Aktivitäten an der Strecke Zwönitz - Scheibenberg

  • Glück Auf,

    Wie angedroht, folgt nun ein Bericht zur gestrigen Aufstellung eines Formvorsignals am Kilometer 1,154 der Strecke Zwönitz - Scheibenberg (ZS). Bei diesem Signal handelt es sich um den Ersatzneubau des Einfahrvorsignals "Vt" des Bf Zwönitz, welches bis etwa 1950 (der genaue Zeitpunkt des Rückbaus ist nicht exakt bekannt) das Einfahrsignal "T" ankündigte. Dieses wurde ebenfalls um 1950 abgebaut. Die Strecke ZS selbst fiel im August 1947 im Abschnitt zwischen km 0,800 ZS (kurz hinter dem Einfahrsignal T bzw. Anschlussweiche AG Sächs. Werke (ASW)/Umspannwerk Zwönitz) und km 17,550 ZS (vor Einfahrsignal A Bf Elterlein) Reparationsleistungen an die Sowjetunion zum Opfer. Näheres zur Geschichte der ZS kann einschlägiger Literatur entnommen werden.
    Das Vorsignal entspricht der 1939 zugelassenen Bauform mit Flanschfuß und wurde auf einem Betonfundament befestigt. Es ist in Warnstellung (Signal Vo 1 "Am Hauptsignal ist Halt (Hp 0) zu erwarten"; Scheibe steht senkrecht, nachts 2 nach rechts steigende gelbe Lichter) festgelegt. Zu besonderen Anlässen kann es von Hand in Stellung Vo 2 ("Am Hauptsignal sind ein, zwei oder drei Flügel in Fahrtstellung oder die entsprechenden Nachtzeichen (Hp 1, Hp 2 oder Hp 3) zu erwarten"; Scheibe liegt waagerecht, nachts 2 grüne nach rechts steigende Lichter) gebracht werden. Die Vorsignaltafel (K 3o, "Kennzeichen für den Standort eines Vorsignals ohne Zusatzflügel") ergänzt das Ensemble. Da die Strecke ZS in diesem Abschnitt - wie schon erwähnt - 1947 abgebaut wurde, kommen Signalbilder gemäß Signalbuch (SB) Ausgabe 1935 zur Anwendung.
    Initiator der Aktion ist die "IG Zwönitz - Scheibenberg (IG ZS)", die es sich zur Aufgabe gemacht hat, mit überschaubarem Aufwand einen Lehrpfad entlang der Strecke zu gestalten und markante Punkte dem interessierten Publikum zur Kenntnis zu bringen. Die einzelnen Stationen werden durch Lehrtafeln ergänzt, auf denen nähere Erläuterungen zu finden sind. Nicht zuletzt soll damit auch der Blick auf das wohl interessanteste Objekt der Strecke und des Lehrpfades gelenkt werden, der 1899 erbauten und bis heute erhaltenen Fuchsbrunnbrücke. Die IG ZS begleitet auch deren geplante, denkmalgerechte Ertüchtigung zur Radwegbrücke, die momentan noch an der Finanzierung kränkelt.

    Die nächste größere Aktion wird die Verlegung eines etwa 6 Meter langen, originalen Gleisjochs der ZS werden. Das Exponat befindet sich derzeit noch im zukünftigen Bf Scheibenberg und wird nach dem Ausbau dort nach Zwönitz verbracht. Ein Speichenradsatz sowie eine Ruhebank wird diese Station am km 1,1 ZS abrunden.

    Hier zunächst einige Bilder vom Vorsignal:

    Bei bestem Wetter und unter den Augen zahlreicher Interessenten wurde am 6. April 2024 mit historischer Krantechnik das Signal aufgestellt.

    Das Fundament in Form eines Betonfußes wurde bereits am 23. März 2024 gesetzt. Dabei stieß man beim Ausheben der Grube noch auf Teile der alten Drahtzugleitung.

    Das Signal macht sich außerordentlich gut in der Landschaft, insbesondere aus Perspektiven, bei denen man nicht auf Anhieb sieht, dass kein Gleis mehr vorhanden ist. Da es in diesem Abschnitt früher keine bahneigene Freileitung gab (die Fernmeldeleitungen waren als Erdkabel ausgeführt), fällt auch dieser Aspekt nicht ins Gewicht.

    Signalbild Vo 2.

    Signalbild Vo 1 aus Sicht des Lokführers. Früher hätte man von hier aus direkt das Einfahrsignal T des Bf Zwönitz in der Ferne gesehen. Heute sieht man dafür im Hintergrund schon die Baustelle der erwähnten nächsten Station des Lehrpfades.

