10 Jahre schmalspurig nach Lauterbach Teil 2 ( m 28 B )

  • Hallo liebe Freunde der schmalen Spur,


    Heute folgt nun Teil 2 zum Thema Eröffnung Putbus – Lauterbach. Heute können wir uns umso mehr den Bildern der ersten Tage widmen. Als Einführung konntet Ihr Euch letzte Woche ja schon mal über die Vorgeschichte informieren. Heute sollen vor allem die Bilder sprechen.

    Hier könnt Ihr den ersten Teil finden.


    Eine neue Ära beginnt, die Eröffnung

    Am 28. Mai 1999 war es nun so weit. Nachdem am Abend des 27. erstmals ein Schmalspurzug den neuen Endpunkt erreicht hatte, wurde am Nachmittag der offizielle Eröffnungszug auf die nun 2,7 km lange Strecke geschickt.

    Die Aquarius C fungierte auch an diesem Tag als ansprechendes Zugmittel und Fotoobjekt. Vor der Fahrt wurde sie entsprechend herausgeputzt und wartet nun am Lokschuppen auf den Beginn der Veranstaltung.

    Rechtzeitig vor Beginn des offiziellen Programms rangierten Lokführer Jochen Warsow und Heizer Hans-Joachim Meyer die Lok vor den Traditionszug am neuen Bahnsteig 3 ( Gleis 2K ). Sogleich ist die Redakteurin des NDR zur Stelle um die schönsten Einstellungen abzusprechen.

    Noch bevor die offiziellen Tagesgäste ankommen, wird für das Fernsehen eine Zugabfahrt als Rangierfahrt nachgestellt. Für mich Gelegenheit, den Zug am Bahnübergang einzufangen. An der Rangierhalttafel, wenige Meter weiter, ist dann schon wieder Schluß.

    99 4801 wird die Garnitur gleich wieder an den Bahnsteig zurückziehen. Sie hat hier gerade die Gleisverschlingung hinter sich gelassen.


    Dr. Harald Ringsdorf ( SPD ), der Ministerpräsident in Mecklenburg-Vorpommern ließ es sich nicht nehmen, an der Eröffnung teilzunehmen.
    Die damalige Landrätin des Kreises Rügen Dr. Karin Timmel ( parteilos ) war natürlich ebenso anwesend, wie Vertreter der DBAG und befreundeter Bahnen, sowie der Baufirmen.
    Der Geschäftsführer der RüKB fehlte allerdings überraschend und ließ sich von dem Prokuristen Matthias Raith vertreten.

    Die offiziellen Gäste reisten aus Bergen mit dem Triebwagenzug 628/928 636 an.
    Nach den obligatorischen Ansprachen unter dem historischen Bahnsteigdach schnitten die Honoratioren auf dem Inselbahnsteig 2 / 3 das berühmte Band durch.

    Aus Bergen erreicht der 628/928 636 als Sonderzug den neuen Bahnhof Putbus. Mit ihm reist auch ein Großteil der Festgäste an.

    Zum ersten Mal ergibt sich die, heute im Sommer alltägliche, Begegnung zwischen Regel- und Schmalspurbahn in Putbus.

    Stellvertretend für die Festredner, die der neuen Verbindung mit warmen Worten eine gute Zukunft wünschten, ein Foto unserer damaligen Landrätin. Frau Dr. Karin Timmel (parteilos) leitete von 1993 bis 2001 die Geschicke des Landkreises Rügen und war somit auch für die Privatisierung des Rasenden Roland 1995 verantwortlich.

    Der Triebwagen war inzwischen bis zur Spitze des Schmalspurzuges vorgefahren, wo unterdessen die Stellprobe für den Durchschnitt des Eröffnungsbandes stattfand. Das Band wurde einerseits von einer Kollegin der DB in zeitgenössischer Tracht , andererseits vom RüKB-Zugführer Rainer Seelhoff in historischer Uniform gehalten.

    Das traditionelle Durchtrennen des Bandes wird von einem DB-Vertreter ( Name und Funktion sind mir leider entfallen ), Frau Dr. Karin Timmel und dem Ministerpräsidenten Dr. Harald Ringsdorf vollzogen. Der Eröffnungsfahrt steht nun nichts mehr im Wege.


