Gedanken zur Zukunft der Harzer Schmalspurbahnen

  • Stefan_: Freilich sind die HSB-Züge relativ langsam. Das muss aber nicht so sein oder bleiben. In anderen Ländern findet auf Meter- oder Kapspur Schnellzugverkehr statt.

    Um die Geschwindigkeit wirklich zu erhöhen, wäre eine komplette Neutrassierung großer Abschnitte notwendig, indem man dort die vielen Bögen enfernt. Wie dann allerdings die vielen Steigungen bewältigt werden sollen, ist schleierhaft.

    Oder anders: Ja, in vielen Ländern sind Spurweiten gängig, die als Schmalspurbahn zählen. Viele dieser Strecken führen jedoch durch Flachland und sind steigungs- und bogenarm. Da kann dann auch schneller gefahren werden. Das ist bei einer Gebirgsbahn nicht möglich.

    Wichtigstes Argument dürfte aber sein, dass die Bevölkerungsdichte im Harz viel zu gering ist, als dass die Bahn als wichtiges Verkehrsmittel eine Rolle spielen würde. Die HSB fährt größtenteils dort entlang, wo sich salopp gesagt heutzutage Fuchs und Hase Gute Nacht sagen. Es gibt dort quasi niemanden, der eine schnelle Bahnverbindung braucht.

    Guten Abend,

    dazu hätte sich auch Herr Balcerowski besser vorher mal in Erinnerung rufen, dass

    • heute wegen dauerhafter, auf Fahrzeugmangel zurückzuführender Einschränkungen das Zugangebot spürbar geringer ist als noch vor gut 10 Jahren,

    Naja, Sommerfahrplan 2014 12 tägliche Züge auf den Brocken.

    Sommerfahrplan 2024 10 tägliche Züge auf den Brocken.

    Ist jetzt nicht so dramatisch eingebrochen. Dafür, dass die Fahrgastzahlen um ein Drittel gesunken sind, wurden die Züge nur um 20% verringert. (Na gut und die verbliebenen um jeweils einen Wagen gekürzt.) Ich glaube also kaum, dass es passiert, dass Leute auf dem Bahnsteig in Wernigerode zurückgelassen werden müssen, weil die Züge zu voll sind. Offenbar reicht das derzeitige Angebot auch für die vorhandenen Fahrtwilligen aus. Und nur weil man mehr Züge anbieten würde, kommen ja auch nicht automatisch mehr Fahrgäste zusammen.

  • Wie machen das nur die Schweizer, die Japaner und die Neuseeländer? Die haben ähnliche Probleme auf ihren Meter- und Kapspurstrecken, und selbst in den erstgenannten Ländern wollen auch dünn besiedelte Gegenden erschlossen sein. Ja, es gibt einige enge Kurven im Harz, da beißt die Maus keinen Faden ab, aber dazwischen auch schwach gekrümmte oder fast gerade Abschnitte. Denke schon, dass mit geeignetem Rollmaterial die Durchschnittsgeschwindigkeit der Züge höher sein könnte.

    Und sollen die Urlauber und Touristen nicht besser die Autos stehen lassen? Dann brauchen sie Bahn und Bus und nutzen sie je nach Angebot womöglich stärker als die Einheimischen oder jedenfalls zu anderen Tageszeiten, womit zusätzliche Fahrten gerechtfertigt sein können. Auch könnten Kombi-Ausflugstickets (Fahrschein und Eintrittskarte, ist in Belgien populär) ausgegeben werden, das holt Fahrgäste an Bord und bringt Umsatz.

    Dazu noch Abstimmung der Fahrpläne, vielleicht noch Lückenschlüsse (das ist aber wirklich etwas auf lange Sicht), und dann merken die Touristen hoffentlich, dass es außer dem Brocken noch mehr interessante Dinge im Harz gibt, und fahren auch da hin mit den öffentlichen Verkehrsmitteln.

    Martin

  • Wie machen das nur die Schweizer, die Japaner und die Neuseeländer? Die haben ähnliche Probleme auf ihren Meter- und Kapspurstrecken, und selbst in den erstgenannten Ländern wollen auch dünn besiedelte Gegenden erschlossen sein.

