Als Saßnitz einen (neuen) Hafenbahnhof bekam

  • Hallo Daniel,

    vielen Dank für Deine Recherchen.

    Auch wenn die Rede von einer "Gepäckbahn" ist, für die Versorgung der Dampfschiffe mit Kohle sollte man schon eine Lokomotive voraussetzen. Ein Lokomotivschuppen ist allerdings nirgends zu entdecken, wobei es einige Einfahrten in Gebäude zu sehen gibt...

    Es bleibt spannend.

    Viele Grüße,

    Thorsten

  • Hallo in die Runde,

    Bei so einer kleinen Bahn von wenigen hundert Metern wäre auch Pferdebetrieb anstelle von Lokomotiven denkbar.
    Die Rahmenparameter
    - keine Steigungen

    - sehr kurze Streckenlängen

    - sehr enge Radien

    - Betrieb auf hölzernen Landungsbrücken
    - unregelmäßiges Verkehrsaufkommen

    - Gleisführung bis in Gebäude hinein

    sind eigentlich ideal für einen Pferdebetrieb. Was auch die fehlenden Behandlungsanlagen erklären könnte.


    Was meint Ihr?


    Gruß

    Marcus

    mit freundlichen Grüßen aus Frankfurt
    Marcus

    Feldbahnmuseumselektriker

  • Hallo ihr beiden,

    ist tatsächlich eine interessante Geschichte und irgendwie lässt sie mich auch nicht los. Meine Bibliothek hat diesbezüglich noch die ein oder andere Quelle aufzuweisen, aber bei genauerer Betrachtung sind die Quellen "leider" immer wieder ein und dem selben Ursprungs - Herr Wulf Krentzien. Der in Sassnitz aufgewachsene Heimatforscher und pensionierte Lehrer für Geschichte und Kunsterziehung, beschäftigte und puplizierte schon recht früh, die Geschichte der Region, so auch in einer kleinen Broschüre, die anlässlich des Jubiläums "100 Jahre Eisenbahn auf Rügen 1883 - 1983" über den DMV* vertrieben wurde.

    Mir liegt die durchgesehene und ergänzte 2. Auflage (erschienen 1985) vor, dessen Verfasser wie gesagt, Herr Wulf Krentzien ist. Für die Redaktion und Gestaltung zeichnete Herr Ing. Walter Bauchspieß verantwortlich.

    Der Tenor und auch die grobe Beschreibung der schmalspurigen Bahnlinie im Hafenbereich Sassnitz ist die gleiche, wie der in den beiden Beiträgen von mir erwähnten Puplikationen. Ergänzent hierzu sind aber kleine interessanet Details die der These von Marcus durchaus "Futter" geben.

    Der Grund für das Anlage einer schmalspurigen "Gepäckbahn" war eigentlich ein einfacher, den wir Modellbahner nur zu gut kennen. Man hatte schlicht weg keinen Platz. Man muss wissen, dass der Platz für den Fährhafen dem Meer abgerungen werden musste. Das gesamte Hafengelände wurde künstlich ins Meer aufgeschüttet.

    "Im April 1896 werden die Baupläne der Crampasser** Gemeinde vorgelegt und die Abtretung des Uferbereiches an den Staat geregelt."

    Die Bauarbeiten beginnen im Herbst 1896 mit der Aufschüttung des Hafengeländes. Im Januar 1897 beginnt der Bau des Zoll- und Hafenbahnhofsgebäudes. Alle festen Bauten, so auch das Zoll- und Hafenbahnhofsgebäudes mussten mittels Pfahlgründung gesichert werden. Bereits im April 1897 wurden die Hafengleise mit der neuen Hafenstrecke verbunden.

    "Die Gleisanlagen sollten möglichst wenig Platz einnehmen. Um das zu erreichen, sollten Gleisverbindungen zum Teil durch Drehscheiben hergestellt werden."

    Unter diesen begrenzten Platzverhältnissen war die Einrichtung einer schmalspurigen Bahnlinie im Hafenbereich Sassnitz nur zu verständlich. Der geringe Platzbedarf, die engen Radien sowie die Möglichkeit der einfachen und schnellen Anpassung der Gleisanlage an den Bedarf waren Grund genug um sich so zu entscheiden.

    Ich zitiere:

    " Um den Erfordernissen einer Schnellverbindung gerecht zu werden, ist eine besonder Techologie der Umladung von der Bahn zum Schiff und umgekehrt zu entwickeln. Das Reisegepäck wird nach Ankunft des Zuges auf Schmalspurwagen verladen und in das Empfangsgebäude zur Zollkontrolle und danach zum Schiff gefahren. Die gleiche Bahn dient außerdem zur Beförderung der Bunkerkohle für die Postdampfer und ander Schiffe. Ihr Gleisplan lässt sich den Bedürfnissen anpassen. So fährt die Schmalspurbahn auch zur Versorgung von Marineeinheiten bis auf die Mole, wo im Pflaster der Streckenverlauf noch heute zu erkennen ist. Als Schienen kommen Feldbahn- und Rillenschienen zur Anwendung, die in die hölzernen Landungsbrücken, das Kaigelände und die Molenfahrbahneingelassen sind."

    Gruß

    Daniel

    * DMV = Deutscher Modelleisenbahnverband der DDR

    ** Sassnitz ist ein Zusammenschluss von zwei Gemeinden - Camprass und Sassnitz

  • Hallöchen,

    ein durchaus interessantes Thema. Mein Gedanke dazu war, solch eine Bahn müsste doch auch auf zeitgenössischen Publikationen zu entdecken sein. Eine kurze Recherche ergab das:

    https://fotos.verwaltungsportal.de/seitengenerato…te_im_hafen.jpg

    Darauf sind die Gleise der Bahn zu entdecken. Bei den Radien der Gleise erübrigt sich glaube ich die Frage nach einem Lokomotiveinsatz...:gruebel:

    Auf dieser Ansichtskarte ist die Bahn ebenfalls zu entdecken:

    https://images.app.goo.gl/wUea2miz3JLg6Kp8A

    MfG Ronny

  • Hallo Ronny,

    Danke dir für deine schnelle Recherche. Abbildung 2 taucht auch immer wieder in den von mir erwähnten Puplikationen auf. Die engen Radien sind mir dabei auch aufgefallen. Wobei ich den Einsatz von Pferden noch nicht so recht Glauben schenken möchte. Stell dir allein die Menge an Reisegepäck der feinen Gesellschaft vor.

    Also bis zum Gegenbeweis habe ich daran noch Zweifel.

    Gruß

    Daniel

  • Hallo Daniel,

    ich denke da eher an die Kohle für die Schiffe, da müssen die Pferde ja Schwerstarbeit verrichtet haben.

    Eventuell könnte es ja eine der frühen Benzollokomotiven gewesen sein? Oder gar eine Akkulok? Beides war zu dieser Zeit schon bekannt...

    MfG Ronny

  • Hallo zusammen,

    interessante Diskussion!

    Als Pferdebesitzer kann ich nur sagen: man macht sich keine Vorstellung, was so ein Tier ziehen kann!! Zumal in der Ebene auf Gleisen.

    Dennoch glaube ich nicht an die Version, denn da müsste man dem Gaul schon Ballettschühchen anziehen, damit dem Bahnsteig entlang tändeln kann. Und wenn dann ein Dampfross kommt und ein Pferd scheut......viel zu gefährlich würde ich denken.

    Viele Grüße,

    Lenni