Plandampf lässt sich durch nichts ersetzen..

  • Hallo Tom,

    im Gegensatz zu Deutschland (die Schmalspurbahnen ausgenommen) ist man in Wolsztyn nicht aus "Jux und Dollerei" mit Dampf gefahren. Sondern es stand ursprünglich das Konzept eines musealen, aber planmäßigen Dampfbetriebes dahinter. Es war geplant einige Betriebswerke als eine Art Freilichtmuseum mit regelmäßigen Dampfbetriebes zu installieren. An diesem Projekt war das MuzKol und die PKP (wobei MuzKol noch Bestandteil der PKP war) beteiligt. Dabei sollten typische Lokomotiven der Region im Einsatz stehen. Für Wolsztyn war es beispielsweise die Ok22, für Jaworzyna Słask die Tr5. Gleichzeitig sollten in den Schulferien und am Wochenende historische Züge ins Umland unterwegs sein (zum Teil mit Touristenattraktionen der Gegend verbunden)

    Diese Entscheidung wurde aber bereits in den späten achtziger Jahren getroffen.

    Doch wie so oft, kam die politische Wende mit deren wirtschaftlichen Entwicklungen dazwischen.

    Für die Auszahlung von Krediten durch die Weltbank wurden verschiedene Bedingungen gestellt. So musste die PKP einen großen Teil des Nebennetzes stillegen und in einem festgelegten Zeitraum die Dampflokomotiven abstellen. Dieser Stillegungswelle fielen, bis auf Wolsztyn, die geplanten sechs Dampfbetriebswerke zum Opfer oder wurden als Freilichtmuseen eingerichtet.

    In Wolsztyn hat man dann im Laufe der Zeit die unterschiedlichsten Lokomotiven zusammengezogen und eingesetzt.

    Dieser Betrieb war nie wirtschaftlich, aber politisch gewollt und recht konzeptionslos geführt. Einen gewissen Aufschwung gab es mit dem Einstieg des Reisebüros "Wolsztyn Experience". Hier war es für, vorzugsweise britische, Eisenbahnfreunde möglich den Eisenbahnbetrieb zu erleben. Es wurden, ähnlich den "Ehrenlokführern", Kurse angeboten.

    Im Laufe der Zeit wurden die unregelmäßigen Güterverkehrsleistungen weniger, so daß die Lokomotiven nach und nach abgestellt wurden. Zudem hatten die britischen Kollegen immer weniger Interesse an den Güterzugleistungen. Wobei die betrieblich interessant, wenn auch uneffektiv waren. Viele der Zugleistungen hätten zu einer Bewegung zusammengefasst werden können.

    Insgesamt war es für die britischen Kollegen aber (auf Grund des Wechselkurses) interessant, hier ihre "Ferien" zu verbringen.

    Allerdings hat die "Experience" immer mehr Einfluß auf den Betrieb genommen. Dabei gab es aber immer wieder Kollegen, die größere Summen in den Unterhalt verschiedener Lokomotiven investiert haben. So ist die Ol49 99 (Ol49 69II) und die Ok22 31 mit Mitteln mehrerer Kollegen aufgearbeitet worden.

    Aber hauptsächlich war die PKP für die Aufarbeitung verantwortlich.

    Einen Einschnitt gab es mit der Privatisierung der PKP. Damit fiel Piła als Ausbesserungswerk weg, weil hierfür jetzt Mittel für externe Firmen nötig waren. Die Aufarbeitung erfolgte jetzt zunächst in Gniezno und später in Leszno.

    Mit der Abwertung des Pfundes schwand das Interesse der britischen Kollegen.

    Im April 2014 wurden vom Marschallamt die Gelder für den Weiterbetrieb nicht mehr gezahlt.

    Nun wurde der Betrieb immer konzeptionslos geführt. Die Hauptsache Dampf...

    Dabei haben sich verschiedene Gruppierungen aus Politik, Wirtschaft und Eisenbahnfreunden mit der Erstellung tragfähiger Konzepte beschäftigt. Für den Betrieb und Erhalt sollte eine GmbH gegründet werden. Dabei war niemals klar, wer daran beteiligt und mit welchen Befugnissen ausgestattet ist. Der Marschall hat die Gründung dieser Gesellschaft immer wieder angemahnt- und schlussendlich die Zahlungen eingestellt.

