Guten Morgen zusammen,
ich habe mich am Wochenende einmal genauer mit der Wiedtalbahn auseinander gesetzt. Den noch befahrenen Streckenabschnitt von Linz nach Kalenborn kenne ich vom Rennrad her sehr gut und auch das übrige Umfeld ist mir recht geläufig, aber über den genauen Verlauf dieser aufwendigen Bahntrasse war ich mir nicht im Klaren. Als dann gestern das Wetter endlich mal wieder im Westen so war, dass die Straßen trocken wurden und auch die Sonne mit aller Kraft strahlte, war schnell der Beschluss gefasst, dass es mit dem Rennrad ins nahe Wiedtal geht um mal zu schauen, was man noch so von der Straße aus entdecken kann.
Eine besondere Problematik bei der Bahn muss es gewesen sein, dass sie doch auf einer ziemlich kurzen Strecke (35km) über die Wasserscheide bei Vettelschoß führt. Das liegt stolze 290m über dem Startbahnhof Linz (und wird nach 9km erreicht) und 185 über Neustadt(Wied) (wird nach weiteren 12km erreicht), welches der tiefste Punkt zwischen Vettelschoß und Flammersfeld ist. Dieses Problem wurde mit mehreren Maßnahmen umgangen. Zum einen kam in den Anfangsjahren der Zahnstangenantrieb zum Einsatz und außerdem wurde die Trasse im Wiedtal über einen anwachsenden Bahndamm geführt um nicht zu viel an Höhe zwischen Flammerfeld und Neustadt zu verlieren. Man kann das auf dieser historischen Postkarte hut erkennen:
Ansichtskarte / Postkarte Neustadt Wied Kr. Neuwied, | akpool.de
Das wiederum führt dazu, dass es doch einige teils sehr interessante Hochbauten auf der Strecke gab und einen noch erhaltenen Tunnel. Mit Aufkommen der T20 (BR 95) konnten die Zahnstangen dann abgebaut werden.
Eine weitere Besonderheit ist der Kopfbahnhof in Notscheid (St. Katharinen), der nötig war, da die nachschiebenden Zahnradloks immer auf der Talseite fahren mussten. So ging es schiebend zur Wasserschiede aufwärts und bremsend auf der anderen Seite direkt wieder hinunter. Wie der dritte Zahnstangenabschnitt vor Flammersfeld bedient wurde, weiß ich allerdings nicht.
Die Strecke zählt mit 5,5% zu den steilsten Adhäsionsbahnen Deutschlands. Sie ist nicht ganz so steil wie in Suhl, dafür aber deutlich länger.
Ein paar Bilder habe ich Euch auch mitgebracht (alles natürlich mit dem Handy):
Kurz nach meinem Einbiegen ins Wiedtal kam in der Nähe des Kloster Ehrenstein diese Brücke zum Vorschein
(Sorry für das Bild - es war sehr sonnig und ich konnte auf dem Display nix erkennen): Kurz darauf folgt eine wirklich spannende, viaduktartige Konstruktion. Die Trasse ging in einem Bogen über eine Mäander der Wied: sie führte von der Südseite der Wied über eine Brücke aud die Zunge der Nordseite, tangierte dort die Straße und und ging nach wenigen Metern über eine weitere Brücke wieder auf die Südseite. Auf diesem Messtischblatt kann man das im Quadrat 09 / 90 erkennen (unten rechts seht ihr Peterslahr - davon zwei Felder westlich):
Kurz vor Peterslahr kommt es dann zu einer weiteren Engstelle, weswegen ein Tunnel gebaut werden musste. Die Straße wurde in Serpentinen über den Höcker gelegt:
Etwa 50m vor der Tunneleinfahrt steht diese Brücke
Ich habe mir extra für Euch die Rennradschuhe eingesaut um ein Bild des Tunnels mitzubringen und - schlimmer noch - mir den Schwung für die Serpentinen nehmen lassen
Peterslahr Bahnhof scheint heute als Vereinsheim der Kleingarten-Camping-Anlage zu dienen. Der Bahnhof liegt weit ab des Ortes, da man in einem größeren Bogen vom Tunnel wieder an die Straße führen musste:
Zum Schluss noch ein Bild einer der schlimmeren Straßen im ziemlich verarmten Westerwald - über 30 Jahre nach der Wende
Da mich das Thema angefuchst hat und die Gegend wahnsinnig schön zum Wandern ist, habe ich mir vorgenommen zwischen den Jahren, wenn das Wetter hoffentlich mitspielt, nochmals mit dem Auto ins Wiedtal zu gurken und die Bauten näher in AUgenschein zu nehmen. Dann gibt es einen Nachschlag!!
Hätte ich mich einen Tag früher für die Bahn interessiert, wäre ich am Sonntag noch spontan mit dem Ürdinger die Steilstrecke mitgefahren.....das wäre die letzte Chance in diesem Jahr gewesen: https://www.zugtouren.de/Kasbachtalbahn/Fahrplan/
Einen Eindruck davon bekommt man aber hier:
Und einen schönen Eindruck einer 95 auf der Steilstrecke gibt es hier:
Viele Grüße,
Lenni