    Von der westlichen Seite des Bahnkörpers in Richtung Bf Zwönitz geblickt, sieht man links die Wohnhäuser des 1928 in Betrieb genommenen Umspannwerkes. Dessen Anschlussgleis ist noch heute vorhanden und in Betrieb. Sein Ausziehgleis befindet sich etwa in Bildmitte.

    Bisherige Stationen des Lehrpfades:

    Etwa 2 Kilometer vom Vorsignal entfernt in Richtung Scheibenberg befindet sich bahnlinks die Kabelsäule des leider gestutzten Überführungsmastes der reichsbahneigenen Fernmeldeleitungen. Hier am Kilometer 3,240 ZS ging das Fernmeldekabel F 254 von Zwönitz in die Freileitungsverbindungen Fb 6292 Aue - Elterlein (Fernsprech-Bezirksleitung), Fb 6282 Zwönitz - Scheibenberg (Streckenfernsprech- und Zugmeldeleitung) und Tb 640 Scheibenberg - Stollberg (Fernschreib-Bezirksleitung (Morse)) über. Die Streckenfernsprechleitung blieb auch nach 1947 bis Anfang der 60er Jahre durchgehend in Betrieb und wurde bis Schlettau durchgebunden.

    Im Herbst 2023 wurde am Kilometer 4,700 ZS das Signal Ts 1 ("Das Nachschieben ist einzustellen") wiedererrichtet. Bis hierher wurden einige Güterzüge von Zwönitz aus nachgeschoben. Die Schiebelok blieb hier stehen und kehrte nach Bf Zwönitz zurück.

    Noch vor dem Ts 1 spannt sich die Fuchsbrunnbrücke bei km 4,010 ZS über das gleichnamige Tal. Sie ist der wohl überragendste Sachzeuge der ZS-Linie. Nachdem der Freischnitt des Bauwerks schon begonnen hatte und diverse Untersuchungen erfolgten, sind leider noch immer finanzielle Fragen zu klären.

    Soweit ein erster Einblick in die aktuellen Entwicklungen der ZS-Linie. Auch am Ende der Strecke wird kräftig gebaut. Der Bahnhof Scheibenberg entsteht als Testbahnhof für Sicherungstechnik verschiedener Hersteller in den kommenden Monaten komplett neu. In diesem Zusammenhang wurde auch etwa 2 Kilometer Gleis der ZS-Linie wiedererrichtet, welche in diesem Bereich parallel zur Strecke Annaberg-Buchholz Süd - Schwarzenberg verläuft. Dazu zu gegebener Zeit mehr.

    Fragen können gern an mich herangetragen werden, da auch ich selbst der IG ZS angehöre.

    Beste Grüße
    Mike

    Eisenbahntechnische Schauanlage Neudorf

  • Hallo Mike!

    Warum schreibst du 'Neubau' des Bahnhofs Scheibenberg? Zu meiner Zeit war Scheibenberg immer ein mit Fdl besetzter Bahnhof, erst nach der Kehre wurde dieser zurück gebaut. Wir sind damals in der Spätschicht mit der 86er von Crottendorf bis Scheibenberg gefahren und von dort wieder nach Crottendorf. Zu meiner eigenen Probefahrt als Dampflokführer am 19.03.1987 hatte meine Probefahrt im Bahnhof Scheibenberg ihr abruptes Ende indem ich die 86 1501 wegen eines vereisten Überweges mit allen 6 Achsen in den Schnee gesetzt hatte. Die Probefahrt hatte ich trotzdem erfolgreich bestanden da ich schuldlos war.

    Das Scheibenberg wieder Bahnhof werden soll ist sehr zu begrüßen.

    Viele Grüße aus dem Urwald vom Uwe.

  • Hallo,

    Natürlich ein "Neubau". Denn seit 1994 ist diese Betriebstelle nur noch ein Haltepunkt. Aktuell nicht einmal mehr mit einem Bahnsteig.

    EG ohne Bahnsteig

    Aktueller Beginn des neuen zweiten Gleises

    Es liegen 5 (!) Weichen fertig zum Einbau bereit

    Weiter in Ri Markersbach am Bü

    Diese Weiche ist schon eingebunden ins Streckengleis

    Rechts der Abzweig Richtung Zwönitz

    Danke Mike für die Dokumentation, hast du auch aktuelle Bilder von den noch liegenden Gleisen in Zwönitz der ZS-Seite bis zum Anschluss Umspannwerk/ Kisten Walther ?

    Mfg TRO.

  • Hallo TRO,

    Danke für die Ergänzungen.

