• Guten Abend,

    endlich komme ich dazu Euch zu antworten! Danke zunächst für Eure detaillierten Anmerkungen.

    Maschinist : ja das ist schon beeindruckend mit welcher Sorgfalt da gearbeitet wurde und wie sehr das Produkt im Mittelpunkt stand! Da das Bild in Essen entstanden ist, wäre die erste Frage: welche Maschinenbau-Gesellschaft kommt in Frage, die diese Loks ausgeliefert haben könnte?

    PKP-modelarz : Deine Ausführungen langweilen gar nicht!!!! Ich finde, dass Du das ausgesprochen anschaulich darstellst!!

    Ein paar Anmerkungen nur:

    Aber ich glaube nicht- und da scheinen mich die, mir bekannten, Bilder zu bestätigen, daß die Lokomotiven mit weißen Radreifen herumgefahren sind.

    Ich würde auch denken, dass die Loks im Allgemeinen nicht mit weißen Radreifen unterwegs waren. Bei der 99 700 wissen wir es durch das eine Bild aber ganz eindeutig und daher vermute ich, dass die Loks nach der Auslieferung mit weißen Reifen gefahren sind, bis sie halt nicht mehr weiß waren =O

    Die G8.2 sind recht interessant. Es ist allerdings nicht erkennbar- ob die Lok an die Reichsbahn oder an die TCCD abgeliefert werden... auch auf das Datum würde ich mich jetzt nicht klammern.

    Aber diese Bilder sagen überhaupt nichts über die Farbgebung aus... es sind kolorierte Schwarzweißbilder. Eine damals durchaus übliche Vorgehensweise... die heute mehr Fragen aufwirft- als Klarheit schafft.

    Hier stimmt leider Deine Prämisse nicht. Wie oben schon geschrieben, diente das Archiv der Dokumentation und es sind Farbbilder und definitiv nicht koloriert. Die Farben sind also echt, der Ort ist Essen und das Jahr ist 1923. Das macht das Bild ja so interessant......

    Viele Grüße,

    Lenni

  • Hallo Lenni,

    mit dem Bild könntest Du recht haben. Wobei ich immer noch nicht davon überzeugt bin, daß es sich nicht um ein nachträglich koloriertes Bild handelt...

    Andererseits, ich habe mich über Albert Kahn belesen. So erklärte sich auch die Bleistiftaufschrift "Allemagne"- denn Kahn war Franzose.

    Er hat ja eine riesige Sammlung von Farbfotos hinterlassen. Dafür hat er das "Autochrome"- Verfahren angewendet... hierbei werden orangerote, grüne und violette Stärkekörnchen auf der Fotoplatte aufgebracht. Nach Aushärten dieser Schicht wird die Silberbromidschicht aufgegossen. Belichtet wird die Platte von der Glasseite. Also wird die Schwärzung der Silberbromidschicht entsprechend der Farbanteile hervorgerufen. Da die Gelatineschicht unter der Silberbromidschicht nicht ausgewaschen wird, entsteht ein Farbnegativ. Um nun ein positives Bild zu erzielen- muss es auf eine weitere Platte kopiert werden oder durch eine Umkehrentwicklung zum Dia entwickelt werden.

    Die Entwicklungszeit war aber 60 bis 80 mal länger als bei üblichen schwarz- weiß Platten, so daß nur stillstehende Motive aufgenommen werden konnten.

    Die Farbwiedergabe ist natürlich recht bescheiden.

    Erst ab 1932 gab es die noch heute üblichen Farbfilme- beginnend mit einer Empfindlichkeit von 20 ASA. Hier war eine wesentlich bessere Farbwiedergabe möglich.

    Es ist also durchaus möglich und wahrscheinlich- daß es sich hier um eine Autochrome - Kopie handelt. Aber sowohl Drucktechnik, als auch Papierbilder waren nicht in der Lage die Brillianz der Diaplatte wiederzugeben.

