Rollwagenverkehr der Mansfelder Bergwerksbahn

  • Hallo Forumsfreunde,

    mehrfach standen Themen zur Mansfelder Bergwerksbahn im Forum. Heute möchte ich ein neues Thema dazu eröffnen, in der Hoffnung, daß sich viele Interessierte daran beteiligen. Es geht dabei um den Rollwagenverkehr der Bergwerksbahn.

    Durch umfangreiche Rationalisierungsmaßnahmen wollte die Bergwerksbahn ab 1930 die Transportleistungen erhöhen und die Kosten senken. Neben der Beschaffung neuer Lokomotiven und Wagen führte die Bergwerksbahngesellschaft den Rollwagenverkehr ein. Der Rollwagenverkehr war zunächst geplant von der Krughütte in Eisleben (später Karl-Liebknecht-Hütte) zur Kochhütte bei Helbra (später August-Bebel-Hütte). Nach einem Plan aus dem Jahre 1930 wurden auf dem Gelände der Krughütte zwei Rollwagengruben gebaut. Diese waren an die normalspurigen Anschlußgleise zum Kraftwerk 1 angeschlossen. Die beiden Rollwagengruben befanden sich zwischen dem Kraftwerksgebäude und der Vanadinanlage. Gleichzeitig wurde ein Schmalspurgleis in nördlicher Richtung zum Anschluß an die Strecke zur Kochhütte gebaut.

    Auf der Strecke nach Helbra vergrößerte man u.a. noch den Radius eines Gleisbogens. Zur Vermeidung von zusätzlichen Rangierarbeiten im Bergwerksbahnhof Helbra wurde eine Verbindungskurve aus Richtung Eisleben zu den Ernstschächten südlich des Lokschuppens gebaut. Nach den bisherigen Erkenntnissen erstreckte sich der Rollwagenverkehr nur zwischen Eisleben und Helbra. Nördlich von Helbra war durch die Brücken 19 bis 21 in der Ortschaft Helbra ein Rollwagenverkehr nicht möglich, die Brücken hatten nicht die Profilfreiheit. Gleiches traf auf die alte Brücke 22 zu.

    Mit dem Bau der normalspurigen Anschlußbahn Helbra zur August-Bebel-Hütte 1961 entstanden in Helbra zwei weitere Rollwagengruben. Als 1972 die Karl-Liebknecht-Hütte stillgelegt wurde endete auch der Rollwagenverkehr zwischen den beiden Hütten. Aber es fand weiterhin ein umfangreicher Rollwagenverkehr statt.

    Dieser konnte aber nach bisherigen Erkenntnissen nur innerhalb der Hütte erfolgen, da die Brücken 19 bis 21 den Verkehr Richtung Norden verhinderten. Oder weiß jemand etwas Gegenteiliges dazu zu berichten? Was wurde innerhalb der August-Bebel-Hütte auf Rollwagen transportiert? Wurde das Kraftwerk 2 in Helbra mit Rohbraunkohle versorgt, welche in Normalspurwagen auf Rollwagen dem Kraftwerk zugeführt wurden? Das Kraftwerk 2 erhielt ja erst anfangs der 1980er Jahre einen Normalspuranschluß.

    Weitere Rollwagengruben befanden sich in Hettstedt und Klostermansfeld. Wann wurden diese gebaut? Die Vermutung geht dahin, daß der Bau der Rollwagengrube in Hettstedt um 1965 erfolgte. Zu dieser Zeit wurde das Schmalzgrundviadukt umfassend saniert und dazu ein neues normalspuriges Anschlußgleis von Hettstedt zu Walzwerk gebaut. Da die Rollwagengrube an dieses Gleis angeschlossen ist könnte der Bau der Rollwagengrube damit im Zusammenhang stehen.

    Beide Fotos zeigen die Rollwagengrube in Hettstedt am 31. März 2005

    Ein Rollwagenverkehr zwischen Hettstedt und Klostermannsfeld konnte erst mit dem Neubau der Brücken 27 und 22 nach 1965 aufgenommen werden.

    Die Bauart der bei der Bergwerksbahn eingesetzten Rollwagen entsprechen keiner DR-Bauart. Es gab Rollwagen mit 5,20 m, 7,20 m und 9,20 m Bühnenlänge. Kan jemand sagen, wie viele Rollwagen es gab?

    Es gibt noch viele Fragen zu beantworten. Vielleicht weiß dieser oder jener etwas dazu beizutragen. Gern auch als PN.

    Viele Grüße

    Dietmar

  • Moinsen,

    wird Zeit, das mal ein gescheites Buch über die Mansfelder Bergwerksbahn erscheint. Vielleicht auch gleich mit der Kleinbahn?