    Vom Streckenrest bis km 0,800 ZS sind Fotos vorhanden:

    Blick von der "Spitzenweiche" im Bf Zwönitz in Richtung Scheibenberg/Bernsbach, 23. März 2024.

    Blick aus der Gegenrichtung in den Bf Zwönitz hinein. Der Baum wurde durch die EGB selbstverständlich inzwischen entfernt. Man erkennt hinten wieder die "Spitzenweiche", die heute freilich nur noch eine Schutzweiche mit Prellbock ist, da die beiden einstigen Bahnsteiggleise S1 und S2 vor einigen Jahren abgebaut wurden. Ganz schwach ist auch Stw 2 zu erkennen, welches die Signale der ZS bediente, natürlich auch Signal Vt.

    Am Wegübergang Dittersdorfer Straße bei km 0,765 ZS stand das Einfahrsignal T. Aus dieser Blickrichtung nach Bf Zwönitz direkt vor dem Übergang. Rechts Posten 1 ZS. Direkt vor uns befand sich die Anschlussweiche zur Fa. Walther ("Kisten-Walther"), die zwischen 2005 und Februar 2008 ausgebaut wurde. Die Firma befindet sich noch weiter rechts vom Postenhaus. Links das Umspannwerk. Dessen Anschlussweiche befand sich bis 1947 im Rücken des Fotografen...

    ...dort wo rechts vom Gleis heute die kleine Tafel "Grenze der Anschlussbahn" steht (km 0,800 ZS). Der erkennbare Rechtsbogen war früher der Weichenbogen der Anschlussweiche. Nach Rückbau der ZS - und auch heute noch - geht das nunmehrige Bahnhofsgleis also direkt in den Anschluss über. Die eigentliche Trasse der ZS wird geradeaus durch den Wildwuchs markiert. Gäbe es den nicht, könnte man von hier das Vorsignal sehen. Am kalten und verregneten 1. Juni 2010 hatte ich als Fdl-Lehrling bei der Erzgebirgsbahn die für mich bisher einmalige Gelegenheit, diesen Teil der ZS zu befahren. Damals waren auf den Gleisen S1 und S2 Containerwagen abgestellt, die an besagtem Tag abgeholt wurden. So ergab es sich, dass ich dieser Sache beiwohnen und auf einer Lok der BR 290 bis zur Grenze bei km 0,800 mitfahren konnte. Es war erhebend, auch wenn es nur 800 Meter waren, so waren es 800 Meter der Strecke Zwönitz - Scheibenberg! Fotos davon ergänze ich demnächst bei Interesse.

    Gruß Mike

  • Hallo,

    eine sehr schöne Aktion der IG ZS mit dem Formvorsignal! Das werde ich mir bald mal anschauen.

    Gern ergänze ich noch einige Bilder zum Thema ZS aus dem eigenen Bestand:

    [1] In Vorbereitung der Fahrzeugausstellung zur Festveranstaltung "100 Jahre CA-Linie" wird die soeben überführte 19 017 mit einer 106 auf die Stollberger/Scheibenberger Seite des Bf Zwönitz rangiert, Blick in Richtung Scheibenberg (1975).

    [2] Der nahezu gleiche Blickwinkel im April 2004, als der Bf CA-seitig frisch zum Haltepunkt (mit Awanst) kastriert war.

    [3] Die beiden Gleise auf der ZS-Seite des Empfangsgebäudes im März 2003. Sie wurden 2008 bis 2014 nochmals zum Abstellen genutzt. 2005 stand hier 50 3616 mit dem VSE-Zug! Zum Zeitpunkt der Aufnahme waren die Gleise übrigens nicht befahrbar. Man hatte ein kurzes Stück Schiene in Höhe Wasserhaus herausgetrennt.

    [4] Und der Blick am 14.02.2023. Im Zuge der Reaktivierung des Bf Zwönitz verschwanden die Gleise auf der ZS-Seite endgültig.


    [5] Der Blick in Richtung Scheibenberg 1975, v.l.n.r.: 58 261, 78 009, 19 017 und die 106, dahinter Stellwerk 2 und das Wasserhaus, davor die Ladelehre.

    [6] "Stellerei 2" noch in Betrieb am 30.03.2003, Blick nach Scheibenberg links und rechts nach Aue.

    [7] Die Situation am 04.04.2024: Die Stellerei 2, nun wieder links an der Seite zu lesen, da das Schild "Stellwerk 2" abmontiert wurde, verrottet und Talentfreie haben sie mit ihren Ergüssen verziert.

    [8] Am 13.05.2009 mussten die abgestellten Containertragwagen Platz machen für den LKW zur Unkrautbekämpfung. 202 646 zog die Wagen in Richtung Umspannwerk. Das Wasserhaus stand ca. bis 2011.