    Ja, dann recherchiere doch einfach mal selber, um die Unterschiede zwischen von Anfang an aufwändig trassierten, mit moderner Leittechnik ausgerüsteten ÖPNV- oder gar Fernverkehrsstrecken, auf denen moderne Triebwagen und Loks verkehren und die nur zufällig nicht in der bei uns verbreiteten Spurweite gebaut sind auf der einen Seite und ein paar kurvenreichen Bimmelbahnen meist im Gebirge und aus touristischen Gründen mit historischem Lok- und Wagenmaterial betrieben auf der anderen Seite herauszufinden, anstatt hier Suggestivfragen zu stellen und darauf zu hoffen, das schon irgendjemand losrennt und dir die Infos zusammensucht, warum das nicht so funktioniert, wie du dir das einfach mal so vorstellst.

    Zitat

    Denke schon, dass mit geeignetem Rollmaterial die Durchschnittsgeschwindigkeit der Züge höher sein könnte.

    Wenn die statt 30 vielleicht 40 km/fahren, holen sie am Ende vielleich 10 Minuten raus. Je nach Strecke. Die Harzquerbahn ist doch keine geradlinig verlaufende Fernverkehrsstrecke, wo zwischen zwei Halten 50 km oder mehr liegen und man mit hoher Geschwindigkeit richtig Strecke macht. Auf den wenigen Bereichen ohne große Steigung oder geländebedingten engen Bögen wie Quedlinburg-Gernrode oder meinetwegen auch im oberen Selketal zwischen Straßberg und Stiege wird ja heute meist schon Gas gegeben. Viel Zeit spart man damit nicht. Einen Zug, der mit 70 km/h oder noch mehr über die HSB-Gleise flitzt, wird es einfach nicht geben. Das ist doch technisch gar nicht möglich.

    Hinzu kommt: Ein Verkehrsbedürfnis der wenigen Einheimischen wird dadurch trotzdem nicht nennenswert generiert werden.

    Drittens werden auch in Zukunft vor allem Touristen mit der HSB fahren. Und die fahren entweder wegen des historisch anmutenden Bahnerlebnisses und wollen gar keinen Triebwagenschnellverkehr oder sie fahren, weil sie auf den Brocken wollen. Der Bimmelbahncharakter ist also von vielen gewollt und für diese kein Manko. Genau mit diesem "Dampferlebnis" wirbt die HSB ja auch offensiv. Ein "Schnelltriebwagenerlebnis" stattdessen wäre sicher kein besonderes touristisches Zugpferd.

    Stefan_: Freilich sind die HSB-Züge relativ langsam. Das muss aber nicht so sein oder bleiben. In anderen Ländern findet auf Meter- oder Kapspur Schnellzugverkehr statt. Ja, die haben größere Netze, aber trotzdem gibt es da sicher etwas zu lernen. Streckenausbau und neues Rollmaterial kostet natürlich Geld, und ja, der Landkreis hat davon nicht genug. Aber warum soll, wenn doch Gäste aus dem ganzen Land und noch weiter her da hin kommen, das ein Landkreis allein stemmen?

    • Schnellzugverkehr findet dort auf Kap- und Meterspur statt, weil diese Bahnen von Anfang an auch genau dafür im Schnell- und Fernverkehr geplant waren. Der Vergleich dieser Bahnen mit einer für uns klassischen Schmalspurbahn, die irgendwelche einstmals mies erschlossenen Gebirgstäler ausfährt, für die sich keine Hauptbahn lohnte, ist doch sehr weit hergeholt. Die einzige Gemeinsamkeit ist zufällig die Spurweite. Ansonsten sind das, wovon du sprichst, normale Fernverkehrsstrecken, die nur im Abstand der Schienen zueinander von unseren Strecken von DB-Netz abweichen.
    • Es stemmt ja nicht nur ein Kreis alles. Das wäre gar nicht möglich, da wäre der Landkreis Harz ja in einem Jahr pleite und in Zwangsverwaltung. Die HSB hat neun Gesellschafter. Zusätzlich bekommt die Geld aus einem Verkehrsvertrag mit Thüringen für den ÖPNV im Bereich Nordhausen. Zusätzlich noch Subventionen für den allgemeinen Betrieb vom Land Thüringen. Und zusätzlich Subventionen auch vom Land-Sachsen Anhalt. Die Finanzierung ist also auf viele Schultern verteilt. Problem sind doch eher die hohen nötigen Summen und deren ständige Steigerung.
  • Hinzu kommt: Ein Verkehrsbedürfnis der wenigen Einheimischen wird dadurch trotzdem nicht nennenswert generiert werden.

