Hallo Freunde der schmalen Spur,
nachdem der Molli vor einigen Tagen hier, hier und hier schon Thema war, möchte ich nun auch meinen Senf noch dazu geben.
Damit Ihr nicht sagt, ohhhh schoooon wieeeder, habe ich mir eine andere Epoche ausgesucht.
Wir schreiben das Jahr 1989, an Wende denkt im Nordbezirk noch keiner.
Molli fährt wie eh und je mit zwei Loks im ungefähren Stundenrhytmus. Einen Taktfahrplan kannte man damals noch nicht. Mittags gab es eine "Taktlücke". Da wurde in Kühlungsborn West gekreuzt und so war etwas Zeit für Arbeiten an dem Zugpferd. Die Züge sind in den dreiwöchigen Winterferien nicht überfüllt, aber gut besetzt. Wer sich nicht erinnern kann, Winterferien gab es im Februar und vorher die Giftblätter.
Ich war aber nicht mehr betroffen und verdiente schon richtiges Alugeld als Facharbeiter.
Mit mehreren Freunden ging es also an einem trüben Februartag nach Bad Doberan. Die Wettervorhersage hatte zwar noch etwas Sonne angekündigt. Auf die wenigen Sonnenminuten mußten wir aber geduldig warten und so erwischten wir nur einen Zug im Licht und wurden zum Abschluß auch noch naß.
Ich möchte ehrlich sein. In den folgenden Fotobericht unseres Ausflugs habe ich ein paar Fotos vom Februar 1990 gemischt, die aber identische Situationen zeigen und auch für Euch wohl nicht von den Vorwendefotos zu unterscheiden sein werden. Viel Spaß beim Raten.
Im Einsatz befanden sich 99 2322 und 99 2323. 99 2321 war als Reservelok in Kühlungsborn im Freien abgestellt. 99 2331 hatte den berühmten Anbauschneepflug vor dem Bug, wurde aber bei typisch norddeutschem Mistwetter in diesem Winter wohl nicht gebraucht. 99 2332 versteckte sich ebenfalls als Reserve im Kühlungsborner Schuppen.
Im Winter dürfte es selten gewesen sein, daß sich alle Maschinen in der Heimat befanden.
Viel Spaß also auf einer Zeitreise in die jüngere Vergangenheit.
Nach der obligatorischen Anreise per Bahn, kommen wir gerade recht, als 99 2322 unseren Train nach Kühlungsborn West bespannt. Hier hat sich bis heute erstaunlich wenig verändert. Typisches Schmuddelwetter herrscht im Kurort Bad Doberan. Das kann ja heiter weden, hatte doch der Wetterfrosch sogar Sonne versprochen. Was soll's, die Eisenbahn fährt bei jedem Wetter und der Fotoapparat wird schon ein paar brauchbare Motive einfangen.
In Heiligendamm kommt uns planmäßig kein zweiter Molli entgegen. Der wartet im Kühlungsborner Westbahnhof auf unsereren Zug. Auch für die zweite Lok 99 2323 bleiben noch einige Minuten Zeit, während 99 2322 im Hintergrund nach dem Abkuppeln vom Personal geentert wird. 99 2321 steht komischerweise draußen, warum? Das muß gleich erforscht werden.
Drei Einheits - Molliloks auf einem Bild, das habe ich nie wieder hinbekommen
Die 21 hat sich den Salonwagen geschnappt. Ihr ist aber der Dampf ausgegangen, könnte man meinen. Nein, sie war natürlich nicht angeheizt.
Der Grund für den Lokauflauf draußen war ganz simpel. Hinter den Schuppenständen für die zwei Betriebsloks standen die beiden D - Kuppler im Trockenen. Rechts finden wir 99 2331 mit dem Anbauschneepflug "Marke Molli".
Das linke Gleis wird von der Schwesterlok 99 2332 benötigt. So bleibt für 99 2321 natürlich kein Platz mehr im Trockenen.
Nun aber los, 99 2323 steht schon am Zug. Die Beine in die Hand genommen und einen brauchbaren Fotopunkt gesucht. Der wurde in der Nähe des Einfahrsignals Kühlungsborn West auch gefunden. 99 2323 hat die Pause beendet und bricht auf nach Bad Doberan, während wir in die gleiche Richtung wandern.
