Museale Eisenbahn - zwischen gestern und morgen?

  • Tilo dann must du aber auch eingestehen das eben die von Toralf angemahnten Geschwindigkeitseinschränkungen der 90er Jahre eben doch zum Teil auf Versäumnisse der Instandhaltung aus DDR Zeiten resultieren. z.b. durch Alkalischwellen.

    50 3604-1 - jain. Also ja, die Alkalischwellen wurden in den 80er Jahren verbaut. 10 Jahre später wußte man, es war keine gute Idee. Aber war das wirklich ein Versäumnis der Instandhaltung? Oder eher ein Versäumnis in der Qualität. Man hat doch was gemacht, man investiert und neue Schwellen verlegt. Man hat auch bewußt Betonschwellen verlegt für eine längere Haltbarkeit. Das diese nun mittels chemischer Reaktion ihre Stabilität viel schneller verloren haben als gedacht, würde ich eher als Unkenntnis oder Qualitätsmangel bezeichnen. Auch heute gibt es Experimente mit Bahnschwellen aus Kunststoff und anderen Verbundmaterialien. Da weiß auch keiner, ob die Dinger sich nicht in 10 Jahren durch irgendeinen chemischen Prozess zersetzen. Auch das würde ich heute in dem Fall nicht als Versäumnis der Instandhaltung bezeichen - eher als Pech gehabt.

    Man kann nicht über das eine rummaulen und Wahrheit die einen nicht passt dann Kleinreden wollen und mit weglaufen drohen.. Das ist einfach eine unfaire Diskussionsart.

    Da gebe ich Dir recht. Mich persönlich haben nur solche pauschalen Aussagen wie "was nach 1990 noch verfallen ist, zu dem hat man fast ausnahmslos vor 1989 den Grundstein gelegt" gestört. Was nach 1990 verfallen ist, hätte man auch nach der Wende voll im Griff haben können, dass es eben nicht verfällt. Es kam anders.

    Die Blumen der 80er vorm Bahnhof sind ja ganz nett, Die Nützen aber der Lok nix wenn ihr der Oberbau unter den Rädern wegbröselt.. Da kann man nur einmal mehr den Jungs der Bm Respekt zollen die mit viel Herzblut da die Räder am Rollen gehalten haben.. Die die Schwellen schon manchmal da liegen hatten und nicht einbauen durften weil sie plötzlich woanders gebraucht wurden. Das war eben auch die Realität.

    Richtig. Mit dem Blumen im Bahnhof wollt ich nur ausdrücken, dass es damals eben schon gepflegt war und das Ende der DDR nicht nur aus verlotterter Infrastruktur bestand. Im Rahmen der Möglichkeiten, auch im Kleinen, hat man sich schon bemüht. Und genau diese Details fehlen eben der modernen Bahn. Selbst wenn mal ein Bahnhof noch besetzt wäre - es würde keiner auf die Idee kommen, dort nochmal Blumen zu pflanzen.... das gehört heute nicht mehr zum Geschäftsbereich xy...

    Vor einem Jahr war ich mal am Bahnhof Braunsbedra... ganz übel sieht es da aus. Der Grundstein wurde vor 1989 gelegt, der aktuelle Zustand ist aber eindeutig auf die Pflege nach 1990 zurückzuführen:

    IMG_3950.jpg

    Wiesenbahnsteig 3 & 4

    IMG_3936.jpg

    Die nach Urin stinkende Unterführung selbst habe ich gleich gar nicht fotografiert.

    IMG_3951.jpg

    Der berühmte Blumenkübel hat überlebt. Auch hier wieder, man hatte nicht viel, hatte mit Improvisation aber das beste versucht.


    PS: Um die Kurve nochmal zu meinem überspitzten Beitrag zu kriegen - genau diesen Bahnhof hatte ich gerade im Hinterkopf, als ich die Zeilen schrieb. Leider gilt das auch für viele andere Bahnhöfe.....

