So, hallo!
Dieser Thread ist sozusagen die Fortsetzung von diesem hier. Einen Tag nach der dort kurz beschriebenen Fotofahrt ging es, wieder geplant und organisiert von der IG-HSB mit anderer Lokomotive und Wagen aus dem Traditionszug-Bestand auf eine Fahrt, die den Großteil des Streckennetzes abdeckte und sozusagen zweimal über den Harz führte. einmal von Wernigerode bis nach Eisfelder Talmühle und dann wieder zurück in den Norden, aber über die Selketalbahn bis nach Quedlinburg. Von dort aus war ein Bustransfer nach Wernigerode organisiert worden. Das klappte auch alles ganz hervorragend.
Diesmal wurde die Einheitslok 99 7222 vor den Zug gespannt. Der Zug selbst bestand aus dem als Versorgungswagen genutzten 905-153, ein Pw(Post), hergestellt von P. Herbrand & Cie. in Köln Ehrenfeld. Mit Baujahr 1898 ist es der älteste heute auf dem Netz noch eingesetzte Wagen. Aus diesem Wagen werden zu den Pausen heißer Kaffee, Würstchen, Suppe etc. an die Fahrgäste ausgeteilt.
Des weiteren der Wagen 900-485, 1926 in Gotha hergestellt und vor einiger Zeit durch die IG HSB und den Brücke e.V. wieder in den Originalzustand zurückgebaut.
Danach der schöne Oberlicht-Wagen 900-461, der ursprünglich der 900-457 war, 1899 von der HAWA in Hannover-Linden (Hannoversche Waggonfabrik AG) gebaut. Damit nur ganz knapp am Titel des ältesten Fahrzeugs im Zug vorbeigeschrammt. Auf der alten IG-HSB-Seite stand, dass der Wagenkasten an die Harzer Kalk- und Zementwerke in Rübeland verkauft wurde, die ihn als Unterstand für ihre Kampftruppen nutzten. Bei Behtke, Finke, Schweers (Die Fahrzeuge der Harzer Schmalspurbahnen) steht hingegen, dass er nach Kakau bei Dessau verkauft wurde und dort im März 2000 geborgen wurde. Ich glaube hier mal eher der IG-HSB, sie wird ja wohl am besten wissen, wo sie ihre eigenen Wagen her hat. Auch diesen Wagen hat der Brücke e.V. in Blankenburg aufgearbeitet.
Verdienstvoller Träger der Zugschlusssignale bis Eisfelder Talmühle war 902-302. Hergestellt 1926 von der Waggonfabrik Wismar. Seine heutige Gestalt erhielt er 1953, als der Ursprungswagen, ein Personenwagen der dritten Klasse, direkt in Wernigerode in einen kombinierten Gepäck- und Personenwagen umgebaut wurde. 1973 erhielt er in Perleberg eine Reko mit neuem Wagenkasten und neuen Fenstern. Bühnen und Dach blieben hingegen bestehen. Da seitdem keine weiteren Modernisierungen vorgenommen worden waren, wird er seit 1995 mit grünem Anstrich als eine Art Behelfs-Oldtimer-Wagen genutzt.
Zum Start in Wernigerode gab es zufällig eine
kleine Dampflokparade an der Einsatzstelle. 232, 240, 241 und 243 wurden
für ihren täglichen Einsatz vorbereitet.
Erster Fotopunkt war der Kreuzungsbahnhof Drängetal. Das einstmals interessante, turmartige Stellwerksgebäude des Bahnhofs fiel allerdings schon vor vielen Jahrzehnten der Rationalisierung zum Opfer. Nach Einstellung des Reiseverkehrs zum Brocken 1961 entfiel die Notwendigkeit für Zugkreuzungen im Drängetal. Die Betriebsstelle wurde 1963 stillgelegt, das Gebäude selbst 1977 größtenteils abgebrochen.
Unser Zug wartet auf den ihn überholenden des regulären Fahrplans.
Kleine Anekdote am Rande: Teilnehmer der Fahrt war auch ein sehr betagter walisischer Eisenbahnfreund mit seiner Frau. Während sie sich Fotografen am bergseitigen Hang verteilten, um die Zugkreuzung Speicherkarte zu bannen, schlurfte er mit seiner Frau untergehakt langsam immer schön das noch freie Gleis entlang. Aufgeregte Rufe der Fotofreunde "Get off the track, the train is coming!" überhörte er konsequent. Zum Glück passierte nichts, irgendwann war er aus dem Gleisbereich verschwunden und dann kam nach diesem Schreckmoment auch schon nach wenigen Minuten der überholende Zug.