    Der Oschatzer Saarsachse

    IV K - Fan

  • Oh ja, ein Buch über die Bergwerksbahn, u. die elektrische Kleinbahn. Das könnte ein Wälzer werden! Eigentlich Stoff für zwei Bücher. Wenn dann noch die Wipperliese ...

    Das Mansfelder Land ist literarisch ohnehin völlig unterrepräsentiert. Da fällt mir noch die Parkbahn Vatterode ein, der Kupferpendel Niederröblingen Hettstedt mit BR 44, verschiedene schmalspurige Werkbahnen neben der Bergwerksbahn u. a.

    Da tropft der Zahn. :P

    Gruß Holger

  • Hallo Zusammen,

    danke, Franz-Zeitz, für die Eröffnung dieses Themas.

    Ich glaube, sehr viele Foristen und Eisenbahnfreunde freuen sich über Neues-Altes aus den Mansfelder Land und fiebern einem Buch geradezu entgegen, mich eingeschlossen.

    Leider war ich erst im Jahre 2000 erstmals in dieser Region und kann über frühe Rollwagenverkehre nichts sagen.

    Was mir aber dazu einfällt, ist der Transport einer V22 auf dem Rollwagen von Hettstedt nach Benndorf zur Bahnwerkstatt. Die Szenen sind in div. Reportagen und Filmen zu sehen. Es war einfacher und billiger als über die DR, was mir plausibel erscheint.

    Ich habe erfolglos versucht, beim großen Filmverleiher etwas zu finden, daher habe ich schnell ein paar Screenshots vom Fernseher gemacht.

    Liebe Grüße,

    Peter

  • Hallo Peter,

    ein sehr ungeohnter Anblick: eine V 22B auf einem Rollwagen, zumal sie aus eigener Kraft daraufgefahren ist. Danke für das Zeigen.

    Gruß

    Martin

  • Die Bauart der bei der Bergwerksbahn eingesetzten Rollwagen entsprechen keiner DR-Bauart. Es gab Rollwagen mit 5,20 m, 7,20 m und 9,20 m Bühnenlänge. Kan jemand sagen, wie viele Rollwagen es gab?

    Hallo Dietmar,

    vielen Dank für deinen Faden! Ich hoffe, dass wir alle gemeinsam ordentlich Material zusammentragen können.

    Bei den Mansfelder Rollwagen gab es drei Längen, wobei der kürzeste 5,70 m Nutzlänge aufwies.

    Aus den Rollwagen wurde allerlei Nützliches gebaut, was mittels Foto belegt oder noch vorhanden ist: Gleisbaufahrzeuge mit Kran, Drehschemelwagen für den Transport von langen Bauteilen, Baggertransportwagen, die Schneefräse, der Schneepflug, Barrentransport.

    Für Modellbauer ein unerschöpfliches Potential!

    Freudliche Grüße

    Robert

  • Hallo,

    noch ein kleiner Nachtrag:

    Bei den Fahrzeugen der Bergwerksbahn ist es äußerst schwierig zu ermitteln, wieviele Wagen es von welcher Gattung gab, da es nacheinander drei Nummernsysteme gab und es zu Doppelbelegungen kam. Nach den mir zur Verfügung stehenden Unterlagen gab es mindestens 60 Rollwagen.

    Freundliche Grüße

    Robert

  • Guten Morgen!

    Dietmar, da hast Du wieder ein sehr facettenreiches Thema gestartet und ich bin schon gespannt, wie es sich weiterentwickelt! Dazu will ich mir mal einen Punkt raussuchen. Welche Verkehre hat man nach dem Anschluss der August-Bebel-Hütte in Helbra überhaupt mit Rollwagen abgewickelt nachdem dann auch die Schächte stillgelegt waren und als weitere Transportziele nicht mehr existierten. Es blieb ja nur die Hütte selber über. Starten wir mit einer möglichen Aufzählung doch mit einem im Bimmelbahn-Archiv liegenden Beitrag von Holger über Schmalspurige Werksbahnen. Ich hole damit etwas aus:

    [...] Um 1980/81 war ich im Rahmen meiner Vermessungstätigkeit wieder in der Gegend. Davon ist mir vor allem die Helbraer Hütte in Erinnerung geblieben: Eine Dampflok rangierte unter den Rohrleitungen im Werkbahnhof. Die Straße am Werk wurde außerdem von einer Feldbahn (Sägewerk ?) gekreuzt. In einem Werksgebäude an der Straße sah ich noch uralte Werkbahnwagen u. einen Schrägaufzug, alles lange nicht benutzt, u. ziemlich verstaubt. [...]

