EK-Buch "Eisenbahnchronik Harz"

  • Auf dem Gabentisch zum Heiligen Abend diesen Jahres lag das gewünschte Buch aus dem EK-Verlag. Was soll ich sagen, beim ersten Durchblättern kam in mir ein Gefühl auf, das Buch hast Du doch schon ein deinem Bücherregal stehen! Und genau, vor 11 Jahren gab es vom Verlag Kenning eine zweibändige Ausgabe „Eisenbahnen im Harz“ von Josef Högemann !
    Was soll ich sagen, ich bin enttäuscht ! Die neue Ausgabe des Buches ist fast eine 1:1-Kopie des Kenningbuches ! Ich beziehe mich jetzt im weiteren Text einmal auf die schmalspurigen Bahnen im Harz, da ich mit der Materie der normalspurigen Bahnen nicht so vertraut bin.
    Ein wichtiger Punkt zur Recherche des vorliegenden Werkes sind immer die Literatur- und Quellenangaben. Aber was sieht man auf Seite 303 und 304, durchgehende Angaben zur Literatur! Keine Spur von irgendwelchen Signaturen aus den vielseitigen zur Verfügung stehenden Archiven, wo eine große Menge von Informationen zu den Harzbahnen lagern.
    Man muß nur sich die Zeit nehmen, um sich die Unterlagen in Ruhe zu Gemüte führen. Einfacher ist es natürlich, schon publizierte Literatur als Grundlage zu nehmen. Und hier läuft man, wie im vorliegenden Fall, Gefahr, Fehler anderer Autoren zu kopieren.
    Schlagen wir doch einmal die Seite 221 auf! Hier befindet sich eine Tabelle zu den Dampflokomotiven der ehemaligen Nordhausen-Wernigeroder-Eisenbahn, der späteren Harzquerbahn. Diese Tabelle befindet sich mit einigen Ergänzungen , sowie den übernommenen Fehlern auch im Kenning-Buch. Hier einige gravierende Beispiele:
    - Von den Neubaulokomotiven der Baureihe 99.23 wurden nicht nur die heute noch im Harz existierenden 17 Exemplare gebaut, sondern 1956 auch vier Maschinen an die Sowjetunion geliefert. Demzufolge gibt es bei den Fabriknummern zwischen den Lokomotiven 99 245 und 99 246 einen Sprung von 134022 auf 134027. Die abgebildete Tabelle endet aber bei 134024!
    Auch die Angaben zur Einsatzbereitschaft der Lokomotiven befinden sich nicht auf dem aktuellen Stand, welcher mit Sommer 2007 angegeben wird. Ein Blick auf die Internetseite der IG HSB hätte da schon geholfen., wo man die aktuellen Einsätze sehen kann.
    - NWE 61² war eine normalspurige Rangierlok, wurde von der Deutschen Reichsbahn übernommen, und kann keine BR 99 gewesen sein, wie in der Tabelle vermerkt.
    - Malletlokomotive 99 5904 wird als Ausmusterungsdatum 1985 angegeben, wie auch in der Tabelle auf Seite 179, aber auf Seite 174 ist die Lokomotive noch 1988 im Planeinsatz bildlich abgebildet.
    - Die Lokomotive 99 6102 ist eine Naßdampflok, somit müßte die Bauart mit Cn2t angegeben werden und nicht mit Ch2t.
    - Das Fragezeichen bei der Herstellerangabe zu 99 5905 ist hier eigentlich auch überflüssig, da alle von der DR übernommenen Mallets von Jung waren.
    - Die Lokomotiven 99 5001 und 99 5201 stammen von der Spremberger Stadtbahn, wie auch auf der gegenüberliegenden Seite richtig wiedergegeben und nicht von der Industriebahn Spremberg.
    Blättern wir eine Seite weiter, hier befinden sich Tabellen zu den Triebwagen und Diesellokomotiven. Der ehemalige NWE T3 ist hier schon ab 1983 für den Sonderzugverkehr im Einsatz, obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch im desolaten Zustand, nicht betriebsfähig in Wernigerode-Westerntor abgestellt war. Auch bei en Diesellokomotiven sind noch alle 10 Maschinen im Bestand der HSB, obwohl 1998 vier Maschinen an Adtranz verkauft wurden.
    Auch im Kapitel über die Südharzeisenbahn (SHE) findet man beim „Überfliegen“ der Seite heute wiederlegte Aussagen zur Fahrzeuggeschichte der SHE. So wurde der SHE T02 nicht aus einem komb. Personen- Post- und Gepäckwagen gebaut, sowie war die Antriebsanlagen kein U-Boot-Motor ........... So wurden die bei der SHE eingesetzten Malletlokomotiven nicht nach Weimar – Großrudestedt verkauft. Beide Bahnen (SHE + WRE) unterstanden den Verkehrsbetrieben Hermann Bachstein und wurden folglich nur umgesetzt.
    Werfen wir zum Schluß noch einen kurzen Blick zur Gernrode-Harzgeroder-Eisenbahn (GHE), der späteren Selketalbahn. Auch hier wird. z.B. auf Seite 179 in der Fahrzeugtabelle dem interessierten Leser verschwiegen, das die Lok „Gernrode“ noch zu DR- Zeiten mit der Betriebsnummer 99 5811 im Einsatz stand.
    Ich habe das Buch jetzt zur Seite gelegt, würde ich mich noch tiefer hineinlesen, ich könnte den ganzen Tag noch über die oberflächige Abhandlung einer „Eisenbahnchronik Harz“ schreiben! Ich hatte mir mehr von einem Buch aus dem Hause „EK“ versprochen, wurde aber auf ganzer Linie enttäuscht ! Es gibt so viele alte/neue Bilder zu diesem Thema, leider wurde schon in anderen Publikationen des Verlages abgedruckte Bilder hier wiederveröffentlicht. Dem Autor kann ich nur ans Herz legen, sich einmal auf den Weg in die Archive zu machen, auch nach 1996 erschienene Publikationen zum Thema „Eisenbahn im Harz“ zu Gemüte führen, denn da ist Einiges auf dem Markt gekommen.
    Eine Kaufempfehlung des Buches kann ich hiermit leider nicht begrüßen. Auch „blinde“ Bestellungen beim EK-Verlag werde ich in nächster Zukunft meiden ......

    Matthias Bethke