Erhaltene Lok-Legenden der österreichischen Schmalspur-Reihe U

  • Liebe Leserinnen und Leser,

    inspiriert durch einen Sommerurlaub vergangenes Jahr in Österreich habe ich das Buch von Herrn Beier über die Reihe U aus dem transpress-Verlag mal wieder aus dem Bücherschrank heraus gesucht. Das einizige Manko an diesem reich bebilderten Werk ist das schon länger zurückliegende Erscheinungsdatum (1. Auflage von 2001). Damit ist die Liste der erhaltenen Loks natürlich nicht mehr ganz aktuell. Als Vorbereitung für kommende Eisenbahntouren und Urlaubsabstecher habe ich mir eine aktualisierte Liste zusammengestellt, die ich Ihnen/Euch verbunden mit ein paar Aufnahmen zu den unterschiedlichen Unterarten der „U“ nicht vorenthalten möchte. Wenn jemand Ergänzungen und Korrekturen oder vielleicht sogar ein paar tolle Fotos der seltener fotografierten Exemplare hat, bitte gern an den Beitrag dran hängen. :)

    Die Reihe U wurde 1894 von Krauss & Co. Linz zuerst in vier Exemplaren für die Murtalbahn als Weiterentwicklung der Steyrtalbahnlok (Reihe S) gebaut und wegen des Ausgangspunktes Unzmark als „U“ bezeichnet. Diese Reihe entwickelte sich zur Standardlok für Schmalspurbahnen auf dem Gebiet der Österreichisch-Ungarischen Monarchie und darüber hinaus: Es wurden 54 Stück als Reihe U, zehn Stück als Nassdampf-Verbundvariante (Reihe Uv), eine Lok als Heißdampflok (Reihe Uh bzw. später Bh) und neun Loks als stärkere und größere Heißdampfvariante (Reihe BBÖ Uh) gebaut. Im Einsatz standen sie auf Strecken von der Adria bis nach Polen. Die letzten Dienste der kleinen Maschinen im alltäglichen Planbetrieb erfolgte auf der österreichischen Steyrtalbahn bis zur Betriebseinstellung zum 01.03.1982. Zu dieser Zeit hatte sich aber auf einigen Schmalspurbahnen längst die Tradition von dampfgeführten Bummelzügen in der Sommersaison etabliert. So stand die U auch weiterhin an ausgewählten Tagen im Jahr z. B. auf der Zillertalbahn und der Murtalbahn im Einsatz. Auch einige Museumsbahnen waren bereits entstanden bzw. im Entstehen und setzten auf die liebevoll gepflegten Lokomotiven der Reihe U. Diese Exemplare der Standard-U sind erhalten:

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    298.54 (Baujahr 1898, Fabriknummer 3870, Krauss Linz) steht am 08.08.2020 abgestellt auf dem Gelände des Depot Ober-Grafendorf hinterstellt. Leider ist der Zustand sehr schlecht und die Maschine stark verrostet. Man kann sogar schon an einigen Stellen durch die Seitenwände der Wasserkästen schauen und der Tritt unter dem Führerhaus hängt auch nur noch auf einer Seite am „seidenen Faden“ … :(

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    298.55 wurde nach ihrem Dienstende im Bahnhof Mittersill an der Schmalspurbahn Zell am See – Krimml als Denkmal aufgestellt. 2007 wurde sie von Helmut Vötter gekauft und steht nun vor dem Fahrzeugmuseum in Kaprun.

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    Lok 1 „Raimund“ (Baujahr 1900, Krauss & Co. Linz) gehörte zur Originalausstattung der Zillertalbahn, war bis 1968 im planmäßigen Einsatz und wurde anschließend in einem Museum in Innsbruck ausgestellt. 2000 kehrte sie nach Jenbach zurück und wurde vor dem Regionalmuseum aufgestellt. 2008 kam sie zur äußerlichen Restaurierung in die Zillertalbahn-Werkstatt und kehrte 2015 auf den Denkmalsockel zurück. Hier ist sie noch vor ihrer äußerlichen Restaurierung im Jahr 2009 hinter der Werkstatt der Zillertalbahn zu sehen.

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    Die U.24 stand von 1971 bis 2004 als Denkmal auf einem Spielplatz in Bregenz. Im Tausche gegen 498.03 wurde sie wieder zurück nach Bezau zur Bregenzer-Waldbahn geholt und ist hier am 15.06.2013 zu sehen.


    Die Reihe Uv

    Die erste Weiterentwicklung der Reihe U wurde durch die Niederöstereichischen Landesbahnen (NÖLB) in Auftrag gegeben. Krauss & Co. entwickelte eine Nassdampf-Verbundlokomotive mit stärkerem Kessel, leicht höherem Gewicht und Antrieb der Heusinger-Steuerrung von der dritten statt der zweiten Kuppelachse aus, bei sonst weitgehend unveränderten Parametern. Zwei Maschinen entstanden 1902 und gingen zur Waldviertelbahn, eine weitere wurde an die Zillertalbahn ausgeliefert. 1905 erhielt die NÖLB noch eine Lok für die Pielachtalbahn, sechs Lokomotiven gingen im Zeitraum zwischen 1904 bis nach dem ersten Weltkrieg zu Bahnen im heutigen Polen. Vier Maschinen sind erhalten:

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    Auf diesem Foto vom 22.08.2013 aus Jenbach ist die Verbund-U ZB 3 der Zillertalbahn zu sehen. Gut erkennbar sind der unterschiedliche große Niederdruck- und Hochdruckzylinder.