    Guten Tag,

    nochmals möchte ich in Erinnerung rufen, dass sowohl die Harzquer- als auch die Selketalbahn zu ihrer Zeit in erster Linie für das damals starke Verkehrsbedürfnis im Güterverkehr erbaut wurden. Der Personenverkehr war immer schon sehr schwach in dieser dünn besiedelten Gegend.

    Ganz anders sah es bei der Brockenbahn aus, die diente vom ersten Tag an der touristischen Erschließung dieses Bergs.

    Und an dieser Gesamtsituation hat sich binnen 125 Jahren nichts geändert. Abseits der Brockenbahn und des Vorortverkehrs Nordhausen ein Verkehrsbedürfnis für vertakteten Verkehr mit schnellen Triebwagen herbeireden zu wollen, ist fernab jeder Realität. Das ist noch weltfremder als die Braunlage- und Pullman-City-Fantasien.


    Beste Grüße aus dem Bergischen Land

    Thomas

  • Guten Tag,

    nochmals möchte ich in Erinnerung rufen, dass sowohl die Harzquer- als auch die Selketalbahn zu ihrer Zeit in erster Linie für das damals starke Verkehrsbedürfnis im Güterverkehr erbaut wurden. Der Personenverkehr war immer schon sehr schwach in dieser dünn besiedelten Gegend.

    Ganz anders sah es bei der Brockenbahn aus, die diente vom ersten Tag an der touristischen Erschließung dieses Bergs.

    Und an dieser Gesamtsituation hat sich binnen 125 Jahren nichts geändert. Abseits der Brockenbahn und des Vorortverkehrs Nordhausen ein Verkehrsbedürfnis für vertakteten Verkehr mit schnellen Triebwagen herbeireden zu wollen, ist fernab jeder Realität. Das ist noch weltfremder als die Braunlage- und Pullman-City-Fantasien.

    Das ist nicht korrekt.

    Das Verkehrsbedürfniss war auch für den Personenverkehr ausschlaggebend. Denn anders wie Heute war werder der Güterverkehr noch der Personenverkehr Mobil wie in Heutiger Zeit. Die Menschen und Frachtkunden waren stark auf die Bahn angewiesen. Das änderte sich erst mit dem Zusammenbruch der DDR. Seitdem ist man sehr Mobil geworden. Aber aufgrund der danach folgenden Preisanstiege ist für die Einheimische Bevölkerung der Personenverkehr nicht mehr leistbar ebenso im Güterverkehr. Aufgrund dieser Preispolitik hat man die Einheimische Bevölkerung von der Bahn vertrieben und wird sie keinesfalls wiedererlangen. Genau so beim Frachtverkehr. So wie früher für ca. 1 Mark von Wernigeode nach Drei Annen Hohne zum Wandern und Kaffee trinken, das gibts nicht mehr. Wer will schon für ca. 20 € pro Person Heute so eine Fahrt unternehmen. Da machen die Leute mit ihren PKW lieber die Straßen dicht.

    Gruß von ganz oben, der Bergmensch. 🙋‍♂️

  • Stefan_ - mir ist sehr wohl bewusst, dass man aus den Strecken der HSB keine Intercity-tüchtige Hauptbahn machen kann. Genausowenig muss es Taktverkehr auf Teufel komm raus sein. Aber deswegen zu sagen, es lohne sich nicht, über Verbesserungen nachzudenken, halte ich ebenso für übertrieben. Dann könnte man auch wie Anfang der 1990er angedacht gleich allen Bahnbetrieb bis auf den Brockenverkehr einstellen. Andererseits:

    Da machen die Leute mit ihren PKW lieber die Straßen dicht.

    Da liegt der Hase im Pfeffer. Davon wollen und müssen wir doch weg, und da kann die Bahn eine ganze Menge helfen, auch und gerade indem sie die Touristen im Harz verteilen hilft. Museums-Touristen-Bummelzüge kann man ja trotzdem fahren lassen, die müssen sich nur hin und wieder überholen lassen, und sie bringen noch Extra-Einnahmen. Muss ja nicht immer auf den Brocken sein.