    Die Wiederaufnahme des Betriebes ist ähnlich konzeptionslos und für Eisenbahnfreunde uninteressant. Die Aufarbeitung der Lokomotiven ist mehr von Aktionismus als Konzepten geprägt. Es ist also auch nur eine Frage der Zeit, wann der Betrieb endgültig eingestellt werden wird.

    Noch etwas zur Privatisierung der PKP- zu diesem Zeitpunkt wurde das MuzKol durch einen neuen Träger betrieben. In der Folge gab es unterschiedliche Ansichten über Nutzungsentgelte und den Kosten für Betrieb und Aufarbeitung (seitens PKP- Cargo) der Museumslokomotiven des MuzKol. Daraufhin wurden die Pm36-1, Ok22-31 und Tr5-65 abgestellt und geplante Untersuchungen nicht ausgeführt.

    Zu diesem Thema sind mehrere Fäden bei DSO zu finden.

    Ich bitte, meine etwas provokative Einleitung nicht mißzuverstehen. Der Betrieb in Wolsztyn sollte, ähnlich der deutschen Schmalspurbahnen betrieben werden. Der restliche Betrieb der Dampflokomotiven auf Museumsbahnen, Plandampf war ein Betrieb, der nur den Interessen von Eisenbahnfreunden diente, und keinem wirtschaftlichen Zwang folgte.

    Soweit für heute

    Christian

    Einmal editiert, zuletzt von PKP-modelarz (16. Dezember 2023 um 15:46)

  • Der Beschreibung von Christian kann ich nur zustimmen, wenngleich auch bei der PKP eine gewisse Konzeptlosigkeit herrscht(e). Die ständigen Wechsel in der Unternehmensstruktur und vielleicht auch ein gewisses Desinteresse an diesem Relikt machten es nicht einfacher, den Dampfbetrieb in Wolsztyn zu retten. Viele Leistungen fielen auch aus, weil Lokführer Überstunden abbauen mussten, weil es keine betriebsfähigen Loks gab, etc. Der Gründer von "Wolsztyn Experience" ist m.W. auch vor einigen Monaten verstoben - mal sehen, wieviel englisches Geld noch in Wolsztyn landen wird. Eine Finanzierungsvoraussetzung war übrigens, keine "deutschen" Loks aufzuarbeiten. So lange sich die Bilder eines vollen Dampflokfestivals in Wolsztyn auch bei den Geldgebern in Politik und Wirtschaft gut verkaufen lassen, könnte es noch weitergehen. Aber ohne ein durchdachtes Konzept und mit fast ausschließlich auf die britischen Interessen ausgerichteten Lokeinsätzen wird es wohl nicht mehr lange währen.

    Grüße,

    Peter

  • Hallo Peter-

    englisches Geld wird jetzt nur noch von Einzeltouristen nach Wolsztyn fließen. Die "Experience" ist ja (glücklicherweise) nicht mehr aktiv.

    Erst als es weniger Personale als benötigt gab, sind die Leistungen ausgefallen. Besonders dann- wenn bezahlte Züge gefahren wurden...

    Es gab nie wirklich Bestrebungen- den Dampfbetrieb zu retten. Er war ein ungeliebtes Kind seitens PKP- C. Der Dampf war bestellt- und das Marschallamt hat bezahlt (bis es dem Marschall zu bunt wurde). Dann war der Zinnober endlich vorbei- vorerst.

    Dabei hätte man mit tragfähigen Konzepten nicht nur die Dampflokomotiven vernünftig betreiben können. Auch die Gastronomie und Hotellerie hätte davon profitiert. Aber man musste ja unbedingt die Dampfgeheizten Wagen zerlegen... Anstatt von Donnerstag bis Sonntag und in den Schulferien zu fahren- bis sich die Schwellen biegen, fuhren zwei Zugpaare von Montag bis Freitag in der Hauptverkehrszeit. Dafür nehme ich keinen Urlaub...

    Die Dampflokparade wurde in den letzten Jahren immer mehr zur Parodie... dieses Jahr nur mit einer polnischen Lok... und nocheinmal- englisches Geld gibt es nicht mehr... die Finanzierungszusagen für polnische Lokomotiven kamen von Privatleuten!

    Achso- die Dampflokparade war immer nur ein Anhängsel des zu diesem Zeitpunkt stattfindenden Stadtfestes.

    Soweit für heute

    Viele Grüße Christian