  • Hallo Tilo und alle anderen natürlich auch,

    anbei ein symbolträchtiges Bild von meinem Bahnhof in Werneuchen. Das Bahnhofsgebäude nur noch eine Ruine, Unkraut wächst überall, daß Ausfahrsignal kann nur Dauerrot zeigen, denn das weiterführende Gleis nach Tiefensee und Wriezen wird von einem Prellbock versperrt. Das Stellwerk verbrettert, die Ladegleise abgeklemmt. So schlimm hat es nie zuvor hier ausgesehen, auch zu DDR-Zeiten nicht.

    Welcher Fahrgast soll sich hier noch wohl fühlen? Da ändert auch der vor 2 Jahren neugebaute 76cm hohe Bahnsteig für unsere Talent-Züge mit 55cm Einstieg nichts.

    Viele Grüße

    Toralf

  • Tja, Tilo, ich bin ganz bei dir, also für den Textteil ein :thumbup: aber die Bilder sind echt grauenhaft. Also deren Aussage...

    Frage ist, wie es heute dort aussehen würde, wenn das Mineralölwerk noch in Betrieb wäre. Zumindest die Pz-Gleise wohl auch nicht anders... Traurig, echt.

    Na ja, wenigstens konnte Addinol ein paar Kilometer entfernt eine neue Zukunft finden.

    LG Peter

  • Tilo eine falsche Qualität einzubauen ist letztlich auch ein Fehler der Instandhaltung. Und die Reichsbahn hätte in den 90ern damit enorme Probleme bekommen.


    Aber Ja, du hast natürlich Recht das nach 1990 vieles verwahrlost ist. Nach Auszug der Mieter kamen Schmiereien, Vermüllung und irgendwann der obligatorische Brand. Und das ist freilich darauf Hinauszuführen das niemand mehr vor Ort war der ein Auge darauf geworfen hat.

    Ich will auch keines Wegs die DDR Zeit schlecht reden. Es war auch für mich die schönste Zeit als kleiner junge auf der V15 sitzen zu dürfen, während daneben die Reko 50er mit dem Lgo in den Bahnhof dampfte. Und ich vermisse es schmerzlichst mir den Wind um die Nase wehen zu lassen während man gemütlich im Bghw durchs Erzgebirge reiste. Ich hab meinen Vater viel auf seinen Dienstwegen begleitet, war da in den Einsatzstellen Freiberg und Pockau,

    Ja und auch ich finde den Hochglanzlack nicht optimal. gerade bei den alten Rügenwagen kann man schwer Fotos machen ohne sich selbst im Wagen zu sehen. Das stört mich manchmal auch.

    Und das beste Beispiel dafür das in den 90er einiges schief gelaufen ist, merkt man daran das heute in vielen Bereichen Quereinsteiger bei der Bahn gesucht und mittels Druckbetankung in wenigen Monaten fit gemacht werden wofür man früher Jahre von der Pike auf gelernt hat. Weil man über Jahre hinweg Leute vor die Tür gesetzt hat und jetzt plötzlich merkt das das eigene verbliebene Personal Irgendwann auch mal in Rente gehen möchte..

    Übrigens eines meiner schönsten Erlebnisse mit der DBAG der Nachwende war ein Hilfzugeinsatz auf einer Schmalspurbahn. Nachts im Winter auf der letzten Weiche vorm Fichtelberg in Oberwiesenthal hatte man einen Wagen rausgeschmissen. Aue gab es schon nicht mehr, also musste Chemnitz ran. Mein Vater ist extra bei uns Zuhause vorbei gekommen und hat mich mitgenommen. Das bleibt unvergessen, Nachts am Heizhaus zu stehen zwischen den Maschinen mit dem obligatorischen Feuerkorb an dem man sich aufwärmte. Und dann hinten bei eisiger Kälte zuzuschauen wie man den Wagen wieder ins Gleis bekommt. Damit könnte man Bücher füllen..