    Anschließend zog die Aquarius C mit einem großen Schild an der Rauchkammertür den Traditionszug aus dem Bahnhof. Als Schlußlok lief die ebenso geschmückte 99 4801 mit, die den Zug nach einem längeren Aufenthalt wieder nach Putbus zurück ziehen sollte.

    In Putbus folgte das festliche Abendessen in einem Zelt.

    Aquarius C und 99 4801 machen sich mit dem ersten offiziellen Zug nach Lauterbach Mole auf den Weg. Indes ist aber auch für die Bauarbeiter noch nicht Schluß. In den nächsten Wochen ist noch viel zu tun auf dem Bf. Putbus. Selbst die Lichtsignale sind noch ungültig und nicht angeschlossen.

    Die erste Ankunft in Lauterbach Mole. Etwas eng ist es dort, vor allem wenn mehrere Fotografen das Gleiche wollen. So ist das große Schild leider etwas störend im Vordergrund.

    Auch die offiziellen Gäste erkunden die Umgebung und begeben sich für eine kurze Vorstellung des Projekts in ein kleines Zelt auf der Mole.

    Während dessen warten einige Keinbahner am anderen Bahnhofsende auf die Rückfahrt nach Putbus, wo der gemütliche Teil der Veranstaltung wartet.

    Abfahrt in Lauterbach Mole. 99 4801 zieht den Zug mit der Aquarius C am Schluss wieder nach Putbus zurück.

    Nachschuß auf die Schlusslok Aquarius C. Das Schieben der Züge ist übrigens auf Grund der seitlich beweglichen Kupplung verboten. Man befürchtet, dass die Puffer sonst seitlich aneinander abgleiten und hinterhaken, wodurch akute Entgleisungsgefahr besteht.
    Die Schlusslok darf allerdings so viel Kraft aufbringen, dass sie ihr eigenes Gewicht vorantreibt und der Zuglok das Leben nicht unnötig schwer macht. Darum wird meist auch der Regler auf der Schlusslok geöffnet.

    Noch halbfertig zeigt sich der Bahnhof Putbus. Sämtliche Bahnsteige auf der Kleinbahnseite sind noch nicht fertig. Auch die Rangierwege müssen noch befestigt werden.


    Der zweite Tag

    Am 29. Mai erreichte der SVT 137 225 ( Bauart Hamburg ) gegen Mittag den Bf. Putbus und brachte gleich die Reisegesellschaft um Walter Seidensticker nach Lauterbach Mole zum Mittagessen.
    Der SVT wurde sogleich nach Putbus zurück gefahren, wo er auf dem Regelspurgleis 7 abgesellt wurde.

    Ein Überblick über den Bahnhof Putbus eröffnet den Bilderreigen des zweiten Tages. Der SVT 137 225 ist bereits aus Lauterbach zurück und wurde auf dem Regelspurgleis 7 abgestellt. Die Bagger der Baufirmen werden teilweise noch gebraucht und standen für das Eröffnungswochenende in Paradeaufstellung.

    Schauen wir uns den Schnelltriebwagen etwas genauer an. Er absolvierte 1999 seine letzten Fahrten. Der Fristablauf stand bevor. Walter Seidensticker mietete den Triebwagen also für zwei Tage, um mit ihm das zweite Mal nach Rügen zu reisen. Schon zur Taufe der Nicki+Frank S 1993 reiste die Reisegruppe Seidensticker mit diesem Triebzug „Bauart Hamburg“ an.

    Unterdessen startete mit 99 782 der erste Planzug zum Schnuppern nach Lauterbach Mole. Auch hier diente 99 4801 als „Schlepplok“ für die Rückfahrt.

    99 782 kam mit einem ganz normalen Personenzug aus Göhren an. Die Schlepplok wurde angehängt und 99 782 brach zur ersten „Schnuppertour“ nach Lauterbach Mole auf.

    Auch jetzt dient 99 4801 als „Schlepplok“. Sie ist noch immer mit dem Schild des Eröffnungstages ausgestattet.

    Nach der Rückkehr des ersten richtigen Zuges starteten die Seidenstickerloks Nicki+Frank S und Aquarius C mit dem Traditionszug nach Lauterbach Mole. Aquarius C hatte auf Wunsch Walter Seidenstickers das große Schild vom Vortag behalten und zog nun gemeinsam mit der kleineren Nicki den Sonderzug nach Göhren und zurück nach Lauterbach.