    Noch mal zur Klarstellung: Ich führe ausländische Bahnen als Beispiele an, um zu zeigen, dass es auf schmaler Spur auch anders geht als mit mühselig instandgehaltenem museumsreifem Rollmaterial. Nichts gegen Museumszüge, ich mag sie, aber die taugen nicht wirklich für den Alltagsbetrieb. Trotzdem oder gerade deshalb werden die Angebote von Einheimischen und Besuchern angenommen. Wieviel davon konkret übernommen wird, wäre noch zu klären, alles bestimmt nicht, aber "nichts" ist sicher auch die falsche Antwort. Jetzt besser?

    Martin

  • Dor Falk - wenn du schon so fragst: wir müssen wohl alle. Oder findest du verstopfte Straßen gut, von den übrigen Effekten übermäßigen Kraftverkehrs ganz zu schweigen? Wollen und Tun sind noch ganz andere Fragen ... führen aber hier sicher zu weit.

    3 Mal editiert, zuletzt von jmh67 (5. Dezember 2024 um 22:07)

  • jmh67 : Warst Du mal im Selketal? Da fehlen noch einige Autos, bis man da von verstopften Straßen sprechen kann. Im Harz hab ich das mal im Bereich Thale oder Wernigerode, oder auch Bad Sachsa oder Bad Harzburg erlebt, aber da hätte die HSB auch für keine Entlastung gesorgt.

    Ich kann Deine Argumentation sehr gut verstehen. Ich habe früheer teilweise selbst so gedacht. Nachdem ich in den letzten Jahren nun öfters im Harz war, macht sich eine gewisse Ernüchterung in mir breit.

    Klar, mit einem ordentlichen und bezahlbaren ÖPNV kann man vielleicht ein paar Wanderer erreichen, das wäre wirklich eine super Sache, weil man dann auch so wandern könnte, dass man nicht zum Ausgangspunkt zurück muss, wo das Auto steht. Das geht bei dem spärlichen Angebot heute eher weniger und ist für Familien, wenn man nicht gerade das D-Ticket hat, praktisch auch unbezahlbar. Das kann man definitiv besser optimieren.

    Ansonsten sind die Dampfzüge an sich auch schon eine Touristen-Attraktion. Beobachtet man die Fahrgastströme im Selketal oder bei der Harzquerbahn, so fahren die meisten eine Strecke hin- und auch gleich wieder zurück. Die Bahn ist das Ziel, nicht der Zielbahnhof selbst. Es fährt keiner mit dem Dampfzug von Quedlingburg nach Hasselfelde, nur um sich den Ort anzuschauen und am gleichen Tag nicht mehr zurückfahren zu können. Die Fahrgäste, die dort ankommen, fahren i.d.R. auch gleich wieder mit zurück. Gleiches gilt für den Zug aus Wernigerode nach Eisfelder Talmühle... Umsteiger ins Selketal kann man an einer Hand abzählen und meist sind diese auch als Eisenbahnfans erkennbar. Ansonsten ist ETM nicht wirklich ein lohnenswertes Ziel.

    Daher kann ich die Bestrebungen zur Netzerweiterung um sinnvolle Ziele schon nachvollziehen. Einfach um Kunden zu gewinnen, die das Verkehrmittel eher als Mittel zu Zweck (der Beförderung) ansehen, und nicht nur mitfahren, weil es dampft.


    VG Tilo

  • Geplanter Kauf der Brockenkuppe: Megaprojekt des Harzer Landrates nimmt nächste Hürde
    Der Harzer Kreisausschuss stellt sich hinter die Pläne zum Kauf der Brockenkuppe von Thomas Balcerowski, formuliert zugleich aber neue Hausaufgaben für den…
    www.volksstimme.de

    Nach Wirtschafts- und Finanzausschuss hat nun auch der Kreisausschuss für den Kauf der Brockenkuppe gestimmt. Außerdem soll bis Mitte 2025 ein Gesamtkonzept erstellt werden, in dem aufgeführt wird, was alles wie entwickelt werden soll.

    Nächster Termin ist die Entscheidung im Kreistag am 11. Dezember.