50 3662- Einstige Vorzeigemaschine des BW Halberstadt

  • Nabend,

    ich habe die Lok tatsächlich auch noch in Aktion erleben dürfen, wie ich beim Sichten meiner Scans feststellen konnte.

    Sie war bei der Eisenbahnaustellung am 28.08.1990 in Magdeburg für die Führerstandsmitfahrten eingeteilt.

    Gruß

    Kalle

  • Hallo Kalle,

    Vielen Dank für die schönen Aufnahmen.

    Für die Ausstellung in Magdeburg wurde die Lok noch einmal herausgeputzt, es war das letzte mal.

    Gibt es denn auch Aufnahmen vom Führerstand der Lok?

    Gruß

    Jan

  • Hallo Jan,

    mit Innenaufnahmen kann ich leider nicht dienen. Ich habe damals zwar zwei Filme voll gemacht, aber nur im Freien fotografiert.

    Ich glaube, ich bin damals auch nicht mit der Lok mitgefahren. Viel Andrang war zwar offensichtlich nicht, aber ich weiß auch nicht mehr was mich davon abgehalten hat.

    Hier noch einmal ein anderes Bild von dieser Lok und diesem Event:

    Gruß

    Kalle

  • Hallo Jan,

    Führerstandsfotos der 50 3662 kann ich leider auch nicht bieten. Aber im Oktober 1987 war der Führerstand ausnehmend gut gepflegt. Es sah aus wie im Uhrmacherladen. Das Planpersonal hatte die Schutzkörbe der Wasserstandsanzeiger mit Messingblech umkleidet und blank geputzt. Kupferleitungen (sofern vorhanden) waren blank geputzt und auch für die Manometer hatte man Umkleidungen aus blankem Messingblech gebastelt.

    Sicher wurden diese Zutaten schon über mehrere Jahre im Bw Halberstadt gehegt und gepflegt und von Planlok zu Planlok mitgenommen. Solche Spezialitäten wurden auf jeden Fall nicht nach Meiningen mitgeschickt.

    Es ist davon auszugehen, dass diese Teile auch nicht mit nach Oschersleben umgesetzt wurden. Aber dort war ich nie auf dem Führerstand der 50 3662.

    Ansonsten sind Führerstände der BR 50.35 nicht gerade spektakulär.

    Wenn ich mir die Fotos der Magdeburger Ausstellung so ansehe, so hatte man ihr zwar etwas Farbe spendiert, aber ihr Glanz war hier schon deutlich verblasst. Kein Vergleich zum Zustand als Halberstädter Planlok.

    Es wäre übrigens gar kein so großer Aufwand gewesen, sie nochmals in ein glänzendes Schmuckstück zu verwandeln.

    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Lieber Dampfachim,

    Danke für diesen informativen und gut geschriebenen Beitrag! :)

    Ein weiteres Indiz dafür, dass die Lok eine besondere Stellung bei den Halberstädter Personalen hatte.

    Man muss auch die zeitliche Situation bedenken: der Traktionswandel lief auf vollen Touren, das Ende des Dampflokeinsatzes lag nicht mehr fern und die meisten Dampfloks wurden "auf Verschleiß" gefahren. Wirklich viel Pflege bekamen nur wenige und es wurde auch selten noch etwas in die Loks investiert. Und da ist in HBS noch so ein Schmuckstück unterwegs...

    In Halberstadt waren zu diesem Zeitpunkt noch weitere Maschinen im Dienst, einige auch weiß angemalt, aber keine so rausgeputzt wie die 3662.

    Vielleicht wollte das Personal so zeigen, dass die Lok für sie einen ganz besonderen persönlichen Wert hatte.

    Leben denn die Halberstädter Planpersonale der 3662 aus dieser Zeit noch?

    Später in Oschersleben war die Lok genauso ein grauer Kübel wie die anderen 50.35. Hier genoss die 3559 gute Pflege.