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    Die ZB 3 legt am 21.08.2013 auf der Rückfahrt von Mayrhofen nach Jenbach im Bahnhof von Uderns einen kurzen Zwischenhalt ein.


    Die Reihe Uh bzw. später Bh

    Die NÖLB bestellten anlässlich der Verlängerung der Pielachtalbahn von Kirchberg an der Pielach bis Laubenbachmühle 1905 bei Krauss & Co. Linz eine Heißdampflok die ansonsten in den Abmessungen und Leistungsdaten den Loks der Reihe Uv entsprach. Die mit einem Überhitzer nach dem Patent von Wilhelm Schmidt ausgestattete Lok war somit die erste Heißdampflok in Österreich. Trotz positiver Erfahrungen erfolgte kein Weiterbau der zuerst als Uh.1 bezeichneten Maschine. 1923 ging sie zur Salzkammergut-Lokalbahn, 1924 zur Bregenzerwaldbahn, wo sie auch die neue Bezeichnung Bh.1 bekam. Nach dem 2. Weltkrieg kam sie als 398.01 unter der ÖBB auf die Ybbstalbahn und in den 1960er-Jahren zur Waldviertler Schmalspurbahn. Nach der Ausmusterung 1973 gelangte die Lok über den „Club 760“ und einen Loktausch zu den Steiermärkischen Landesbahnen. Diese setzt die älteste erhaltene und betriebsfähige Heißdampflok weltweit seitdem mit wenigen Unterbrechungen bzw. Gasteinsätzen im Nostalgiezugverkehr auf der Murtalbahn ein.

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    Die Bh.1 steht am Nachmittag des 06.08.2020 mit zwei Wagen als „Ehrenlokführerzug“ im Bahnhof von Murau-Stolzalpe für den zweiten Dienstteil bereit. Im Verlauf des bisherigen Tages hat sie schon den in den Sommermonaten an Donnerstagen verkehrenden Dampfzug Murau – Tamsweg – Murau bespannt.

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    Die Reihe Uh

    Nach dem ersten Weltkrieg beschaffte die Österreichische Bundesbahn (BBÖ) eine erneute Weiterentwicklung der Reihe U um entstandene Lücken im Bestand zu füllen. Um das bewährte Fahrwerk der U herum wurden ein Heißdampfkessel, ein größerer Aschkasten, größere Zylinder sowie eine Caprotti-Ventilsteuerung angebaut. Krauss & Co. Linz lieferte 1928 bis 1930 sechs Maschinen. Eine weitere Lok aus dieser Serie wurde für die Zillertalbahn gefertigt. Aus Florisdorf folgten 1931 zwei weitere Maschinen für die BBÖ, wegen der Probleme mit der Caprotti-Steuerung allerdings ab Werk mit einer Lenz-Ventilsteuerung ausgestattet. Die Reihe stand bis in die 1960er-Jahre bei der ÖBB im Einsatz. Die Loks 498.01, 02 und 05 wurden 1960 an die Österreichische-Alpine Montangesellschaft verkauft und nach einigen Jahren Einsatz auf einer Erzbahn in der Steiermark verschrottet. Die restlichen Maschinen standen ab Mitte der 1960er-Jahre bis zur offiziellen Ausmusterung am 15.03.1973 in Ober-Grafendorf abgestellt. Folgende Loks haben überlebt:

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    Lok 5 „Gerlos“ (Baujahr 1930, Krauss & Co. Linz) ist neben der bosnischen Schlepptenderlok meistens die Stammlok vor den Sommerdampfzügen auf der Zillertalbahn. Hier hat sie am 30.09.2014 den Endpunkt Mayrhofen fast erreicht und der Lokführer kann den Regler gleich schließen.

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    Uh.102 der Bregenzer-Waldbahn war im Sommer 2015 in den Werkstätten der Zillertalbahn in Arbeit. Am 28.07.2015 wurde an ihr im Bahnhof von Jenbach fleißig gewerkelt.