    [9] Die nächsten Abstellkandidaten waren geschlossene Autotransporter von CarRailLogistics, welche am 04.12.2010 den Weg nach Zwönitz fanden. Zu sehen ist 294 895 auf dem ZS-Reststück nahe BÜ Dittersdorfer Straße.

    [10] Die Abholung der Wagen erfolgte knapp vier Jahre später am 15.11.2014 mit 261 016 und 261 062.


    [11] Fahrbahnerneuerung der Dittersdorfer Straße in Höhe ZS am 11.09.2022.




    [12] Der westliche BÜ Dittersdorfer Straße mit Blick in Richtung Umspannwerk am 14.02.2023.

    Soweit erstmal die Ergänzung meinerseits.

    MfG

    MBC

  • Hallo Markus,

    Vielen Dank für die interessanten Ergänzungen und die Vergleiche!

    Das von Dir fotografierte Anschlussgleis zum Umspannwerk ist übrigens die Erweiterung aus den 50erJahren. Das alte Gleis ins Umspannwerk hinein von 1928 lag noch weiter vorne, parallel zur alten Schaltwarte und kurz nach dem Übergang mit dem Streckengleis der ZS. Als ich 2005 zum ersten Mal überhaupt dort war, gab es dieses Gleis samt Weiche noch.

    Morgen Später stelle ich dazu nochmal Bilder ein.

    Gruß Mike

  • So ergab es sich, dass ich dieser Sache beiwohnen und auf einer Lok der BR 290 bis zur Grenze bei km 0,800 mitfahren konnte. Es war erhebend, auch wenn es nur 800 Meter waren, so waren es 800 Meter der Strecke Zwönitz - Scheibenberg! Fotos davon ergänze ich demnächst bei Interesse.

    Gruß Mike

    Hallo Mike,

    ein Bild aus dem Graben dazu. Fürchterliches Wetter an dem Tag, den ganzen Tag Regen.

    Viele Grüße

    Maik

  • Glück Auf nochmal,

    Zunächst auch Maik danke für das Bild! Eine ganz kleine Auswahl von diesem 1. Juni 2010 aus meiner Sicht:

    Die ZS aus der Lokführerperspektive, kurz vor dem Wegübergang am Posten 1. Hinten zwischen Späneturm (vom "Kisten-Walther") und Leitungsmast die verwachsene Trasse Richtung Scheibenberg.

    Und hier unsere 290 566-9 am 1. Juni 2010 in Höhe Po 1 ZS. Interessant ist, dass man das Schild "Grenze der Anschlussbahn" offensichtlich erst in den Folgejahren an seinen heutigen Platz versetzt (und gedreht) hat.

    Nun folgen noch einige Aufnahmen vom 5. Juni 2005. An jenem Tag war ich zum allerersten Mal in diesem Abschnitt der ZS. Bekannt war mir die Strecke damals überhaupt erst seit 5 Jahren (durch einen Zeitungsartikel vom Mai 2000 anlässlich des 100. Geburtstags der Strecke):

    Wieder der Wegübergang Dittersdorfer Straße am Po 1 ZS, Blick in Richtung Scheibenberg. Das Postenhaus hat noch seine historische Klinkerfassade und auch die Anschlussweiche zur Fa. Walther liegt noch. Im sichtbaren Vorhäuschen des Postens war früher ein Fernsprecher eingebaut, von dem aus sich die Sperrfahrt nach Bedienung der beiden Anschlüsse fertig melden musste. Sodann wurde das Einfahrsignal T auf Fahrt gestellt und die Sperrfahrt konnte in den Bf Zwönitz zurückkehren.

    Hier sehen wir die ursprüngliche Weiche zum Umspannwerk, so wie sie 1928 angeordnet wurde. Sie ist heute nicht mehr vorhanden. Der Blick geht in Richtung Zwönitz, die abgebaute Trasse der ZS befindet sich rechts hinter dem Zaun. In meinem Rücken liegt die in gleicher Richtung eingebaute Weiche mit dem neuen Zuführungsgleis sowie noch weiter hinten der Prellbock, etwa in Höhe km 1,100 ZS. Das gerade so sichtbare helle Gebäude hinten im Grün ist die alte Schaltwarte...

    ...die man hier aus der Nähe sieht. Ich stehe genau auf dem Wegübergang Dittersdorfer Straße, das Gleis endete damals aber schon am Tor. Rechts von mir befindet sich dann wieder der Übergang mit dem Streckengleis ZS am Po 1 und links, allerdings in etwas größer Entfernung, der Übergang mit dem von MBC fotografierten neuen Zuführungsgleis.

    Grüße

    Mike