    Was MICH an einem Farbbild zweifeln läßt- lediglich Fahrwerk und Gasbehälter sind farbig- und korrekt in zwei Rottönen- abgebildet. Die Dächer und der Schornstein sind schwarz, m. M. n. müßten diese zu mindest in einem Braunton wiedergegeben werden.

    Weiterhin müßten Radreifen und Achsen blank abgebildet sein.

    Es wäre jetzt sehr interessant zu sehen, ob es noch andere Aufnahmen gibt, bei denen die Zylinder rot erscheinen. Besonders dieser Punkt bestätigt mich in der Annahme eines kolorierten Bildes.

    Aber, sei's drum- mit diesem Bild würde ich keine Aussage zur Farbgebung treffen wollen...

    Essen als Aufnahmeort würde eine Lieferung von Krupp erklären. Mir ist aber nicht klar- ob Krupp G8.2/ G8.3 geliefert hat. Mein Preußen- Lokarchiv wohnt noch in einer Bücherkiste.

    Die G8.3, also die Dreizylindervariante ist auch nicht auszuschließen, wobei die ersten drei Lok definitiv G8.2 sind...

    Über die Farbgebung der Radsätze haben wir in der Diskussion keine Klarheit schaffen können. Aber ich gehe mit Dir Konform- daß die Reifen der "700" und der "678" weiß sind. Das zeigen ja auch noch andere Bilder.

    Vielleicht hat das Weiß aber auch einen ganz anderen Grund... nämlich eine Werkstoffprüfung. Vielleicht auch auf Grund des Unfalls der "698" über den ich aber nichts weiß (wie gesagt Nebenthema).

    Zu dieser Zeit war die moderne Werkstoffprüfung mit Ultraschall maximal theoretisch bekannt...

    Praktisch waren aber Sichtprüfungen üblich. Aus diesem Grund waren Achswellen längs durchbohrt. In die Bohrung wurde eine Optik geschoben mit der die Achswelle dann auf Lunker und andere Schäden überprüft wurde. Zu mindest wurde dies bei den Einheitslok so gehandhabt. Mir sind aber auch Schadensbilder bekannt, bei denen keine Bohrungen zu finden waren (Achsschenkelbruch bei einer XXHV)

    Radreifen und Gestängeteile wurden mit der sogenannten "Rotweiß"- Prüfung auf Risse und Schäden überprüft.

    Dazu werden die Teile zunächst sorgfäktig gereinigt. Danach wird ein roter Farbstoff auf Ölbasis auf das zu prüfende Teil aufgebracht. Nach einiger Zeit wird der rote Farbstoff abgewischt. Damit die Risse sichtbar werden, wird das zu prüfende Teil mit einer weißen Kreidefarbe gestrichen. Nach dem Trocknen werden die Risse in der weißen Farbe durch ihren Kontrast sichtbar.

    Soweit meine Gedanken

    Viele Grüße

    Christian

  • Moin Christian,

    VIEEEELEN Dank für Deine interessanten Antworten. Meistens laufen diese Diskussionen ja darauf hinaus, dass der eine alle Bücher kennt und sagt: das kann nicht sein und der andere kennt nur wenige Bücher und denkt: aber ich sehe etwas ganz anderes. Schön wie Du versuchst eine Brücke zu bauen und die Erkenntnisse zu den Radreifen finde ich schon einmal sehr sehr spannend.

    Für mich macht es dann wirklich Sinn, warum viele/alle(?) Lokomotiven mit weißen Radreifen ausgeliefert wurden. Das ist dann ja eine Art Prüfsiegel, sodass man die Lok vor Ort direkt begutachten kann.

    Auch macht es so für mich Sinn, was ich auf den Fotos sehe, denn ich meine nicht unbedingt einen unterschied in der Helligkeit zwischen blanken und dreckig-weißen Radreifen zu sehen, sondern eher in der Oberflächenstruktur. Sie scheint manchmal hell-glatt-schmierig zu sein und manchmal hell-trocken.