    Bei der Magdeburger Ausstellung war der Wiedervereinigungsprozess in vollem Gange. Für die Dampfloks stand das endgültige Aus da bereits vor der Tür...

    Beste Grüße und vielen Dank für die vielen anregenden Beiträge

    Jan

  • Hallo Jan,

    ein öliger Putzlappen hätte auch im Wiedervereinigungsprozess zur Verfügung gestanden. Damit hätte die Lok schon deutlich frischer ausgesehen. Aber 1990 war sowieso alles im Umbruch. Da konnte man froh sein, dass überhaupt noch jemand ein Bahnhofsfest organisiert.

    Dass die 50 3559 in Oschersleben gute Pflege genoss, halte ich aber echt für ein Gerücht. Die war genauso heruntergekommen, wie die anderen Loks auch, als ich sie dort erlebte, war sie sogar die schlimmste Krücke.

    50 3606 und 50 3662 hatten noch einen gewissen Chic, aber die 3559 war einfach nur dreckig.

    Du musst einfach das System der Planloks bei der DR beachten. 50 3662 war einem festen Personalstamm zugeteilt. Die hegten und pflegten ihre Lokomotive und hielten sie natürlich auch sauber. Das hat mit der allgemeinen Situation und dem bevorstehenden Traktionswandel erstmal nicht viel zu tun. Solche Zutaten wie sie 50 3662 hatte, wurden in den privaten Schränken der Brigadelokführer aufgehoben und an der Planlok angebracht. Anderswo hatten Lokführer auch Messinghandräder (ich weiß nicht mehr, ob die 50 3662 welche hatte) im Schrank. Ich kenne auch ältere Bilder von 50 3662, als sie keinen besonders herausragenden Pflegezustand aufwies. Darum solltest Du ihren Status nicht überbewerten.

    Halberstadt hatte auch andere hervorragend gepflegte Planloks und erst wenige Tage vor meinem ersten Besuch war 50 3552 nach einem Schaden (Rauchkammer durchgefault - Windleitblech verloren) außer Dienst gegangen. Auch sie war hervorragend gepflegt. Und auch die im Oktober 1987 von mir noch angetroffene 50 3553 war gut gepflegt.

    Es gab gerade im Bw Halberstadt eine lange Tradition sehr guter Lokpflege.

    In welchem technischen Zustand eine Lok war, dokumentiert sich übrigens nicht automatisch in ihrem optischen Zustand.

    Man darf da nicht nur als Fan draufschauen.

    Wer vom Personal noch lebt, weiß ich nicht. Vielleicht weiß Rainer da etwas.

    Viele Grüße

    Dampfachim

  • Hallo,

    Das erinnert mich hier an meine jugendlichen Sturm&Drang-Zeiten. Mit dem Fahrrad von Oschersleben nach Neuwegersleben oder mit einer motorisierten Mitfahrgelegenheit bei meinen Freunden rund um Halberstadt. Die 50 3662 war meist immer mit dabei.

    Grüße aus dem Bremer Exil

    Jan

  • Es sah aus wie im Uhrmacherladen.

    […]

    ein öliger Putzlappen hätte auch im Wiedervereinigungsprozess zur Verfügung gestanden.

    […]

    50 3552 nach einem Schaden (Rauchkammer durchgefault - Windleitblech verloren)

    Moin zusammen,

    danke, Achim, für dieses Feuerwerk der deutschen Sprache! 😃 Es macht einfach Spaß, solche Beiträge mit der perfekten Mischung aus Sachkenntnis und gutem Schreibstil zu lesen.

    Und was die durchgefaulte Rauchkammer und das verlorene Windleitblech angeht: Ach Du meine Nase! 😳🙈

    Nicht ungewürdigt sollen aber auch die vielen sehenswerten Bilder in diesem Beitragsbaum bleiben. 😃

    Jedenfalls danke für diesen unterhaltsamen Start in mein Wochenende!

    Viele Grüße

    Stefan

    Früher war alles damals ... ;)

  • Hallo Stefan,

    Und was die durchgefaulte Rauchkammer und das verlorene Windleitblech angeht: Ach Du meine Nase!

