglichen.

    Gruß Sven

  • :frech::frech::frech:

    Oft wurde/wird in dem Falle so eingestellt, dass es vorwärts gut läuft, rückwärts hinkt es dann.

    Das habe ich bei meiner Liliput-U auch so gemacht....da ging es dann eher um 0,1mm. :smash:

    Ich vermute auch hier grundlegende Fehler in der Steuerung:zwink:

  • Guten Abend,

    ich möchte diesen Beitrag mal wieder nach vorn holen und mit einem hervorragend produzierten Film zum Indizieren und der abschließenden Lastprobefahrt der 99 1784-0 ergänzen.

    Hier nochmal ein Riesen Lob an die Werkstatt der RüBB und natürlich an die Jungs von “Powered by Steam” für die Begleitung von diesem einmaligen Erlebnis!


    Ich wünsche einen schönen Abend,

    Richard :)

  • Hallo Richard,

    endlich ist der Film fertig. Hab schon drauf gewartet.

    Auch ich kann nach Monaten des Einsatzes der 99 784 das Resümee ziehen, dass diese Form der Aufarbeitung für die RüBB zwar einen ziemlichen Aufwand bedeutete, letztlich aber doch ein voller Erfolg war.

    Angesichts der technischen und räumlichen Verhältnisse der RüBB-Werkstatt Putbus ist ein solches Projekt besonders hervorzuheben. Der Film zeigt aber auch sehr anschaulich, wie motiviert die Putbuser Mannschaft dieses Projekt anging.

    Viele Grüße

    Dampfachim