    Nun ist auch der Sonderzug der Reisegruppe Seidensticker mit den beiden Heeresfeldbahnloks in Lauterbach Mole eingetroffen. Die Freunde und Verwandten Walter Seidenstickers „schwärmen aus“ um sich das perfekte Erinnerungsfoto zu sichern.

    In Putbus wird Nicki+Frank S ans andere Zugende wechseln, um als Vorspann vor der Aquarius C nach Göhren zu fahren.

    In Göhren kümmern sich die Lokpersonale um Aquarius C. Foto: Olaf Hansen, mit freundlicher Genehmigung

    Zwischen Sellin und Garftitz wurde der Sonderzug plötzlich von berittenen Banditen aufgehalten.

    Etwas unübersichtlich erscheint die Situation. Frank und Walter Seidensticker in Fesseln? Beide scheinen sich mit den Umstehenden darüber aber auch noch zu freuen. Der Hintergrund dieses Überfalls war die Übereignung der 99 4652 an den Landkreis Rügen. Walter Seidensticker stellte die Lok dem Kreis zur Verfügung, der sie dem Förderverein zur Erhaltung der Rügenschen Kleinbahn e.V. zur Verfügung stellte.

    Anschließend kehrte der Sonderzug mit den beiden Loks wieder nach Lauterbach zurück. In Seelvitz musste noch eine Kreuzung abgewartet werden.

    Beim Umsetzen der Aquarius C ergab sich noch kurz die Möglichkeit, die HF-Lok neben dem geschichtsträchtigen Triebzug abzulichten.
    So klang der zweite Eröffnungstag aus. Am folgenden Sonntag waren die festlichen und geselligen Stunden schon wieder fast vergessen.

    Am 30. Mai 1999 wurde der planmäßige Verkehr auf Regel- und Schmalspur aufgenommen.

    Restarbeiten waren immer noch an den Bahnsteigen und Signalanlagen auszuführen.
    Im Winter 1999 / 2000 verschwand die handbetriebene Schrankenanlage in Putbus für immer.

    Ausblick

    Seit 1999 verkehren die Züge nun bis zur Mole. Im Sommer dampft die Schmalspurbahn dorthin. Was hat das nun gebracht???

    Einige Tage später hatte der Alltag die neue Verbindung eingeholt. Vorerst wurden alle Züge mit zwei Dampfloks bespannt, bis ab Dezember 1999 V 51 901 zur Verfügung stand. Zunächst versuchte man auch, an verschiedenen Verkehrstagen in Der Nebensaison den Verkehr nach Lauterbach anzubieten. Das bewährte sich aber nicht. Der Zuspruch war nur gering.

    Anfangs taten sich die Urlauber schwer, die neue Verbindung anzunehmen. Einerseits war der Anschluß Lauterbachs noch zu unbekannt, andererseits fehlte das touristische Angebot in diesem Stadtteil von Putbus.
    Die Einrichtung einer Schiffslinie nach Polen blieb ein Lippenbekenntnis der Reederei.
    Andere Reeder versuchten sich in Lauterbach, gaben aber oft nach kurzer Zeit wieder auf. Zwei Reedereien konnten sich inzwischen mit ihrem Angebot in Lauterbach etablieren und bieten Fahrten, teilweise auch in Kooperation mit der Bahn an.
    Heute ist Lauterbach, anders als vor 10 Jahren, touristisch viel weiter entwickelt. Ein großer Yachthafen direkt neben dem Haltepunkt bringt den Bahnen Fahrgäste. Das Badehaus ist zum noblen Hotel geworden und um Hafen und Küste lässt es sich vortrefflich wandern und flanieren.

    Die Zahl der Fahrgäste konnte gerade in den letzten Jahren stark gesteigert werden, so dass schließlich auch der Regelspuranschluss wieder in die längerfristigen Planungen des Landes Eingang gefunden hat. Aktuell wird gerade der Betreiber für die nächsten 9 Jahre für Bergen – Lauterbach gesucht.

    Nach einem Jahr Zwangspause verkehren nun wieder die Schmalspurzüge gemeinsam mit den Triebwagen der Regelspur auf der nun 10 Jahre alten Gleisanlage.

    Der Verein Pommerania und der Landkreis Rügen haben vor 10 Jahren den entscheidenden Schritt zur Rettung der Eisenbahn in Lauterbach getan. Das war Mitte der 90er gar nicht absehbar.

