Das RAW Meiningen in den 80ern

  • Liebe Eisenbahnfreunde,

    in den letzten Monaten konnte ich die Gelegenheit nutzen und Negative scannen, wodurch ich Bahnstrecken und Bahnbetriebswerke vorstellen konnte.

    Dabei fiel mir auf, dass ich durch Urlaubsreisen bzw. gezielt mehrere male in bzw. um Meiningen unterwegs war.

    Für uns Freaks war das Raw fast eine heilige Kultstätte. Da es nur wenige Informationen gab, was dort drinnen so steht bzw. gemacht wird,. rankten sich sehr viele Legenden um Meiningen. der Hof hätte voll mit Einzelstücken sein müssen, so die allgemeine Mutmaßung.

    Andererseits wussten wir, dass in der DDR keine Rücksicht auf Einzelstücke genommen wurde.

    Schrott war Schrott und wurde auch benötigt.

    Einzige Infos auf offz. Wege gab es ab und zu im "Modelleisenbahner" oder man kannte sich in der szene und damit hatte ich einen guten zuging, wann was auf Probefahrt oder Indiziertour ging.

    Da Meiningen topographisch total blöd für uns Mitteldeutsche lag, war es eher schwer am selben tag heimzufahren. Unterkünfte waren oft zu teuer,. also blieben abgestellte Reisezug Waggons oder die Bahnhofshalle unsere Nachtquartiere. jetzt über 30 jahre später wäre ich nicht mehr für solches "Pennerleben" zu begeistern.

    damals nahm sich da keiner Anstoß und manches mal wurde man vom Fahrdienstleiter zu Tee und Kost eingeladen.

    Fakt ist, Meiningen war die Kompetenz in Sachsen Dampflok Revision. Das Wissen scheint durch die übereilte Politik der DB nach 1990 verlorengegangen zu sein. Ich weiß noch, wie exakt die Meininger bei den Indizierfahrten vorgegangen sind und alles eingestellt haben, dass es passt. Die Fachleute hörten, rochen und fühlten sogar Probleme an ihren Maschinen....

    Als 1981/82 der Einsatz von ölgefeuerten Loks endete, wurden recht kurzfristig alle möglichen Kohleloks reaktiviert (41, 50 alt, 52 alt und 52.8) Hier ein Lokzug aus der Rbd Cottbus mit Ziel Meiningen. Die Abstellzeit hat doch oft Spuren hinterlassen.


    Die Stichstrecke nach Rentwertshausen war die oft genutzte Teststrecke. Die zugdichte war übersichtlich und die Bahnhöfe hatten Platz für Ausweichmöglichkeiten, denn man musste auch mit Ausfall von Lokomotiven rechnen. Das noch Mitte der 80er eine betriebsfähige Werklok auf Regelspur existierte, war für mich eine Sensation.

    Im Hydrierwerk Rodleben bei Roßlau war deren Einsatzgebiet. Hier sehen wir Lok 6 bei der Indizierfahrt, es gab immer noch ein paar Mängel zu beheben.

    Heute ist die Maschine als 89 806 bei einem Verein. Ich hätte es besser befunden, keine fiktive DR Nummer zu vergeben - hatte sie nämlich nie.

    Hier sehen wir 52 8149 des Bw Elsterwerda auf Indizierfahrt. Am unverkleideten Zylinder sind die Meßindikatoren angebaut.

    50 3690 stand ebenfalls im Bahnhof Meiningen und wartete auf die Indizierfahrt. Sie gehört zu den Maschinen mit einfachen Windleitblechen.

    Auch 50 3554 gehört zu jener Zeit zum Bw Wittenberge, sie hatte genietete Windleitblieche und einen Schneepflug. Die kleinen Leitern wurden immer auf der Pufferbohle mitgeführt, wenn Einstellungen an Zylinder oder Pumpen notwendig waren.

    Hier stand nur noch eine Probefahrt an, die Indizierfahrten waren abgeschlossen. Leider kann ich heute die Nummer der Karl-Marx-Städter Lok nicht mehr identifizieren.

    Jetzt ging es auf Probefahrt in Richtung Eisenach und abschließend erfolgt die Lackierung, daher die noch fehlenden Loknummern.

    52 8010 hatte schon neuen Lack, aber auch keine Loknummer, aber bei ihr kenne ich den Schneepflug, der etwas speziell war. Auch hier gibt es noch einiges zu tun.

    Die Wustermarker 52 8068 (mit schiefen Schild) und die Cottbusser 52 8072 als Hilfslok sind hier auf Indizierfahrt. Im Hintergrund steht eine Reihe von FLC Dampspeicherloks.