Wer sich an dieser Strecke auskennt, weiß wie weit wir bis zum nächsten Foto gelaufen sind. Kühlungsborn Ost liegt hinter uns, wir haben Robert guten Tag gesagt, ach nein, der rannte ja damals noch mit der Blechtrommel...
Die berühmte Ostseesicht ist nun auch von FDGB-Ferienheimen verstellt. So kann 99 2322 in etwas anderem Winkel am Kilometerstein 11, 7 erwartet werden.
Hier kann ich mir ein Foto aus dem Mai 2008 nicht verkneifen. Der Tourismusboom macht auch um Kühlungsborn keinen Bogen und so passiert 99 2321 eben den selben Kilometerstein 11, 7 und präsentiert sich in völlig verändertem Umfeld. Diese einst typische Molli - Fotostelle hat sich in den letzten 30 Jahren völlig gewandelt.
An der Steilküste ( im Hintergrund bei den Büschen ) entlang hat sich eigentlich bis heute gar nichts geändert und so rumpelt 99 2323 mit ihrem Zug mit Höchstgeschwindigkeit ( 40 km/h ) nach Kühlungsborn.
Der Wetterfrosch hatte Recht behalten uns so ließ sich Klärchen im Dunst noch für eine halbe Stunde sehen, just in dem Moment, als 99 2323 aus Kühlungsborn zurückkehrt. So richtig hell war's trotzdem nicht geworden und so konnte ich mich auf die "Schattenseite" stellen. Die Schatten sind ja kaum zu sehen.
Nun war es wieder einheitlich grau, als uns 99 2322 etwas überrascht. Nein, daß sie kommt war schon klar. Wir wollten aber nicht im Wäldchen bleiben, haben es aber nicht mehr rechtzeitig geschafft.
"Hinten gut gesichert" ist Lokführer Volker bei Heiligendamm. Die Scheiben des Regelschlußsignals hatten wir allerdings in der Nähe tatsächlich gefunden. Ruchlose Hände hatten den Eisenbahnern wohl einen Streich gespielt. Wir gaben diese Signalmittel natürlich beim Fahrdienstleiter in Heiligendamm anschließend wieder ab, der sich sichtlich freute und uns sogleich zum Kaffee einlud. Nachdem es nun tatsächlich regnete, brauchte er uns nicht lange bitten.
Es regnet immer noch, als 99 2322 wieder aus Kühlungsborn zurück kommt. Es wird lichttechnisch langsam dünner, aber wir hatten noch etwas Zeit. Nun ist der Kaffee aber fertig, so daß wir auf 99 2323 tv keinen großen Wert legen. Das kann nachgeholt werden.
Eine Tasse Kaffee und eine Bockwurscht aus dem nahen Konsum später hat eine Schulklasse ihren Strandausflug beendet. Das waren offenbar Schüler aus Bad Doberan, die im Rahmen der winterlichen "Ferienspiele" ( Freizeit - Feriengestaltung im Rahmen des Schulhortes für Grundschüler ) einen Tag mit Strandwanderungen verbracht hatten. Die Fußbekleidung spricht dafür.
Bevor sich die "Horde" auf dem Bahnsteig verteilt, wird die heranrollende 99 2323 schnell noch auf den Film gebannt.
Die Rampe für die Expreßgut bzw. Rollstuhlverladung vor dem Empfangsgebäude Heiligendamm bietet eine gute Basis für eine Aufnahme der aus Bad Doberan bimmelnd eintreffenden 99 2322. So kann auch 99 2323 noch mit in Szene gesetzt werden.
Wir waren in Bad Doberan Goethestraße ausgestiegen und schlenderten nun durch die Doberaner Innenstadt zum "großen Bahnhof". Dort wo heute Molli und Leitplanken auf dem Alexandrinenplatz sich das Terrain mit dem Blechkarossen teilen, rollt 99 2323 ganz einsam in die heutige Mollistraße. Sie wird gleich die Lage des heutigen Haltepunktes Stadtmitte erreichen.
Alle Fotos: Achim Rickelt
Viele Grüße
Euer Dampf - Achim Rickelt