    Der Schrägaufzug lag südlich des Kraftwerks und verband die Schlammteiche auf der Tal- / Straßenebene mit der Hüttenebene (siehe folgende Karte). Dort wurde der in den Teichen getrocknete sogenannte Theisenschlamm durch Schwelen im Drehrohrofen von bituminösen Bestandteilen befreit. Der so erhaltene, hautsächlich aus Blei- und Zinkverbindungen bestehende Rückstand wurde dann zur weiteren Verarbeitung zur Bleihütte in Hettstedt transportiert. Das wurde 1978 - also vor deinem Besuch, Holger - wegen der damit verbundenen unhaltbaren Umweltbelastung eingestellt. Ob die unteren, mit dem Schrägaufzug damals noch genutzt wurden, entzieht sich meiner Kenntnis

    50894697412_f15f9d1eee_b.jpg

    Bild 1: Verlauf der Gleisanalagen in Karten 1:10000 von Anfang 60er Jahre. Die Schlammteiche lagen am südlichen Ende. Der Schrägaufzug befand sich am nördlichen Rand der auf der Straßenebene liegenden. Nur noch auf der Karte angedeutet sind größere auf der Halde. Die später eine gewisse Berühmtheit erlangten Teiche 9 und 10 wurden erst später angelegt.

    Ein Teil der Schlammteiche lag auf der östlichen Seite der Straße nach Wimmelburg. Insofern hat es neben 500 mm Aschebahn, 750 mm Werkbahn und später auch normalspurige Anschlussbahn eine weitere Kreuzung dieser Straße durch Gleise gegeben.

    Zur Spurweite kann ich nur vermuten, dass es ebenso 750 mm war. Jedenfalls war dies auf der Karl-Liebknecht-Hütte (Krughütte) in Eisleben so. In beiden Rohhütten des Mansfeld Kombinats (AG) mussten die Gichtgase der Öfen in einem zweiten Schritt von feinen Staub gereinigt werden, bevor diese Gase zur werksinternen Stromerzeugung in der Elektrischen Zentrale / Kraftwerk genutzt werden konnten. Dies erfolgte durch Waschen mit Wasser in den sogenannten Theisenwäschern. Wie dieser anschließend im Teich getrocknete Schlamm in die Wagen der Werkbahn gelangten kann ich nicht sagen. Ich vermute aber fast händisch per Schaufel, was bei der Zusammensetzung höchst gesundheitsgefährlich gewesen sein dürfte.

    Und nun endlich kommen wir zum Rollwagenverkehr in diesem Zusammenhang: Der Drehrohrofen wurde mit Kohlenstaub befeuert. Detlef Schikorr hielt das Bereitstellen eine solchen aufgerollten Wagen 1978 in Bildern fest und zeigte diese im HiFo. Er erlaubte mir letztes Jahr im Zusammenhang mit dem Bahnhof Helbra Thema diese hier zu verwenden, weswegen ich sie jetzt einfüge und ich ihm herzlich dafür danke!

    Welche Länge mag der Rollwagen gehabt haben?

    m-klok9schiebtgwhelbrh7k8u.jpg

    Bild 2: Bild 3Zustellung eines aufgerollten Kohlenstaubwagens zum Drehrohrofen zum Schwelen von getrocknetem Theisenschlamm am 11.07.1978 (mit Erlaubnis vom Detlef Schikorr - Orignalbeitrag hier im HiFo bei DSO)

    m-klok9schiebtgwhelbrotjk1.jpg

    Bild 3: Und überquert gleich darauf die Ofenhausbrücke bei der August-Bebel-Hütte (mit Erlaubnis vom Detlef Schikorr - Orignalbeitrag hier im HiFo bei DSO)

    Beim Stichwort Ofenhausbrücke möchte ich auch auf den gerade von Dietmar im Vereinsheft der Hirzbergbahn laufenden mehrteiligen Beitrag zu den Brücken der Werkbahn verweisen.

    Volker

    PS. Hatte diesen Beitrag zuerst in leicht anderer Form an Holgers im Archiv angehängt. Das soll einerseits zwar nicht mehr möglich sein, wie ich später sah, aber funktionierte trotzdem. Andererseits tauchen diese nicht auf der Startseite auf und gehen daher anderen Interessierten verloren

    Einmal editiert, zuletzt von Volker Dehnke (27. März 2021 um 07:26)

  • Hallo, Volker,

    ich bin für 9,2 m, verglichen mit der rund 13 m langen Lok. Die Perspektive könnte zwar täuschen, aber der 3-Achser-Normalspur wird wohl (Wagenverzeichnis DR wälzen?) diesen Achsstand bringen.

    VG Bernd.