    Im Anheizschuppen des Raw wartet 44 2225 auf den Abschluss der arbeiten

    Von 75 515 gab es nach dem Auffahrunfall in Chemnitz nur noch diesen Torso. Lange Zeit bestand die Gefahr, dass aus Kostengründen der Rest verschrottet wird.

    52 8154 des Bw Engelsdorf war nach dem Dampfende in Leipzig zeitweilig Heizlok im BKK Bitterfeld. Nun wurde sie aber wieder gebraucht und in Meiningen wieder fit gemacht. Hier letzte Vorbereitungen für eine Indizierfahrt im Bw Meiningen.

    Die Cottbusser 44 1106 stand dagegen schon abholbereit im Bahnhof Meiningen. Die "Humpelliesschen" wurden vom Bw abgeschleppt und fuhren nicht selbst zurück.

    Die L5 ist vollbracht und 52 8154 wieder für den Zugdienst tauglich. Interessant für Modelleisenbahner der schmale Bahnsteig und die niveaugleichen Übergänge, auch die Lampen sind ungewöhnlich.

    Schon frühzeitig wurde die erste Reko 50 - 50 3501 zur Werklok des Raw, ich glaube sie war in diesem Bereich ab 1987 im Einsatz und vor allem wie hier zum testen der neugebauten Dampfspeicherloks.

    Die Schöneweider 52 8145 ist frisch hauptuntersucht. jetzt gibt es noch eine Rollprobe mit einem Dampfspender ex 58 (G12)

    Warum oftmals die Dampfspender noch angeheizt waren, vermag ich nicht zu sagen.

    die Angermünder 52 8053 war sehr ungewöhnlich, denn sie besaß nicht die üblichen 52er Lampen, sondern Stecklampen und sogar noch Bügel.

    Hier hängt sie vor einem Regelzug im typischen Indizieroutfit und mit Kreidenummern.

    Die Chemnitzer 50 3616 ist zurück von ihrer Indizierfahrt, das kleine Leiterchen ist ein wichtiges Utensil für die Fachleute.

    Bei der Angermünder 52 8141 gab es eine L7 mit Neulackierung. Ab 1987 gab es sogar wieder rote "beine", im letzten großen Aufarbeitungsjahr, hat Meiningen seine Vorräte nochmals genutzt und alles perfekt lackiert. Es handelt sich bei ihr um eine Lok mit Trofimoff Schiebern

    Als 1990 zum ersten mal sich die Tore zum Raw öffneten war ich natürlich da, Leider öffneten die sich nur auf einem kleinem Vorfeld. Die interessanten Ecken waren hier durch einem Zaun abgesperrt und man fand hier Dampspender und Heizlok, wie hier u.a. 50 3691.

    Liebe Grüße von der Havel, Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von BRBler (28. Juni 2021 um 15:56)

  • Hi Thomas,

    die Nr. 6 (alias "89 806") ist im BW Hanau - damals Dampfbahnfreunde Kahlgrund, heute heißt der Verein Museumseisenbahn Hanau e.V. Aktuell ist sie nicht mehr betriebsfähig, eine Aufarbeitung laut deren Webseite mangels Einsatzmöglichkeiten auch nicht geplant. Ich glaube, man sie auch inzwischen wieder als Nr. 6 beschildert.

    Viele Grüße, Matthias

  • Hollo allerseits,

    das waren noch Zeiten! Um das RAW bin ich ja damals früher oft herumgeschlichen. Täglich gab es da neben den Werksprobefahrten auch zahlreiche interessante Lokzuführungen zu beobachten. Das ersten Mal in diese heiligen Hallen durfte ich erst am 06.Mai 1985. In Rahmen einer Werkführung für die Traditionsbahnen Erfurt und Radebeul wurden wir ins Werk gelassen. Leider durften wir uns nicht außerhalb der Richthallen bewegen, da man gerade wegen der Ausreise der 18 201 in die BRD mit einer außerplanmäßige Untersuchung beschäftigt war.Die Lok stand damals unter Dampf im Lokausgang und somit waren alle Fotos draußen für uns offiziell tabu.

    In der Kesselschmiede wurde gerade der Kessel der 35 1074 zum Dampfspender degradiert.Deutlich sieht man den frisch eingesetzten Rauchkammerflicken, wo einstmals der Mischvorwärmer saß.

    In der großen Richthalle hatten wir ausgiebig Zeit um die dort wie hier z.B. die 50 3685, 50 3539 und 50 3561 in den Ständen abzulichten.

    Unser jugendlicher Leichtsinn ließ uns glauben, dass wir uns dabei unbeobachtet fühlten. So wurde unser Treiben schnell beendet in dem uns der Werkschutz von mehreren Seiten einkesselte. Für mich blieb somit nur die spontane Flucht über den Werkszaun. Die 18 201 musste ich daher sein lassen. Ungetrübt den zahlreichen staatlichen Häschern dennoch rechtzeitig entkommen zu sein, fuhr ich unbeschwert zurück ins Saaletal.

