Frage zur historisch korrekten Dachhaut bei Eisenbahnwagen

  • Hallo in die Runde,

    heute mal mit einer Frage zur Restautierung von Wagen: Wie wird bei den historischen Wagen das Dach bespannt? Soweit ich das so nebenbei mitbekommen habe waren die Wagen früher mit einer Art Segeltuch bespannt, wobei da die Frage wäre (falls das überhaupt korrekt ist), wie das dicht gemacht wurde? Vereinzelt liest/hört man von EPDM-Bahnen, einer Art Gummi. "Dachpappe" dürfte bei in Betrieb befindlichen Wagen längerfristig keine Option sein, weil die kaum arbeitet und irgendwann Wasser eindringen kann. Also, wie wird das bei den Museumsbahnen, soweit historische Wagen im Einsatz sind natürlich auch bei SOEG, SDG etc. und in den Werkstätten heute gemacht? Wenn Segeltuch o.ä. noch immer eine Option ist, wo bekommt man das "Richtige" heute her? Dankeschön und viele Grüße,

    Marian Sommer.

  • Hallo Marian.

    Ganz spontan ...

    Ich hab das auch bei dem Neustädter Kuckucksbähnel gesehen das ist wohl eine Art Gummiplane. Wie währe es mit Teichfolie? Ich kann aber gerne nachfragen wenn Du keine Lösung bekommst und Du eine Info brauchst.

    Gruß Roland

  • Hallo Roland,

    danke für den Hinweis. Gummiplane klingt nach EPDM-Bahn, da habe ich ein Muster. Wird scheinbar bei Wohn-, Bau- und Aufenthaltswagen (Straße) heutzutage verwendet, auch bei Eisenbahnwagen habe ich Hinweise im Internet gefunden. Vorzugsvariante wäre eigentlich eine historisch korrekte, wie man sie früher hergestellt hat. Viele Grüße,

    Marian.

  • Hallo Marian,

    die Bespannung mit Segeltuch (auch als Deckleinen oder Nessel angesprochen) war für Holzdächer üblich. Darauf kam eine Deckschicht und diese wieder erhielt eine Abschlußschicht. Wolfgang Diener hat das in einem kleinen Heft beschrieben, aus dem ich mal zitiere:

    ... Zur Dachfarbe noch folgendes: seit Anfang 1904 erhielten in Preußen neue Wagen mit ungerader Wagennummer eine Dacheindeckung nach dem sog. „Berliner Verfahren“, die mit gerader Nummer nach dem „Cölner Verfahren“. Beim Berliner Verfahren war die Deckmasse braun. Nach dem vollständigen Durchtrocknen dieser Deckmasse erfolgte ein Anstrich mit einer aus 12 kg Bleiweiß und 7 kg Leinölfirnis hergestellten Farbe. Beim Cölner Verfahren war die Deckmasse weiß. Nach dem Aufbringen erfolgte auch hier ein Anstrich mit einer Farbe aus 67 Teilen Bleiweiß und 33 Teilen Leinölfirnis. Damit ergibt sich die Tatsache, daß die Wagendächer der preußischen Wagen im Ablieferungszustand weiß gewesen sind, was von Kurt Pierson auch persönlich bestätigt wurde.Diesen Farbton tragen übrigens auch die Modelle von Personenwagen im Verkehrs- und Baumuseum in Berlin. Ungeklärt ist dabei natürlich, welche Farbe die Fahrzeuge im Betrieb angenommen haben. Bei dem im Eisenbahnbetrieb vorkommenden Ruß, Kohlenstaub und Roststaub dürften sich die weißen Wagendächer ziemlich schnell nach Dunkelgrau bis Dunkelbraun verfärbt haben. *)

    Die in dem Zitat angesprochene Deckmasse bestand in der Haupsache aus Leinölfirnis, feinst gemahlener Kreide und evtl. Zusätzen. In einer Reichsbahn-DV von 1941 wird für den Anstrich von Dachbezügen ein Deckanstrich aus 95% Firnis, 4% Bolus und 1% Ruß vorgeschrieben.

    Ich besaß als junger Mann ein Kanu, einen Leistenbau aus Kiefernleisten. Der Bootskörper war rechts und links des Kiels mit Segeltuch belegt (beklebt?) und dieses mit Möbelölspachtel beschichtet. Darauf erfolgte dann der Anstrich mit Kunstharzlack. Das dürfte das gleiche Verfahren gewesen sein, wie es für die Holzdächer der Eisenbahnwagen zur Anwendung kam.

    Mein Tip: Setz Dich mal mit Leuten in Verbindung die alte Straßenbahnwagen restaurieren. Die sind mit dieser Frage auch konfrontiert.

    Ich hoffe ich konnte Dir ein bißchen helfen.

    Mit Gruß - Karwi

    *) Wolfgang Diener: Anstrich, Beschilderung und Anschriften an Reisezugwagen, kein Erscheinungsdatum. Herausgeber: Ulrich Streiter, 4770 Soest

  • Hallo Karwi,

    vielen Dank, das hilft beim Verständnis des Dachaufbaus schon ein gutes Stück weiter.

    Frage wäre jetzt noch, ob, wie häufig und wie erfolgreich (also längerfristig haltbar) das heute noch angewendet wird? Wer hat da Erfahrungen?

    Viele Grüße,

    Marian.

  • Hallo Marian,

    wie ich schon schrieb, die Leutchen, die sich mit der Restaurierung historischer Straßenbahnwagen beschäftigen, kommen bei ihrer Arbeit an diesem Problem nicht vorbei. Zu DDR-Zeiten habe ich auch bei einer Berliner Arbeitsgemeinschaft mitgewirkt, die historische Berliner Straßenbahnwagen restaurierte. Allerdings war ich für Lack und Dekoration zuständig. Die Dächer wurden mit Nessel bezogen. Ich kann mich aber nicht mehr erinnern wie das vonstatten ging. In Dresden gibt es sicherlich auch eine solche Truppe und zudem das Verkehrsmuseum. Dort müßte man doch Hilfe bekommen, oder?

    MfG - Karwi

  • Hallo Karwi,

    die Straßenbahner kann ich kontaktieren, das VMD macht aber m. E. (fast?) nichts selbst. Die Schmalspurbahnen haben ja zahlreiche Wagen mit klassischem Dachaufbau im Einsatz, deshalb hoffe ich auch hier auf Antwort. Nessel merke ich mir mal, mal sehen, ob man sowas heute noch bekommt. Viele Grüße,

    Marian.