    Herzlichen Glückwunsch zum 10. Geburtstag der 3. Schiene.


    Viele Grüße

    Dampf - Achim Rickelt


    Mein Inhaltsverzeichnis

  • Hallo Achim
    Gut gemacht-danke. Ich wusste bis vor kurzem nicht einmal, dass man dort hin dampfen kann.
    War erst einmal bei euch und dann eben nur die Standartstrecke, also muss ich mal wieder hin. Max

    Max G

  • Hallo Achim,

    wieder eine perfekte Inszinierung eines Jubiläums von Dir, herrliche Bilder und Anregung, auch einmal diesen Sreckenabschnitt zu befahren. Danke!!!
    Du erwähntest im Beitrag den Förderverein zu Erhaltung der Rügenschen Kleinbahn. Zu diesen gibt es zwar eine Internetseite, aber nur die Tittelseite. Ist Dir bekannt, wann man vom und über den Föderverein und den von ihm betreuten Fahrzeugen lesen und sehen kann?

    Viele Grüße aus Dresden, Bernd.

  • Hallo Bernd,

    der Verein hat seit Jahren lediglich eine Startseite online. Wann sich da mal einer findet, der das ändert, ist mir nicht bekannt.
    Der Verein hat aber nur noch wenige Aktive.
    Da kann man sicher jede Hand gebrauchen.

    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Hallo Achim,

    vielen Dank für einen gelungenen 2.Teil der Lauterbacher Schmalspurbahn-Chronik!

    Zitat

    Herzlichen Glückwunsch zum 10. Geburtstag der 3. Schiene


    Dem ist nichts hinzuzufügen!

    Ich werde mir die Situation vor Ort wohl im nächsten Monat mal wieder anschauen können, die Kurzarbeit bei der "großen roten Güterbahn" gibt mir im Juni die Möglichkeit, mich mal wieder mit lange aufgeschobenen bzw. liegen gebliebenen Dingen zu beschäftigen. Bevor ich mit meiner Familie im Juli/August wieder für 3 Wochen auf der Insel Urlaub mache, werde ich evtl. mal bei euch im Norden auftauchen. Es ist sooo schön da oben...
    Blüht denn der Mohn schon im Getreide?

    Herzliche Grüße aus Leipzig

    Thorsten Reichelt

  • Hallo Thorsten,

    der Mohn ist zumindest an unserer Strecke noch nicht aufgetaucht. Wollen wir mal hoffen, daß die Bauern nicht mit der chemischen Keule dagegen vorgegangen sind.
    Hier und da sieht man in der Natur aber schon ein paar rote Farbtupfer.
    Letztes Jahr habe ich meine Mohnbilder aber erst Ende Juni gemacht. In einem Monat kann das ja schon anders aussehen.

    Momentan verliert gerade der Raps die letzten Blüten.

    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Hallo Achim,

    danke für diesen interressanten Bericht. Bilder der Kleinbahn im Dreischienenabschnitt sind hier relativ selten zu sehen. Ich habe mich damals über diese Art der Erweiterung sehr gefreut, waren solche Abschnitte früher bei den pommerschen Kleinbahnen (nicht nur) doch recht häufig.
    Die Gegend um den Lauterbacher Hafen ist heute auch für mich ein absoluter Geheimtip. Ich habe mit meiner Frau einen ganzen herrlichen Freitagnachmittag dort verbracht; es war wunderschön!

    Bewirbt sich eigentlich auch die PRESS (oder RüBB) um den Nahverkehr Bergen-Lauterbach?
    Ein Betrieb dieser beiden Strecken aus einer Hand hätte sicher was ...
    Das hatten wir hier ja schon einmal.
    Die Karsdorfer hatte ja mal kurz das Vergnügen.

    Viele Grüße,

    Holger

  • Hallo Achim,

    vielen Dank für die beiden Beiträge über die ersten Tage der Lauterbacher Strecke und deren Entstehungsgeschichte. Ein interessanter Text mit tollen Bildern hast Du wieder "aus den Hut gezaubert".

    Eine Frage noch: Auf den beiden Bildern mit dem SVT im zweiten Teil auf dem Bahnhof Putbus ist in Höhe der 0310-Achse ein kleines Häuchsen auszumachen . Welchen Zweck hatte es? Wann wurde es abgerissen?

    Schöne Grüße
    Tobias