    Doch der nächste Arbeitseinsatz in Erfurt West endete für mich so schnell wie ich dort angereist war. Gleich nach meiner Ankunft wurde ich etwas unsanft in den "Doktorwagen" gebeten. Als denunzierter "Redelsführer" und "Anstifter dieser Untaten" im RAW wurde ich mit sofortiger Wirkung aus der AG geworfen und hatte fortan in Erfurt West und Radebeul Hausverbot. So endete meine aktive Laufbahn bei der Tradibahn abrupt und unsanft.

    Grüße aus dem Bremer Exil

    Jan

  • Hi Thomas,

    die Nr. 6 (alias "89 806") ist im BW Hanau - damals Dampfbahnfreunde Kahlgrund, heute heißt der Verein Museumseisenbahn Hanau e.V. Aktuell ist sie nicht mehr betriebsfähig, eine Aufarbeitung laut deren Webseite mangels Einsatzmöglichkeiten auch nicht geplant. Ich glaube, man sie auch inzwischen wieder als Nr. 6 beschildert.

    Viele Grüße, Matthias

    Stimmt, hier gibts ein aktuelles Bild der Lok:

    Link zum Bild

    Viele Grüße,

    Ronald!

  • Anfangs war die Lok nach ihrer Aufarbeitung in Meiningen noch eine Zeit lang mit ihrer Originalbeschilderung unterwegs.

    Hier bei einer Sonderfahrt im Herbst 1990 in Niedersteinbach auf der Kahlgrundbahn in Nordbayern:

    Wie der Farbvergleich mit anderen Rottönen auf dem Bild zeigt, muss das Fahrwerk damals tatsächlich eher orange als rot gewesen sein.

  • Hallo ,

    noch etwas zur Lok 6:

    Zu DDR Zeiten war es nicht immer einfach die Lok im Betriebseinsatz aufzunehmen. Die Anschlußbahn des DHW Rodleben zählte bis auf den Übergabebahnhof zur DR in Rodleben als streng abgesichertes Gelände. Rein kam man ins Werk eigentlich gar nicht. Das ging nur auf der Lok und da hatte der Anschlußbahnleiter für mich ein offenes Ohr und holte mich draußen am Bahnübergang der F184 extra ab.

    Grüße aus dem Bremer Exil

    Jan

  • Lieber Thomas von der Havel...

    Deine Beiträge habe ich bisher immer mit Interesse verfolgt.

    Bist ja weit rumgereist, um an Dampflokbilder in der zu Ende gehenden Ära zu kommen.

    Deswegen wundert es mich, das Du hier die Loknummer nicht weißt!

    Ein mir gut bekannter und befreundeter Eisenbahnfotograf versicherte mir, das die von "DIR" festgehaltene Szenerie mit der Nummernlosen Lok mitnichten eine Karl Marx Städter Lok zeigt, sondern es sich um Die 50 3545 vom Bw Wittenberge handeln soll, die am 20.04.1987 in Wasungen mit einem Personenzug in Richtung Meiningen fotografiert wurde.

    Liebe Grüße, Auch Thomas

  • Hallo Thomas,

    danke für diese Ausführlichkeit. Sehr interessant.

    Was hat es mit dem Begriff "Humpelliesschen" auf sich? Konnte man die Maschinen einstellen wie man will und sie humpelten oder woher rührt der Spitzname?

    Beste Grüße

  • Hallo David,

    Bei den „Humpellieschen“ handelt es sich um Lokomotiven der Baureihe 44, die sich ihr Gnadenbrot als selbstfahrende Heizlokomotiven verdienten. Um den Wartungsaufwand an den Dreizylinderloks zu reduzieren legte man den mittleren Zylinder still und baute die Treibstange aus. Ich hänge mal ein Bild an.

    Die Loks liefen nun unrund, mit seltsamen Auspuffschlägen. Thomas hatte darüber schon mal ausführlich berichtet. Leider finde ich den Bericht gerade nicht mehr.

  • Interessant. Aus Kostengründen bzgl der Demontagearbeit hat man die Schieberstange ( nebst Schieber bla) wohl drin gelassen und lediglich den Kolben/-stange gezogen und Blindkappen drauf... ja auch gut. Wenn die Leistung für vorgesehene Einsätze reichte... na dann

    Ja Auspuffschläge der 44er... da dünkt mir mal ein, zwei Videos gesehen zu haben...

    Wie isn das eigentlich bei Dreizylindermaschinen bzgl der Kurbelwinkel von Treibzapfen/Gegenkurbel. Das interessiert mich ja mal wie sau 😎

    Danke Ronald 😉