    Das habe ich natürlich nicht live miterlebt, aber ich kann Dir auch aus täglicher dienstlicher Erfahrung sagen, dass durchgerostete Rauchkammern nicht einmal ungewöhnlich sind und auch nicht unbedingt etwas mit dem auslaufenden Dampfbetrieb zu tun haben.

    Die Lösche in der Rauchkammer ist zunächst ja erstmal trockene und heiße Flugasche. Aber um die Bleche der Rauchkammer nicht durchzuglühen, muss diese Flugasche regelmäßig mittels in der Rauchkammer eingebautem Spritzrohr abgelöscht werden und nun wird es längerfristig zum Problem. Das Wasser bildet mit der Lösche zusammen jetzt Schweflige Säure, die den Blechen zusetzt und den natürlichen Prozess der Korrosion beschleunigt. Das ist also ein "eingebauter Systemfehler" jeder mit Rostfeuerung betriebenen Dampflok. Auch die Rauchkammern unserer Loks müssen im Rahmen von Ausbesserungen immer mal geflickt oder sogar komplett ausgetauscht werden. Wer sich Rauchkammern verschiedener Loks einmal aufmerksam anschaut, wird immer wieder Flicken oder ganze ausgewechselte Bereiche erkennen, oft ist es der Rauchkammerboden. Versuche, Rauchkammern aus Edelstahl einzubauen, waren bisher nicht wirklich so erfolgreich, dass man allgemein darauf zurückgreift.

    Zur 50 3552 habe ich mir die entsprechende Passage aus Endisch "Edition Fahrzeug-Chronik" Band 5, Leonberg-Höfingen 2004 mal herausgesucht.

    Ich zitiere mal:

    Eine besondere Ehre wurde der stets bestens gepflegten 50 3552 zuteil. Am 21. Juni 1987 bespannte sie gemeinsam mit der 41 231 des Bw Güsten den so genannten Solidaritätssonderzug der Rbd Magdeburg und des Verbandes der Journalisten der DDR (VDJ), Bezirksverband Magdeburg, zwischen Magdeburg und Blankenburg (Harz). Doch nur wenige Wochen später endete abrupt der Einsatz der 50 3552. Sie verlor am 28. September 1987 vor dem P 19413 bei Wegeleben das linke Windleitblech, da die Bleche der Rauchkammer stark durchgerostet waren. Nachdem das Raw Meiningen eine erneute Instandsetzung der Lok abgelehnt hatte, wurde sie am 19. Dezember 1987 z-gestellt.

    In der Einsatzstelle Oschersleben war an diesem Tag irgendwie nichts los. Wir schreiben den 23. Juli 1988. Alle zu dieser Zeit in Oschersleben tätigen Dampfloks haben sich versammelt. 50 3559 versteckt sich hinter dem Kessel der 3662. Die war gerade aus Nienhagen rein gekommen. 50 3606 steht links und sieht ziemlich ruhig aus, steht aber unter Dampf.

    "Unverhofft kommt oft..." Ich hatte es an anderer Stelle schon einmal beschrieben. Eine Fahrt über Halberstadt war eigentlich nicht geplant, aber weil wir den Personenzug der Harzquerbahn verschlafen hatten, mit dem wir von Wernigerode über ETM ins Selketal umsetzen wollten, ging es auf direktem Weg über Halberstadt nach Gernrode.

    Kurz nachdem wir dort angekommen waren, konnten wir bekannte Geräusche vernehmen und 50 3662 setzte sich mit einem Güterzug von Halberstadt in Richtung Oschersleben (oder weiter) in Bewegung. Welche Leistung ich da fotografiert hatte, weiß ich gar nicht. Jedenfalls war es meine bislang letzte Begegnung mit dieser Lok. Ich weiß nicht mehr, ob es am 26. oder 27.7.88 war.

    Viele Grüße

    vom Dampfachim