    Gruß André

  • Mahlzeit,

    1. Haben die Reichsbahner mit bewundernswertem Einsatz aus der prekären Lage das beste gemacht,

    2. konnte das die ungute Mischung aus Mangel an Investitionen und hoher Belastung des Netzes nicht wettmachen,

    3. haben die Reichs- und Bundesbahner "ihre" Anlagen oft liebevoll gepflegt, Blumen an Stellwerken, Empfangsgebäuden und an Schrankenposten gabs in West und Ost,

    4. ist der deutsche per se Autofahrer, die Bahn durfte spätestens nach 1994 nichts mehr kosten (sollte ja sogar Geld bringen!) und Regionalisierungsmittel wurden massiv zweckentfremdet. Man vergleiche die Eisenbahn- mit der Fernstraßeninfrastruktur. Oder der ex- Staatskonzern Post: Wo vorher die Post fast immer auf der Langstrecke mit der Bahn fuhr, hat der unselige Zumwinkel dafür gesorgt, daß nunmehr alles im LKW transportiert wird,

    5. sind die Autobahnen trotz enormer Investitionen ständig überlastet, weil das Gesamtsystem "Verkehr" hierzulande nicht stimmt. Statt die LKW- Maut drastisch zu erhöhen und kräftig in die Schiene zu investieren, hat man die Maut gesenkt. Die Bahn sucht gewzungenermaßen ihr Heil in Zentralisierung, der Beamte vor Ort ist Museumsbahn...

    Viele Grüße,

    Rolf

  • Ich hab mir hier nicht alles durchgelesen, habe dafür auch keine Nerven. Nur eines, ich kann es nicht mehr hören wenn die DR nur im Zusammenhang mit verrotteten Bahnanlagen erwähnt wird. Das kommt aber immer ausschließlich von Leuten aus dem Westen, oder den brd-Medien, die Einzelbeispiele verallgemeinern.

    Ich habe schon zu DDR-Zeiten (heute würde man sagen) Lost Places geliebt und bin bei der Bahn kaum fündig geworden! Die Gebäude hatten Patina, waren aber in gutem Zustand, die Gleise hatten Langsamfahrstellen, waren aber ohne irgendwelches Unkraut darin und das Profil wurde immer freigeschnitten. Das Personal besetzter Bahnhöfe achtete begierig darauf, Blumenrabatten und Sauberkeit auszustrahlen!

    Die Lost Places, die verrotteten Bahnanlagen kamen fast ausnahmslos ab 1990!! Und was die größte Unverschämtheit war, war in den Medien die immer wieder unisono verbreitete Behauptung damals, daß das eine Folge der "DDR-Mißwirtschaft" war. Danke Toralf für die Bildbeispiele, ich glaube Eisenbahnfreunde die auch Abseits der ICE-Strecken fahren, könnten hunderte Bilder wie diese da anhängen.

    Um den Bezug zum Thema zu finden, ich brauche keine und will auch keine Museumsbahnen mit frei erfundener Frakturschrift auf Bahnhofsschildern, Phantasielackierungen und historisch völlig inkorrekter Aufarbeitung! (was oft auch nicht am Geld liegt, sondern am mangelnden Geschichtsbewußtsein).. Ich möchte einfach mal auf einer möglichste regelspurigen Nebenbahn fahren mit dem Stil der 60er bis 80er Jahre Reichsbahn, den Bahnanlagen und den Fahrzeugen. Nirgens habe ich in Deutschland dazu mehr die Möglichkeit. Deshalb ist mir die ganze MuBa-Szene auch völlig egal..

    Einen schönen zweiten Vorweihnachtssonntag für alle und liebe Grüße,

    G. Holst.

  • Eckhard 13. Dezember 2020 um 13:03

    Hat das Thema geschlossen.