    Zu den 56ern:

    Aber, sei's drum- mit diesem Bild würde ich keine Aussage zur Farbgebung treffen wollen...

    Ja, das ist vermutlich richtig. Dennoch kann solch ein Bild die Grundlage dafür sein, künftig bei anderen Bildern nach mehr Erkenntnissen im Zylinder-Bereich zu suchen. Und dann könnte sich über einen längeren Zeitraum doch ein gesundes Bild von der Situation entwickeln.

    Es wäre jetzt sehr interessant zu sehen, ob es noch andere Aufnahmen gibt, bei denen die Zylinder rot erscheinen. Besonders dieser Punkt bestätigt mich in der Annahme eines kolorierten Bildes.

    Ganz genau. Aber genau dieser Punkt ist ja heikel, denn wenn man z.B. Svens Hanomagschen Richtlinien liest, ergibt sich hier durchaus ein Spielraum:

    (4) Die oberhalb des Umlaufs, bei Tendern oberhalb des Rahmens sichtbaren Außenflächen: des Führerhauses mit den Türen und des Tenders, der Kohlen- und Wasserkästen der Tenderlokomotiven, der Bekleidungsbleche des Kessels und der Bekleidung der Zylinder- und Schieberkästen sind mit einem dunkelgrünen, die unterhalb des Rahmens sichtbaren, außerhalb des Rahmens liegenden Flächen mit einem rotbraunen, der Umlauf selbst, das Äußere der Rauchkammer und der Schornstein, sowie die zwischen den Rahmen liegenden Flächen mit einem schwarzen Anstrich zu versehen. Die Radkörper und Tragfedern sind beiderseitig rotbraun zu streichen.

    Die Bekleidung der Zylinder- und Schieberkästen grün in Kombination mit "alles unterhalb des Umlaufs rot", ergibt eigentlich zwangsläufig zweifarbige Zylinder. Auch wenn wir hier über andere Farbtöne sprechen, ergibt das in Kombination mit dem Bild durchaus einen neuen Blick auf die Angelegenheit. Ich bleibe jedenfalls neugierig, ob sich da noch mehr tut......

    Warum ich meine, dass das Bild nicht koloriert ist:

    - mir stellt sich zunächst die Frage, wieso solch ein Bild ausgerechnet koloriert werden sollte. Bei diesem Motiv spielt die Farbgebung außer für Dampf-Nerds nun wirklich keinerlei Rolle.

    - wenn es koloriert wäre, wieso sind dann die Dome grau geblieben. Und hätte der Kolorierer in Frankreich auf dem Schirm, dass der Druckbehälter auf dem Tender in D rot gestrichen sein muss? :nixw: Vielleicht eher nein.....

    - Radreifen und Achsen: ja, die Achsen sind rot, bei den Reifen möchte ich mich nicht festlegen.....dann müßten die Laufflächen auch rot sein. Das finde ich zu undeutlich. Bei den Achsen könnte ich mir ja noch am ehesten vorstellen, dass es da gewisse Abweichungen gab. Zumal die Loks hier noch im Übergang von der Reichsbahn zur DRG entstanden sind.

    - wären die Fronten der Zylinder schwarz, wären dann (trotz der guten Ausleuchtung) die Verschraubungen der Zylinderdeckel so klar zu erkennen? Auch die unteren, die schon im Schattenbereich liegen?

    Noch eine Frage: Rotbraune Dächer und Schornsteine - davon hbae ich noch nie gehört. Wo kommt das her?

    Viele Grüße,

    Lenni

  • Hallo Lenni,

    nicht nur auf die Lokomotiven schauen 😉

    Auf dem Foto ist ein Industrie- Schornstein und Ziegeldächer von Gebäuden zu sehen...

    Ja, bei entsprechender Belichtung und Entwicklung wären auch die Schrauben im Schatten zu sehen...

    Viele Grüße

    Christian