    Die Reihe S

    Über diesen Abschnitt kann man sich nun streiten: Einerseits geht es nicht um die U und die Zeilen gehören streng genommen nicht unter die Überschrift des Beitrags. Da die Loks der Reihe S aber die Vorläufer der U waren, möchte ich sie hier dennoch nicht vergessen. :)

    Extra für die Steyrtalbahn wurden 1888 bei Krauss & CO. in Linz drei Loks der Bauart C1`n2t entwickelt und ausgeliefert. Markant ist die lange Rauchkammer, die durch die kurzen Wasserkästen optisch noch hervorgehoben wird. Auf dieser Reihe S basiert die erfolgreiche Reihe U. Auch von den Steyrtalbahnloks selbst wurden noch zwei weitere und 1914 sogar noch eine sechste Maschine beschafft. Weitere Maschinen des Typs bestellte die Lokalbahn Mori - Arco - Riva (vier Stück) sowie die Salzkammergut-Lokalbahn (SKGLB) (1. Serie: 3 Stück, 2. Serie: 7 Stück). Die Lok 6 der Steyrtalbahn und die 2. Serie der SKGLB hatten kürzere Rauchkammern sowie lange Wasserkästen und sahen damit der U schon sehr ähnlich. Folgende Maschinen sind erhalten geblieben:

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    Lok 2 „Sierning“ ist am 26.07.2015 in Grünburg am Endpunkt der Steyrtal-Museumsbahn zu sehen. Sie ist die älteste noch erhaltene 760mm-Lokomotive in Österreich. Sie wurde mit kurzen Wasserkästen geliefert, die allerdings im Laufe der Jahre zumindest etwas verlängert wurden.

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    Die Lok 6 steht am 098.08.2020 am Wasserkran in Steyr. Aus diesem Blickwinkel sieht die Lok, die 1914 bereits mit verlängerten Wasserkästen ausgeliefert wurde, aus wie eine „richtige U“.


    Als letztes Bild des Beitrages noch der Beweis, dass die U nicht nur im Original begeistert. ;)

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    Die kleinere der beiden Loks ist eine Nachbildung der Firma Lilliput mit U.25 als Vorbild. Das Original ist betriebsfähig auf dem Reststück der Bregenzer-Waldbahn im Museumseinsatz. Die LGB-Lok dürfte den deutschen Schmalspurbahnfans ebenfalls bestens bekannt sein und fährt sicher in vielen Gärten. 99 4712 ist eine der drei U, die für die Friedländer Bezirksbahn beschafft wurden. Zum Ende des zweiten Weltkriegs befand sie sich gerade im Raw Chemnitz und verblieb so bei der Deutschen Reichsbahn. Erst kam sie als 99 791 zwischen Hetzdorf und Großwaltersdorf zum Einsatz. Später wurde sie in die Prignitz umgesetzt und erhielt die Loknummer 99 4712, da die vorherige Nummer für eine der LKM-Neubauloks freigemacht werden musste. 1965 wurde sie bereits ausgemustert und ist leider nicht mehr im Original vorhanden.

    Vele Grüße und einen schönen Abend

    Christian


    Quellen:

    Beier, R.: Reihe U, Stuttgart 2001 

    http://www.schmalspur-europa.at/ [Zugriff am 31.10.2020] 

    https://www.pospichal.net/lokstatistik/16960-skglb.htm [Zugriff am 08.11.2020] 

    http://www.rmg-verlag.at/Leseprobe-Mythos3.pdf [Zugriff am 08.11.2020] 

    http://www.schmalspur-europa.at/ [Zugriff am 31.10.2020] 

    http://www.werkbahn.de/eisenbahn/lokb…pres_krauss.htm [Zugriff am 08.11.2020] 

    https://de.wikipedia.org/wiki/Fahrzeuge…_und_Triebwagen [Zugriff am 08.11.2020]

    2 Mal editiert, zuletzt von Herr Klein (3. April 2021 um 13:22) aus folgendem Grund: Ergänzung zu U.14 vorgenommen

  • Sehr schöner Bericht!

    Was dem Sachsen seine IV K, ist dem Ösi seine U. Mir persönlich gefallen von den Ösi-Schmalspurdampfern die Uh und Mh am besten.

  • Hallo,

    schöne Übersicht einer schönen Lokfamilie! Wie sieht es denn aktuell mit der U37.002 bei der JHMD aus? Letztes Jahr befand sich die Lok noch in Aufarbeitung und es hieß, sie könne bald wieder fahren.

    Viele Grüße

    Julian

  • Hallo Christian, hier noch ein paar Ergänzungen zu deinen Schmalspurrecherchen.

    Hier die S 11 1992 auf dem Stainzer Flascherlzug in Betrieb, jetzt in Mauterndorf abgestellt.

    Die ehem. Lok ZB 2 1999 in Welshpool in Wales im Einsatz


    Die Loks 4 und 5 der SKLB 1997 im Museum in Mondsee

    Die Yv2 und die Mh6 2003 in Obergrafendorf

    Die Bh 1 2017 in Murau im Einsatz

    Etwas abweichend in den Bauarten, die Z 6 von der ehem. Thörlerbahn 2016 in Mauterndorf im Einsatz

    ebenso die Heresfeldbahnlok 699.01 in Mauterndorf

    Einen Nachschlag noch, die Molln 1993 auf der Thörlerbahn im Einsatz.

    Schönen Sonntag noch, viele Grüße Rudi.

    Einmal editiert, zuletzt von rekoheizer (28. März 2021 um 12:08) aus folgendem Grund: Schreibfehler