Links sieht man übrigens die Pfosten des Geländers, das den Bahnbegleitweg von Hasserode bis zum Hohnehof begrenzt. Die Pfosten bestehen aus alten Schienenprofilen und es lassen sich immer wieder alte Walzmarken einstiger Hersteller finden.
Nächster Fotohalt war der Bahnhof Elend. Seit vielen Jahren ungenutzt steht er auf der Liste der Bahnhöfe, für die die HSB einen Mieter oder Pächter sucht. Immerhin ist er in leidlich gutem Zustand. Hier fährt der Zug gerade ein.
Und noch einmal ein Schuss mit eingefahrenem Zug und ein paar Reisenden, die den Bahnsteig beleben.
Eine weitere Scheinanfahrt auf freier Strecke fand zwischen Elend und Sorge statt.
Hier noch ein Nachschuss.
In Eisfelder Talmühle wurde restauriert und dann umgespannt.
Dieses Gleis (Gleis 18) war der südlichste Endpunkt der alten GHE-Strecke von Stiege nach Eisfelder Talmühle. Links daneben befand sich an Gleis 7 der nach dem zweiten Weltkrieg abgerissene Lokschuppen der GHE mit Übernachtungsmöglichkeit für das Lokomotivpersonal. O. O. Kurbjuweit schreibt darüber anschaulich in seinen Schmalspurspezialitäten II: Ab 1914 kam der letzte Zug aus Richtung Stiege hier um 22:39 an und fuhr am Folgetag um 6:38 wieder ab.
In dem Lokschuppen stand übrigens 1945 auch der GHE-Triebwagen teilzerlegt. Als die russischen Beschlagnahmungskommandos kamen, die den Abbau der als Reparationsleistung deklarierten Selketalbahn überwachten, teilte man ihnen mit, der Triebwagen sei Teil des NWE-Triebfahrzeugparks und so blieb er erhalten.
Die Front der 222: Das Handrad mittig am Rauchkammerverschluss ist zwar Attrappe, aber es sieht eben gut aus.
Nachdem auch der Heizer wieder "an Bord" war, ging die Fahrt weiter. Man sieht, auch an diesem Tag war kein schönes Fotografenwetter, sondern es nieselte. Doch jammern galt nicht und man kann natürlich auch bei diesem Wetter noch ganz passable Fotos machen.
Ein weiterer Fotohalt im bunten Herbstwald fand in der Nähe von Birkenmoor statt.
Und hier sehen wir schon das beliebte und bekannte Motiv der Wendeschleife in Stiege. Mittlerweile hat der Ort ja mit der aus Albrechtsfelde umgesetzten und toll restaurierten Holzkirche im Drachenstil eine weitere Attraktion. Anfangs hatte man die Idee, die Kirche in der Mitte der Wendeschleife zu platzieren. Aber dort erlaubten die Bodenverhältnisse das letztendlich nicht. Doch ist sie trotzdem sehr dicht am Bahnhof zu finden.
Ein Blick ins Innere des Wagens 900-461. Nicht so Bahn-Affine würden es wohl als Landhausstil bezeichnen. Bahnfreunde nennen es hingegen schlicht 3. Klasse. Ist bequemer als es aussieht - immerhin quasi ergonomisch geformt. Polsterung ist natürlich aber besser!
Nach einer weiteren spontan eingelegten Scheinanfahrt am unbeschrankten Bahnübergang zwischen Straßberg und Fluor (hier nicht gezeigt), war dann in Alexisbad wieder ein besonderes Motiv vorhanden: Eine Doppelausfahrt in Dampf zusammen mit der derzeitigen Stammlok im Selketal, der 99 6001. Die 99 222 wurde dazu extra wieder ans andere ende des Zuges rangiert.
Noch einmal hochkant mit weniger Umgebung und mehr Fokussierung auf die Lokomotiv-Fronten und die imposanten, wahrscheinlich extra für die Fotografen stark entwickelten Dampffahnen.
Hier die 99 222 noch einmal von der Seite bei ihrer Rangierfahrt in Alexisbad.
Und als letztes Motiv eine Fotovorbeifahrt an einer Wiese zwischen Mägdesprung und Sternhaus-Ramberg, Motiv Land-Idyll. Die Dampffahne ist wieder sensationell.
Danach führte die Fahrt wie oben schon angedeutet über Gernrode bis nach Quedlinburg, wo ein Charterbus auf die Fahrgäste wartete, um sie wieder zum Ausgangspunkt Wernigerode zu bringen. Auch das war damals eine äußerst gelungene Fahrt.
Viele Grüße
Stefan